Also-ja-Sätze
Sie sind überall.
Platitüden, in denen die grundsätzlich die beiden Füllwörter
„also“ und „ja“ auftauchen. Das „also“ steht immer am
Anfang, während das „ja“ meistens in der Nähe des Prädikats
oder des Objekts haust. Beispiele gefällig? Es gibt mehr davon, als einem, der Sprache und Kommunikation nicht völlig stumpf über sich ergehen lässt,
lieb sein kann:
„Also, in den
China-Restaurants bei uns bekommt man ja eigentlich gar kein
richtiges chinesisches Essen.“
„Also Pasta wird in
Italien ja grundsätzlich nur al dente gegessen.“
„Also in Thailand
essen sie ja Skorpione und Spinnen.“
„Also in Spanien
machen sie Paella ja eigentlich nur für Touristen.“
„Also die Griechen
essen ja überhaupt kein Gyros.“
„Also Pizza ist in
Italien ja nur ein Arme-Leute-Essen.“
„Also die Franzosen
essen ja Schnecken und so was.“
„Also die Briten
können ja überhaupt nicht kochen.“
„Also in England, da
gibt es ja nur warmes Bier.“
„Also die Amerikaner
haben ja gar keine Esskultur.“
(Weitere Vorschläge
sind natürlich willkommen).
Begeisterung über die
eigene Alleswisserei schwingt da mit und der Sprecher duldet keinen
Widerspruch. Wie die Beispiele zeigen, werden solche Sentenzen
besonders oft beim Essen herausgelassen von sich gebildet und
kultiviert dünkenden Leuten, die damit möglicherweise ihrer Umwelt eine gewisse
kulinarische Weltläufigkeit signalisieren wollen. In Wirklichkeit
demonstrieren solche Verbalflatulenzler damit aber nur, dass sie
außer ein paar bei N24-Galileo-Schaudichschlau aufgeschnappten
Stereotypen nicht viel in der Murmel haben.
Nun sind Tischgespräche
sicher der falsche Anlass für tiefgreifende und staubtrockene
philosophische Erörterungen. Hier ist im Kreise netter Gäste vor
allem Wohlfühlatmosphäre gefragt, ein wenig Geist, etwas Witz und
Esprit. Und dafür ist solch elefantöses Gehabe mit
Absolutheitsanspruch eher weniger geeignet.
Liebe Leute, wenn euch
das Angebot hiesiger China-Restaurants zu unauthentisch ist, dann
geht einfach nicht hin. Niemand zwingt euch. Wer wirklich glaubt,
Briten brächten nur Ungenießbares zuwege und ausnahmslos alle
Amerikaner pfiffen sich in einer Tour fettes Fastfood rein, dann ist
das ein schöner Beweis, dass er garantiert noch nie dort war. Das
gleiche gilt für alle anderen dieser Null-Aussagen: So könnte
in Italien leichtes Befremden auslösen, wer in einem Restaurant
darauf besteht, hausgemachte Pasta gefälligst 'al dente'
serviert zu bekommen. Ebenso lässt sich leicht feststellen, dass
Pizza in allen Schichten der italienischen Gesellschaft schon längst
genau so beliebt ist wie überall auf der Welt. Es sollen sogar schon
irgendwo Franzosen gesichtet sein worden, die Escargot a'la bourguignonne genau
so eklig finden wie der durchschnittliche Nichtbadenser hierzulande Schneckensuppe.
Und so weiter und so fort.
Ich will gar nicht groß
rumdiskutieren und bin wie immer geradezu entsetzlich
kompromissbereit. Können wir uns also auf eines einigen? Macht
meinetwegen so weiter mit euren Nationalitätenklischees, aber seid
dann bitte auch nicht beleidigt, wenn jemand von außerhalb die
Deutschen allesamt als Sauerkrautfresser bezeichnet, ja?
Antiquitäten a'la
Monty Python
Liebe eifrige Foristen,
Kommentatoren und Linkenfresser! Erst heute hat es wieder einer
von euch in einem Kommentar zu einer Yücel-Kolumne in der taz getan. Nutzer IhrName
ventilierte am 31.7.2012 um 15:10 Uhr folgendes: „Jetzt nimmt der
pöse, pöse Gesundheitstaliban dem Deniz die Insignien seines
intellektuellen Rebellentums weg!“
Wer in einer Tour diese, an die
Pilatus-Figur aus Monty Phython's Life Of Brian gelehnte
Aussprache- bzw. Schreibungsvariante verwendet – oft auch in der
Variation 'pöhse' zu finden – möchte damit vielleicht eine
gewisse Witzigkeit demonstrieren. Sollte das der Fall sein, dann leider vergeblich. Im Gegenteil. Solche Leute
erinnern eher an jene bemitleidenswerten, verkrampften Gestalten, die
in ihrem Leben irgendwann einmal einen einzigen Witz gelernt haben
und diesen dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit ablaichen. Zur
Information, langsam und zum mitschreiben: Das ist nicht witzig,
nicht cool und wirkt erst recht nicht locker. Im Gegenteil. Sucht
euch also nach zwanzig, dreißig Jahren mal einen anderen Spruch, nur
um der Abwechslung willen. Die Pilatus-Nummer jedenfalls war zuletzt
um 1980 unter Siebzehnjährigen lustig.
