Dienstag, 26. März 2024

Jenseits der Blogroll - 03/2024

 
Die letzte Woche des Monats ist angebrochen, Zeit für die Links und Fundstücke. Es wird eventuell auffallen, dass immer weniger zum Thema Russland/Ukraine dabei ist, obwohl der Krieg vor unserer Haustür mit unverminderter Härte weitergeht. Es ist nur so, dass mir im Moment viel zu viel Meinung auf allen möglichen Seiten im Spiel ist und es für die korrekte Einordnung mehr braucht als Bauchgefühl, nämlich militärisches und militärstrategisches Wissen, das ich nicht habe. Was ich einigermaßen sicher sagen kann, habe ich bereits gesagt: Aufgrund seiner gigantischen Fehleinschätzung, die Ukraine in einem kurzen Handstreich hopsnehmen zu können, hat Putin, unabhängig vom Ausgang dieses Krieges, die geostrategische Lage Russlands auf lange Sicht dramatisch verschlechtert.

Mehr weiß ich nicht. Alles weitere bitte bei Kompetenten wie Markus Reisner oder Carlo Masala.

Politik. Hillel Fuld hätte gern Antworten auf 10 Fragen.

Ein großartiges Interview mit Jan Philipp Reemstma. Leider hinter Paywall.

"Man muss einfach sehen, dass der Antisemitismus die erfolgreichste Ideologie oder Obsession oder meinethalben auch Geisteskrankheit ist, die es in Europa gegeben hat und in die Welt gekommen ist. Er ist Folge der Karriere des Christentums, hat alle Veränderungen überstanden und ist auch dort erfolgreich geworden, wo die alten christlichen Obsessionen keine Rolle spielen. [...] Wer ein Antisemit ist, kann sich als Teil einer weltumspannenden Gemeinschaft fühlen, die ein Ressentiment pflegt. Ein Antisemit fühlt sich nicht als ein »Ewiggestriger«, wie das dumme Wort heißt, sondern wie ein moderner Mensch, der etwas begriffen hat, was viele andere noch nicht begriffen haben. Und das genießt der Antisemit." (Reemstma, a.a.O.)

Stefan Sasse unterhält sich im 'Bohrleute'-Podcast mit Robert Misik über die Frage, was das Problem der Linken ist und was Linkssein im 21. Jahrhundert bedeutet.

Rebecca Solnit versucht sich an der großen Frage: Was ist in diesen Zeiten eigentlich links?

Guido Sprügel über das Elend mit der 'Bildungsrepublik Deutschland'.

"Gegen vereinzelte Versuche, eine Schule für alle zu etablieren, läuft regelmäßig das Bürgertum Sturm, das auf Gymnasien besteht, damit der privilegierte Nachwuchs unter sich bleiben kann. Der Rest der Gesellschaft kann einem dann egal sein." (Sprügel, a.a.O.)

Michi Herl: Stell dir vor, es ist Remigration und alle machen mit.

Ulli Hannemann hat da einen Vorschlag für gratismutige Demowarmduscher.

"Warum die großen Demos gegen rechts scheiße sind, die Teilnehmenden doof und das alles nichts bringt, lässt sich dieser Tage zur Genüge überall erfahren, hören oder lesen. Das Lieblingswort der sauertöpfischen Überchecker ist dabei der »Gratismut«. Soll heißen: Wer an einem Aufmarsch teilnimmt, ohne das Risiko, erschossen, verhaftet oder wenigstens von einem kapitalen Bullen in die Ritzen zwischen den Pflastersteinen gewemst zu werden, nutzt der Sache nicht nur nicht, nein, er schadet ihr sogar. Daneben entlarven sich solche Picknick-, Sekt- und Kinderwagenmarschierer als grundfalsche Feiglinge, denen die eigene Pose tausendmal wichtiger ist als die Sache, die sie zu vertreten vorgeben." (Hannemann, a.a.O.)

Christoph Schröder über den Fall Monika Gruber: Munition für rechtsextreme Volltrottel.

Thilo Baum: Warum glauben sie Daniele Ganser?
 

Kultur/Gesellschaft/Gedöns. Nils Minkmar mit einem älteren Artikel über Christian Rachs Restaurant-Rettungsshow, der nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Frank Schäfer fasst zusammen, wie der moderne Heavy Metal, auch der deutsche, in die Welt kam.

Musik. Durchs neuerliche Gucken eines alten 'Schimanski'-Tatorts bin ich letztens wieder auf Tangerine Dream aufmerksam geworden. Das Projekt des 2015 verstorbenen Elektro-Pioniers Edgar Froese, eine Zeitlang gemeinsam mit dem ebenfalls legendären Klaus Schulze (+), wird inzwischen weiter geführt. In den Achtzigern waren Tangerine Dream auf dem Höhepunkt ihres Erfolges, machten diverse Filmmusiken, auch in Hollywood, und kamen sogar in die Charts. Wofür der jeden Kommerz hassende Froese sich dann immer entschuldigte.


