Montag, 30. September 2019

Yo!


Gesehen auf einer Tür in einer Schule hier in der Gegend (es war früh am Morgen und ich noch nicht ganz auf Ballhöhe, bitte den unschönen Lichtreflex zu entschuldigen). Ich hatte immer gedacht, 'Trainingsraum' (so eine Art moderner Karzer, den man aber nicht mehr so nennen darf, dafür mit pädagogischer Betreuung) wäre nicht mehr zu toppen.

Sonntag, 29. September 2019

Die Deppendekade


Die älteren werden sich erinnern: Vor einiger Zeit habe ich hier davor gewarnt, die Achtzigerjahre unnötig zu glorifizieren. Man sollte eh vorsichtig sein mit Nostalgie. Die ist eine mindestens genau so schlechte Ratgeberin wie Wut oder Angst. Von einem Spielentwickler las ich die Tage das folgende, nicht unkluge Diktum: "Der Satz, dass Videospiele früher besser waren, bedeutet eigentlich: Mein Leben war früher einfacher." Jetzt sind die Neunziger dran. Seit knapp 20 Jahren sind sie vorbei, daher werden sie jetzt wieder ausgebuddelt. Revival! Retro! Vintage! Heititei! Nun ja, wer glaubt, in der Kreativbranche sich schimpfenden Branche ginge es tatsächlich kreativ zu, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.

Mittwoch, 25. September 2019

In die Lehrermangel genommen


Kann natürlich sein, dass ich mich täusche, aber in Deutschland scheint es mitunter einen Hang zu geben, exakt das Gegenteil von dem zu tun, was rational und vernünftig wäre.

Viele amerikanische Unternehmen haben das seit Urzeiten kapiert und perfektioniert: Der wahre Segen liegt nicht im Verkaufen allein, sondern vor allem auch im Beschwerdemanagement. Klug ist es daher, die besten, talentiertesten Verkäufer nicht nur ins glamoröse Scheinwerferlicht der Verkaufsräume zu stellen, sondern sie, ordentlich geschult und bezahlt, versteht sich, Reklamationen bearbeiten zu lassen. In deutschen Unternehmen dagegen, in 'traditionellen' zumal, scheint Reklamationsabwicklung immer noch eine Strafarbeit für Unbegabte zu sein, die irgendwelchen Mist gebaut haben.

Sonntag, 22. September 2019

Jenseits der Blogroll - 09/2019


Klima und Beleidigungen, das sind offenbar die großen Themen der letzten Tage. Gerade bei letzterem habe  mich, unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die streikenden Schulkinder recht haben oder nicht,  zunehmend den Eindruck, es mit einem Generationskonflikt zu tun zu haben und fühle mich in die frühen Achtziger versetzt, als die Öko- und Friedensbewegung und damit auch die frisch gegründeten Grünen ihren ersten Höhenflug erlebten. Auch diese jungen Leute durften sich damals die bescheidwisserische Schulmeisterei alter Säcke anhören und sich Spinner nennen lassen. Das Ergebnis erleben wir gerade.

Freitag, 20. September 2019

Schimpf und Schande


Das Urteil des Landgerichts Berlin in Sachen der üblen Beleidigungen gegen Renate Künast dürfe nicht missverstanden werden als ein "Freibrief, jetzt im Internet richtig loszupoltern", wie Udo Vetter warnt. Na ja, im Internet vielleicht, man weiß es nicht, aber in der offline-Welt definitiv. So kann kann man sich schnell mal 20 Tagessätze à 40 Euro einhandeln, wenn man einen AfD-Abgeordneten als "Nazi" bezeichnet. Einer adligen AfD-Torte eine selbige zu verpassen, in Form eines staatsanwaltlichen Strafbefehls ebenfalls. Als eine 23jährige Studentin dagegen Einspruch einlegte, wurde sie vom Amtsgericht Kiel zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Euro verurteilt, da der Tortenwurf eine Beleidigung darstelle. Sie verzichtete darauf und trat stattdessen eine zweiwöchige Haftstrafe an.

Dienstag, 17. September 2019

Bauhaus-TV


Zugleich Fluch und Segen des Bauhauses, dessen Gründung sich heuer zum hundertsten Male jährt, ist der hohe Wiedererkennungswert nicht weniger Objekte. So kann dank des Bauhauses jeder Wichtigmann ohne größere Ahnung von Kunst und Architektur beim Anblick eines viereckigen weiß gestrichenen Kastens mit Flachdach oder von Möbeln, in denen Stahlrohr verbaut ist, sich dicketun mit der kennerhaften Bemerkung: "Ah, Bauhaus - ein absoluter Klassiker!". Und sich damit den Anstrich eines sich halbwegs auf der Höhe der Moderne bewegenden Kunstsinnigen verleihen.

Samstag, 14. September 2019

Kinderspiel


Es hilft nichts, wieder einmal muss über ein Genderthema geredet werden. Jetzt hat der amerikanische Spielemagnat Hasbro als jüngste seiner gefühlt 250.000 Varianten des Klassikers 'Monopoly' eine gegenderte Version herausgebracht. Bei 'Miss Monopoly' erhalten Spielerinnen qua Geschlecht automatisch ein paar Euros mehr, wenn sie über 'Los' gehen. Damit, wie der Hersteller sich erhofft, "die Gender-Pay-Gap-Debatte [...] in die Konversationen beim Spieleabend einfließt." Aha. Das meinen die nicht ernst, oder? Das ist doch ein Spaß! Da hat doch die komplette Marketingabteilung von Hasbro einen durchgezogen, ein paar Linien Nasenata geschnorchelt und einen Wettbewerb veranstaltet, wem wohl die dämlichste Monopoly-Variation einfällt, mit der sich trotzdem noch Geld verdienen lässt. Kann gar nicht anders sein.

