Dienstag, 31. Januar 2023

Tisch und Bett


"Zunächst soll man seinen Gegner nicht im Bett aufsuchen." (Tucholsky)

RTL-Nachrichtenvorleserin Franca Lehfeldt hat sich letzte Woche in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit bekanntlich einen schweren Versprecher geleistet. Zum 27. Januar wusste sie zu berichten, das Konzentrationslager Auschwitz sei von der Roten Armee Fraktion befreit worden. Wäre der Anlass nicht so traurig, könnte man das natürlich irre witzig finden, einen historischen Treppenwitz gar.

Unabhängig davon, ob Frau Lehfeldt mir nun sonderlich sympathisch ist oder nicht (der Sender, für den sie sich verdingt, wird von mir eh nicht geschaut), ist es über die Maßen billig, aus diesem, wenn auch gravierenden Lapsus gleich auf generelle Unfähigkeit oder gar Dummheit zu schließen. Man weiß nicht, wie hektisch es da in der Redaktion zugegangen ist und außerdem erwischt ausnahmslos jeder einmal einen schlechten Tag. Ein Thema würde das vielleicht, wenn sich das in auffallender Weise häufte. Und selbst wenn, dann wäre es immer noch die Entscheidung des Kölner Senders, wen man so beschäftigt.

Dazu hat die Dame aber noch ein Problem: Sie ist nach einer spektakulären Zeremonie auf Sylt das rechtmäßig angetraute Ehegespons von Christian Lindner, seines Zeichens FDP-Vorsitzender und Finanzminister. Nur: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Natürlich ist und bleibt es ein frommer Wunsch, Berufliches immer zu 100 Prozent von Privatem trennen zu wollen. Aber abgesehen davon sowie davon, dass dieses Paar sehr schön metaphorisch stehen kann für mangelnde Distanz zwischen Medien und Politik: Welchen Einfluss genau kann Lindner auf die Arbeit seiner Frau nehmen und umgekehrt?

RTL vertritt sowieso eine knallhart neoliberale, in Teilen sozialpornografische Agenda, in der Arbeitslose bloß arbeitsscheu sind und zur allgemeinen Belustigung geschurigelt werden, da macht eine Lindner-Angetraute mehr oder weniger den Kohl auch nicht fett. Was ginge umgekehrt? Klar, sie könnte in besonderem Maße dieses oder jenes ausplaudern. Aber so what? In dieser Berliner Politik-Medienkamarilla quatscht sowieso jeder über jeden mit jedem über alles Mögliche. Und wenn illegal etwas durchgestochen wird, dann möge, so das ruchbar wird, halt die Justiz ihre Arbeit tun.

Moment mal, mit der falschen Person Tisch und Bett zu teilen ein Problem zu nennen, ist vielleicht etwas heftig? Nun ja, im Falle Louis Klamroths war da schon einiges zu vernehmen. Klamroth, seit kurzem als Nachfolger von Frank Plasberg Moderator der von mir ebenfalls nicht geschauten Gesprächsschau 'Hart aber fair', ist privat mit Luisa Neubauer liiert. Und da hört sich natürlich alles auf. Nicht auszudenken, wie dieser linksgrünverstrahlte Sukkubus dem doch zu tausendprozentiger Neutralität verpflichteten Partner mit ihrem Klima-Gender-LGBTQ-Irrsinn daheim den Kopf verdreht.  

"Wenn Klamroth das Thema [Klimaschutz] interessiert -- und nichts anderes sollte es uns alle, und zwar vordringlich --, wäre es doch absurd, es auszusparen, egal ob er mit Lothar Matthäus, Alice Schwarzer oder dem exhumierten Eisbären Knut in die Kiste steigt. Wie kann man sich da als CDU, SPD oder Rundfunkrat ein derart windschiefes Argumentationshäuschen zusammenzimmern, bei dessen Anblick sich noch das dümmste der drei kleinen Schweinchen schier zu Tode cringen würde: Der Moderator einer von zahllosen Talkshows, die sich täglich Gäste einladen, um mit ihnen über alle wichtigen Themen dieser Welt zu sprechen, setzt das wichtigste Thema überhaupt auf den Sendeplan, nur weil, klaro, seine Liebste ihn darum gebeten / es ihm eingeflüstert / ihm dafür ein Frühstücksbrötchen mit Grünkohl-Stachelbeeraufstrich zubereitet hat." (Hannemann)

Klamroth soll dem WDR gegenüber mit Beginn seiner Moderatorentätigkeit seine Beziehung zu Neubauer offen gelegt und damit die Compliance-Regeln des Senders eingehalten haben, der da auch kein Problem sah. Mehr gibt es eigentlich kaum zu sagen.

