Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Sonntag, 26. Juli 2020
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (24)
Es half nichts, nach mehreren Jahren war mal wieder der Besuch einer Niederlassung dieses skandinavischen Møbelvertickers fällig. Ein Umzug steht demnächst an. Keine Sorge, passiert komplett freiwillig. Die Hütte wird nicht luxussaniert, weder werde ich von reichen Erben weggentrifiziert noch ist mir eine Eigenbedarfskündigung ins Haus geflattert. Ein guter Freund zieht demnächst zu seiner Freundin und hinterlässt eine bezahlbare, top ausgestattete Wohnung in guter Lage. Ich verdiente Prügel, ließe ich mir diese Chance entgehen.
Erwähnte ich schon, dass ich diesen Elchladen hasse? "Tja, dann gehen Sie da doch einfach nicht hin, anstatt hier doof rumzumosern! Es zwingt Sie schließlich niemand.", höre ich die Oberchecker wieder rumnölen. Denen sei gesagt, dass dieser Laden dummerweise ein paar Dinge im Sortiment führt, die es bei anderen so nicht gibt, und das zu Preisen, für die man sich nicht von diversen Aktienpaketen und Immobilien trennen muss. Sad but true. Außerdem kann man den Plunder gleich mitnehmen und muss nicht, wie in anderen Möbelläden, wochenlang auf die Lieferung warten. Möbel einfach so mitnehmen - ein in Teilen des deutschen Möbeleinzelhandels auch nach 50 Jahren hammermäßig revolutionäres Konzept.
Wie? Natürlich kann man auch online bestellen. Aber online bekomme ich keinen eingelegten Hering. Und kein Hot Dog am Ausgang.
Richtig, ich hatte bereits mal erwähnt, dass ich den Laden hasse. Damals fand ich es vor allem mal nervig, mich dort mit Menschenmassen herumschlagen zu müssen. Legionen an offenbar Ausgebombten, die komplette Hauseinrichtungen gen Kassenzone wuchteten. Zumal ich ungeschickterweise die Woche nach Ostern zu einem Besuch des Hökers mir auserkoren hatte. Exakt jene eine Woche des Jahres mithin, in der auch alle Lehrer und Rentner der Region ausnahmsweise mal Zeit haben.
Sicher, man kann die Sache professionell angehen. Vorab im Internet recherchieren, wo genau der Kram, den man zu kaufen gewillt ist, im Regal steht, dann gleich die Abkürzung zur SB-Lagerhalle nehmen, drei BILLY-Bretter, ein Nachtkästchen DRÖTTNINGHOLM und einmal den Klositz SURSTRÖMMING auf den Wagen, bezahlen und ab dafür. Fiel leider dieses Mal aus. Weil zwei, drei Kleinigkeiten für die künftige Küche besorgt werden wollten, musste ich wohl oder übel erst in das Obergeschoss des Schreckens. Das Labyrinth des Grauens. Wo man von kryptischen Pfeilen auf dem Boden kreuz und quer durch hyggelige Wohnlandschaften gelotst wird, alle Waren so platziert sind, dass man absolut alles abklappern muss, von abertausend Schildern brühwarm geduzt wird und alles einen anschreit: Nimm! Mich! Mit! Ich bin doch soooo praktisch! Los komm, du brauchst mich, du weißt es nur noch nicht!
Aaaber, so dachte ich, jetzt haben wir ja Corona. Also weniger Menschen im Laden, damit deutlich stressfreier. Hatte ich mir jedenfalls so gedacht. Und wenn ich vormittags hinführe, hatte ich mir ferner gedacht, dann sollte es auch nicht zu voll sein. Naivling, der ich war! Eines hatte ich nämlich nicht bedacht: Die unendliche Flexibilität von Menschen, wenn es gilt, anderen das Leben zu versauen und ihnen auf den Docht zu gehen. Wenn mehr Platz ist, dann glauben diverse Leute offenbar, sie hätten ja jetzt Platz, müssten demnach überhaupt keine Rücksicht auf gar nichts nehmen und führen sich entsprechend auf. Benehmen sich daneben für drei.
Es gibt ja welche, die sind mit einem natürlichen Talent gesegnet, im Weg herumzustehen. Mit traumwandlerischer Sicherheit exakt jene Hotspots zu besetzen, an denen sie ein Maximum an Mitmenschen am Passieren hindern. Ich erinnere mich noch, wie ich einmal zur Extraschicht das hiesige Umspannwerk besuchte. Im Hof war Volksfest mit Grill und Bierstand. Plötzlich zog ein Gewitter auf und es begann zu regnen. Alles, was im Hof war, strömte gen Hintereingang, so auch ich. Der Weg führte durch einen schmalen Gang, und da stand er. Quer zur Laufrichtung. Und versperrte den Weg. Ein älterer Herr mit mit Plauze vorn und voluminösem Rucksack hinten, der sich ganz in Ruhe die Vitrinen anschaute.
Dass sich von links gerade ein wütender Mob mit Mistforken und Pechfackeln näherte, beeindruckte ihn so gar nicht. Nur die Ruhe. Was die Leute immer haben, tss, tss, tss. Auf Bitten, zumindest seinen Rucksack abzunehmen, reagierte er nicht. Das tat dieser wamperte Zen-Meister erst, als es zwei Besuchern zu bunt wurde und sie ihn einfach beiseite schoben. Da war aber was los. Unerhört! Was man sich hier alles bieten lassen muss! Sie hören von mir!
