Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Samstag, 3. September 2016
Sonntag des Zorns
So denn, morgen ist der große Tag endlich da. Ab morgen werden wir uns alle noch umgucken. Dieser Sonntag wird in die Geschichte eingehen. Da wird nämlich die AfD von Meckpomm aus endgültig ihren großen Marsch durch die Institutionen antreten. (So viel übrigens zum Thema, Wahlen veränderten nichts.) Bitte da ein wenig um Verständnis, aber mir beginnt schlicht nichts mehr einzufallen zu dem Verein. Was soll man noch sagen? Es heißt ja oft, man müsse die Sorgen und Nöte dieser Leute ernst nehmen. Ja, schön, versuche ich. Und? Was, wenn die Sorgen und Nöte dieser Leute auf einer teils wahnhaft verzerrten Wahrnehmung der Welt beruhen? Welche dann von politischen Karrieristen und Abenteurern instrumentalisiert wird? Da hilft argumentieren eben nicht mehr, daran prallt so ziemlich alles ab.
Also schön, sie begehren, ernst genommen zu werden. Weil sie das Volk sind. Klar, politisch ist das sicherlich geboten, weil leider einiges dafür spricht, dass da etwas höchst ungutes im Entstehen ist, mit dem wir wohl oder übel irgendwie werden leben müssen. Aber inhaltlich? Sorry, das bringe ich einfach nicht über mich. So viel intellektuelle Selbstverleugnung kriege ich beim besten Willen nicht auf die Kette.
Was soll ich denn noch reden mit Leuten, die, wie letztens schon gesagt, jeden Bullshit, jedes hysterische Lügenmärchen, das in ihren heißgelaufenen, grenzdebilen Facebookpöbelgruppen verbreitet wird, wie die Dreijährigen glauben und die Hosen voll haben deswegen? Die den Staatsnotstand ausrufen, weil sich in einem Schwimmbad ein paar Migranten nicht benehmen konnten, den Klimawandel aber als reine Propagandalüge abtun? Diese Leute wollen politische Verantwortung? Das macht mir deutlich mehr Sorge als ein paar Flüchtlinge.
Natürlich ticken nicht alle AfD-Wähler und -Sympathisanten so, aber es scheint mir durchaus gewisse Schnittmengen zu geben mit Milieus, die so was vertreten und politisch wirklich Übles im Schilde führen. Es mag nur meine Wahrnehmung sein, aber gerade in den fünf mir immer noch neuen Bundesländern kommen nicht wenige mir vor wie enttäuschte Kleinkinder, deren Räppelchen kaputt gegangen ist und die deswegen jetzt blindwütig alles zerdeppern. Da sind sie damals heldenhaft auf die Straße gegangen, haben den Honecker weggemacht, der Herr Kohl hat ihnen blühende Landschaften versprochen, sie haben ihn heldenhaft gewählt und jetzt wurden sie schon wieder bitter enttäuscht. Rabäh!
Hey, wie viel beschissenes Verständnis soll ich noch aufbringen für welche, die felsenfest glauben, die Merkel, die bekanntlich an allem Schuld ist und daher weg muss, sei eine von den USA gesteuerte Marionette (wovon die USA gesteuert würden, das, hihi, wüsste man schließlich, dürfte man aber, pssst, nicht sagen), die den Auftrag habe, das heilige deutsche Volk zu beseitigen und gegen muslimische Population auszutauschen? Eine Art Terminator quasi? Noch einmal: So ein Quark wird längst nicht von allen AfDlern und Anhängern vertreten, scheint mir aber im Dunstkreis dieser Veranstaltung deutlich öfter anzutreffen zu sein als weiland Pädophilie bei den Grünen.
Wie soll ich umgehen mit welchen, die vom 'linksgrünen Mainstream' ramentern oder über 'gleichgeschaltete Presse', die ihnen andauernd eine bestimmte Sicht der Dinge aufzwingen wolle, etwa in Bezug auf die Flüchtlingsfrage, und schlicht nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass sehr wohl und keineswegs erst neuerdings kritisch berichtet wurde und wird (FAZ, Welt, NZZ, Junge Freiheit, Cicero, BAZ, Die Presse, Weltwoche - mehr Beispiele gefällig?)? Die über die 'Lügenpresse' schimpfen, Facebook, 'Russia Today' und das Programm des Kopp Verlags hingegen für total seriöse, glaubwürdige Quellen halten?
