Donnerstag, 31. Oktober 2013

Neues vom Protestantismus


Vermischte Nachrichten von der schmuckloseren Seite des Christentums

Der Waliser Karl Jenkins ist den meisten, wenn auch vielleicht nicht namentlich, bekannt als Initiator, Komponist und Kopf des Fahrstuhlmusik-Projekts Adiemus. Mit diesem bombastisch-süßlichen Gesäusel, die Älteren werden sich schmerzvoll erinnern, wurden in den 1990ern viele öffentliche und private Räume akustisch zugekleistert. Weniger bekannt ist, dass er früher Keyboarder der Jazzrock-Band Soft Machine war und dass er eine Messe für den Frieden mit Namen The Armed Man komponiert hat, die er den Opfern des Kosovo-Krieges widmete. Das im Jahr 2000 uraufgeführte und durchaus beliebte Stück folgt formell dem Aufbau der katholischen Messe, verknüpft sie aber im Sinne eines völkerverbindenden, pazifistischen Grundgedankens mit musikalischen und textlichen Elementen aus verschiedenen anderen Kulturen und Religionen.

Die Leiterin der Kantorei der Pauluskirche in Neustadt-Hambach hatte die Idee, The Armed Man in der heimischen Kirche aufzuführen, was für einen Kirchenchor nichts Ungewöhnliches ist. Sie hatte dazu, wie es sich gehört, die Genehmigung des örtlichen Pfarrers Ludger Mandelbaum eingeholt, der das Projekt unterstützte und sich seinerseits der Unterstützung des Gemeinderates und des zuständigen Landeskirchenrats Speyer versichert hatte. So weit, so gut. Nun gibt es da offenbar ein kleines Problem. The Armed Man enthält ein Stück, das mit dem Gebetsruf eines Muezzins beginnt. Hierzu hatte die Gemeinde den Imam einer örtlichen Moschee eingeladen, der den Part auch freundlicherweise übernahm. Fast wäre dieser Frevel, diese Kirchenschändung unbemerkt durchgegangen.

Wie gut, dass es Profis gibt, die sich um so was kümmern. Weil diese wachsamen Herrschaften ihre Augen überall dort haben, wo gerade wieder der Untergang des Abendlandes durch islamische Unterwanderung dräut, haben sie auch in Neustadt-Hambach unermüdlich Mahnwachen organisiert und Flugblätter mit angemessen empörtem bis beleidigendem Inhalt verteilt. Denn ein Imam in einer christlichen Kirche, das geht so wenig, wie Ami-Geheimdienste, die einem die Bude verwanzen, nöch? Immer wieder schön zu sehen, dass es Menschen gibt, die noch echte Probleme haben!

Übrigens hätte ich da noch einen heißen Tipp für die fleißigen Mahnwächter und Flugblattdrucker. Es gibt da ein Machwerk aus dem späten 18. Jahrhundert, in dem zum Schluss nicht nur die Güte und Menschlichkeit eines muslimischen Potentaten und Frauenentführers gefeiert, sondern auch allgemein zu Frieden und Verständnis zwischen Ethnien und Religionen aufgerufen wird. Verbrochen hat dies islamistisch-gutmenschliche Propagandawerk ein Schmierant namens Wolfgang Amadeus Mozart und es wird regelmäßig an deutschen Stadttheatern aufgeführt. Von unseren Steuergeldern!

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Heute ist bekanntlich nicht nur der Tag vor Allerheiligen, sondern auch Halloween. Der ganz große Boom des Kürbisfestes und die gern befürchtete angelsächsisch-kommerzielle Unterwanderung des hiesigen Festkalenders dürfte wohl fürs Erste vorbei sein, denn das Angebot an entsprechenden Accessoires bei den Discountern scheint mir im Vergleich zu den vorigen Jahren doch spürbar abgenommen zu haben. Genau der richtige Zeitpunkt also für Margot Käßmann, hauptberuflich Ex-Bischöfin und nebenberuflich inoffizielle Chefprotestantin der Nation, sich kräftig über Halloween zu mokieren.

Halloween sei, so Käßmann, ein kommerzieller Humbug und nur deswegen entstanden, weil man zwischen Sommer-Grillpartys und erstem Advent unbedingt noch ein Verkaufs-Event mit allem möglichen Schnickschnack platzieren musste. Hmmm, wenn der Hauptkritikpunkt einer Profichristin an einem Fest dessen kommerzieller Aspekt ist, dann müsste sie - Ein jeder kehre vor seiner Tür (Jöthe) - angesichts dessen, zu was vornehmlich der Einzelhandel das Weihnachtsfest inzwischen degeneriert hat, doch lieber stille sein. Ferner meint sie, sie könne das alles eh nicht ernst nehmen, da die Kinder in Gruselkostümen unterwegs seien, wo doch Doctor Martinus Luther höchstselbst den Menschen die Angst nehmen wollte vor Geistern und Gespenstern.

