Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Sonntag, 13. Dezember 2015
Ronny des Monats - Dezember 2015
Ein wenig unheimlich ist mir das schon. Ich meine, da hebe ich letzten Monat diesen neuen Preis für die beste rassistische Einzelleistung aus der Taufe und schon legen sich die Ronnys der Nation so richtig ins Zeug. Die Flut an Widerlichkeiten, die es seit der letzten Verleihung zu verzeichnen gab, spricht da eine deutliche Sprache. Es war so viel los, dass mir die Wahl wirklich schwer fiel und ich Kandidaten, die ich schon sicher auf dem Treppchen glaubte, wieder aus der Wertung nehmen musste. Etwa jenen Bock in Gärtnergestalt, der ausgerechnet am Berliner LaGeSo Securitydienst schob. Oder die besorgten Nachbarn der Erfurter Zahnärztin Kathleen Trobisch, die ihr freundlicherweise dieses Schreiben (fb!) unterjubelten. Und die - hihi! - Ergüsse des renommierten Fickologen Björn H. sind mir natürlich auch wieder durchgegangen. Mist!
Wie gesagt, die Wahl fiel schwer. Hier die Top Five:
Freitag, 11. Dezember 2015
Glück durch Arbeit
Viel um die Ohren gehabt, die Woche – but there are still monsters to be slain. Zum Beispiel diese kreuzdämliche Leier vom Glück durch Erwerbsarbeit. Die von zig Karriereberatern bzw. -coaches gepredigte Schnurre, es sei mit ein bisschen gutem Willen und ein wenig (kostenpflichtigem) Coaching jedem möglich, eine erfüllende, den eigenen Neigungen und Stärken entsprechende Arbeit zu finden. Die Ratgeberliteratur ist voll von inspirierenden Geschichten über glückliche Hackfressen, die ihrem Herzen gefolgt sind und nun als kernzufriedene Spaßbacken ihr Restdasein verbringen. Und der Restwelt damit nicht selten gehörig auf die Eier gehen. Das Problem ist ja nicht, dass es solche Menschen gibt, sondern dass uns suggeriert wird, jeder, bei dem das nicht so sei, mache gewaltig etwas falsch.
Montag, 7. Dezember 2015
Zum einrahmen
Beim Stichwort 'FAZ.NET' fällt mir ja so einiges ein. Klar, konservativ als erstes, dann noch wirtschafts- bzw. neoliberal, Stimme der Arbeitgeberschaft und der Kapitaleigner. Ferner kommen einem in den Sinn: Jasper von Altenbockum, Don Alphonso und noch einiges mehr, aber you get the picture. Eines hingegen würde mir als Attribut für die alte Frankfurter Frakturtante als allerletztes einfallen. Wenn überhaupt. Und das wäre linksfaschistisch.
Samstag, 5. Dezember 2015
Orientalischer Adventskalender
Hier am Ort gibt es eine Kirche, in der eine Gruppe Ehrenamtlicher alle Jahre wieder eine riesige Krippe aufbaut. Obwohl agnostisch unterwegs, rührt mich solches Engagement, das keinen anderen Nutzen hat, als Menschen Freude zu machen, schon ein wenig an, das muss ich zugeben. Sie bemühen sich, der liebevoll gestalteten Landschaft einen orientalischen Touch zu verleihen. Weil Bethlehem ja irgendwie im Orient liegt. Auch kümmern sie sich darum, den drei Königen ein dezidiert orientalisches Aussehen zu verpassen, handelte es sich doch, der einschlägigen Überlieferung zufolge, um Weise aus dem Morgenland. Wo heute die Moslems sitzen. Kein Problem also, alles roger. Sollte man jedenfalls meinen.
Donnerstag, 3. Dezember 2015
Bavaria Blue
Mit der Polizei ist es ja ein wenig wie mit Hausmeistern. Leicht ist man genervt von ihnen, doch kann man in Situationen geraten, in denen man durchaus froh und dankbar ist, dass es sie gibt. Obwohl ich sie nicht ablehne oder gar hasse, bin ich normalerweise froh, mit der Truppe nicht allzuviel zu tun zu haben. Die machen ihres, ich mach meines. Daher sind mir auch Polizeiuniformen ziemlich egal. Bis vor zirka zehn Jahren war das diesem Staat auch ziemlich egal. Uniformierte Polizeibeamte liefen in einem Sammelsurium in grün, beige, schwarz, weiß und irgendwie erdfarben herum. Wäre die 'POLIZEI'-Aufschrift nicht gewesen, sie wären nicht nur von Menschen aus anderen Ländern mit der Forstaufsicht verwechselt worden.