Leider machen die Vorurteile, Nationen und Kulturen, betreffend nicht am 'Tellerrand' halt. (Ich werde wohl nicht die 'faulen Griechen' bemühen müssen, damit man weiß was ich meine. Solche (kulinarischen) Klischees stören mich weitaus weniger, als gleich eine ganze Charakteristika per nationaler Zugehörigkeit zu verordnen.
AntwortenLöschenYüksels Kolumne lese ich super gerne. Nicht immer mein Humor, aber oft bis meistens.
Viel interessanter aber sind stets die Kommentare. Man (der Kommentator) ist ja durchaus Kritik gegenüber offen, aber von einem Türken...
Dieses pöse, pöse kenn ich eigentlich nur aus dem rechten, konservativen Lager. Die haben wohl haufenweise davon, hinterm Haus...
Gruß, Duderich
Chleudert ten Purchen zu Poden!
LöschenWie gesagt, ich finde, Sprache ist verräterisch und mich beschäftigt, was für eine Haltung hinter solchen Äußerungen steht. Das, was ich mir da zusammenreime, gefällt mir ganz und gar nicht.
Übrigens ist bei den Yücel-Kommentaren inzwischen die nächste Stufe des Wahnsinns ausgebrochen. Neuerdings geben sich einige Yücel-Hasser als Türken aus, um ihm mitzuteilen, wie sehr sie sich als Landsleute für ihn schämen würden.
Gehts hier in erster Linie um sprachliche "Verfehlungen" oder um dadurch zum Ausdruck gebrachte Einstellungen, in dem Fall Ressentiments?
AntwortenLöschenIch stimme zu: Sätze, die mit "also" beginnen, wollen ein ganz wichtiges Statement ankündigen. Zur Nullaussage werden solche Sätze, so sehe ich das, entweder, weil sie inhaltlich (zu) wenig aussagen im Vergleich zur Ankünigung oder aber, wenn sie das "nette" relativierende Wörtchen "eigentlich" integrieren (Ich frage dann oft zurück: Und uneigentlich?).
Das (zugegeben unnötige) Wort "ja" in dem Zusammenhang ist doch nichts weiter als ein Füllwort und folgt meiner Meinung nach einem floskelhaften umgangssprachlichen Modus.
Vorurteile gegenüber anderen Nationen in Verbindung mit dem Drang, die eigene (national verortete) Person (als Alles- oder Besserwisser) zu erheben, schreibt "man" "den" Deutschen doch ganz gerne zu. Und hohles Gerede findet man in den heutigen Zeiten der Selbstvermarktung und Oberflächlichkeit aller Ortens.
Der hier kritisierte Habitus scheint leider einigen Zeitgenossen bereits in Fleisch und Blut übergegangen zu sein. Ich bin immer froh, wenn ich im Ausland nicht sofort als Deutsche zu erkennen bin.
Ich weiß nur nicht, ob es sich lohnt, sich darüber aufzuregen, denn dieses Geschwätz ist doch ganz leicht zu entlarven, oder? Man muss doch nur reinstechen in die Blase, wenn man das auch will.
Dem "pöse" bin ich auch schon gelegentlich begegnet (nicht nur in der rechten Ecke), aber bisher hab ich das nur als Ausdruck von Ironie registriert und nicht weiter beachtet. Ich selber würd das so nicht schreiben, als schlimm hab ich das hier im Netz aber dennoch nicht empfunden.
Oder bin ich da zu "tolerant", wenn ich nicht in erster Linie auf Originalität und korrekten Sprachgebrauch achte, sondern es für mich in den Foren eher auf die Inhalte und die Kommunikation und das Verstehen ankommt? Alles im Rahmen, solange letzteres noch möglich ist, finde ich.
Grüße, Cora
Es geht eigentlich um beides. Ich halte es immer mit Karl Kraus: An ihren Worten sollt ihr sie erkennen. Ich verlange, wie gesagt, auch gar nicht, dass alle immer nur Hochgeistiges von sich geben sollen. Nur kann man statt "Also, die xxx machen ja yyy." auch sagen: "Ich war mal in xxx, da habe ich yyy gesehen." Damit ist klar, dass es sich um persönliches Erleben handelt, das keineswegs allgemeingültig ist. Wie ich in einem anderen Beitrag bereits geschrieben habe, bedeutet Spießbürgerlichkeit für mich vor allem, wenn Menschen ihren eigenen Erfahrungshorizont als maßgeblich für alle ansehen.
LöschenDas mit dem "pöse" nervt mich einfach nur und ich wollte das hier dringend mal loswerden.
Toleranz in puncto Sprachgebrauch kommt immer drauf an. In Foren etc. treiben sich eine Menge Kulturpessimisten rum, die andauernd rummotzen, es gebe heute keine Kultur und Bildung mehr usw. Wenn solche Leute dann durch regellose Orthographe und schwere Ausdrucksschwäche auffallen, finde ich das schon der Rede wert.
„Also die Amerikaner verwechseln Österreich ja grundsätzlich mit Australien.“
AntwortenLöschenDas kommt davon, wenn die alpinen Nachbarn einen ihrer größten Schriftsteller ignorieren und sich hartnäckig weigern, ihr Land, auch international als 'Cacania' zu präsentieren. Dann würde das nicht passieren...
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