Die sich, vor allem wenn sie glauben, dass niemand hinsieht, gern mal in wüsten rassistischen Tiraden ergehen, gleichzeitig aber die Meinungsfreiheit in Gefahr sehen?
Die offenbar der Meinung sind, der Staat sei von der Wiege bis zur Bahre für ihr höchstpersönliches Lebensglück verantwortlich? Seltsam, ich finde, dass zunächst mal ich dafür zuständig bin. Ich will überhaupt nicht in einem Staat leben, der sich dergestalt in mein Leben einmischt, dass er sich meiner privaten Sorgen und Nöte annimmt.
Die sich allen Ernstes in einer Diktatur wähnen, weil man ja nicht alles sagen dürfe, aber Putin toll finden, in dessen Land man für unliebsame Äußerungen wirklich in den Knast wandert? Die nicht kapiert haben, was repräsentative Demokratie ist, weil sie finden, sie müssten gefälligst wegen jedem Mist gefragt werden? Ich bin weiß Gott weit davon entfernt das herrschende System für perfekt zu halten, aber mich hat damals, als die Welt noch in Ordnung war, zum Beispiel auch niemand gefragt, ob ich die ganzen Ossis im Land haben will.
Die sich sofort in die Pose der verfolgten Unschuld werfen, wenn sie kritisiert werden, diskriminierten und deswegen protestierenden Minderheiten aber vorwerfen, sie würfen sich bloß in Opferpose?
Die über Hartz IV jammern, darüber, wie die Agenda-Politik die 'kleinen Leute' verraten habe und arm mache, und dann ernsthaft eine Partei wählen, die den Sozialstaat noch weiter zusammenkürzen, wenn nicht gar ganz abschaffen will? Warum tun Menschen so was? Um sicher zu stellen, dass sie auch in Zukunft immer was zum meckern und demonstrieren haben?
Die alle Vorzüge der Globalisierung selbstverständlich in Anspruch nehmen, auf deren negative Auswirkungen aber mit Rückkehr zu Abschottung, völkischem Nationalismus und Forderungen nach dichten Grenzen reagieren?
Die finden, ihre panische Angst um ihr armseliges kleines Bisschen Lebensstandard berechtige sie, alle Grundsätze der Humanität und zentrale Errungenschaften der Nachkriegszeit beim ersten kleinen Lüftchen über den Haufen zu werfen? (Nebenbei bemerkt, sind die Verhältnisse unter anderem deswegen so wie sie sind, weil der brave Michel, von mehr oder weniger rühmlichen Ausnahmen, 1968 und 1998, einmal abgesehen, sich grundsätzlich und mit schlafwandlerischer Sicherheit für weiter so, keine Experimente und Stagnation entscheidet.)
Die 'den Linken' (also aus ihrer Sicht ca. 80-85 Prozent der Bevölkerung) Besserwisserei und Meinungsdiktatur vorwerfen, aber immer wenn sie mal mit der Frage konfrontiert werden, welche konkreten, Maßnahmen sie denn vorschlagen, das große Stammeln kriegen (weil man es ja nicht sagen darf, gell)? Ja, für die alles, was ihnen nicht passt, links oder linksgrün ist, sich selbst aber jegliche Pauschalisierung verbitten?
Überhaupt, die die sozialen Medien zwar virtuous beherrschen, aber andauernd was löschen, korrigieren, relativieren müssen, wenn sich irgendwo mal wieder jemand faschistischerweise demaskiert?
Die, wenn man darauf hinweist, dieses oder jenes stünde aber im Parteiprogramm, entgegnen, das sei doch bloß ein Missverständnis, das stünde da so nicht oder sei nicht so wichtig? Für die überhaupt immer alles ein Missverständnis ist? Sagen wir so, ich schätze politische Gegner, die sich halbwegs klar machen und zu ihren Äußerungen stehen bzw. zu dem, was die von ihnen favorisierte Partei so fordert. Alles andere kommt dem Versuch nahe, einen Wackelpudding an die Wand nageln zu wollen.
