Donnerstag, 11. Juli 2024

Vermischtes zur Eh-Em (VII) - halbes Finale


Und noch eine Viertelfinal-Nachlese

Ich wiederhole mich. Wenn es einen Fußballgott gibt und so was wie Gerechtigkeit, dann wird am Sonntag Álvaro Morata, Kapitän der spanischen Nationalmannschaft, die silberne Trophäe in den Himmel über Berlin recken. Das spanische hat als einziges Team von Anfang an überzeugt und auf jeden Gegner eine Antwort gefunden. Am Dienstag haben sie es es geschafft, die Franzosen - sichtlich über ihren Zenit hinaus, aber immer noch mit individueller Klasse en masse - nach frühem Führungstor und Ausgleich komplett abzumelden und nur mehr hinterherlaufen zu lassen. Auch Kylian Mbappé hat erst in der 86. Minute seinen ersten Schuss aufs gegnerische Tor zustande gebracht. Muss man erst mal hinbekommen.

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Immer mehr entpuppt die englische Mannschaft sich als Nachfolgerin der deutschen, die einst 'Turniermannschaft' genannt wurde. Mit minimalem Aufwand und halbem Arsch auf Grundeis sich irgendwie ins Finale lavieren. Man kann das ungerecht finden, muss aber konzedieren: Wer im Endspiel steht, muss zwischendurch mal irgendwas richtig gemacht haben, denn so viel Glück auf einmal kann man normalerweise nicht haben. Immerhin, muss man sagen, haben sie im Halbfinale zum ersten Mal in diesem Turnier eine Leistung gezeigt, die ihrem theoretischen Potenzial entspricht.

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The good, ...


... the bad and the ugly...


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Bin ich der einzige, der findet, dass das mit den Elfmetern langsam ein bisschen weird wird? Der Elfmeter, vulgo: Strafstoß, wurde meines Wissens mal eingeführt, um Abwehrspieler zu bestrafen, die sich mit unsauberen Mitteln - per Handspiel oder Foul - einen Vorteil verschaffen und eine gegnerische Torchance vereiteln. Wieso soll es elfmeterwürdig sein, wenn der Torschuss, wie im Fall Harry Kanes, bereits vollzogen ist, er also durch das (klare) Foul von Dumfries nicht am Torschuss gehindert oder sonstwie darin beeinträchtigt worden ist? Da keine grobe Tätlichkeit vorlag, wäre ein indirekter Freistoß angebrachter gewesen.

Eine weitere spiel(mit)entscheidende Elfmeterentscheidung in diesem Turnier unter dem Motto: Ja, es gab einen Kontakt, man kann das pfeifen, wenn man unbedingt will (was Dumfries selbst auch einräumte), muss man aber auch nicht unbedingt. Man kann das tun, aber dann stellt sich die Frage, wieso die Schiedsrichter auch grobe Fouls nicht mit Gelb ahnden. Wenn es neuerdings für jedes Geknuffe und Gerangel gegen jeden nicht ballführenden Spieler der angreifenden Mannschaft im Strafraum Elfmeter gibt, dann müssten nach jedem durchschnittlichen Eckball drei verhängt werden.

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Fußballer sind normalerweise keine Intellektuellen. Keine Politologen, Historiker oder Soziologen. Haben der Welt also in solchen Dingen nicht zwingend Tiefergehenderes mitzuteilen als ein x-beliebiger Stammtischbruder oder eine x-beliebige Kaffeeklatschtante. Und auch wenn sie sicher  in der Welt herumkommen, ist damit noch lange nicht gesagt, dass sie mehr von der Welt sehen als ein x-beliebiger Pauschaltourist in seiner Bettenburg. Trotzdem wird ihnen offenbar besondere Urteilsfähigkeit in politischen und gesellschaftlichen Fragen zugetraut. Unvergessen, wie einst ein junger Tennisspieler namens Boris Becker sich was zusammenstammelte, wenn man ihn nach seiner Meinung zu weltpolitischen Dingen fragte. Was sollte er auch sagen?

Will man Quote, Verkaufszahlen und Aufmerksamkeit generieren, dann ist der Verweis darauf, mit diesem Land ginge es aber so was von bergab, eine sichere Nummer. Garniert mit dem Verweis, wie geschockt man gewesen sei, als man nach zehn Jahren mal wieder vorbeigeschaut habe in Deutschland. Und dass das jetzt aber endlich mal ganz mutig und ohne Rücksicht auf Sensibelchen gesagt werden müsse.

Dieser Quark wurde jetzt von den Herren Kroos, Lanz und Precht weiter breitgetreten. Drei Millionäre, zumindest Wohlhabende, auf jeden Fall Privilegierte, von denen einer seit vielen Jahren in Spanien lebt, und deren Leben mit dem der meisten Menschen kaum mehr irgendwelche Berührungspunkte haben dürfte, die aber zwei Dinge ganz genau wissen. Erstens: Unkontrollierte Migration ist das Problem Nummer eins in Deutschland. Zweitens: Man darf ja nichts mehr sagen, ohne gleich in eine ganz gewisse Ecke gestellt zu werden. (Kleiner Denkanstoß: Niemand wird in eine Ecke gestellt, weil er seine Meinung äußert. Es hat halt nur ein Geschmäckle, wenn diese Meinung sich darin erschöpft, dass die Migranten unser Unglück sind.)

Wohlgemerkt: Das Problem ist nicht die immer himmelschreiendere Ungleichheit zwischen Arm und Reich, die steig wachsende Kinderarmut, dass das Risiko, in Bremen arm zu sein, inzwischen viermal höher ist als in Bayern, dass Wohlstand immer noch weniger mit Leistung und immer noch mehr mit sozialer Herkunft zu tun hat. Das schandbar unterfinanzierte Gesundheits- und Bildungswesen, die totgesparte Infrastruktur, dass im Namen der depperten Schuldenbremse der Sozialetat weiter zusammengestrichen wird etc. etc. Nein, das allervordringlichste Problem ist Gevatter Migrant, der’s wagt, hier angeschissen zu kommen.

Schade, dass der bis Dato immer recht angenehm dezente Toni Kroos sich so schnell nach seinem Karriereende offenbar einreiht in die Schar jener Ex-Fußballprofis, die sich als mutmaßliche Kopfballopfer entpuppen. Demnächst wohl: Ein Buch mit einem Titel wie 'Was gesagt werden muss', oder 'Deutschland, wohin?'. Auf dem Titel: Ein finster uns anblickender Toni Kroos. Könnte ich wetten.









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