Freitag, 26. Mai 2017

Bibi und die Hater


Dass Menschen, die einen gewissen Grad an Prominenz erlangt haben, zu Musikanten sich berufen fühlen, obwohl stimmlich auch sonst musikhandwerklich eher übersichtlich bestückt, ist kein wirklich neues Phänomen. Die Galerie der Peinlichkeiten ist groß und auch blaues Blut schützt im Zweifel vor gar nix, wie das Beispiel Stephanies von Monaco zeigt. Die fiel in den Achtzigern vor allem durch ihr Talent auf, zum Leidwesen ihrer Sippe andauernd irgendwelche halbseidenen Strizzis oder verkrachte Existenzen als zukünftige Schwiegersöhne anzuschleppen sowie durch ihr mangelndes musikalisches Talent. Das ließ sie zum Leidwesen des Publikums in Tonträgerform dokumentieren, weil Mademoiselle sich den Furz durchs Hirn hatte knattern lassen, doch welches zu haben. Oft sind's auch Berater, die ihren Klienten einreden, der beste Weg, den flüchtigen Ruhm weiter zu vergolden, sei es, eine Platte aufzunehmen. Solchen Leuten verdanken wir zum Beispiel das Oeuvre eines Jürgen Milski und anderer ehemaliger Big Brother-Insassen.

Jüngstes Mitglied dieser illustren Gesellschaft ist eine gewisse Bianca Heinicke, besser bekannt unter ihrem, ahem, Künstlerinnennamen Bibi. Als solche betreibt sie einen YouTube-Kanal, mit dem sie massenhaft Schotter dafür einsackt, ihre drei Hobbys, die da wären: shoppen, quasseln, stylen, zum Beruf gemacht zu haben. So hält sie als eine Art lebende Litfaßsäule Schmink- und Anziehsachen in die Kamera und macht heranwachsenden Mädels dabei weis, so etwas wie ihre beste Freundin zu sein (und hält wohl auch als Projektionsfläche für die Gelüste heranwichs..., äh, -wachsender Jungs mit alterstypischem Hormonüberschuss her; würde mich jedenfalls nicht wundern). Andere Zeiten, andere Berufsbilder.

Irgendwer wird nun auch Frau Heinicke vor einiger Zeit eingeredet haben, der nächste, zwingend logische Schritt in ihrer Karriere bestünde nunmehr darin, einen Song einzuspielen. Und, nein, lediglich über das Gesangstalent eines taubstummen Nacktmulls zu verfügen, sei üüüberhaupt kein Problem in Zeiten von Autotune-Software. So in etwa stelle jedenfalls ich in meiner unermesslichen Naivität mir die Entstehungsgeschichte eines Machwerks wie 'How It Is (Wap Bap)' vor. Das ist jetzt in der Welt. Und geht nicht mehr weg.

(Es sei übrigens ausdrücklich vor dem Anklicken des Links gewarnt. Ich habe es bislang nicht geschafft, mich dem länger als zehn Sekunden auszusetzen. Für eventuelle Folgeschäden übernehme ich jedenfalls keine Haftung.)

Nun zeigt alle Erfahrung, dass es exakt einen Weg gibt, damit umzugehen: Gelassenheit. Bzw. mit Verachtung strafen. So gut es geht ignorieren und sich immer wieder bewusst machen, dass so etwas mit seriösem musikalischen Schaffen etwa so viel zu tun hat wie ein 99 Cent-Hamburger vom Mäckes mit einem Sechsgänge-Menü im Sternelokal. Auch wenn's schwerfällt. Sich damit trösten, dass die allermeisten, die heute auf die Gesangsversuche der singenden "Kajalratte" (Beisenherz) ernsthaft abfahren, sich in ein paar Jahren todsicher in Grund und Boden schämen werden dafür. Es wäre Energieverschwendung, das ernsthaft bekämpfen zu wollen. Keine Generation Jugendlicher ist davor gefeit, in Teilen auf solche Scharlatanerie reinzufallen. Dagegen helfen auch die ausgefeiltesten musikologischen Verrisse nichts. Ein Misthaufen stinkt halt nicht weniger, wenn man wissenschaftlich fundiert begründet, wieso er stinkt. Allein mit den Mitteln von Satire und Parodie lässt sich dem eventuell noch beikommen. Zudem kann man durchaus darüber streiten, ob solch offensichtlicher Thrash nicht immerhin ehrlicher und damit harmloser ist als nicht minder hohler, aber schwer auf wichtig und intellektuell machender Diskurspop.

Sind so die Erkenntnisse, zu denen man in zunehmendem Alter gelangt. Weil man's halt alles mindestens einmal zu oft erlebt hat. Und weil jeder das Recht auf Jugendsünden hat.

