Samstag, 8. Juli 2017

Wadde hadde Dudde da?


Man kann nicht umhin, den Organisatoren des Hamburger G20-Gipfels einen gewissen Sinn für Humor zu attestieren. Drinnen den Großkopferten dieser Welt Beethovens universelle Friedensbotschaft auf die Ohren geben, während es draußen kräftig auf die Omme gibt, das hat schon eine ganz eigene Ironie.

Im Ernst, natürlich wäre ich nicht begeistert, wenn von meinem Auto bloß noch ein rauchendes Gerippe übrig wäre. Ich wäre stinksauer, und wenn ich den, der das getan hätte, zu fassen bekäme, wüsste ich womöglich nicht, was ich täte. Ich begreife nämlich absolut nicht, was es mit Linkssein bzw. legitimem linken Protest zu tun haben soll, Kleingewerbetreibenden den Laden und damit ihre Existenzgrundlage zu verwüsten und Kleinverdienern das Auto anzuzünden, auf das sie möglicherweise existenziell angewiesen sind. So lange ich darauf keine vernünftige Antwort habe, muss ich davon ausgehen, dass es sich bei der Randale im Wesentlichen um die postpubertäre Zerstörungswut privilegierter Bürgerkindchen handelt, die zu blöd, zu schlaff oder schlicht zu feige sind, sich mit den richtigen anzulegen. Das ist nicht nur dumm, sondern auch sinnlos.

Natürlich kann man argumentieren, der Verlust eines Autos sei für den Bewohner eines der reichsten Länder und größten Waffenexporteure der Welt, der trotz vielleicht kleinen Lohnes immer noch deutlich besser lebt als die Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten, vergleichsweise unbedeutend. Das werden die Betroffenen aber wohl nicht so sehen, im Gegenteil. Im Gegensatz zu Linken haben Bürgerliche und Rechte begriffen bzw. besser begriffen als Linke, was Wiglaf Droste jüngst so richtig meinte: "So ist der frei sich dünkende Bequemmensch: Nimm ihm die Insignien seines Sklavenlebens weg, und er geht dir an die Kehle." Und weil sie das auch zu nutzen wissen, wird zum Entsetzen und zur Empörung des um seine Karre bangenden Normalos fröhlich der Popanz vom linken, randalierenden Autoanzünder durchs Dorf getrieben, wie weiland derjenige vom notgeilen, deutsche Frauen auf der Domplatte serienweise molestierenden Nordafrikaner.

Gewonnen ist damit gar nichts. Außer, dass jemand wie Hartmut Dudde Karriere macht, indem er sich als Eisenfresser und Durchgreifer profiliert. Der Hamburger Polizeichef mit dem passenden Vornamen ließ vor einiger Zeit verlauten, er sei bereits vier Tage nach einem überstandenen Herzinfarkt wieder im Dienst gewesen (anstatt sich, wie jeder vernünftige Mensch, einer im öffentlichen Dienst zumal, erst mal zu erholen). Solche, sich als unverzichtbar und zu harten Hunden stilisierende Arbeitstiere und Kinnmuskelspanner ringen mir keinerlei Bewunderung ab, sondern sind mir suspekt. Es ist durchaus keine verschwörungstheoretische Schnurre, dass ostentativ hartes Durchgreifen gegen aufmuckendes Volk in Zeiten wie diesen, in denen alles Warencharakter hat, Kommunen und ganze Länder um die Gunst von Investoren buhlen, als mindestens so ein Standortvorteil gilt wie eine schmucke Elbphilharmonie oder ein gutes Straßennetz.

Könnte also sein, dass die erlebnisorientierten Gewalttouristen und ihre polizeilichen Widerparts diversen Gipfelgästen eine hoch interessante Show geliefert haben. Das hieße dann wohl ein Bärendienst.




12 Kommentare :

  1. "..dass es sich bei der Randale im Wesentlichen um die postpubertäre Zerstörungswut privilegierter Bürgerkindchen handelt."

    Ach nee! Und privilegierte Bürgerkindchen können keine Linken sein, oder was? Links ist, was ich gut finde! Meiner Erfahrung nach besteht die Linke fast ausschließlich aus privilegierten Bürgerkindern.

    Schon lustig, diese Form des Klassenkampfes: Polizisten, die meistens aus dem kleinbürgerlichen Milieu kommen, müssen sich von Berufssöhnen und -töchtern aus "besserem" Hause die Fresse polieren lassen und sich als Nazis beschimpfen lassen. Das nenn ich mal Ironie.