Ehrlich, wie viel kognitive Dissonanz ist da im Spiel? Was würde ein Psychiater bei so was diagnostizieren? Muss ich so was wirklich ernst nehmen? Ich würde ja gern, aber ich kann einfach nicht. Der Punkt ist doch der: Ich will überhaupt nicht behaupten, mein Weltbild, meine Positionen seien frei von jeglichen Widersprüchen, Inkonsistenzen und Rissen. Es beruht aber, wie ich finde auf ein paar Werten und Grundüberzeugungen, die man hoffentlich humanistisch nennen kann und die teils liberal sind. Und die ich verteidige, jenseits ein paar zentraler roter Linien aber auch bereit sein muss zu reflektieren, gegebenenfalls zu revidieren und notfalls auch veränderten Realitäten anzupassen. Diese Bereitschaft bzw. diese Fähigkeit aber sehe ich bei diesem Verein und seinen Anhängern wenn überhaupt, dann allenfalls in Ansätzen, die aber keine große Rolle zu spielen scheinen. Und das killt es eben für mich.
Das alles muss übrigens nicht zwingend schlecht sein Es besteht durchaus Hoffnung. Eine politische Bewegung, die ihre inneren Widersprüche derart heftig zuschüttet, kann auf Dauer daran zerbrechen. Die Vorkommnisse um die Landtagsfraktion in Baden-Württemberg mögen da erste Anzeichen gewesen sein. Das wäre die gute Nachricht. Entschieden ist noch gar nichts. Schönen Wahlsonntag!
11 Kommentare :
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Ja viele Dumpfnasen dabei, aber manche von den Themen, über die sie sich in ihrem Artikel gerade noch lustig gemacht haben, wird sich in Bälde bewahrheiten. Nicht, dass dies ein Grund wäre AfD zu wählen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie eine Partei Deutschland verbessern könnte. Nur das Deutsche Volk (mit Ausländern oder ohne) kann dieses korrupte Deutschland noch vor dem Untergang retten und zwar ohne Wahlen, aber dafür sind die Deutschen leider zu beschränkt.
AntwortenLöschenLieber Herr Rose, Sie haben Recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass sich die AfD noch in einem brodelnden Gärungsprozess befindet. Es verwundert mich allerdings, dass Ihnen das so ungewöhnlich erscheint. Bisher haben es in Deutschland zwei Parteineugründungen geschafft, erfolgreich in die Parlamente einzuziehen. Vielleicht sind Sie noch zu jung, um sich zu erinnern, wie zwischen Fundis und Realos bei den Grünen die Fetzen flogen, zu jung um wahrgenommen zu haben, dass auch damals "rechtgläubige" Kommentatoren mit den gleichen Stilmitteln wie Sie heute, versuchten, den Weltuntergang an die Wand zu malen, sollten diese jemals Regierungsverantwortung mittragen. Dann stand Joschka Fischer mit Turnschuhen da - und ließ sich als erster gründer Landesminister vereidigen-
AntwortenLöschenJahre später traf es die LINKE in der gleichen Weise, der Weltuntergang stünde bevor, warnten die rechtgläubigen Kommentatoren...
Nun ist also die AfD dran, und Sie als rechtgläubiger Kommentator unserer Tage haben sie aufs Korn genommen.
Ich bin weder Miglied der AfD, noch halte ich ihre Zielsetzungen für in sich kompatibel. Da ist doch noch sehr viel Gedankengut eines frustrierten Volkswirtschaftsprofessors drin, dem es gelungen war, mit seiner EU- und Euro-Kritik die AfD als Wahrerin nationaler Interessen erscheinen zu lassen. Das hat viele angezogen, von denen wohl die wenigsten je einen Blick auf Luckes Vorgeschichte, auf seinen extrem neoliberalen Hamburger Appel geworfen haben, doch der "renommierte" Professor bot Andockmöglichkeiten an - bis er dann fluchtartig die Brücke verließ.
