Samstag, 25. Mai 2024

Jenseits der Blogroll - 05/2024


Wieder ist es Zeit für einen Blick durchs Netz. Zwei so bahnbrechende wie erschütternde Erkenntnisse überkamen uns in letzter Zeit: Erstens, dass die AfD nicht nur in Teilen eine Ansammlung von Neonazis und Faschisten ist, sondern in Teilen auch von korrupten Faschisten, Neonazis und Koofmichs, teils mit besten Kontakten ins befreundete Ausland und/oder Vorstrafenregister. Zweitens: Rassistische Naziparolen grölende Prolls gibt es nicht nur unter ostdeutschen Bürgergeldbeziehern, sondern auch unter künftigen Machern und Entscheidern. Etwa im Pony Club auf Sylt. (Warum muss ich gerade daran denken? Egal) Man stelle sich meine Überraschung vor. Merke: Auch der Alk im Schampus macht auf Dauer doof.

Überhaupt, Sylt! Dieses nur per Kleinflugzeug oder Autozug (der nebenbei über einen immer noch nach dem Hitlerernenner Hindenburg benannten Bahndamm fährt -- ZUFALL???) zu erreichende Nobelghetto mit Naturwellenbad, wo man seinen Wohlstand noch zeigen kann, ohne dass er einem immer von lästigen Neidern und Minderleistern madig gemacht wird. Die Punks kommen ja immer nur bis zum Betonbollwerk Westerland, wo sie im ersten Supermarkt die Dosenbiervorräte leerkaufen und dann zu besoffen sind zum Revolutionmachen. Wo Ausländer noch wissen, was ihr Job ist: gegen Kost und Logis plus paar Kröten hart arbeitende Leistungsträger bzw. Sekundärleistungsträger (Papa arbeitet hart bzw. hat mal hart gearbeitet) bedienen nämlich. Durchschnittliche verdienende Deutsche können sich einen Job auf diesem Erbeneiland wegen der absurden Mieten und Lebenshaltungskosten schon längst nicht mehr leisten.

Es gab Zeiten, da war es schick, den 500 SL oder Porsche mit einem 'Bonzenstempel' genannten Aufkleber der Kontur dieses immer noch nicht von der Nordsee verschluckten Sandhaufens zu verschandeln. Oder der Umwelt per SANSIBAR-Aufkleber mitzuteilen, dass man stolz darauf ist, in einer auf schischi getunten Fischbratküche Apothekenpreise zu berappen. Und sich so zuverlässig zu outen als jemand, der es gewaltig nötig hat. Könnte sein und es wäre zu hoffen, dass der Spott darüber jetzt eine kleine Renaissance erlebt. Das würde die Wartezeit auf die nächste Sturmflut verkürzen. Kann ja nicht mehr lange dauern. Der Klimawandel hat schließlich nicht nur Nachteile.

Wie, auch auf Schützenfesten im Schweinegürtel wird zu vorgerückter Stunde mitunter belastetes Liedgut angestimmt? Ja sapperlot! Erinnert mich an meinen letzten Besuch auf so einer Veranstaltung. Das war Ende der Achtziger, ich war 18 oder 19. Hatte mich überreden lassen, weil das Bier so billig war. Als nach Mitternacht "Panzer rollen in Afrika" und "Bomben auf Engeland" angestimmt wurden, wusste ich, dass es Zeit für mich war zu gehen. Und nicht mehr wiederzukommen.

Jetzt bin ich schon wieder abgeschwoffen. Die sonstigen Fundstücke:

Ramin Seyed im Interview über die Ideologie der reichen Kids.

Micky Beisenherz zum Thema.

"Nicht, dass es unüblich wäre, dass Kinder aus besser begütertem Hause hier aus vollen Kelchen und Kehlen ihrer Mittelschichtsverachtung freien Lauf lassen würden. So deutlich allerdings hat man noch nie mit dem Herrenmenschen-Dasein geliebäugelt wie hier [...] Was mag sie dazu verleitet haben? Klar, die zahllosen mattschwarzen G-Klasse-Mercedes, die ihre Runden um die Kneipen drehen, können einen im Aperol-geschwängerten Zustand schon mal glauben lassen, dass die deutschen Panzer schon wieder rollen. [...]
 
In einem Anfall von bildungsbürgerlicher Wut möchte man diese kleinen geschichtsvergessenen Arschgeigen direkt zur Universität schicken. Bis einem wieder einfällt, was gerade auf deutschen Hochschulen los ist. Man wäre schon zufrieden, würden die mal ein paar Tage an der Kasse an einem Bottroper Supermarkt arbeiten. Penny statt Pony." (Beisenherz, a.a.O.)

(Ist aber nicht so, dass das so völlig überraschend kam. Niemand hat das Lebensgefühl dieser hohlraumversiegelten Jeunesse dorée schon in den Neunzigern besser eingefangen als Christian Kracht in 'Faserland'.)

Gert Buurmann mit einer kleinen Nachhilfestunde für die propalästinensischen Schreihälse an der Kölner Uni.


Markus Liske über den Weg von den Montagsmahnwachen zum Bündnis Sahra Zarenknecht.

Judith Butler zu verteidigen, ist keine leichte Aufgabe zur Zeit. Robert Misik stellt sich der Herausforderung. Respektabel.

Ein AfD-Infostand soll von Antifa-Mitgliedern angegriffen worden sein und es soll Verletzte gegeben haben. So wurde es in einer dpa-Meldung mitgeteilt, die von zahlreichen Medien, scheint's, ungeprüft übernommen wurde. Ganz so einfach war es aber wohl nicht. Killerbiene, anyone?

