Freitag, 21. Oktober 2016

Alles nur Satire?


Nachdem Kollege Hartmut die Frage aufgeworfen hat, wie lange wohl Frauke Petrys Twitter-Account stillgestanden hätte, wenn die Blitzbirne, die einen Polizeibeamten tödlich verletzt hat, kein so genannter 'Reichsbürger' gewesen wäre, sondern Mehmet geheißen hätte, sind auch mir ein paar Fragen durch den Kopf gegangen. Ich hatte ja schon letztens vorgeschlagen, all diesen Komikern sämtliche ihnen staatlicherseits zustehenden Zahlungen (Sozialleistungen, Kindergeld, Steuerrückzahlungen etc.) in Reichsmark bzw. dem letzten inflationsbereinigten Kurs in Euro auszuzahlen. Fände ich nur fair, schließlich meinen etliche von denen ja auch, es genüge, Briefe mit 4 Cent zu frankieren, weil das dem letzten Briefporto des Deutschen Reiches entsprechen soll.

"Erst 1975 soll sich der Hitler-Nachfolger Karl Dönitz bequemt haben, seine »Regierungsgeschäfte« an die BRD zu übergeben. Der Mann residierte seit 1956, nach seiner Entlassung aus alliierter Haft, mitsamt Hofstaat als hochdekorierter Kriegsheld in einer fürstlichen Villa, zum Fall für die Polizei wurde er nicht. Bundespräsident Joachim Gauck, der von SPD und Grünen ins Amt gebracht wurde, bezeichnete die Oder-Neiße-Grenze zu Polen als »grobes kommunistisches Unrecht«. Und auf der Webseite der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung hieß es noch 2005, es sei nicht klar, »durch welchen konstitutiven Akt die territoriale Souveränität bezüglich der deutschen Ostgebiete auf Polen übergegangen« sei. Da ist sie, die böse Saat zukünftiger Kriege." (Sebastian Calens)

Festzuhalten bleibt, dass der Typ einen Menschen getötet hat. Nach den Bestimmungen des Reichsstrafgesetzbuches von 1872 ist das, so dies aus Überlegung erfolgt, mit dem Tode zu bestrafen. Wäre es demnach nicht auch folgerichtig und nicht minder fair, in seinem Fall so zu verfahren? Klar, laut Grundgesetz ist die Todesstrafe abgeschafft, aber dies alliierte Machwerk hat ja nach Meinung dieser Wahnwichtel keine Gültigkeit. Warum ihnen also nicht diesen Gefallen tun? Man verstehe mich nicht falsch: Ich bin seit jeher ein strikter und kompromissloser Gegner der Todesstrafe - aber wenn jemand förmlich darum bettelt? Wäre das nicht beinahe schon Tötung auf Verlangen? Sicher, man müsste klären, ob die Tat überlegt erfolgt ist oder nicht. Wenn nicht, dann können wir uns immer noch auf Zuchthaus einigen. Oder vielleicht doch den Nürnberger Gerichtshof reaktivieren?

Was soll's, eigentlich sollte es gar nicht um diese durchgebratenen Reichsheinis gehen. Brannte mir aus aktuellem Anlass und weil ich schon länger vor denen warne, auf den Nägeln. Das Stichwort USA aber bringt uns sehr schön zum zweiten, eigentlichen Fragenkomplex des Tages. Während sich bei den Reichsfuzzis angesichts tätlicher Angriffe mit neuerdings auch tödlichem Ausgang, der Gedanke, das könne am Ende alles nur Satire sein, weitgehend erledigt hat, bin ich mir im Falle Amilands inzwischen nicht mehr so sicher.