Wegen Ihrer in sich unrunden Programmatik kann man die AfD im Grunde nicht wählen. Das wird sich meines Erachtens allerdings noch ändern, so wie sich die Programme von Grünen und die LINKE auch geändert haben.
Dennoch freue ich mich, dass sie am Sonntag in Meck-Pomm mit hoher Wahlbeteiligung und hohem Stimmenanteil gewählt werden wird, weil dadurch den träge gewordenen Großkoalitionären endlich wieder einmal die Muffe geht. Weil sie, aus Sorge um den Machterhalt, allmählich dazu übergehen werden, das im sinnvollen Maße umzusetzen, was die rechte Ecke der AfD im Übermaß fordert.
Das ist bei den Grünen so gekommen - bei der LINKEn wird es noch kommen (rot-rot-grün wird ja gerade deshalb in diesen Tagen so oft beschworen, weil das Nachgeben nach Links noch für leichter, ja sogar als "rettend" empfunden wird), und die AfD wird Deutschlands Kurs der Selbstauflösung beenden helfen, selbst wenn sie nie im Bundestag sitzen sollte, schon weil nach dem BREXIT kaum ein Staat der EU zu finden ist, der Brüssel nicht entmachten will. Das macht es sehr leicht, sich dem Trend anzuschließen, wenn endlich die Einsicht Platz greift, dass es wohl nicht werden wird, mit einer irreversibel von Deutschland dominierten EU.
Nix für Ungut,
ich habe auch schon Texte von Ihnen gelesen, denen ich rundherum zustimmen konnte.
Mit besten Grüßen
Egon W. Kreutzer
sehr gute bestandsaufnahme, der ich nur beipflichten kann.
Löschenwutschnaubende "korrektis", die indirekt die menschenfeindliche politik der sog altparteien gutheißen, indem sie bei der afd böse rechte tendenzen erkennen, die sogar bei der bundesdeutschen linken erkennbar sind, haben weder die wahren probleme im land noch in der politik erkannt.
Wenn die Herrschaften mir jetzt noch erklären können, wie eine politische Bewegung, die nicht im geringsten die Absicht hat, die herrschenden Besitzverhältnisse infrage zu stellen, sondern eher noch zementieren will, irgendetwas in Richtung mehr Gerechtigkeit verändern will, wäre ich zufrieden. Wünsche weiterhin viel Spaß an der Schadenfreude über vermeintliche 'Korrektis' (womit man das Spiel der AfD mitspielt)...
LöschenNa, das mit dem Wandel ist ja der springende Punkt - ich glaube nicht, dass jemand, der aus lauter Frust die lautesten Pöbler wählt, sich darüber Gedanken macht.
LöschenEs geht darum, irgendwo drauf zu hauen, egal ob es was bringt oder mir nur 'ne Scherbe in's Auge fliegt. Und ehrlich gesagt: ich kann es ein bisschen nachvollziehen. Allerdings würde ich mich für ein bisschen mehr Spaß und Menschenfreundlichkeit entscheiden - leider tritt die APPD nicht mehr an :(
Was Hr. Kreutzer geschrieben hat, finde ich ganz interessant. Kritik an der AfD zu einer Unterstützung der Menschenfeindlichkeit der Etablierten umzudeuten finde ich allerdings ziemlich daneben.
Liebe Grüße
Ebenfalls ein "Korrekti"
Vieles , was in dem Artikel steht , spricht mir aus der Seele. Die Stärke der AfD ist nur zu kleinen Teilen ihre eigene Stärke , vor allem ist es die erbärmliche Schwäche der anderen Kräfte.
AntwortenLöschenWir müssen weg vom Entweder - oder - Denken. Es geht nicht darum , überhaupt nicht nachvollziehen zu können , was hinter dem Phänomen AfD stehen könnte , genausowenig geht es darum , für alles Verständnis zu haben.
Die entscheidende Frage ist , warum die Partei Erfolg hat , obwohl sie oben richtig beschrieben wird?
Rechte werden nicht stark durch ihre genialen Weltbilder , sondern immer nur dann , wenn ihnen die Anderen Themen freilassen , die ihre Berechtigung haben.
