Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Dienstag, 22. Mai 2012
Return of the Tabubrecher
"Seine Thesen sind nur ein Mix aus Statistik und Vorurteilen" (Nils Minkmar, FAZ, 21.5.2012)
Zu Sarrazin fällt mir nichts ein. Der Mann hat seine Fangemeinde und er wird sie auch dieses Mal bestens bedienen. Bei seinen brüllvollen Lesungen wird es wieder zugehen wie in der Schalker Nordkurve. Auf den Kern heruntergebrochen, leiert der Ex-Bundesbanker eigentlich immer nur die gleichen zwei Thesen herunter: 1. Früher war alles besser, 2. Es steht schlimm um Deutschland. Dabei sind seine Thesen in all ihrer Schlichtheit gar nicht so sehr das Problem, sondern das Getöse, das seine Anhänger veranstalten. Einen Vorteil hat die ganze Sache diesmal: Das, was uns in nächster Zeit ins Haus steht, kommt nicht mehr überraschend.
Samstag, 5. Mai 2012
Schluss mit dem Doktor-Getue!
Bundeskanzler a.D. Helmut Kohl ist
bekanntlich über alle Maßen stolz auf seinen Doktortitel. "Für Sie bin ich der Herr Doktor Kohl!", pflegte er in bräsigem
Pfälzisch zu blaffen, wenn es galt, sich bei unbotmäßigen
Pressbengels Respekt zu verschaffen. Er erinnerte dabei an eine späte Kopie von
Heinrich Manns Diederich Heßling, der das auch gern tat. Dass sich
im Übrigen hartnäckig das Gerücht hält, Umfang und
wissenschaftliche Bedeutung von Kohls Doktorarbeit - dass sie unter Verschluss gehalten wird, ist wirklich ein Gerücht - verhielten sich
antiproportional zu der Bedeutung, die er selbst der Sache zugemessen
hat, verleiht der Sache eine zusätzliche pikante Note.
Freitag, 27. April 2012
Niemand ist völlig unschuldig
Hervorragendes Feature von Ken Jebsen zu Anders Breivik, Medien und vielem mehr aus dem letzten Jahr. Vor ein paar Tagen bereits bei Paulinchen ist allein zu Haus, aber so hörenswert, dass ich mir erlaube, es hier noch einmal einzustellen:
Übrigens, liebe Norweger: Danke, danke, danke!
Übrigens, liebe Norweger: Danke, danke, danke!
Sonntag, 1. April 2012
Mein Leben als Eindringling
Interessant, was man als kinderloser
Mittvierziger, der normalerweise tagsüber arbeiten muss, auf seine
alten Tage noch so alles lernen kann. Mir war klar, dass Frauen sich
in den vergangenen Jahrzehnten ihre Freiräume erkämpft haben, teils
gegen erheblichen Widerstand: Es gibt Frauenhäuser,
Frauenparkplätze, Frauenbeauftragte, Frauensaunen, Frauenschwimmen
im Hallenbad und so weiter. Einzig Frauenbuchläden scheinen mir in
letzter Zeit ein wenig auf dem absteigenden Ast zu sein. Nicht klar
jedoch war mir, dass es, abhängig von der Tageszeit, noch eine ganze
Reihe weiterer Frauenrefugien gibt, in die man als Mann besser nicht
seinen Fuß setzt, will man nicht von akuten Kastrationsängsten
befallen werden.
Dienstag, 6. März 2012
Das psychopathische Manifest
Ayn Rands Ideen sind zum Marxismus der neuen Rechten geworden
George Monbiot
Man kann mit einigem Recht sagen, dass es so ziemlich die widerwärtigste Philosophie ist, die die Nachkriegswelt bislang hervorgebracht hat. Selbstsucht, heißt es, ist gut, Altruismus böse, Mitgefühl irrational und zerstörerisch. Die Armen sind selbst schuld, wenn sie sterben, die Reichen hingegen verdienen uneingeschränkte Macht. Wo immer das bisher ausprobiert wurde, ist es katastrophal und mit Pauken und Trompeten daneben gegangen. Trotzdem waren die Thesen der vor dreißig Jahren verstorbenen Ayn Rand noch nie so einflussreich wie heute.
