Na, wer hat sich damals, Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger auch diebisch gefreut, als die Komiker von Monty Python den ganzen Frömmlern gekonnt einen eingeschenkt haben? Wer außer mir hat sich noch auf die Schenkel geklopft, als die Gebetbuchschnüffler die Backen aufgeplustert, nach Verbot geschrien haben und ihnen zugerufen: Willkommen im 20. Jahrhundert, Spießer? Wegen des großen Erfolges ist nun ein, so hört man, unterirdisch schlechter Film aufgetaucht namens Unschuld der Muslime, mit dem ein Scherzbold den Muslimen der Welt einen ähnlichen humoristischen Knuff verpassen wollte. Dummerweise gibt es unter denen nicht nur viele, die das nicht witzig finden, sondern auch ein paar Durchgeknallte, die es nicht beim Backenaufblasen belassen. Dumm gelaufen.
Als 1997 Adrian Lynes
Neuverfilmung von Vladimir Nabokovs Roman Lolita in die Kinos kam,
protestierten vornehmlich in den USA feministische Gruppen und Gruppen von
Missbrauchsopfern dagegen. Film und Roman seien eine Verherrlichung von
Kindesmissbrauch und damit eine nicht hinnehmbare Zumutung für alle
Betroffenen. Zudem könne der Film entsprechend Veranlagte zu entsprechenden
Handlungen verleiten. Auf den Einwand, der Film enthalte, auch nach
sorgfältigster Prüfung nichts, was in irgendeiner Weise irgendein Kriterium für
Pornografie erfülle, hieß es, der Film sei eh furchtbar schlecht und deswegen
müsse ihn auch niemand sehen.
Es ist aus mehreren Gründen
klar, warum die ProtestlerInnen damals mit ihren Forderungen nicht
durchgekommen sind: Zwar wird sowohl im Roman als auch im Film thematisiert wie
ein Mann fortgeschrittenen Alters ein Verhältnis mit der pubertierenden Tochter
seiner frisch angetrauten Frau hat, aber eine Verherrlichung von
Kindesmissbrauch ist nirgends zu finden, eher im Gegenteil. Wer so schlichte
Urteile verbreitet, offenbart lediglich, sich weder mit Nabokovs Roman noch mit
Lynes Film irgendwie befasst zu haben. Zweitens haben sich Menschen nicht zur
Geschmackspolizei aufzuspielen und darüber zu befinden, was andere gefälligst zu
sehen bekommen sollen und was nicht, bloß weil ihnen ein Film, der gegen keine
geltenden Gesetze verstößt, ihnen irgendwie nicht in den Kram passt. Mag schon
sein, dass Lolita ein misslungener Film war, aber ich möchte mir schon
noch ansehen dürfen, wie ein Regisseur an einem Stoff scheitert, der eine
Nummer zu groß für ihn gewesen ist. Und drittens ist es sicher nachvollziehbar,
dass Menschen, die als Kinder sexuellen Missbrauch erleiden mussten, es schöner
fänden, sich vielleicht auch besser fühlten, wenn so ein Film nicht
veröffentlicht würde. Es zwingt sie andererseits aber niemand, sich dem
auszusetzen. Was sollen Soldaten sagen, die traumatisiert aus dem Krieg
zurückkehren und möglicherweise den Rest ihres Lebens daran zu tragen haben,
angesichts der Flut an zweit- und drittklassigen Kriegsfilmen, die dauernd im
Fernsehen laufen?
Der Trailer, der hier und da
zu sehen ist, lässt in der Tat vermuten, dass es sich bei dem umstrittenen
Mohammed-Streifen handwerklich, schauspielerisch und inhaltlich in jeder
Hinsicht um ein inferiores Machwerk handelt und dass der Vergleich mit dem hoch
intelligenten und vielschichtigen Leben des Brian eine Beleidigung ist
für letzteren. Aber die Qualität bzw. Nicht-Qualität des Films ist, wie gesagt,
nicht der Punkt. Im Übrigen muss der Regisseur zumindest geahnt haben, was er
auslösen dürfte. Daher zieht er es auch vor, anonym zu bleiben und darum hatte
er es wohl auch nötig, die Schauspieler im Unklaren zu lassen über das, an dem
sie da mitgewirkt haben.