Wir müssen weg davon , daß Rechte immer falsch liegen , weil sie Rechte sind , selbst die Nazis haben Dinge richtig gemacht , und gar nicht so wenige . Bei allem Käse, der da so stinkt , es gibt auch Bereiche , wo sie richtig liegen können.
Und die gilt es , abzutrennen und herauszulösen , und sie mit dem restlichen Müll alleine zu lassen.
Dabei geht es nicht darum , wie viele Politiker es tun , einfach alles zu übernehmen , was Themensetzung , Analyse und Lösung angeht , also gleich das ganze rechte Paket zu kaufen.
Es gilt , zu differenzien : Welches Thema wird zurecht angesprochen und ist es überhaupt so wichtig , wie die Rechten behaupten?
Haben die Rechten auch mit der Analyse recht , oder teilweise , oder braucht es da Alternativen? Welche eigenen Lösungen gibt es?
Ach, die AfD...Die wird viel zu hoch gekocht, damit sich alle dran abarbeiten können und damit die täglichen Schweinereien von CDU/SPD/GRÜNE auf Bundes- und Kommunalebene keine mediale Aufmerksamkeit bekommen. Die AfD ist letztlich nur eine Mischung aus NPD und FDP. Gerade die NPD hat in den neuen Bundesländern mithilfe von "Nazi-Kameradschaften" schon etliche "national befreite Zonen" eingerichtet, sprich: dort herrschen de faktisch die Nazis. Selbst Kommunalpolitiker vor Ort werden bedroht und fürchten sich. Und was ist eigentlich mit dem Skandal um Oury Jalloh? Der NSU? Dem Sachsensumpf? Dem BND-Skandal? Der NSA-Totalüberwachung? Der medialen Hetze gegen Putin und Russland? Der täglichen Kriegstreiberei? Und so weiter und so fort.
AntwortenLöschenDie AfD ist nicht das Problem. Ein viel größeres Problem ist es m.E., dass nun Merkel, die CDu und die SPD im Lichte der AfD wie aufrechte Demokraten wirken. Dabei ist es gerade die sog. "Mitte", die seit über 15 Jahren die Demokratie in Deutschland immer weiter abbauen.
Dies ist in der Tat der wesentliche Zweck, weshalb man dieses "Projekt", dieses kanalisierende künstliche Konstrukt überhaupt erst erschaffen und durch vorsätzliche Aufmerksamkeit zu diesen "Erfolgen" gebracht hat. Das wichtigste: man hat die Linke vollkommem marginalisiert. Was allerdings auch an vielen Linken liegt, die dieser zwanghaft permanent ans Bein pissen müssen ("enden eh wie die Grünen und die SPD")...
LöschenAndererseits sollte man fast dankbar sein, reißt sich da die tumbe, fremdenfeindliche, latent faschistische "Mitte" aus aufrechten teutschen Malochern doch die Maske vom Gesicht. Die, die sonst seit Jahrzehnten nicht oder wenn, dann Union, SPD und FDP gewählt haben - haben eine "Alternative" gefunden...
Es ist so unheimlich absurd... "die Finanzkrise" ist noch nicht so lange her. Da juckte sich (grade an der Wahlurne) im Ergebnis keine Sau über zig Milliardenschwere "Bankenrettungen", über Bonis und hanstreichartig durch die Parlamente gepeitschte Staatstreiche wie ESM / EFSF etc... Aber nun geht Deutschland unter - wegen ein paar "Flüchtlingen"...
Und wie einfach (und so unheimlich kreativ, neue) das alles ist: Man lenke den Volkszorn des Pöbels auf "Fremde", die vermeintlich "zu viel" kriegen oder dem Michel zu viel wegnehmen - und schon wählt der Michel eine Partei, die ihm zwar auch das Fell über die Ohren zieht - aber solange die "anderen" noch mehr bluten müssen, ist er zufrieden.
Diese neoliberale, jeder Solidarität entkerhte Thatcher'sche "Un-Gesellschaft" ist durchweg: krank.
Entscheiden Linksradikale darüber, was der böse Wähler wählt?
