In welch irren Zeiten wir leben, mag die Tatsache illustrieren, dass ich als alter Kapitalismuskritiker, der sich stets vehement für das Primat der Politik ausgesprochen hat, mich bei einer gewissen Erleichterung darüber ertappte, dass ausgerechnet die Finanzmärkte dem freidrehenden Orange-Utan im Weißen Haus die Grenzen aufgezeigt haben. Weil die die horrende Kapitalvernichtung durch die durchgeknallte Zollpolitik des Präsi nicht mehr hinnehmen mochten. Mehr noch: Ich ertappe mich bei der Hoffnung, dass die hiesige Wirtschaft in gleicher Weise der AfD, sollte sie je in die Nähe der Macht geraten, im Zweifel die Grenzen aufzeigen wird.
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Ähnlich verrückt, dass ausgerechnet ich als alter Wehrdienstverweigerer mich bemüßigt fühle, der Bundeswehr bei ihrer wichtigsten Aufgabe zur Hand zu gehen. Dem Verteidigen. Gegen uninformierte Vorwürfe. Das hiesige Militär bzw. dessen Kampfgerät, ist ja jetzt einmal mehr als Schrotthaufen in Tarnfarbe entlarvt worden. Die an die Ukraine gelieferten Waffensysteme taugten überwiegend nix, seien bereits komplett verschlissen, heißt es, und die, die was taugten, wie etwa das IRIS T-Luftabwehrsystem, seien sauteuer. Diagnose, wieder mal: Bedingt abwehrbereit. Päng. Und ich so: Äh, nein.
Die meisten Waffensysteme der Bundeswehr sind im Kalten Krieg entwickelt worden. Die vordringliche Aufgabe der Bundeswehr war es da, Teil der Abschreckung gen Osten zu sein. Dazu hielt man eine halbe Million Mann unter Waffen, dazu das mehrfache an Reservisten vor und verfügte über mehrere Tausend Kampf- und Schützenpanzer. Der paradoxen Logik der Abschreckung zufolge, hätte eine Bundeswehr, die zum Einsatz gekommen wäre, eigentlich versagt. Wäre sie aber zum Einsatz gekommen, dann wäre der kurz und heftig gewesen. Die Bundeswehr wäre gemeinsam mit den in Europa stationierten NATO-Einheiten die erste Verteidigungslinie gewesen, die einen Vormarsch von Einheiten des Warschauer Paktes in hinhaltenden Gefechten so lange verlangsamen sollte, bis das Gros der Verbündeten eingetroffen wäre.
Die Bundeswehr war also nie dazu gedacht, jahrelang eine Front in einem Abnutzungskrieg zu halten wie das jetzt in der Ukraine der Fall ist. Erst recht nicht nach dem Ende des Kalten Krieges, als man Landesverteidigung nicht mehr für nötig hielt und die ohnehin geschrumpfte Truppe zu einer kleinen, professionellen, weltweit einsetzbaren Eingreiftruppe umgebaut wurde.
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Mit der Verlässlichkeit eines Schweizer Uhrwerks kommt alle paar Jahre die Forderung des Kapitals, einen Feiertag zu streichen. Begründung: Die Deutschen arbeiteten eh zu wenig und hätten viel zu viel frei. Jaja, schon klar. Dafür stehen Arbeitnehmer:innen in fast allen anderen europäischen Ländern deutlich mehr gesetzliche Urlaubstage zu. (Schlimmer noch: Es gibt Länder, in denen man den Montag frei hat, wenn ein beweglicher Feiertag auf einen Sonntag fällt.) Und vielleicht sind ja auch gar nicht so sehr die faulen, bocklosen deutschen Arbeitnehmer:innen schuld, sondern die Tatsache, dass die CDU, die sich seit 2005 in der Rolle der schwäbischen Hausfrau gefiel und sowohl in der Regierung als auch in der Opposition systematisch Investitionen blockiert hat.
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Ob das Graffito auf dem Sockel Teil des Kunstwerks ist?
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Demnächst wird Olaf Scholz sich ja in die Rente verabschieden. Da darf man durchaus gespannt sein. Wird er sich seine Gefälligkeiten und sein günstiges Handeln gegenüber Großinvestoren aus Hamburger Zeiten mit dicken Vortragshonoraren vergolden, einen Zweitwohnsitz in Dubai anmelden und es sich als Luxusrentner gut gehen lassen? Oder wird er weiterhin einfach sein Häuschen bewohnen und seine Joggingrunde drehen? Ersteres könnte ich sogar noch irgendwie verstehen. Quid pro quo halt. Letzteres wäre schon irgendwie seltsam.
Man kann zum Ukrainekrieg stehen, wie man will.
AntwortenLöschenDass er als Schrottplatz für überaltertes Militärgerät, dass sonst auf den Sondermüll müsste, gebraucht wird, lässt sich schwer abstreiten.