Dass jede bildliche
Darstellung des Propheten für gläubige Muslime eine schlimme Beleidigung
bedeutet, muss man als Nichtmuslim/Agnostiker/Atheist genau so wenig
nachvollziehen können wie eine generell höhere Sensibilität in Bezug auf die
Verletzung religiöser Gefühle. Aber man sollte das zumindest respektieren, auch
wenn man selbst keine hat. Das bedeutet nicht, dass man das gut finden oder
sich das sonst wie zu eigen machen muss. Es bedeutet lediglich, diese Tatsache
zunächst einmal als solche anzuerkennen und die verletzten Gefühle der
Betroffenen nicht per se als lächerlich oder illegitim und auch nicht als
Ausdruck einer rückständigen Gesinnung abzutun. Das verleiht dem dröhnenden
Jetzt-erst-recht-Getue der wackeren, sich irre mutig dünkenden Abendlandsretter
von Pro Deutschland etwas Kindisches.
Natürlich ist es
erschreckend und nicht entschuldbar, wenn Botschaften von einem entfesselten
Mob niedergebrannt werden und unter anderem ein Botschafter das bereits mit
seinem Leben bezahlen musste. Genau so ist es Quatsch, wenn islamistische
Agitatoren pauschal den gesamten Westen in Geiselhaft nehmen für die
filmgewordenen Phantasien eines durchgebratenen Islamhassers. Bei alldem ist
aber zu bedenken, dass es sich weltweit schätzungsweise um ein paar zehntausend
Leute handelt, die an den Ausschreitungen aktiv beteiligt sind. Bei geschätzt
ca. 1,5 Milliarden Muslimen auf der Welt wäre das der Bruchteil von einem
Prozent. Die restlichen, weit über 99 Prozent, mögen den Film zwar mehr oder
weniger missbilligen, kommen aber augenscheinlich nicht auf die Idee,
handgreiflich zu werden. Das übersehen Islamkritiker gern, die sich zur
Abwechslung gerade mal wieder bedroht fühlen.
Sehr ausgewogen geschrieben. Ich gestehe allerdings zu meiner Schande, dass ich das Leben des Brian nicht so sehr satirebegeistert betrachtet hatte, - wie der Rest. Trotzdem, fand auch ich es, der Zeit und dem erwartbaren Risiko entsprechend, ausreichend sensibel abgelotet. Eine Auslotung, welche beim Videoaufreger überhaupt nicht stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil. Es ist bewusst und bösartig, mit eindeutigen kultur- (gar nicht mal religions-) feindlichen, und aggressionstreibenden Absichten produziert und positioniert worden. Auch ich mache gerne mal einen kräftigen Klamauk, gegens eigene religiöse Gehampel. Dies aber niemals mit der Absicht, den Menschen dahinter zu schaden, - oder gar Brandeisen zu schüren. Zudem vertrete ich die Ansicht, dass es zuerst mal die Aufgabe der Betroffenen selber ist, ihre eigenen Dogmen zu bearbeiten, (wenn sie es denn wollen), und nicht von anderen Kulturen vorschreiben zu lassen. Weshalb ich folgendem Satz, noch etwas hinzufügen möchte.
AntwortenLöschenDass jede bildliche Darstellung des Propheten für gläubige Muslime eine schlimme Beleidigung bedeutet, muss man als Nichtmuslim/Agnostiker/Atheist genau so wenig nachvollziehen können wie eine generell höhere Sensibilität in Bezug auf die Verletzung religiöser Gefühle.
Es gibt immer zwei Versionen. Die eine nenne ich mal Fortschritt, - die andere Stagnation der kulturellen (oder auch religiösen) Eigenarten. Man lernt es nach zu vollziehen, - dann kann man auch erwarten, dass andere Seiten versuchen, die eigenen Besonderheiten ebenfalls nach zu vollziehen. Oder man lässt alles wie es ist, und überlässt das Feld den pawlowschen Hunden. Und die, entwickeln sich erfahrungsgemäß am wenigsten weiter. Zum Schluss, bleibt dies immer dort hängen, wo es jetzt wieder mal ist. Drüben randalieren die Reaktionäre, - und bei uns, nutzen genau das, die gleichen Reaktionäre für die eigenen Interessen und Hassgelage aus. Man höre den Hassprediger Terry Jones; "Sie beleidigen uns, - wir beleidigen sie." (Auge um Auge, - Zahn um Zahn). Und der Rest, - bellt dem immer gleichen Lied zwischen pragmatischem Verbot und demokratischem Nichtverbot nach. So bewegt sich nichts, - außer heißes Blut. Und das ist einfach nur gefährlich. (Man siehe China und Japan, - irgendwelche Verrückten, müssen unbedingt noch mal extra die Paddel schwingen) Es geht gar nicht ums verbieten, - sondern darum, - dass sich keiner ernsthaft bemüht, - zu verstehen und dieses Verstehen auch zu transportieren. Wenigstens dorthin, wo Leute Filme machen oder Paddel schwingen. Wenigstens ein Gefühl dafür, wie schnell, man über so was, ganze Kriege vom Eis brechen kann. Sterben für ein Video? Macht dies Sinn? Keine Form der Brandstiftung, - ist jemals schuldlos gewesen. Schuld, - kann man, und darf man nicht verbieten, - aber man kann sie aussprechen. So was fördert Vorsicht.