(Video im erweiterten Datenschutzmodus. Anklicken generiert keine Cookies.)


Sport. Tobias Schall erklärt, wieso die Firma Adidas immer wieder im Umfeld dubioser Geschäfte auftaucht (Danke).

Essen/trinken/gut leben. Zweimal Vince Klink. Einmal mit einem Beitrag über den Unterschied zwischen gutem Schwäbischen Rostbraten und Murksrostbraten. Und ein älterer Beitrag über die Entwicklung der Nouvelle Cuisine in Deutschland sowie die immer noch grassierenden Missverständnisse über selbige.

Alter Schwede, so geht klassische Grand Cuisine! Verschwenderisch nämlich. Volles Rohr! Wie im L'Ambroisie in Paris bei Bernard Pacaud. Trüffel, Trüffel, Foie Gras, noch mehr Trüffel. Wolfsbarsch. Jakobsmuscheln. Kaviar. Pacaud wird dieses Jahr wohl in Ruhestand gehen. Aber es gibt in Paris noch Läden wir das Benoit, ein traditionsreiches, derzeit von Alain Ducasse betriebenes Ein-Sterne-Bistro. Dort bekommt man drei sensationelle Mittagsgänge für 42 Euro. Memo an mich: Nach Paris...

Das Rezept. Bekanntlich bin ich weder Vegetarier noch Veganer. Andererseits bin ich als ambitionierter Hobbykoch auch geradezu pathologisch neugierig. Und ich muss gestehen, dass mich die Kreativität, die in diesem Bereich inzwischen herrscht, nachhaltig beeindruckt. Etwa wenn ich bei einem Blog wie Zucker & Jagdwurst vorbeigucke. Immer öfter denke ich dann: Vielleicht braucht es einen anderen Ansatz. Nicht bloß Fleisch ersetzen wollen, sondern was Eigenständiges machen.

Also nicht so kochen, dass man hinterher denkt: Ach guck mal, schmeckt ja irgendwie auch ohne Fleisch ganz okay. Nein, so kochen, dass man gar nicht erst nach Fleisch fragt, dass man denkt: Boah wie geil ist das denn? Ich will mehr! Weiterhin sollte man sich als jemand, dem es an gutem Essen und gutem Leben gelegen ist, zu schade sein, sich irgendwelche hoch verarbeiteten 'Plant based'-Fleischsurrogate einzupfeifen. Nicht machbar? Doch. Man sehe sich auf dem indischen Subkontinent um. Dort essen ganze Bevölkerungsgruppen seit Jahrhunderten fleischlos. Und zwar ohne Mangelerscheinungen zu bekommen. Und so, dass man denkt: Boah, wie geill ist das denn? Ich will mehr!

"Man hätte auch Sägemehl nehmen können." (Jürgen Dollase über die pflanzlichen Burger von Aldi und Lidl)

Im Laufe der Jahre sind mir immer wieder vegetarische Gerichte untergekommen, bei denen das der Fall war und die seither meinen Speiseplan bereichern. Madame Bastians Zucchini-Ziegenkäse-Pfanne etwa. Oder Jamie Olivers Blumenkohl-Brokkoli-Cannelloni. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Das sind natürlich beides keine veganen Gerichte, aber immerhin welche, für die kein Tier abgemurkst wurde. (Der Ziegenkäse im ersten Fall scheint mir nur schwer substituierbar.)

Jetzt bin ich auf etwas gestoßen, das mich spontan neugierig gemacht hat, das ich nachgekocht und dann gedacht habe: Boah, wie geil ist das denn? Linsen-Walnuss-Bolognese. Leider hinter Paywall (die geneigte Gemeinde wird sicher Wege finden, sich da zu behelfen). Die schon erwähnten Inder wissen von jeher: Hülsenfrüchte retten dir den Tag. Machen mindestens genauso satt und glücklich wie Fleisch. Hier liefern noch Nüsse gesunde Fette und weitere Proteine. Warum aber muss man das 'Bolognese' nennen? Was soll der Krampf?

Einige Anmerkungen scheinen mir aber geboten:

1. Von den Indern lernen, heißt, wie gesagt, siegen lernen. Viele Currys bekommen nicht durch Fleisch geschmackliche Tiefe und Wumms, sondern dadurch, dass zu Beginn die Zwiebeln lange und sanft gebräunt werden. Die Zeit sollte man sich auch hier nehmen.
2. Die Menge an Walnüssen kann problemlos verdoppelt werden.
3. Drei Lorbeerblätter sehen nach viel aus, sind es aber nicht. Sind nötig, weil sonst alles zu süßlich wird.
4. Schon Oma wusste, dass Hülsenfrüchte und Geräuchertes ein Match made in Heaven sind und setzte Linsen- und Erbseneintöpfe mit Speck an. Da wir fleischlos bleiben wollen, empfehle ich 1-2 TL geräuchertes Paprikapulver. Ein Hammer!
5. Auch hier gilt, was für klassische Bolognese gilt: Lange bei niedriger Temperatur köcheln lassen, mindestens 1 ½ Stunden. Und: sparsam würzen, keine tausend Kräuterchen!
6. Daher kann die Schokolade am Schluss wegbleiben. Ein verspielter Gag. Wer’s braucht.