Mittwoch, 11. September 2019

Ronny des Monats - September 2019


Es kann kaum überraschen, dass nach einer Sommerpause die Kandidaten für den Ronny des Monats sich förmlich drängeln. Dass einer wie Andreas Kalbitz sich mittlerweile nicht mehr entblödet, das, was er diskutieren nennt, das aber in Wahrheit meist bloß ordinäres, uninformiertes Gepöbel ist, inzwischen völlig schmerzfrei auch in Schulen abspult, geht da schon fast unter. Wie auch Petitessen, dass einer in Ebersberg eine junge Frau in der S-Bahn belästigt und dazu einen Hitlergruß gezeigt hat (bestimmt ein Flüchtling, der hinterhältigerweise perfekt Deutsch gelernt und sich als Nazi getarnt hat). Soll man die wachsweiche Wiebke Binder (mdr) nennen für ihr Ausgeglitsche auf der eigenen bürgerlichen Schleimspur am Wahlabend?

Sonntag, 8. September 2019

Pay Gaps


Hui, provokantes Eingangsstatement: Was haben Rechte und Feministinnen gemeinsam? Sie wissen immer sofort, wer schuld ist an ihrem Elend. Der Missstand, für den nicht Ausländer und/oder die Regierung Merkel bzw. die Männer verantwortlich sind, muss erst noch gebacken werden. Glauben Sie nicht? Zu heftig? Nun ja.

Nehmen wir das berühmte Gender Pay Gap. Das bedeutet, Frauen verdienten im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. Dass das so pauschal gesagt schlicht Quatsch ist, konnte längst nachgewiesen werden. Das statistisch bereinigte Pay Gap bewegt sich im unteren einstelligen Prozentbereich. Dass Frauen in Spitzenjobs wie DAX-Vorständen tatsächlich sehr unterrepräsentiert sind, spielt dabei kaum eine Rolle, da Topverdiener dieser Liga bloß eine kleine Minderheit der Bevölkerung sind. Frauen sind auch in Berufen der Entsorgungswirtschaft sehr unterrepräsentiert, aber da belassen sie‘s interessanterweise bei Werbekampagnen und einem Women's Day. Kommt aber niemand auf die Idee, eine verpflichtende Quote zu fordern. Wieso?

Freitag, 6. September 2019

Schmähkritik des Tages (31)


Heute: Mely Kiyak über öffentlich-rechtliche Berichterstattung am Abend des 1. September 2019

"Fünfzehn Minuten Wahlabend im ZDF begannen damit, dass Bettina Schausten den Countdown runterzählte […]. Und als wenig später Jörg Meuthen von der AfD an Schaustens Tresen lehnte, sagte sie nicht etwa: »Ein schwarzer Tag für Deutschland, heute hat die Demagogie gesiegt, wie lange, Herr Meuthen wird es meinen Sender hier noch geben, wie lange die Pressefreiheit?« Nein, sie sagte, natürlich seine Sicht der Dinge meinend: »Ein erfolgreicher Abend.« Na, bitte. Hier wird schon antizipierend koreferiert. Dann: »Sind Sie zufrieden?« Ja klar, ist er zufrieden, der Meuthen […].

Mittwoch, 4. September 2019

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (19)


Selten bekommt man so deutlich vor die Nase geklatscht, dass die Zeiten sich unwiderbringlich ändern. Obwohl ich weiß, dass Musik und Fernsehen heute nur mehr gestreamt werden, CDs bloß noch was für Rentner sind und wer noch Bücher kauft, am besten gleich ins Museum ziehen sollte, gehöre ich zu denen, die noch altmodischen Gepflogenheiten anhängen wie Papierbücher und CDs zu besitzen und gelegentlich sogar anzuschaffen. Daran, von Digital Natives darob angeglotzt zu werden wie ein Brontosaurus, der kurz vor dem Aussterben noch genüsslich auf einer halben Tonne Blattwerk herumkaut, habe ich mich längst gewöhnt. Man bekommt halt Übung im Minderheitsein.

Sonntag, 1. September 2019

Lest we forget (2)


"Aus der Geschichte der Völker können wir lernen, dass die Völker aus der Geschichte nichts gelernt haben." (Georg Wilhelm Friedrich Hegel)

Es ist wohl ein Generationsproblem, dass nunmehr, da sich der Beginn des zweiten Weltkrieges (ich halte am Datum 1. September 1939 fest, obwohl man mit Gründen anführen kann, der ganze Orlog habe bereits 1937 mit der Invasion Japans in China begonnen, aber das zu diskutieren, würde hier zu weit führen) zum 80. Male jährt, sich die Menschheit offenbar wieder ein wenig zu sicher fühlt. Die mahnenden Stimmen, die das Elend selbst miterleben mussten, sie werden weniger und leiser. Und werden bald schon ganz verstummen. Immer dreister wird wieder über Krieg fabuliert. Vornehmlich von denen, die ihn nicht ausfechten müssten. So hoffen sie. Aber Atomwaffen machen da keine Unterschiede.