Sonntag, 29. November 2015
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (9)
So, erster Advent, der Geburtstag des Religionsstifters naht wieder einmal. Paar Geschenke kaufen gehen. Muss ja. So schön es ist, Menschen eine Freude zu machen, so unschön oft die Begleitumstände auf dem Weg dorthin. Denn obwohl ich natürlich alles online bestellen könnte, gehe ich in die Stadt. Rock the Kasbah, Baby, keine Schmerzen! Ich glaubte, einigermaßen abgebrüht zu sein. Schwer zu schocken. Ich dachte: Der Gedanke, dass für Bücher von Dieter Bohlen, Thilo Sarrazin, Akif Pirinçci und anderen Bäume gefällt werden, zieht dich längst nicht mehr runter. Schlimme Erlebnisse haben dich abgehärtet. So hast du verkaufsoffene Sonntage im Oberhausener Centro und in der Essener Innenstadt ohne bleibende Schäden überstanden.
Samstag, 28. November 2015
Umgekehrt, ein Schuh
Der Wendepunkt sei erreicht, so ist zu lesen. Angela Merkel sei von Mutti zur bösen Stiefmutti mutiert, ihre Flüchtlingspolitik mache die Deutschen ängstlich, heißt es. Das erstere mag stimmen oder nicht, so was weiß man in der Regel erst hinterher. Das letztere hingegen ist Mumpitz, denn umgekehrt wird ein Schuh daraus: Merkels Erfolg beruhte immer darauf, der ängstlichen Mehrheit des Wahlvolkes eine Komfortzone gebastelt zu haben. Seit August aber mutet sie exakt diesen Leuten die eine oder andere harte Wahrheit zu, die diese nicht goutieren. Unter anderem, dass man solche Migrationsbewegungen, selbst wenn man will, nicht wirklich aufhalten, sondern bestenfalls steuern kann. Dass Asyl ein Grundrecht ist, ob's einem passt oder nicht. Und dass es nicht funktionieren wird, die Grenzen dicht zu machen weil nicht wirklich machbar und alle Versuche nur noch mehr Tote brächten.
Dienstag, 24. November 2015
Im Premiumbereich
Das Etikett premium kriegt normalerweise aufgeklebt, was, aus welchen Gründen auch immer, teurer verkauft werden soll als nötig. Verbreitet ist das im Brauereiwesen. Im Zweifel bedeutet das bloß, mehr zahlen zu müssen für edlere, von Werbefuzzis gern als 'wertig' bezeichnete Aufmachung und weniger Geschmack. Wegen Massentauglichkeit und weil die ganzen teuren Werbekampagnen schließlich bezahlt werden wollen. Außerdem hat man meist Stanniolfetzen im Mund, wenn man aus der Flasche trinkt. Wegen premium.
Samstag, 21. November 2015
Wölfi for Xavier
Systemkritik, da bin ich mir vermutlich mit dem Großteil der hiesigen Leserschaft einig, ist grundsätzlich eine feine und sinnvolle Sache, wenn man die Veranstaltung namens Demokratie halbwegs ernst nimmt. Nur kann man das – wie alles andere – gut oder schlecht machen. Als beispielsweise 2011 in London massenweise Geschäfte geplündert wurden, meinte Slavoj Žižek, wenn er ein Geheimagent des 'Systems' wäre, dann würde er genau solche Aktionen inszenieren, um Systemkritik zu diskreditieren. Womit er den Knackpunkt moderner Systemkritik schön zusammengefasst hat: Sie darf alles sein, bloß nicht plump oder vergröbernd einfach, sonst hat sie keine Chance.
Sonntag, 15. November 2015
Krieg und westliche Werte
Es heißt, die IS-Killer von Paris hätten deswegen in einem Konzert um sich geballert, weil sie Musik für ein Zeichen westlicher Dekadenz halten, das sie bei sich zu Hause streng unterbinden. Wie Schweinefleisch, Alkohol, Erotik, Humor. Ja, ich weiß, wir, der Westen, sollten uns nicht einfach hinstellen und mit dem Finger auf die unserer Meinung nach Schuldigen zeigen. Den IS und vergleichbare Veranstaltungen vor ihm haben wir, der Westen, mit unserem Verhalten erst herangezüchtet und so richtig erfolgreich gemacht, ist mir bewusst.
Das bedeutet aber nicht, dass ich mich deswegen genötigt sähe, auch nur einen Funken Verständnis aufzubringen für Menschen, die sich aus lauter Heiligkeit für berechtigt halten, anderen schöne Dinge wie Musik mittels blauer Bohnen und anderer Mordwerkzeuge abklemmen zu dürfen. Ein jeder mag meinethalben gläubisch sein nach seiner Facon, aber das ist so ein Punkt, an dem meine Bereitschaft zum Differenzieren definitiv erschöpft ist.
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