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    1. @Anonym – „Und privilegierte Bürgerkindchen können keine Linken sein, oder was?“ – Nö, können sie nicht. Falls sie sich selbst überhaupt so nennen. Es gibt durchaus ein paar objektive Kriterien.

      Die Randale, die ich auf Youtube und Twitter gesehen habe, legt den Verdacht von V-Leuten als agent provokateur nahe.

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    2. Ich glaube, Agents Provocateurs sind gar nicht nötig, weil unter den Revolutionären Deppen genug sein dürften, die dankbar über jedes Stöckchen springen, das die Staatsgewalt ihnen hinhält.

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    3. @Wolf-Dieter Busch
      Ich darf mal zusammenfassen: Linke sind jovle Typen und die Randale gingen von Provokateuren aus.

      Man will sich halt seinen schönen Glauben nicht kaputt machen lassen und nur wenn man weiß, wer der Böse ist, hat der Tag Struktur.

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  2. Ich begreife nämlich absolut nicht, was es mit Linkssein bzw. legitimem linken Protest zu tun haben soll, Kleingewerbetreibenden den Laden und damit ihre Existenzgrundlage zu verwüsten und Kleinverdienern das Auto anzuzünden, auf das sie möglicherweise existenziell angewiesen sind.

    Da drängt sich mir die Frage auf: Ab welcher Geschäftsgröße oder ab welchem Automodell oder welcher Höhe des monatlichen Einkommens beginnt denn für dich ein Verwüsten/Anzünden von Geschäft/Auto in den akzeptablen oder nachvollziehbaren Bereich zu kommen?

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    1. Um Himmels Willen, was für eine Schwachsinnsfrage! Wie soll denn die Antwort aussehen? Nach Kontrolle der Steuererklärungen aller Anwohner durch die Revolutionären Zellen werden bis 30.000,00 € p.a. Geschäft/Auto verschont, ab 30.000,01 € p.a. wird verwüstet und gebrandschatzt? Als wenn es darum ginge!
      Noch einmal: Dieser sogenannte Protest bringt absolut nichts. Nada. Niente. Stefan Gärtner brachte es heute sehr schön auf den Punkt:

      "Auch mögen das Auto und die Einkaufsstraße Sinnbilder kapitalistischen Unrechts sein, und wer sie kaputtmacht, setzt ein Zeichen; aber die geborstenen Schaufenster kehrt ja nicht der CEO zusammen, und wessen gebrauchter Fiat in Flammen aufgegangen ist, den wird der revolutionäre Kampf fürs erste am Arsch lecken können. [...]
      Stellen wir’s auf die Füße, ergibt sich, daß es die beste Idee aller Zeiten war, den Gipfel in Hamburg stattfinden zu lassen, denn bessere Bilder als solche, die Linke als flaschenwerfenden, brandschatzenden Mob zeigen, können herrschende Verhältnisse sich nicht wünschen."


      Wünsche weiterhin angenehme Träume!

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    2. Meine Frage war durchaus ironisch gemeint. Und mit deiner Antwort bringst du die Absurdität auch gut auf den Punkt. Genau darauf wollte ich ja hinaus und deshalb verstehe ich auch nicht, warum sich diese Kleinwagen-Story in so vielen Blog-Artikeln wiederfindet. Entweder lehnt man solche Gewalt-Exzesse ab oder eben nicht. Da braucht es keine Unterscheidung in Groß- und Kleinverdiener.

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    3. Pardon, Ironie in Schriftform klappt bei mir nicht immer...

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  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. @Anonym - mein Tenor war: auf die Krawalltypen passt die Bezeichnung "Linke" nicht. Ob "Linke" jovial sind oder nicht, ist hier off topic, weil "Linke" eben nicht vorkamen. Stefan Rose hat sehr schön argumentiert, dass agents provocateurs gar nicht erforderlich gewesen sein dürften.

    Ich habe weiter den Verdacht geäußert, dass eben doch welche dort gewesen seien. Verdacht, capis? Ich habe mich nicht zum Herrn Jesus erklärt, der alles sieht und weiß.

    Für Verständnisfragen stehe ich immer zur Verfügung: Gruß Wolf-Dieter

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  5. Andere Frage/wie unterbelichtet muss man sein,eine solche Veranstaltung mitten in eine Millionstadt durchzuführen.Vor einigen Jahren wurde eine solche Veranstaltung in Ostdeutschland durchgeführt(Gebäude für Millionen auf Vordermann gebracht).

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  6. @Rainer, die Frage ist, ob das eine unterbelichtete oder eher eine mit bewusstem Kalkül getroffene Entscheidung war.

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