Angesichts der Show, die sie dort unter der Bezeichung 'Präsidentschaftswahl' abziehen, stellt sich ja immer mehr heraus, dass nicht Donald Trump das größte Problem ist, sondern Hillary Clinton. Let's face it: Gegen jeden halbwegs ernst zu nehmenden Kandidaten fiele diese Frau als komplett unwählbar durch. Wegen korrupt. Wegen raffgierig. Wegen Filz, Affären, Verstrickungen. Weil sie die Herzenswärme einer Gletscherspalte hat und das Charisma eines Leitz-Ordners verströmt. Vor allem aber, weil sie in Fragen eines möglichen Krieges gegen Russland eine, gelinde gesagt, problematische Position vertritt.

Wenn sie Präsidentin wird, dann allein deswegen, weil genügend amerikanische Wähler inzwischen so ziemlich alles wählen würden, wenn sich dadurch nur ein Wahlsieg Donald Trumps verhindern ließe. Krusty den Clown. Darth Vader. Den Duracell-Hasen oder ein Furzkissen. Es sollen sogar schon stramme Republikaner gesichtet worden sein, die es bedauern, dass Barack Obama kein drittes Mal gewählt werden kann, obwohl die noch bis vor kurzem lieber ein Furzkissen als Präsidenten gehabt hätten. Solange es nicht schwarz gewesen wäre, versteht sich.

Abgesehen davon, dass Hillary Clinton im Falle ihrer Wahl ihr Amt als Staatsoberhaupt mit den geringsten Zustimmungswerten seit dem Abschied des diesbezüglich uneinholbar geglaubten George W. Bush antreten würde, wäre sie in der Tat die erste Frau, deren Kindheitstraum, eines Tages Präsidentin der Vereinigten Staaten zu werden, wahr würde. Nachdem sie in den Neunzigern schmerzhaft erfahren musste, dass es keine gute Idee ist, sich als ungewählte Präsidentengattin zu sehr in die präsidiale Politik einzumischen, wird sie mit ihrem Männe einen Deal geschlossen haben: Ich spiele acht Jahre lang die brave, mucksche First Lady für dich, ich ertrage deine diversen Seitensprünge und werde auch nicht die Scheidung einreichen, dafür wirst du danach alles in deiner Macht stehende tun, um mich ins Weiße Haus zu bringen.

Klar, dass da Verschwörungstheorien ins Kraut schießen. So meint etwa Justin Raimondo, bei der Kandidatur Trumps handele es sich um nichts anderes als eine groß angelegte False-Flag-Aktion der Demokraten. Weil es zahlreiche Indizien gäbe, dass Trump der Demokratischen Partei und im speziellen auch dem Clinton-Clan freundschaftlich verbunden ist, sei Trump eigens dafür installiert worden, um für seine gute Freundin Hillary den Weg freizuboxen, ihr alle unliebsamen Gegenkandidaten aus dem Weg zu räumen und sich in der Folge so zum Horst zu machen, dass kein vernünftiger Mensch mit mehr als fünf funktionstüchtigen Gehirnzellen ihn wählen kann, ohne dem Wahnsinn anheim zu fallen. Am Ende würde dann eine wählbare Person übrig bleiben. Schlau gedacht, muss ich sagen.

Kann natürlich sein, ist halt nur, wie üblich bei so was, verteufelt schwer beweisbar. Zuzutrauen wäre es freilich allen Beteiligten, obwohl der Verzicht auf das mächtigste politische Amt der Welt zugunsten einer anderen Person einem Donald Trump ein Maß an Altruismus abverlangen würde, das er vermutlich nicht einmal theoretisch zu erfassen vermag, weil seine legendär kurze Konzentrationsspanne das verhindern würde. Täte sie es nicht, würde er wahrscheinlich auf der Stelle zu Staub zerfallen oder explodieren.