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Stimmt. Hauptsache, es geht ordentlich was kaputt. Denn um "die wachsenden Geldkapitalmassen renditeträchtig zu binden, sind (...) immer wieder Kapitalvernichtungen erforderlich. Kriege sind dazu noch geeigneter als Wirtschaftsrezessionen, nicht nur aufgrund des großen Waffenverschleißes, sondern auch wegen der Zerstörungen in zivilen Bereichen und des erforderlichen Wiederaufbaus." (Helmut Creutz)
LöschenHätten wir den Russen nicht, wir müssten ihn erfinden.
Immer mehr ehemalige Wehrdienstverweigerer, darunter auch prominente, argumentieren jetzt aus unterschiedlichen Gründen leidenschaftlich für die Modernisierung und Aufrüstung der Bundeswehr und ignorieren dabei, dass die 100 Mrd. an anderer Stelle akute Not sofort lindern könnten. Auskunft erteilt die LINKE.
LöschenIm Verweis darauf, das Ja zum Bestehenden in einem harten inneren Kampf errungen zu haben, will noch der krudeste Konformismus als Ereignis, als tiefere Einsicht, als Rebellion geadelt werden.
Zu den Hoch-Zeiten der Friedenbewegung und Konstituioereung der Grünen gab es noh die Forderung nach Abschaffung der Bundeswehr, die ich heute noch teile:
https://www.bundeswehrabschaffen.de/
In lokalen Friedensinis wurde das Prinzip der sozialen Verteidigung (Sabotage, Streik, ziviler Ungehorsam) diskutiert. Haben sich die Hiobsbotschafter eigentlich schon einmal das Szenario einer Besetzung Deutschlands (natürlich durch den Russen, die Amis sind schon da) ausgemalt? Wie soll diese Gesellschaft mit ihrer komplexen Infrastruktur denn durch eine fremde Administration flächendeckend kontrolliert und überwacht werden?
Wenn ich sehe, mit welcher Eile und mit welcher politischen Energie und Hast jetzt auf vielen gesellschaftlichen Ebenen die "Kriegstüchtigkeit" Deutschlands herbeipropagandiert wird, mit dem Kalkül, dass Russland darauf reagieren und ebenfalls aufrüsten wird, kommt es meiner Meinung nach in den nächsten 5-10 Jahren zu einem Präventionsschlag der Nato, der uns dann von den Medien als unverzichtbarer Verteidigungsangriff vermittelt wird. Vorschlag: 1. September.
Da ja der Cyberkrieg zwischen Russland und der BRD angeblich bereits tobt, würde z. B. eine Attacke zu Abschaltung der kompletten Stromversorgung als geeigneter Anlass dienen. Die USA haben bereits erklärt, dass dies ein Kriegsgrund wäre.
Das die Ukraine den Entsorger für alte Waffensysteme spielt, war von Anfang an klar, als selbst die alten NVA-Bestände verhökert wurden. Beim Militär wird weiter Schrott für Unsummen angeschafft, das ändert sich auch in Zukunft nicht. Krieg ist so gesehen die Reinform des Kapitalismus, weil jedes Produkt im Idealfall genau einmal oder auch gar nicht funktionieren muss, wusste schon ein Krupp im deutsch-französischen Krieg und ein paar andere Kriegsgewinnler auch. Warum sollten sich also Unternehmen da vornehm zurückhalten, wenn es etwas zu holen gibt und Politiker und Medien als Maulhuren noch fleissig trommeln dafür? Das hat m.E. mit irgendwelchen Strategien aus der Zeit des Kalten Krieges schon lange nichts mehr zu tun, sondern ist pure Profitlogik, die noch dazu aus der öffentlichen/staatlichen Hand bezahlt wird. Und Qualitätsmedien fabulieren derweil über die ethisch-moralische Frage von Aktienkäufen der Rüstungskonzerne. Kann man sich nicht ausdenken, weil die Realität wieder jede Satire toppt.
AntwortenLöschenMir tun nur die Ukrainer als Überfallene leid, die immer mehr Spielball werden in ihrem Kampf gegen einen Aggressor und trotzdem zwischen Not und Elend wählen dürfen. So wie sich die Weltlage entwickelt derzeit, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das bereits anfänglich angenommene Szenario des Diktatfriedens unter Abgabe der Ostukraine an Russland traurige Gewissheit wird. Dann hat der Autokrat in Moskau richtig gepokert bei seinen Weltmachtsphantasien und dank des orangenen Clowns in Washington - der sich als "Dank" für die Hilfe gleich mit als Leichenfledderer günstige Rohstoffe sichern lässt - entsteht so das Modell Afghanistan 2.0 - danke für nichts.
Was so das ganze Geplärre nach mehr Arbeit uswusf. betrifft, schlechte Zeiten und politische Umbrüche sind für solche Forderungen immer gute Zeiten. Das Konzept wird seit den 1990ern ganz konkret umgesetzt. Auch da unter trauriger Schützenhilfe der Medien immer schön Eigenverantwortung, mehr privat und weniger Staat predigen, Hauptsache die notleidende Wirtschaft brummt. Gott hab´ sie selig!
Inschallah! Sobald wir endlich wieder kriegstüchtig sind, wird zurückgeschossen, Uhrzeit egal. Und nicht vergessen: Totaler Krieg, kürzester Krieg!
