Dienstag, 17. Januar 2023

Vermischtes und Zeugs (XLI)


Das immer wieder gern hergenommene, fälschlicherweise Winston Churchill zugeschriebene Bonmot "Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn.", ist selbstgefälliger Quark. Man wird nicht konservativ, bloß weil man älter wird, sondern weil man es sich leisten kann und etwas zu verlieren hat. Wer sich mit, sagen wir, 40, 45 Jahren etabliert, was aufgebaut hat, Karriere, Häuschen, Familie, Dienstwagen etc., würde das gern behalten und ist tendenziell weniger empfänglich für egalitäre Politik als jemand, der am unteren Ende der Skala der Altersarmut entgegendümpelt.

Und wie's der Beelzebub will, haben sie jetzt rausgefunden, dass die Generation der Millenials die erste sein könnte, die in zunehmendem Alter eher linker wird. Was natürlich absolut nichts mit Besitz- und Eigentumsverhältnissen zu tun hat, sondern alleinig mit Herz und Hirn. 

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Folgendes wird berichtet in der Causa Lambrecht:

"CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Samstag mit Blick auf Lambrecht gesagt, sie sei »von Anfang an mit dieser Aufgabe überfordert gewesen«. Andere Politikerinnen und Politiker der CDU/CSU begrüßten das erwartete Ende der Amtszeit der Ministerin als »überfällig«."

Einen Ministerposten mit einer überforderten Person besetzten -- also, so was täte der CDU/CSU ja nie passieren. Beim Wahlvolk den Eindruck zu erwecken, nur wenn sie das Sagen hätten, herrschte auch Ordnung, ist von jeher eine der Kernkompetenzen der Unionisten.
 
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Der Januar hat's nicht leicht, denn er scheint sich immer mehr zum Monat des Kasteiens und des Verzichts zu wandeln. Erst wurde Dry January propagiert. Nach den Ausschweifungen der Festtage sollte man einen Monat auf Alkohol verzichten. Dann wurde der Veganuary ins Spiel gebracht. Den Januar über ausschließlich pflanzlich essen. Dann kam die Idee eines zuckerfreien Januar auf. Jetzt sind welche auf den Trichter gekommen, im Januar täglich ein Eisbad zu nehmen. Mal sehen, was gelangweilte Mittelschichtbobos in zehn Jahren im Januar machen: Einen Monat Heilfasten, dazu jeden Tag Magic Morning um vier, dann Training für den Marathonlauf am 31.1. Barfuß. Zusätzlich verabreichen sie sich täglich selbst zwanzig Peitschenhiebe. Und schreiben Blogs über diese spirituelle Erfahrung.


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Preisfrage: Warum bringen eigentlich Fleisch- und Wurstwarenhersteller so viele vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte auf den Markt? Weil das für diese Hersteller eine wahre Goldgrube ist. Erstens sind Kunden, die für so was empfänglich sind, meist bereit und in der Lage, mehr Geld auszugeben. Zweitens weil die Herstellung billiger ist. Fleisch ist ein teurer, leicht verderblicher und empfindlicher Rohstoff, mit dem man viel Arbeit hat und der viele Probleme machen kann. Es braucht eine aufwändige Logistik, Kühlketten müssen eingehalten werden, man muss Tierärzte und Laboranten beschäftigen. Schlachten und Zerlegen hat immer noch einen hohen Anteil Handarbeit. Kommt es zu Verderb, müssen eventuell ganze Chargen vernichtet werden. Kommt es zu Nachfrageeinbrüchen, bleiben die Mäster auf ihren getaktet gemästeten Viechern sitzen etc.

Solche Probleme man bei quasi unbegrenzt und ungekühlt haltbaren und rein maschinell herzustellenden Vorprodukten wie Sojagranulat, Erbsenprotein, pulverisiertem Hühnereiweiß u.a. nicht. Auch sonst ist Sparen angesagt: Eine traditionelle Salami etwa muss ein paar Monate lang in klimatisierten Räumen reifen, wodurch sie bis zu 30 Prozent ihres ursprünglichen Gewichts verliert. Eine fleischlose 'Salami' hingegen wird produziert und geht direkt in den Verkauf. Win-win!

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Hausaltar.

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Apropos: So eine Hetzkampagne ist schon verdammt schnell passiert. Es reicht, wenn ein der Landwirtschaft nahestehender Versicherungskonzern eine Empfehlung an Kantinen ausspricht, auch mal fleischfrei zu kochen, dass der Landwirtschaftsverband sich bereits als Opfer  einer solchen sieht. Mimimi! Opferwettlauf!













5 Kommentare :

  1. "Kernkompetenzen der Unionisten"
    ... Andreas Scheuer
    ... Alexander Dobrindt
    ... Ursula v. d. Leyen
    ... muss ich weiter aufzählen?

    Gruß
    Jens

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  2. 100 Gramm veganer Trockenfleisch-Ersatz (Bündnerfleisch-Ersatz) kostet Fr. 8.90! Wir kauften das einem veganen Bekannten zum Apéro anlässlich eines Essens bei uns. Er lebt seit zwei Jahren vegan. Linksgrün eingestellt Davor war er Fleischesser, davor Vegetarier, davor Fleischesser. Er ist Staatsangestellter. Er referiert gerne über die klimaschützendere Herstellung von veganen Nahrungsmitteln - im Gegensatz zur Fleischherstellung. Vor drei Monaten hat er sich ein neues Wohnmobil gekauft. Er überlegt sich, nach Portugal auszuwandern, weil man dort 10 Jahre lang keine Steuern zahlen müsse.

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  3. Ob die Millenials linker werden, muss man einfach abwarten. Aber sie werden sich genauso ins kapitalistische Erwerbsleben fügen wie die 68er, die sozialen Bewegungen der 70er/80er, Attac, Occupy usw.

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  4. Der Artikel zu den MIllenials ist aus den UK, in Festlandeuropa scheint es eher anders auszusehen:
    https://twitter.com/MortenStostad/status/1609140086377164800
    Es bleibt abzuwarten.

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  5. "Ob die Millenials linker werden, muss man einfach abwarten."
    ich denke nicht! Heute weiß ein junger Mensch schon viel früher, dass er "ohne Ellenbogen" nicht sehr weit kommen wird. Und dieses "nicht weit kommen" hat nix mit dem "nicht weit kommen" von 1980 ff. zu tun. Da warten heute nämlich extrem unangenehmere! Lebensbedingungen auf jemanden ...

    Gruß
    Jens

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