9 Kommentare :

  1. Wie bitteschön ließe sich dieser blutige Haufen Scheiße, der da in der Ukraine inzwischen schon seit Jahren vor sich hindampft, denn "korrekt einordnen"? Hülfe einem betr. Korrekt-Sein ein besseres militärisches bzw. militärstrategisches Wissen weiter? Und wenn man besagten Haufen tatsächlich korrekt eingeordnet hätte, was dann? Wem wäre damit geholfen? Würde er weniger stinken? Ich hab keine Ahnung, und mittlerweile bald auch keine Meinung mehr. Außer vielleicht z.B., dass ich es beschissen finde, dass inzwischen Abertausende russischer und ukrainischer Soldaten zu Krüppeln wurden oder elend verreckt sind und dass dieses ganze mörderische Elend offensichtlich nicht enden will.
    Gute Nachrichten gibt es aber auch, wenigstens für kluge Anleger: Der Wert der Rheinmetall-Aktie hat sich seit dem 24. Februar 2022 verfünffacht. Das ist keine Meinung, das hat der aktuelle Börsenticker so für mich eingeordnet.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Was in der Ukraine passiert, irgendwie einzuordnen, ist das, was hier schon öfter versucht wurde. Inwieweit das hilfreich ist, weiß ich in der Tat nicht. Moralische Empörung, so verständlich sie sein mag, macht aber auch niemanden wieder lebendig bzw. beendet keine Kriege.

      Löschen
    2. Das stimmt. Moralische Empörung ist - vor allem im Internet - meist sehr billig zu haben bzw. zu äußern und bringt wenig, es sei denn, ihr folgen Taten. Wütend, wohl weil ziemlich rat- und hilflos, bin ich trotzdem.
      PS. Wie ist es eigentlich mit den Hunderttausenden, die jüngst gegen AfD & Co auf die Straße gingen? Offensichtlich vermag auch deren moralische Empörung nur wenig auszurichten. Jedenfalls gegen die manifeste Dumpfheit derjenigen, die nach wie vor gewillt sind, ihre Hakenkreuzchen bei den Blaubraunen zu machen: Laut aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl steht die AfD nach wie vor auf Platz 2.

      Löschen
    3. Ich würde nicht sagen, dass es bei den Anti-AfD-Demos bloß um moralische Empörung geht. Spielte sicher eine Rolle, aber es ging auch um Vernetzung. Bei uns hat sich durch die Demos ein antifaschistisches Bündnis etabliert, das seitdem etliches an Öffentlichkeit gewonnen hat.

      Löschen
    4. Das finde ich gut. Solche Bündnisse sind wichtig. Viel Erfolg, oder besser: Wirkung!

      Löschen
  2. Hallo Stefan, da hast du ja reichlich Lesestoff zusammengestellt. Querbeet und alles superinteressant. Vielen Dank. Ich mag deine neutrale Art zu schreiben und dass du die Contenance behälst, auch wenn es mal etwas stürmisch wird, was definitiv mehr Kraft erfordert, als seine Wut, wie berechtigt sie auch immer sein mag, anderen zwischen die Füße zu werfen. Noch eine kleine Anmerkung. Der unterlegte LINK zu Monika Gruber führt zu einem anderen Artikel. Mit besten Grüßen aus Leipzig, weiter so, Menachem

    AntwortenLöschen
  3. Ist bei "Christoph Schröder über den Fall Monika Gruber" ein falscher Link? Denn der ist ja weiter oben schon mal.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke für den Hinweis. Ist korrigiert.
      @Menachem: Lieben Dank!

      Löschen
    2. "für die korrekte Einordnung mehr braucht als Bauchgefühl"
      ... zumindest die historische Entwicklung wird bei Wikipedia ziemlich wertneutral beschrieben:
      https://de.wikipedia.org/wiki/Russischer_%C3%9Cberfall_auf_die_Ukraine_seit_2022

      Gruß
      Jens

      Löschen

Mit dem Absenden eines Kommentars stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zu. Zu statistischen Zwecken und um Missbrauch zu verhindern, speichert diese Webseite Name, E-Mail, Kommentar sowie IP-Adresse und Timestamp des Kommentars. Der Kommentar lässt sich später jederzeit wieder löschen. Näheres dazu ist unter 'Datenschutzerklärung' nachzulesen. Darüber hinaus gelten die Datenschutzbestimmungen von Google LLC.