Ulli Hannemann über Cannabis im Jahre 2058. Kommt das eigentlich nur mir so vor, dass seitdem Bubatz legal ist (naja, halbwegs), die Stadt am Wochenende schon ziemlich penetrant nach dem Zeug mieft?

Thomas Fischer zur die Frage, was der Rückzug der Cum-Ex-Chefermittlerin Brorhilker bedeutet.

Kultur/Gesellschaft/Gedöns. Christina Dongowski über Jonathan Yeos Portrait 'HM King Charles III'.

Kennen Sie auch diese Blechschilder in Kneipen mit der an die NS-Zeit gemahnenden Aufschrift 'Swing tanzen verboten! Die Reichskulturkammer'? Fun fact: Es existierte nie ein Swingtanzverbot.

Musik. Der taz gefiel ein Lied der Antilopen Gang über den Judenmord der Hamas nicht.

Nach langer Pandemie- und Produktionspause gastierte die britsche Band Pendragon letztens in Oberhausen, und es war sehr nett. Herzwärmend. Die Preise? Eintritt 30 Euro, CDs am Merch 15 Euro, T-Shirts 25 Euro. Mehr als in Ordnung. Ein Witz eigentlich.

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Und dennoch sollen sich Fans beschwert haben, weil die CDs im Mailorder etwas teurer geworden sind. Sänger und Gitarrist Nick Barrett antwortet ihnen mit einem längeren Artikel, in dem er auch die Finanzen der Band offenlegt. Eine interessante Lektüre für alle, die wissen wollen, wie man heutzutage so lebt als Vollzeitmusiker, der eher ein Nischenpublikum bedient und nicht über andere Einnahmequellen verfügt wie Nebenjob, Erbschaft, Pension, reiche Ehefrau oder Mäzene. Permanent am Rande der Selbstausbeutung nämlich. Jeder andere Freiberufler würde bei solchen Honoraren nur mitleidig abwinken. (Und nein, Spotify ist keine Lösung, wenn man nicht x-millionenfach gestreamt wird.)

"People will pay £20 for a hotdog, a litre of Coke and a bucket of popcorn at the cinema, they will pay £66 for 1 adult ticket to go to Legoland for the day, they will pay £30 for a round of drinks, but put £3 on a Cd or £5 on a gig ticket and you get a riot! Hey the band are ripping us off! Really?

99% of creativity is trial and error and darned hard work, to make the music that I think is the best it can be and that therefore takes time. You only hear the end result, you don’t hear the thousands of hours of rebuffed ideas, lyrics, sounds, soul searching, head scratching, recording takes and staring into oblivion that made it happen. Did you know James Dyson made over 5,000 prototypes before he arrived at the vacuum cleaner he was happy with?" (Nick Barrett)



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Sport. Fällt heute aus.

Essen/Trinken/gut leben. Vincent Klink über den Segen des Spleen. Und mit einem Tipp, woran man todsicher ein schlechtes Restaurant erkennt. Wer seinen Gästen Plastikblumen vor die Nase setzt, wird ihnen höchstwahrscheinlich auch billiges Essen vorsetzen.

Ist Kochen Kunst? -- so wurde letzten Monat an dieser Stelle gefragt. Die Herren Katz und Goldt haben eine Antwort.

Der italienische Historiker Alberto Grandi macht sich seit einiger Zeit Feinde in Italien, weil er herausgearbeitet hat, dass das Gewese um die einzig wahre, traditionelle italienische Küche ahistorischer Humbug ist. Kein Zufall auch, dass vor allem rechte Politiker wie Matteo Salvini ihn besonders vehement angreifen.

Das Rezept. Kein großer Aufwasch dieses Mal. Eines meiner Lieblingsessen, das meine Mutter früher manchmal zu Tisch brachte, sind Pfannkuchen gefüllt mit Rahmspinat. Meistens gab es das freitags. Man war schließlich katholisch. Außerdem war ich eines dieser Kinder, die die grüne Pampe immer geliebt haben. Ich mache mir das auch heute gelegentlich noch gern, gebe aber ein bisschen Parmesan dazu. In Österreich heißt das Spinatpalatschinken und wird noch mit Käse überbacken. Tu felix Austria! Madame Bastian hebt Spinatkochen mit ein paar simplen Zutaten noch einmal auf eine neue Ebene.










 

3 Kommentare :

  1. "Panzer rollen in Afrika vor!“ und "Bomben auf Engelland" muss es heißen.

    Abgesehen davon wird es höchste Zeit, dass auch hierzulande wieder Panzer rollen, aber bitte keine aus Rheinmetall mit Staatsbürgern in Uniform am Gaspedal. Sondern sicherheitshalber amerikanische, britische oder schlimmstenfalls auch russische, und zwar zuerst über den Hindenburgdamm, Stoßrichtung Kampen. Nicht nur da ist bei der Entnazifizierung wohl so einiges versäumt worden, aber irgendwo muss man ja anfangen. Besser spät als nie.

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  2. … und hier schließt sich der Schriftenkreis zu Pantoufle.

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  3. OT: Iron-Butterfly-Sänger Doug Ingle ist tot. Dazu ein kleiner Ausschnitt aus dem bekanntesten Hit von Drummerin Sina:
    https://youtu.be/xyF5A7BFnqw?t=398

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