Weil auch ich nicht immer so altersmilde war, kann ich die Versuchung, solch nichtiges Gesinge nebst Urheberin verbal in die Tonne zu treten, schon verstehen. Ich frage mich aber durchaus, worin der Nutzen liegen soll, die trällernde Troubadine mit in jeder Hinsicht völlig entgrenztem Hass zu überziehen, und zwar massenhaft. Ehrlich, dünken diese Leute sich tatsächlich irgendwie überlegen, wenn sie allen Ernstes äußern, Bibi möge bittesehr "vergast" werden oder ihre Gewalt bzw. Vergewaltigungsphantasien ausbreiten? Denken die dann hinterher wirklich: So, der Schlampe habe ich's jetzt aber gegeben, was bin ich doch für ein toller Hecht? Soll es auch sinnlos sein, dagegen anzukämpfen? Ich meine, warum soll mit der Justiz in Kontakt kommen, der einen Menschen unter Zeugen auf offener Straße derart beleidigt, und jemand, der das online tut, das Recht auf Ungeschorenheit haben?

Vielleicht ist ja auch ganz gut so, denn ich frage mich schon, was diese Feierabendfaschos machen würden, wenn sie ein solches Ventil nicht hätten. Explodieren? (Wer macht dann die Sauerei weg?) Zu Staub zerfallen? Permanent ihre Haustiere, jeweiligen Lebenspartner/innen oder Kinder misshandeln? Dann hätten die Bibis dieser Welt möglicherweise eine befriedende Funktion inne, indem sie diesen unendlichen Hass teilweise kanalisieren. Und das ist es, wofür sie so fürstlich honoriert werden. Wie Fußballer, die mit ihrem Gekicke dafür sorgen, dass die, die eigentlich allen Grund hätten, Revolution zu machen, sich statt dessen im und ums Stadion austoben.

Bis diese weltbewegenden Fragen geklärt sind, sei allen Hatern das geantwortet, was schon der schillernde Liberace (der allerdings wirklich ein fähiger Pianist war) seinen Kritikern entgegenhielt: She will cry all her way to the bank. Nein, was sag ich? Es sei ihnen nicht mitnichten einfach geantwortet. Es sei ihnen öffentlich zur Belustigung des Pöbels abwechselnd vorn in ihre aufgerissenen Drecksfressen, von denen die Spuckefäden debil herabhängen, und hinten in ihre pickligen, vom ewigen Internetdaddeln wabblig gesessenen Brätarsche hineingeschoben. Und zwar mit Anlauf.

So, denen habe ich's aber gegeben!



3 Kommentare :

  1. [Im Auftrag von Siewurdengelesen]

    Naja - ein ähnlich gelagertes Gesangstalent hat es trotz aller Nichtqualitäten sogar bis zum ESC-Titel geschafft.

    Mir ist zwar bis heute schleierhaft, wo dieses gequälte und gepresste Gequake und Gepiepse Musik oder besser Gesang sein sollte, aber Andere sehen das anders oder das Abschneiden lag an den verwandtschaftlichen Beziehungen der jungen Dame.

    Der ESC hat mit Niveau sowieso nichts mehr zu tun, sondern ist genauso eine tolle Wurst wie das Volksgetümel um F. Silbereisen und das Schlagern seiner Lebensabschnittsgefährtin. Billiger Mainstream und Hirnwatte für die willigen Massen.

    Aber soll halt jeder wie er mag...

    Verzichten kann sooo schön sein;-)

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  2. Ab einer gewissen Reichweite wird gezieltes Ignorieren schwierig. Ich habe es mit DSDS, Dschungelcamp und Big Brother versucht. Wenn aber jeder überall und ständig darüber spricht, die großen Medien Artikel veröffentlichen und selbst beim einloggen in Freemail-Accounts man mit "News" darüber zugeschissen wird, hat man die SEO-Keule schon direkt auf die Omme bekommen. Du ignorierst die Bibi schließlich auch nicht. ;-)

    Aufmerksamkeit ist ihr ganzes Geschäftsmodell. Nicht über sie zu sprechen/schreiben ist daher das Beste, was man(n) machen kann. Im Gegensatz zum "Gronkh" macht sie auch ganz offen Product Placement und rotzt Advertorials in den Äther. Das die jungen Weibsen so auf die Bibi und ihren Kanal abfahren, gruselt mich aber schon ein wenig. Insofern tun ihr die über 2 Millionen Dislikes für ihr grausiges Liedchen schon ganz gut.

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  3. Aufmerksam wurde ich auf den Song erst durch Heise. Auch mir klappte beim Anschauen das Messer in der Tasche auf.

    Aber woran lag das? Das Mädel ist schließlich normhübsch (und nach Mimik zu urteilen, strunzdumm – aber hey, wir können nicht alle Einsteins sein). Also nochmal langsam: Wa-rum-ist-das-Video-so-Scheiße?

    Antwort: es ist das Fehlen von Kontrast. Zu jeder Minute, zu jeder Sekunde ist stets der gleiche Gesichtsausdruck zu sehen: Lächeln. Was ist ein Lächeln wert in einer Umgebung des Lächelns? Ohne Kontrast? Nirgends ein anderes Element? Eben.

    Niedliche Einwegpuppe.

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