Wie gesagt, solche Menschen gibt es. Aber offenbar kann man das auch lernen. Kann gar nicht anders sein, angesichts der Massen an Blockierern, die sich mir jetzt beim Schweden in den Weg stellten. Und es waren immer diselben und sie waren immer zu zweit. Entweder junge Paare, er mit Rasputinbart und Hornbrille, sie manchmal sichtlich schwanger, oder Gespanne aus Mutter und Tochter. Diskutierend. Schräg geneigten Kopfes ausführlich Dinge betrachtend. Sich gegenseitig Dinge zeigend. Und immer im Weg herum stehend. Die Hotspots besetzt haltend, die neuralgischen Punkte. Blind und taub für ihre Umwelt. Tiefenentspannt. Wäre ich da mit einem ausrangierten Schützenpanzer durchgerasselt und hätte irren Blickes aus der Luke gedroht, alle plattzumachen, sie hätten nicht mal hingesehen. Ommm.
Das kann eigentlich nur eines bedeuten. Es existieren im Geheimen Elternvorbereitungskurse und Töchterschulen, an denen das gelehrt wird. Kann man Bachelor drin machen und drauf promovieren. Geht gar nicht anders. So, Sie finden das absurd, lächerlich gar? Hej, wir leben erwiesenermaßen seit dem 15. Mai in der neuen Weltordnung, Bill Gates will uns alle per Zwangsümpfung chippen oder gleich umbringen oder beides, es werden massenhaft Kinder in unterirdischen Tunnelsystemen gefoltert, damit George Soros und seine Spießgesellen sich Adenochrom einpfeifen können, Schüler werden mit Staatspropaganda gehirngewaschen, die BRD steht unter alliierter Verwaltung und Sie finden das witzig? Einfach mal informieren und selber denken!
Du bekommst jetzt übrigens auch Veggie-Hotdogs und wieder vegane Köttbullar. Aber du darfst dein Hot Dog nicht mehr selber basteln. Wegen der Corona-Panik. Danke, Merkel!
5 Kommentare :
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Tja, das ist Alltag.
AntwortenLöschenBeim Lebensmitteleinkauf stoße ich regelmäßig auf zumeist ältere Damen, die in einem Gang stehen. Der Einkaufswagen steht links (oder rechts) direkt an dem einen Regal, sie stehen in der Mitte und halten sich mit einer Hand am Wagen fest und greifen im gegenüberliegenden Regal nach etwas. Mit a-tem-be-rau-ben-der Ge-schwin-dig-keit. Jegliches Vorbeikommen absolut unmöglich. Dabei lasse ich schon meinen Wagen irgendwo stehen und trage alles nur zu Fuß zusammen, um besser vorwärts zu kommen. Und fünf Reihen weiter dasselbe oder ein vergleichbares Problem.
Neuerdings spielen auch die Märkte selbst bei diesem Hürdenlauf eine wichtige Rolle. In jeden (!) Gang wird mindestens an einer Stelle eine Palette mit Produkten in den Gang gestellt, die immer nur von einer Person passiert werden kann. Braucht irgendjemand an dieser Stelle etwas aus dem Regal oder will einfach nur mal schauen, ist dieser Gang gleich komplett blockiert. Egal, ob mit oder ohne Wagen. Man kommt nicht vorbei.
Früher bin ich mal wirklich gern einkaufen gegangen. Wirklich. Selbst Frauen sind an mir verzweifelt. Und das soll echt was heißen. Jetzt gehe ich nur noch mit vorbereitetem Einkaufszettel zum Einkauf. Und dann nix wie durch und schnell wieder raus.
Wobei ich bei Senioren meist noch die Langmut in Person sein kann. ich denke dann oft: Kann schneller gehen als man denkt, dann ist man genauso. Oder schlimmer.
LöschenSchreiben die in dem bekløppten møbelhaus tatsächlich ø statt ö? Verrøckt. Das søll wøhl besønders Skandinavisch aussehen. Ist es ja auch. Im Dänischen und Norwegischen gibt’s das. Im Schwedischen hingegen nicht - ich bin zwar weit davon entfernt, Schwedisch zu können, aber ein bißchen weiß ich doch. Meine mutter war in jungen jahren als »wirtschaftsflüchtling« in Schweden, weil arbeitende frauen dort besser behandelt und vor allem auch besser bezahlt wurden und von ihr habe ich ein wenig Schwedisch gelernt. Im Schwedischen werden grundsätzlich alle gedutzt - das läßt sich so ins Deutsche so nicht übertragen und mich nervt das dermaßen, daß ich jenes möbelhaus meide wie die pest.
AntwortenLöschenNein, das mit dem skandinavischen ø machen die nicht, das war bloß der Versuch eines Scherzchens von mir. Weniger gelungen, wie ich feststellen musste. Besten Dank für den Hinweis.
LöschenMeines Wissens nach wurde das schwedische Du irgendwann in den Sechzigern im Rahmen der 'Du-Reform' eingeführt, weil das förmliche Anreden im Schwedischen wohl rasend umständlich ist und inoffiziell deswegen eh schon viel geduzt wurde.
Dachte, Blockieren wäre ein regionales Phänomen, offenbar nicht, bin erstaunt. In der Tat, das hat massiv zugenommen, und ja, es gibt definitiv (unterirdische?) Schulen für so etwas.
AntwortenLöschenVielleicht sind es auch die chemtrails oder die SS auf dem Mond, oder, am unwahrscheinlichsten, es ist einfach das Sytem- man hat halt keine anderen Mittel, um den Breiten zu machen und steht dann eben im Weg, um mit 80 zurückzuschauen auf ein cooles Leben als Wegsteher, wow.
Da pfeiff ich mir lieber Köttbullar rein, definitiv mit ganz viel Fleisch drin, und mit noch mehr Sauce drüber, und schwedische Salzchips sind auch nicht schlecht.