Es ist schon erstaunlich, immer wieder muss man Sätze mit relativierenden Einleitungen wie "natürlich ist es verwerflich, mit Gewalt zu reagieren ..." lesen, in denen dann aber irgendwann die eigentliche Aussage nach einem "aber" folgt, man solle doch aber bitteschön Rücksicht auf irgendwelche religiöse Gefühle nehmen.
AntwortenLöschenWarum eigentlich? Was genau unterscheidet religiöse Ideologien von anderen?
Wenn sich ein "Verein" geschlossen zu ihrer "Satzung" bekennt, und in dieser nun übelste Dinge stehen, dieselben dann auch noch historisch belegt sind, ist es doch nicht nur rechtens, sondern gar Pflicht, dagegen zu protestieren.
Dass nun solche Kritik in einer dilettantisch und billigst gemachten Form daher kommt ändert doch nichts daran. Wäre denn die Reaktion bei gut gemachter eine Andere gewesen? Der Fall Salman Rushdy sollte darauf ja wohl eine eindeutige Antwort geben.
Ich kann auch dieses dumme Nachgeplappere von "Hass-", "Schmäh-" und "eitrigen PI-" Video nicht mehr sehen: das Video ruft nirgends zu Gewalt gegen Muslime auf. Zumindest in dem Trailer, den wir zu sehen bekamen, nicht. Der Koran dagegen schon - und zwar wiederholt, eindeutig und eindringlich.
Warum kann (darf?) ich dieses (un)heilige Buch nicht als Hass- oder Hetzschrift bezeichnen und in die gleiche Kategorie wie "Mein Kampf" stecken, ohne gleich als rechter Spinner bezeichnet zu werden? Es ist doch eine - oder etwa nicht? (Und man komme mir jetzt nicht mit angeblichen friedvollen Zeilen des Korans.)
Selbstverständlich sind über 99% der Muslime nur "hineingeborene", nicht wirklich aktiv praktizierende Gläubige. Und das ist gut so, denn wären sie es, hätten wir 100% Fundamentalisten. Aber dennoch sind sie Teil einer Vereinigung, deren erklärtes offiziell nachlesbares Ziel eben doch nicht ganz so friedlich ist. Und in diesem Sinn eben doch vergleichbar mit einem Parteimitglied einer ideologisch fundamentalistischen radikalen Partei.
Die Tatsache, daß nicht alle Parteimitglieder der NSDAP auch aktiv Juden getötet haben, relativiert doch die Partei und deren Ziele auchnicht - oder?
Das alles wäre noch halbwegs ertragbar, käme da nicht immer wieder der Ruf nach verschärften Gesetzen gegen Blasphemie (natürlich zunächst unter dem Deckmäntelchen der "Sicherheit" und "Öffentlichen Ordnung"). Kein Wunder dass auch fundamentale Christen und besonders unsere "christlichen" Parteien auf diesen Zug aufspringen.
Dass aber auch große Teile der Linken da mitmachen, und Verständnis für das beleidigte Gemüt dieser (mit Verlaub) irre geleiteten Idioten zeigt, ist ein Skandal.
Die einzig richtige Reaktion darauf ist, allen zu sagen: "cool down, regt euch nicht auf, ihr müsst den Film ja nicht angucken, wenn ihr es nicht wollt. Aber bei uns ist dies erlaubt, ja sogar gewollt. Wir stehen zum Recht der freien Meinung". Dann ist der ganze Spuk nach kürzester Zeit vergessen.
Denn dadurch, dass wir sie in ihrer selbstgemachten Aufgeregtheit bestätigen, sind wir es, die Öl in Feuer giessen, nicht die Macher eines lächerlichen Videos.