LöschenWann kommt die Russin?
AntwortenLöschenDarüber diskutiert wieder keiner hier am Lausbubenstammtisch.
Lausbubenstammtisch? Ich dachte eher, hier wäre ein verfrühter Ostermarsch vorbeigelaufen.
LöschenVegane Friedenswinsler, die fünfte Kolonne Moskaus. Früher hatte die Linke noch Bomben und Pistolen ...
LöschenHey Andy, du hast ja keine Ahnung, was ich so alles in diversen Erdbunkern in der Brandenburger Einöde versteckt habe ... schön wärs natürlich, ich würde noch wissen, wo die sind ... vielleicht frag ich einfach mal bei der Behörde an, von der man weiß, dass sie viel weiß und dass sie im Verborgenen Gutes tut - sa rodinu, sa Putina - Prösterchen!
LöschenZiviler Ungehorsam und Generalstreik, wenn der Russe kommt? Der dreht uns einfach eine Woche das Wasser ab und schließt die Supermärkte, dann ist der Widerstand gebrochen. Gandhi hat diese Strategie in den dreißiger Jahren ernsthaft den Juden im Dritten Reich empfohlen. Völliger Schwachsinn. Wir wissen, wie die Nazis reagiert hätten und später reagiert haben. Martin Buber hat Gandhi in dieser Frage aufgeklärt. Ziviler Ungehorsam funktioniert nur in einer Demokratie gegen die Regierung, nicht gegen aggressive Eroberer. Die Ukraine würde gar nicht mehr existieren, wenn sie diese woke Kifferscheiße ausprobiert hätte.
AntwortenLöschenÜber 16.000 Lebensmitteldiscounter in Deutschland dichtmachen erinnert mich an die Forderung der totalen Grenzschließung: Alle 500 m einen Grenzbeamten aufstellen, rund um die Uhr. Daneben eignen sich weder die Situation der Jüdinnen und Juden (Vorsicht woker Sprachfeminismus) noch die der Ukraine als Vergleich des Szenarios einer Besetzung Deutschlands durch russ. Militär.
LöschenUm 16.000 Läden dicht zu machen, braucht man noch nicht mal 16.000 Soldaten. Da reicht die Drohung an die wenigen Eigentümer, den Betrieb einzustellen. Der Erste, der sich nicht an den Befehl hält, wird mitsamt seiner Familie vor laufenden Kameras hingerichtet. Ab dann ist hier Ruhe im Karton. Putin hat schon Schlimmeres getan.
LöschenIn einem Land, in dem nicht unbeträchtliche Teile der Bevölkerung durchdrehen und die Weltordnung ins Chaos sinken sehen, wenn sie beim Einkaufen eine verdammte Maske tragen sollen, würde ich mir in Puncto Resilienz und Widerstandswille keine großen Hoffnungen machen.
LöschenSo wird das mal von neutraler Quelle engeschätzt.
LöschenStand jetzt ist also unsicher, wie sich die USA dauerhaft in diesem Konflikt verhalten werden. Die sich seitens der Vereinigten Staaten verringernden Hilfen für die Ukraine werden aktuell immer mehr durch die europäischen Staaten kompensiert mit Deutschland und Frankreich als Haupthelfer - so weit, so gut. Das sehe ich auch nicht als Problem und geht in Ordnung.
Schaut man jetzt weiter, wie sich z.B. die Hilfe für Schutzsuchende aus der Ukraine entwickelt, so wird Einiges an Erleichterungen wie der Bürgergeldbezug und der 90-tägige Schutzstatus diskutiert. Wie das entschieden wird, ist noch offen, aber der Unterton ist dabei negativ.
Selber sehe ich in den jetzigen Ausgaben für neues Militärgerät jedenfalls keinen unmittelbaren Nutzen für die Ukraine, sondern wie o.a. in erster Linie eine nette Spende an die Unternehmen. Ob und wann das Zeug wirklich mal kommt, wie und ob es funktioniert, das steht sprichwörtlich in den Sternen.
Die Diskussion über das, was bei einer eventuellen Annektion Deutschlands durch Russland geschehen könnte und wie es dann mit dem Verteidigen aussieht, ist nach wie vor Phantasie und das die Falken da immer dick auftragen, ist beim besten Willen nichts Neues, solange die nur genug Kohle bekommen. Es ist ja nicht so, dass die BW immer noch die Armee mit dem sibtgrößten Budget weltweit ist und das trotz ihrer eher geringen Größe relativ wenig bewirkt, sondern eher versackt.
Sprüche darüber, wie sich Menschen in bestimmten Situationen verhalten, kann ich übrigens am Stammtisch und solange es einen nicht selbst betrifft, auch super machen. Ändert aber nichts daran, dass so ein Verhalten oft einen gewissen Selbstschutz als Ursache hat und das irgendwie "menschlich" ist. Ob´s dann hilft, steht auf einem anderen Papier. Jedenfalls sind die Wenigsten zum Helden geboren.