LöschenInteressanter Text, gut beobachtete Verhaltens- und Glaubenserläuterungen zu vielen AfD-“Wählern“.
AntwortenLöschenGehaltvolle Kommentare.
Ich stimme Epikur zu, ganz besonders dem letzten Absatz. Ebenso Art Vanderley. Sein Kommentar legt die ganze Hand auf einen Bauchschuss.
Selbstverständlich ist es grundsätzlich abgrundtief dumm, AfD zu wählen.
Egal, aus welchen Gründen.
Wie rechten, rechtsextremen, rechtsradikalen Gedanken.
Wähler, die dem nationalem, völkischem, patriotischem Geschwafel folgen, auch und ununterbrochen angeheizt durch CxU-Politiker, aber auch aus allen anderen Lagern.
Jene große und wachsende Wählergemeinde, die bei den Pastoren der „Ausländer, Flüchtlinge, Asylanten sind an allem schuld“-Gemeinde ihre politische „Wahrheit“ entdeckt haben.
Weil es EINFACH ist, weil es eingängige Parolen sind, über die nicht nachgedacht wird, sondern einfach nachzuvollziehen sind.
Andere Gründe: Wir "wollen es denen da oben jetzt aber mal zeigen"!
Gemeint mit denen da oben sind Merkel, Gabriel, Mandatsträger aus allen Parteien, auch aus der LINKEN.
Würden die Menschen begreifen, das diese Politonanierer schon lange nicht mehr „die da oben“ sind, sondern nur die Sänftenträger der Besitzenden (das sind „die da oben“), dann müssten sie auch begreifen, das die AfD nichts anderes ist, nämlich ein weiterer politischer Sänftenträger des Kapitals, der mittels rechter, nationaler, völkischer Sprüche wirbt. Ansonsten genauso neoliberale Politik betreiben wird.
Warum hat die AfD Zulauf?
Weil die meisten Wähler einfache Menschen sind, die schon immer auf das wohlwollende Verhalten ihnen gegenüber, von „denen da oben“ angewiesen war, ist und sein wird.
Und diese einfach Menschen, schon wieder, auf rechte Parolen leicht anspringen, hereinfallen.
Weil sie, viel zu langsam erkannt haben, was seit 1998, aber eigentlich schon seit 1990, nach der Wiedervereinigung, alles gegen die einfachen, normalen Bürger, von Seiten der Politik, die sich komplett an die Besitzenden verkauft hatte, unternommen worden war.
Weil viel zu viele Menschen gemerkt haben, was „Privat geht vor Staat“ und „Schlanker Staat“ für sie tatsächlich Tag für Tag bedeutet.
Und das beendet sehen wollen, wieder eine Zukunft haben wollen, darum jedem neuen Bauernfänger glauben will.
Ich rede hier nicht über Unverbesserliche, Nazis aus Überzeugung, sondern von der Masse der Enttäuschten, allein Gelassenen, der Arbeitslosen, der Perspektivlosen.
Von Leuten, die kein Abitur, Studium haben, vielleicht nicht mal Hauptschule abgeschlossen haben, die keine anderen, tiefer gehenden Gedanken denken können und wollen, eben die große Menge derer, die geführt werden wollen und deshalb verführt werden können.
Natürlich gibt es auch Akademiker, Freiberufler, die aus einer starken AfD persönliche, berufliche Vorteile ziehen werden.
Anders gefragt: Wie soll ein humanistischer, empathiefähiger, sozial denkender Mensch jene Menschen mit Worten erreichen, die seit der „Wende“, spätestens seit 1998 immer weiter abgestiegen sind, die nur noch das Hartz-KZ, Repressionen, Sanktionen und Scheißjobs kennen? Rentner, die keine Renten bekommen, sondern nur viel zu wenig zum Leben.
Wie soll so jemand noch irgendwie von sozial, von Gemeinschaft, von Empathie und Toleranz überzeugt werden können, wenn er nur gemolken, ausgenutzt wird und ansonsten vergessen ist?
Dem nur ein „Wahlsonntag“ verbleibt, von dem er/sie glaubt, er sei für sich und seine Situation nutzbar, indem er/sie AfD wählt!