Denn wo will man bei alldem eine Grenze ziehen? Wie prominent darf bzw. wie nichtprominent muss eine Klimaaktivistin sein, ob sie einem nun sympathisch ist oder nicht, damit es für sie legitim ist, einen WDR-Moderator zum Lebenspartner zu haben? Natürlich kann man umgekehrt fragen: Ja aberaberaber, was wäre denn, wenn Klamroth privat mit einer Frau zusammen wäre, der Kontakte in die rechte Szene nachgesagt werden?

Dann müsste man die Prämisse infrage stellen: Ist Einsatz für Klimaschutz nicht irgendwie dasselbe wie rechtsextreme Betätigung am Rande des Verfassungsmäßigen oder darüber hinaus? Das mag ein jeder für sich beantworten. Die rechte Szene würde das sicher bejahen. Gehört es doch zu ihrer Strategie, ihr Gedankengut als legitimen Teil des Meinungsmainstreams auszugeben, als voll okaye Meinung wie jede andere auch.

Louis Klamroth und die von ihm moderierte Sendung werden die nächste Zeit unter verschärfter Beobachtung stehen, ob und, wenn ja, inwieweit, seine privaten Umstände irgendwie Einfluss haben auf seine berufliche Tätigkeit. Jede seiner Sendungen wird von interessierter Seite sehr genau analysiert und zerpflückt werden. Ist da nichts zu finden, vielleicht, weil der Mann schlicht Profi ist, gibt es kein Problem. Das sollte wirklich genügen.






8 Kommentare :

  1. Auch Maybritt Illner hätte man seinerzeit Voreingenommenheit in einem bestommten Thema vorwerfen können, denn sie ist seit 2010 mit Rene Obermann verheiratet. Obermann gab seinen Posten als Vorstandsvorsitzender bei der Deutschen Telekom zum 31. Dezember 2013 auf. Von 2011 bis 2016 war René Obermann Mitglied im Aufsichtsrat der E.ON SE, von 2014 bis 2016 der Spotify Technology S.A, von 2015 bis 2017 der CompuGroup Medical SE. und von 2013 bis 2018 der ThyssenKrupp AG. Hat niemanden gestört.

    Klamroths Privatleben mit Luisa Neubauer ist eigentlich nebensächlich. Viel wichtiger ist, dass er als Plasberg-Parodie in der letzten Hart-aberfair-Sendung gegen die Veretreterin von "Letzte Generation", Aimee van Baalen gemeinsam mit den Gästen Gitta Connemann (CDU), Konstantin Kuhle (FDP) und Hildegard Müller, Lobbyistin der Automibilindustrie (ebenfalls CDU) ein regelrehtes Tribunal veranstaltet hat und dabei jegliche journalistische Neutralität vermissen ließ. Er selber hat die Diskussion durch perfide Fragen wie "Womit verdienen Sie eigentlich Ihren Lebensunterhalt?" noch befeuert. Hätte er doch mal Frau Connemann gefragt. Im Gästebuch der Talkshow gibt es über 2.800 Kommentare, die sich in überwiegender Mehrheit über dieses Verhalten von Klammroth empören.

    Talkshows laufen in den letzten Monaten immer wieder nach diesem Schema ab. Eine/r gegen alle. Welzer und Precht haben mit der Hauptthese in ihrem Buch "Die vierte Gewalt" Recht, wenn sie behaupten, dass sich Journalisten als Akteure verstehen und nicht als neutrale Vermittler und Moderatoren.

    AntwortenLöschen
  2. Siewurdengelesen1. Februar 2023 um 10:38

    Ähnlich wie Roger Willemsen das in seinem Buch "Das Hohe Haus" für den Bundestag beschrieben hat, sind analog zu den öffentlichen Debatten desselbigen diese Talkshows doch meist völlig irrelevant für den Verlauf der diskutierten Themen auf politischer Ebene. Im Bundestag sind die Entscheidungen doch nur zu oft bereits in der "zweiten Reihe" längst gefällt, wenn es zur Debatte und dem Abstimmen kommt.

