Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Samstag, 31. Dezember 2016
2016 - fast geschafft
So denn, das wäre es fast mit 2016, diesem Kack-/Arschloch-/Stinkstiefel-/Driss-/Drecksjahr. Darf man so was überhaupt schreiben, ohne sich des distinktionsschwachen Mitläufertums schuldig zu machen? Oho, spitzen da coole, Aufmerksamkeit witternde Redaktionspraktikanten die Laptops: 2016 ein Mistjahr zu finden, ist voll spießig, das machen doch alle. Ich hingegen bin dagegen. Den Strom. Den Mainstream. Das Establishment. Bitte beachtet mich und findet mich originell! Anders! Oder wenigstens unkonventionell, ein Stück weit. Oder es wird altväterlich geonkelt: Nein, nicht wirklich, wahrnehmungsgestörtes Dummerchen. Lass mich erklären... Establishment aber, bzw. gegen selbiges zu sein, ist ein gutes Stichwort. Daran lässt sich nämlich die These festtackern, dass das beinahe vergangene zumindest in zweierlei Hinsicht vielleicht doch eines der eher weniger gelungenen Jahre war. Man muss ja nicht immer zwanghaft originell sein.
Es war nämlich das Jahr, in dem der Wahnsinn von einem so großen Teil der Menschheit Besitz ergriffen hat, dass es langsam aber sicher blümerant zu werden droht. Nun ist gegen das Ansinnen, es dem Establishment mal so richtig zu zeigen, grundsätzlich überhaupt nichts einzuwenden. Ob es aber eine gute Idee ist, dazu einen reichen Millionenerben mit besten Verbindungen zur Wall Street, ADHS, Sprechdurchfall, Twittersucht und offensichtlichem Cäsarenwahn zum amerikanischen Präsidenten zu wählen, halte ich nach wie vor für fraglich. Etwa so fraglich, wie einem mehrfach vorbestraften kleinkriminellen Flüchtling hinterherzudackeln. Oder quasifaschistischen Autokraten die Machtübernahme zu gestatten. Oder mehrheitlich für den Austritt aus der EU zu stimmen, was man ja tun kann, hernach aber zu stammeln: Wie denn? Wir treten aus? Moment mal, so war das aber nicht gemeint! Der Herr Farage und der Herr Johnson haben doch gesagt... Wir wollten doch nur... dem Establishment... Sabber... Schiedsrichter, Netzroller! Wiederholung!!!
Irgendwas sagt mir jedenfalls, dass es eine gute Idee sein könnte, die anstehenden Jahreswechselfestivitäten zum Anlass zu nehmen, sich für das kommende Jahr gehörig Mut anzutrinken. Was war noch? Das miese 2016 war auch das Jahr der Tode von Prominenten, die meisten viel früher im Leben als man's selbst erhofft für sich. In den letzten Tagen hat dieses verdammte 2016 mit George Michael, Carrie Fisher und Knut Kiesewetter noch einmal ein ausgesprochen fieses Finish hingelegt (ich will nichts beschreien, aber wie geht es eigentlich Keith Richards? Sind ja noch ein paar Stunden).
Einem älteren Ranking zufolge, waren dies 2013 die gefährlichsten Berufe der Welt:
1. Polizist in Mexiko
2. Lkw-Fahrer in Afrika
3. Holzfäller
4. Hochseefischer
5. Sprengmeister
6. Journalist in Syrien
7. Sicherheitsbeamter im Irak
8. Bergmann in China
9. Pilot in Russland
10. Busfahrer in Guatemala-Stadt
Natürlich ist dieses Ranking, wie fast alle von dieser Sorte, der übliche Propaganda-Bullshit, denn erfasst sind nur Berufe, in denen man auf teils spektakuläre Weise per Unfall zu Tode kommen kann. Das ist dann zwar tragisch, aber nicht die Rede ist von all jenen Berufen bzw. Tätigkeiten, die insofern tödlich sind, als dass sie die Lebenserwartung der Betreffenden deutlich sinken lassen. Meist prekäre Drecksjobs, die auf die Gesundheit gehen und einen dadurch tiefer in die Armut treiben, erst recht, wenn, wie vielerorts auf der Welt, keine ordentliche Gesundheitsversorgung zur Verfügung steht. Aber seien wir nicht zu pingelig.
Sollten es aber die Berufe 'prominenter Popmusiker' sowie 'ziemlich amtlicher Mensch, der wirklich etwas zu sagen hat und die Welt zu einem besseren Ort zu machen versteht', es im Ranking von 2017 nicht mindestens unter die Top Ten schaffen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.
Was war noch? Ab einem gewissen Alter fängt man ja an, mehr über gutes Essen statt über Sex, vor allem aber immer öfter über Krankheiten zu reden. Im Gegensatz zum letzten Jahr hat es heuer niemanden aus meinem näheren Umfeld derbe oder final erwischt. Ist ja ab einem gewissen Alter längst nicht mehr so selbstverständlich, von wegen: sich nähernde Einschläge und so. Und weil man nicht jünger wird, hatte ich den ersten Knochenbruch meines Lebens zu verzeichnen. Folgenlos so weit. Wäre das also auch erledigt. Also, war 2016 doch nicht sooo schlecht? Natürlich nicht! Nichts ist nur schlecht. So wie es nichts gibt, das nur gut ist.