Denn diese parlamentarische Demokratie wurde getötet, vom Kapital und den Parteien. Übrig blieb ein Placebo, das Demokratie vorspiegelt.
Geholfen hat auch die Duldungsstarre der Bürger, die sich nie selbst eingebracht haben, sondern von Anfang an (im Westen) glaubten, mit „Wählen gehen“ hätten sie Demokratie ausgeübt. Das rächt sich jetzt, wieder einmal.
Hallo Herr Rose
AntwortenLöschenSchöne Beschreibung des Ist-Zustandes. Stimme in der Grundfrage @Art und @Epikur zu, die sich um das berühmt-berüchtigte WARUM dreht und der Frage, die ich aus Ihren Worten interpretiere: Warum auch noch wider besseren Wissens? (theoretisch gemeint)
Am Kernpunkt der Antwort hat sich @Alles nur Satire versucht, den Satz
"Weil es EINFACH ist, weil es eingängige Parolen sind, über die nicht nachgedacht wird, sondern einfach nachzuvollziehen sind.
könnte ich voll und ganz beipflichten.
Nur die weiteren Überlegungen machen mir Sorgen, weil (sofern man den Analysen Glauben schenken kann ... was ich i.d.F. tue) sich die Wählerschaft zu einem Grossteil doch gar nicht aus seiner Beschreibung der sog. "Einfachen Menschen" rekrutiert.
Hierzu zwei Artikel:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article154899202/Die-AfD-ist-eine-Partei-der-Besserverdiener-und-Gebildeten.html
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-03/afd-analyse-erfolg-landtagswahlen-partei-waehler
Insoweit, wenn ich darf @Alles nur Satire (?), hätte mir der Satz in derart:
"Menschen auf einfache Parolen leicht anspringen."
sicherlich besser gefallen. Vorrangig ist das für mich keine Frage von Bildung und/oder Intelligenz.
Glaube, je unübersichtlicher (oder komplizierter/komplexer/für den Einzelnen unlösbarer ... wie auch immer) die alltäglichen Lebensfragen empfunden werden, desto stärker wird die Sehnsucht nach Einfachheit. Irgendwann wirkt schnell und einfach vll. ungleich attraktiver, als die Frage, ob die Entscheidung letztlich wirklich eine richtige ist.
Horche ich in mich selbst hinein, so kann ich feststellen, dass der Wunsch nach einfachen Lösungen auch in mir ganz alltäglich ist. Leider, leider, so meine Einschätzung, gibt es viel zu selten solche Antworten (oder ich sehe sie halt nicht ... ).
Was mir jedoch sicher scheint, wenn verstärkt nach einfachen Antworten/Parolen gesucht/gestrebt wird,dann nutzt es wenig, eher sogar nichts, Komplexität dagegen zu setzen.
Kann das jedoch nicht an der AfD und/oder Rechts festmachen. Sind einfache Parolen nicht generell die führenden in der Politik, eben weil alles andere zu kompliziert/komplex/langatmig erscheint? Und: Wäre anderes überhaupt für die Ausübung von Politik praktikabel? Scheidet es sich nicht eher an dem, welche Antwort/politische Ausrichtung ... man persönlich als konstruktiv oder destruktiv einschätzt?
Damit, Herr Rose, bin ich ebenfalls der Antwort zur Frage, wie man persönlich damit umgehen soll, nicht einen Schritt näher gekommen. Soll heissen: weiss es auch nicht, aber der Artikel hat mir sehr gefallen ;).
Denke, wenn ich den Begriff »Kognitive Dissonanz« aufgreife, so mutet gerade die Wahl der AfD zur Vermeidung einer solchen an. Denn die AfD hat den anderen Parteien m.E. nur eines voraus (wie gesagt, »einfach« bekomme ich - mehr oder weniger auffällig - m.E. überall), dass sie noch gar keine gelebten Realitäten geschaffen hat, die einen gefühlten Konflikt mit der Realität entstehen lassen (eine voraussagbare Theorie kommt dem nicht gleich).
Lieben Gruss
Rosi