    Das Grundschema dabei besteht im "Einladen" von Teilnehmern, die über ihre Meinung, ihr Auftreten und ihre Parteimitgliedschaft oder Ähnlichem bereits polarisieren. Diese lässt man dann weitestgehend ergebnislos aufeinander los und hin und wieder ist der Moderator nicht moderierend, sondern übt sich in parteiischem Auftritt. In meiner bescheidenen Sicht sind diese Talkrunden meistens nur der Ansatz, Stammtischthemen einen intellektuellen Anstrich zu verleihen und damit Quote zu generieren.

    Am ehesten haben solche Sendungen noch einen minimalen Einfluss, wenn wie beim MDR-Format "Fakt ist..." Lokalpolitik mit den dafür zuständigen Vertretern besprochen wird und dann wenigstens ansatzweise später verglichen wird zwischen Aussage und Handeln. Die anderen Sachen halte ich weitestgehend für Fassade.

    Das es bei solchen Verquickungen von Medien und Politik in der Gestalt Einzelner immer Persönliches einfliesst, lässt sich gar nicht vermeiden. Besser sollte durchforstet werden, wenn große Medienanstalten gezielt Einfluss nehmen auf Politik(er) und Parteien und wie diese überhaupt verbandelt sind. Da gäbe es deutlich mehr zu tun als beim Vorverurteilen von Menschen ob ihres Lebensumfelds wie in diesem Fall.

    AntwortenLöschen
  3. Gert Postel schrieb auf Twitter. "Ein „Versprecher“ war das nicht, den hätten Sie sofort korrigiert. Sie wussten es halt nicht besser, das Ganze ist eine Frage mangelnder historischer Bildung und Allgemeinbildung. [...] Wer die Öffentlichkeit als Journalist behelligt, der sollte über ein Mindestmaß an Allgemeinbildung verfügen. Und wer sich dann noch herauszuwinden versucht, um seine Insuffizienz zu verschleiern, ist in einer Redaktion am falschen Platz."
    Ich sehe das ähnlich. Zudem schrieb Franca Lehfeldt: "Menschen machen Fehler." Ja, das stimmt. Sie hat recht. Aber das sollte nicht derjenige schreiben, der den Fehler gemacht hat.

    AntwortenLöschen
  4. Guten Tag zusammen,
    seitdem der Beruf des Journalisten sich in einer finanziellen Abwärtsspirale befindet, weil das gesamte Gebäude aus Printmedium / Werbeeinnahmen / Redaktion als einsturzgefährdet gilt — was erwartet man denn dann?
    Man kann nur hoffen, dass das Zeitungssterben vor den Wochenzeitungen halt macht. (wenns irgendwann die Zeit nicht mehr gäbe, hätte ich ein Problem ...)

    Gruß
    Jens

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke für die Beiträge. Ich denke, man sollte immer bedenken, dass Talkshows nicht primär dem Erkenntnisgewinn dienen oder dem politischen Diskurs, sondern in erster Linie Unterhaltungsformate sind. Mit allen Konsequenzen.

      Löschen
    2. Siewurdengelesen2. Februar 2023 um 10:36

      Das Problem bei diesen "Unterhaltungssendungen" ist, dass ein Gutteil der Zuschauer das dort "Diskutierte" für bare Münze zu nehmen scheinen, wenn ich mir im Umfeld die Diskussionen am Folgetag so anhöre. Für mich ist ja sowohl das Eine wie das Andere nur zu oft Verschwenden von Zeit, weil es eben nicht zum Lösen politischer Probleme dient. Umgekehrt lässt sich mit solchen Null-Themen prima Influencing betreiben, um das Modewort dafür zu gebrauchen...

      Löschen
  5. "sondern in erster Linie Unterhaltungsformate sind"
    ... also so wie Wrestlingshows, nur mit Worten?
    OK - vielleicht sollte ich mir so was mal länger anschauen.

    Gruß
    Jens

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Um Himmels Willen! Es genügt vollauf, 'Wir amüsieren uns zu Tode' von Neil Postman gelesen zu haben.

      Löschen

Mit dem Absenden eines Kommentars stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zu. Zu statistischen Zwecken und um Missbrauch zu verhindern, speichert diese Webseite Name, E-Mail, Kommentar sowie IP-Adresse und Timestamp des Kommentars. Der Kommentar lässt sich später jederzeit wieder löschen. Näheres dazu ist unter 'Datenschutzerklärung' nachzulesen. Darüber hinaus gelten die Datenschutzbestimmungen von Google LLC.