Abgesehen davon, dass das gruselige Treiben vielleicht auch gar nicht ernst gemeint ist, geht es doch vor allem darum, dass die Kinder ihren Spaß haben. Und einfach so Spaß haben, das geht natürlich gar nicht für eine echte protestantische Spaßbremse. Ehrlich, wer glaubt, Kinder erlötten ernsten seelischen Schaden, wenn sie sich als Monster, Hexen und Geister verkleideten oder sich gar in Horrorkostüme würfen, muss sich schon fragen lassen, wann er sich Kinder zum letzten Mal aus der Nähe angeschaut hat. Fehlt eigentlich nur noch der Hinweis auf die 'Heidnischen Wurzeln'TM des Brimboriums. Worauf man dann wieder entgegnen könnte, dass auch viele Weihnachts- und Osterbräuche heidnische… Ach, was soll's. Es ist eh jedes Jahr dasselbe.

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Apropos Chefprotestanten: Wenn von so was die Rede ist, darf natürlich auch Peter Hahne nicht fehlen, der Cheflaienprediger der Nation. Der sudelt seit 1996 ein für tiefgründige Gerdanken bekanntes Großbuchstaben-Blatt mit dem voll, was er 'Gedanken am Sonntag' nennt. An diesem Sonntag, dem 26.10. haute er ein paar besonders Exquisite davon heraus, indem er sich die unmenschliche deutsche Flüchtlingspolitik am Beispiel der kleinen Naya aus Syrien und ihrer Familie vorknöpft. Im Gegensatz zm flachen Aufmerksamkeits-Defizit-Geschwurbel Käßmanns, ist es lohnend, Hahnes gesammelte Perfidie wörtlich zu zitieren:
"Trotz der Tragödien vor Lampedusa, vor den Küsten Italiens und Maltas wird nichts geändert; Flüchtlinge aus Afrika sind nicht willkommen, auch wenn sie sich in Berlin oder Hamburg demonstrativ zu Tode hungern. […]
Auch wenn ich damit herzlos wirke: Die Politik hat recht, dass wir das soziale Gefüge Europas nicht über Gebühr belasten dürfen, und eben nicht jeder, der vor Armut - und nicht vor Krieg oder politischer Verfolgung flüchtet - bei uns Aufnahme finden kann.
Deutschland kann nicht das Sozialamt für die halbe Welt sein.“
Doch jede Regel hat bekanntlich eine Ausnahme, jeder Paragraf kennt eine Hintertür. Und diese muss man für die kleine Naya und ihre Eltern aus dem syrischen Aleppo öffnen […]. Ich finde es erbärmlich, dass hier nach Gesetzeslage und nicht nach Menschlichkeit entschieden wird.
Nayas Eltern sind unter Lebensgefahr dem Bürgerkrieg entronnen, im Mittelmeer vor Malta ertranken ihre beiden kleinen Söhne. Nur Mutter, Vater und Naya überlebten. Jetzt möchten sie nach Deutschland zu einer befreundeten Familie, die ebenfalls aus Syrien stammt. Die sind Zahnärzte und könnten Nayas Vater, einen Anästhesisten, sofort anstellen, eine Wohnung bekämen sie auch. Nayas Familie würde also niemandem auf der Tasche liegen, denn Ärzte werden in Deutschland händeringend gesucht."
Einer solchen Familie die Tür zu weisen, findet er voll unchristlich und steinherzig, der Herr Hahne. In seinem christlichen Abendland sind Flüchtlinge nämlich willkommen, sofern sie süße Kinderaugen haben, niemandem auf der Tasche liegen und sofort als ordentlich verdienende Steuerzahler in die hiesige Verwertungskette integriert werden können. Alle übrigen Flüchtlinge, die zufällig keine Anästhesisten sind oder ähnliches, was gerade händeringendTM gesucht wird, haben leider Pech gehabt. Die mögen bitte weiter im Meer ersaufen, sich "demonstrativ zu Tode hungern" oder halt sonstwie krepieren. Weil wir uns schließlich nicht um alle kümmern können. (Nächsten Sonntag folgt vermutlich: Warum der Sozialstaat nur für die wirklich Bedürftigen, also die unter den Brücken, da sein kann.)

Ist es eigentlich erlaubt, sich öffentlich dermaßen penetrant das Christenetikett anzupatzen, sich gar auf Jesus Christus zu berufen, ohne sich offensichtlich auch nur einmal näher mit dem Neuen Testament befasst zu haben? Wundert sich eigentlich noch jemand über den Bedeutungsverlust der Kirchen, wenn unter anderem eines ihrer prominentesten, medial präsentesten öffentlichen Aushängeschilder auch kein anderes Menschenbild vertritt als der letzte ausbeuterische Schweinekapitalist? Um so was gepredigt zu bekommen, muss weiß Gott niemand am Sonntagmorgen den Hintern aus dem Bett heben und in eine Kirche pilgern. Oder Kirchensteuer zahlen.




2 Kommentare :

  1. Tja, ich hab das Gefühl, die Leute suchen eine Heimat. Eine christliche Heimat, - leider keine menschliche.

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  2. Hahne - Wenn "Blinde" wie jener von Farbe predigen, kommt da schwarz-braune Rührscheiße raus. Apokalypse NOW !!

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