Vielleicht, so tröste ich mich zuweilen, ist alles ja ganz anders. Vielleicht ist Donald Trump einfach der begnadetste Politclown aller Zeiten, der angetreten ist, uns allen die Widersprüche, die Usurpier- und Manipulierbarkeit eines demokratischen Systems vor Augen zu führen, das sich seit Jahrzehnten komplett der Logik und den Wünschen des Kapitals unterworfen hat und dessen Bevölkerung mehrheitlich von privat finanzierter Propaganda verstrahlt ist. Großes Kabarett, betrieben von einem Hauptdarsteller, der so pervers reich ist, dass er weitestgehend unabhängig agieren kann und auf nichts und niemandem Rücksicht nehmen muss.

Und wenn dann Hillary am Tag ihrer Amtseinführung die Hand zum Schwur auf die vergilbte Bibel legt, siehe, dann wird urplötzlich, wie Kai aus der Kiste, Donald zu ihr auf die Bühne kommen, den alle schon auf einer einsamen Insel wähnten. Er wird sich das alberne Toupet herunterreißen und die orangene Maske und zum Vorschein kommen wird Bernie Sanders. Und beide werden dem Volk zurufen: Fool you! Ihr seid alle noch dümmer als ihr ausseht! Und jetzt lasst uns alle gemeinsam das tun, was den 99 Prozent nützt. Tusch, Vorhang, alles wird gut.

Das ist natürlich bloße Phantasie, vermag aber das Ausmaß an Ratlosigkeit zu illustrieren, das mich in diesen Tagen mitunter befällt. Obwohl, Moment mal: Sind Trump und Sanders eigentlich jemals gemeinsam oder zur gleichen Zeit aufgetreten? Denken Sie mal drüber nach.



7 Kommentare :

  1. Das sind Gewaltfantasien von dir. Das kann ich beurteilen. Ich habe selber welche.

    Zum Beipiel diese: dem betreffenden Reichsbürger den Asphalt vor der Garage mit Straßenbaugerät zu entfernen. Soll er sich doch an die zuständige Reichsbehörde wenden, der Schlaumeier.

    So weit bin ich gekommen beim zwoten Absatz, jetzt lese ich weiter.

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  2. Duracell-Hase? Furzkissen? Geilo. Mehr davon, dringend, bitte!

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  3. „... sei Trump eigens dafür installiert worden, um für seine gute Freundin Hillary den Weg freizuboxen ..., dass kein vernünftiger Mensch ... ihn wählen kann, ohne dem Wahnsinn anheim zu fallen.“

    Yup. Kann nach hinten los gehen. Wir erinnern uns? An den Spielfilm „Die Maus die brüllte“? Mit Peter Sellers, Peter Sellers und Peter Sellers? Das Herzogtum Groß Fenwick beauftragt seine Armee, einen Krieg gegen USA zu verlieren, und diese versagt? Indem sie den Krieg GEWINNT?

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  4. Disclaimer. Ich habe eine Schwips, glaube ich.

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  5. "dass kein vernünftiger Mensch mit mehr als fünf funktionstüchtigen Gehirnzellen ihn wählen kann, ohne dem Wahnsinn anheim zu fallen."

    Waren Sie schon mal im Bible-belt, in Red-neck-Countys, in Florida-Altenheimen, in Texas?

    Die meisten US-Amerikaner haben ein sehr beschränktes Weltbild, sehr einfache Vorstellungen von Gut und Böse. Aber nicht nur deshalb ist Trump so weit gekommen.

    Und nein, ich bin kein Fan von Trump, genauso wenig von Killary.

    Diese "Wahl" ist bereits jetzt schon eine Katastrophe, schon alleine wegen der Kandidatenvorauswahl durch Parteien, MIC und Wallstreet.

    Die Reps haben aber noch einen Trumpf, die alten Stimmzettelauswertungsmaschinen in republikanisch geführten States.

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    1. Nö, war ich noch nicht, aber dank Beiträgen wie diesem kann man sich wenigstens grob ein Bild machen. Dass ein gerüttelt Teil der US-Amis ein eher schlichtes Weltbild Gassi führt, ist kein neues Phänomen, allerdings holen wir in Europa da durchaus auf.

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