Dienstag, 3. April 2018

Meedienschelte


Hossa, bei der 'Zeit' scheints ja zu Teilen gerade lustig zu gehen, seitdem man sich von Thomas Fischer getrennt hat. Zur Erinnerung: Der hatte als nicht völliger juristischer Laie in einer bei meedia erschienenen Kolumne Zweifel angemeldet, dass es sinnvoll bzw. hilfreich ist, wenn Journalistinnen , wie in Sachen Dieter Wedel geschehen, für sich in Anspruch nehmen, mal eben den Job der Justiz zu erledigen. Dieselbe Sabine Rückert, stellvertretende Chefredakteurin der 'Zeit', die in der Causa Kachelmann noch auf Fischers Seite war, verfiel, scheint's daraufhin in eine Art Heimzahl-Modus. Sie erklärte die Zusammenarbeit für beendet, kündigte Fischers Frei-Abo und zog auch ihren bereits eingereichten Beitrag zu einer Festschrift wieder zurück.

Nun glaube ich nicht an das Märchen von der feministischen Verschwörung, die die Redaktionsstuben der Republik eine nach der anderen infiltriert. Ich tippe auf schnöde Zielgruppenorientierung. Marktforschung wird ergeben haben, womit eine Mehrheit der zahlenden Leserinn/en und Abonentinn/en sich offenbar wohlfühlt, weiter nichts. Fischers Kolumne mag mächtige Klickzahlen gebracht haben, war aber auch kostenlos im Netz zu lesen. Dass Fischer selbst darin nun einen Versuch sieht, ihn zu "vernichten" scheint mir ein wenig hoch gegriffen. Jemanden, dem man juristisch nichts kann und der ein gewisses Publikum hat, wirklich zum Schweigen zu bringen, ist sicher nicht unmöglich, doch deutlich schwieriger als es spätestens sei den Tagen Thilo Sarrazins vornehmlich von rechts gern zusammenphantasiert wird. Das zeigt auch das Beispiel Don Alphonsos alias Rainer Meyer. Dem lagen, kaum dass das Ende seiner FAZ-Blogs ruchbar wurde, nach eigenem Bekunden gleich mehrere Angebote vor, für die er sich nicht einmal groß bewegen musste. Auch Fischer müsste sich wohl keine Sorgen machen, künftige Kolumnen irgendwo unterzubringen. Daher ist es umkehrt auch so banane, Autoren wie Fischer und Meyer zu Märtyrern aufblasen zu wollen.

Den Vogel vollends ab schoss hingegen Silke Burmester, deren Arbeit ich eigentlich mal sehr geschätzt habe. In einer Kolumne für  attestiert sie älteren Journalisten, die ihre Felle wegschwimmen sähen und genervt seien vom feministischen Diskurs, abnehmende Potenz ebenfalls nicht ausgeschlossen, eine Neigung zu reaktionären Denkmustern ("gehen erst zur "Welt", dann zu Roland Tichy. Am Ende sprechen sie vor der Neuen Rechten und haben Angst vor Einwanderern." Soso). Es scheint ihr nicht aufzufallen, dass sie mit ihrer Kolumne einen schönen Beleg dafür liefert, dass das mit den reaktionären Denkmustern im Falle wegschwimmender Felle möglicherweise auch für sie gelten könnte. Dass das aufgrund drastisch gesunkener Honorare für freie Journalisten bei ihr der Fall war, hat sie letztes Jahr selbst vorgerechnet und beharrte trotzig darauf, gefälligst weiterhin als Journalistin tätig sein zu wollen. Das immerhin dürfte sich inzwischen ausgehen, seit sie bei Springer angeheuert hat (und sich dafür wortreich rechtfertigte).

Wer weiß, vielleicht ist es ja exakt dieses Denken, das, gepaart mit einer starken Abneigung gegen kritische Selbstreflexion, einen gerüttelt Teil zum Relevanzverlust des professionellen Journalismus beiträgt. Und Fischers Todsünde war es in Wahrheit wohl, einer ganzen Branche, zumindest aber der 'Zeit', ihre eigenen Widersprüche vorgehalten zu haben:

"Nicht »die Bosse«, sondern die Medien haben die Erniedrigungs-Maschine erfunden, genutzt und aktiv betrieben. Sie haben die »Sternchen«, deren emotionale oder finanzielle Abhängigkeit und Gefügigkeit sie zum eigenen Ruhm aus dem Dunkel der Vergessenheit ziehen, höchstselbst in dieses Dunkel getrieben. Das »System«, welches sie zu entlarven behaupten, sind sie selbst. Auch deshalb erzeugt die atemlose Präsentation der Entlarvung ein ungutes Gefühl." (Das Sternchen-System)

Nicht, dass mir das gefällt, aber es gibt leider kein wie auch immer geartetes Anrecht darauf, unbegrenzt und auskömmlich in einem bestimmten Beruf weiterarbeiten zu können, erst recht in einem, der auf dem absteigenden Ast ist. Mögen die Talente und Referenzen, die man so mitbringt, im einzelnen noch so proper sein. Ist den so genannten 'Schlecker-Frauen' so gegangen, den ca. 5.000 Opel-Arbeitern hier in Bochum und vielen anderen mehr. Ansonsten brauche ich mich bloß in meinem privaten Umfeld umzuschauen, um viele weitere Beispiele zu finden. Da scheint es mir auch eher die Regel zu sein denn die Ausnahme, dass es erstens anders kommt im Leben und zweitens als man denkt. So was ist natürlich himmelschreiend ungerecht, aber definitiv kein exklusives Problem von Journalistinnen.

Und von Wechseljahren habe ich noch nicht einmal angefangen.

(Fun fact: Meedia gehört, wie die 'Zeit', zur Holtzbrinck-Gruppe.)




2 Kommentare :

  1. »Wechseljahre«. Das sind die, in denen man sich nach einem neuen beruf umschauen muß. Hat ein großteil der berufstätigen heutzutage also fast dauernd.

    Vom schulabschluß bis zur rente.

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    1. So sieht es wohl aus, leider - gibt nur keinen Grund, wieso das für Journalisten nicht zutreffen sollte...

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