Bleibt also auch dieses Jahr nur noch, was sich vielleicht routiniert liest, es aber keineswegs ist: Herzlichen Dank an alle fürs Vorbeischauen, Anklicken, Lesen, Kommentieren, Loben, Tadeln, Anregen, Widersprechen, Ergänzen und auch fürs Streiten – kurz: für das Gefühl, dass es Menschen gibt, denen diese Veranstaltung hier etwas bedeutet. Ohne all das, vor allem das letztere, würde es das hier längst nicht mehr geben. Man liest sich im nächsten Jahr.
6 Kommentare :
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Ich schaue hier jeden Tag vorbei und lese immer sehr gerne mit, wenn es was Neues gibt. Ansonsten klicke ich mich durch Ihre Blogroll :-).
AntwortenLöschen(Btw: Was ist der Unterschied zwischen einer Blogroll und einem Bloghaus?)
Alles Gute fürs Neue Jahr. Es wird schon irgendwie werden :-).
Und natürlich -wie eigentlich immer- sind alle total geschichtsvergessen. Wie war das noch damals mit Obama? Egal ob BILD, Spiegel, TAZ, die Blätter, die NZZ oder Kleinbloggersdorf: alle, wirklich alle (bis auf ein paar ganz kleine Ausnahmen), haben die Hoffnung gehabt und herbeigeschrieben, dass jetzt alles besser werden wird. Keine Drohnenmorde mehr. Kein Guantanano. Weniger Kriege. keine CIA-Foltergefängnisse. Ein schwarzer US-Präsident! Friedensnobelpreisträger! Kein Rassismus mehr. Und so weiter und so fort. Sie alle wurden enttäuscht. Heute redet niemand mehr darüber, zieht Bilanz oder tut so, als hätte er damals nicht mitgemacht bei dem naiven "Yes, we can"-Freudentaumel.
AntwortenLöschenJetzt passiert genau das Gleiche mit Trump - mit gegensätzlichen Vorzeichen. Und zwar auch in allen Medien. Auch hier werden alle enttäuscht werden. Es wird keine Apokalypse geben. Denn wie auch bei Obama wird die Macht von US-Präsidenten regelmäßig völlig überschätzt! Großkonzerne, Banken, Rüstungsindustrie, Finanzwirtschaft, Milliardäre - auch ein Trump kann es sich nicht "leisten", die zu verärgern. Und ob Killary Clinton jetzt irgendwie "besser" sein würde, darf wohl bezweifelt werden.
Abgesehen davon: Guten Rutsch, Kollege! ;-)
Den wünsche ich selbstverständlich auch.
LöschenParadoxerweise wäre Frau Clinton doch die Traumkandidatin des versammelten Kapitals gewesen, da sichere Garantin, dass nichts sich ändert.
@MT: Vielen Dank, freut mich sehr.
Was die - berechtigte - Frage nach dem Bloghaus angeht, habe ich mal die FAQ entsprechend ergänzt (zum Ende durchscrollen). Guten Rutsch!
Irgendwas sagt mir jedenfalls, dass es eine gute Idee sein könnte, die anstehenden Jahreswechselfestivitäten zum Anlass zu nehmen, sich für das kommende Jahr gehörig Mut anzutrinken. Was war noch? Das miese 2016 war auch [...]
AntwortenLöschenAch Stefan, Du checkst es einfach nicht. Darf ich Dich auf diesen, ahem, erleuchteten Text von ~ANDERSmensch~ hinweisen: Silvester - Fest für Dumme Du Schlafschaf, Du Marionette, Du, Du Kröne [sic!] der Schöpfung!einself! (Obwohl Du mit Frau Lauenstein auch schon starken Tobak auffährst.)
Wünsche dennoch einen guten Rutsch gehabt zu haben!
Danke, hatte ich, wünsche desgleichen gehabt zu haben.
LöschenWow, das Jahr ist noch keinen Tag alt, schon bin ich erleuchtet worden. Narr, der ich all die Jahre war!
Lustig, wie irre überzeugt der Typ von sich ist und für was er sich so alles hält - keine Spur von Selbstzweifeln und Skrupeln, wie sie so oft bei Intellektuellen anzutreffen sind. Direkt erfrischend.
Über 2016 werden viele wahrscheinlich mal sagen " da wünsche ich mir doch glatt dieses 2016 zurück".
AntwortenLöschenWars wirklich so schlimm? Jetzt kommt das hoch, was lange erwartbar war, und noch in überschaubaren Dosen.
Die Ruhe vor dem Sturm ist vorbei, endlich, denn sie hat die unangenehme Eigenschaft, daß der Sturm noch bevorsteht.
Gutes Neues!