Montag, 12. Dezember 2011
Die zunehmende Verlärmung der Welt
Was für ein Herdentier der moderne
Mensch ist, lässt sich sehr schön an Dingen sehen von denen, niemand je geglaubt hat, dass sie jemals in Mode kommen würden. Zum Beispiel Biathlon. Früher war das eine Veranstaltung, die fast unter Ausschluss der
Öffentlichkeit stattfand, abgesehen von ein paar angeglühten
Einheimischen, die ihren Kater vom Vorabend auslüfteten. Aktiv wurde
das betrieben von knorzigen Naturburschen mit seltsamen Namen wie
Peter Angerer und Eirik Kvalfoss, die, wenn sie denn redeten,
unverständliches Idiom sprachen und auf Langlaufskiern einsam durch
verschneite Wälder ächzten. Alle paar Kilometer wurde angehalten,
der auf dem Rücken mitgeführte Schießprügel zur Hand genommen und
auf schwarze Scheiben geschossen, die bei dichtem Schneetreiben in
der Ferne kaum auszumachen waren. Es wirkte alles so skurril und auf
so rührende Weise altmodisch, dass es mich nicht überrascht hätte,
wenn da mit Vorderladermusketen rumgeballert worden wäre.
Ein kurzes sonntägliches Zappen durch
die Kanäle offenbarte es mal wieder: Gegen das, was heutzutage beim
Biathlon abgeht, ist das Dortmunder Westfalenstadion an einem
Heimspieltag geradezu eine Oase der Ruhe. Biathlon ist offenbar hip
bzw. angesagt. Das bedeutet, es zieht ein junges, erlebnishungriges
Publikum der werberelevanten Zielgruppe an. Das wiederum bedeutet,
dass eben dieses Publikum es zu einer Jubel-, Kreisch- und Brüllhölle
degeneriert hat. Und wenn mal zwischendurch zwei Sekunden Ruhe
herrscht, dann bölkt ein eigens angemieteter Anheizer mit Mikrofon
die Menge an, gefälligst mal etwas lauter zu sein.
Dieses Schicksal teilt Biathlon mit
anderen Sportarten, wie etwa dem Skispringen. Dort stürzten sich bis
in die Achtziger leichtgewichtige Bubis, von denen die meisten
aussahen, als dürften sie noch nicht Auto fahren und die von dem,
was sie da taten, nicht leben konnten, unter höflichem Applaus des
Publikums halsbrecherisch steile Hänge hinunter. Bei der
Vierschanzentournee wurde es mal lauter, weil zur Anfeuerung
traditionell die landestypischen Kuhglocken geschwungen wurden. Die
Sieger kamen normalerweise entweder aus der DDR und redeten Sächsisch
oder aus Finnland und hatten ein Alkoholproblem. In den späten
Neunzigern kamen auf einmal ein paar Deutsche zu Erfolgen und
plötzlich erkannte werbetreibende Industrie und Veranstalterbranche,
welches Vermarktungspotenzial dort begraben lag. Dann kam RTL und
kaufte die Übertragungsrechte, was alles noch schlimmer machte. Das
Neujahrsskispringen in Garmisch, einstmals ein hervorragendes, auf
der Couch liegend einzunehmendes Sedativum gegen den Neujahrskater,
war zum Event hochgejazzt worden. Was so viel heißt wie: lang, laut,
bunt und rummtata. Das Volk will schließlich was erleben. Mit einem
schnöden Sportereignis ganz ohne Showblöcke, Feuerwerk und dicken
Lautsprechern ist heute niemand mehr vom Sofa zu bewegen.
Etwas erleben, das heißt in diesen
Zeiten: Krach schlagen und die Umwelt behelligen. Im Rudel, noch
lieber in Massen. Denn der moderne Mensch hält es nicht aus mit sich
selbst und leise kann er auch nicht. Sie nennen es: Party machen und
Spaß haben. In der Praxis bedeutet das: Die Bierpulle im Anschlag
irgendwas vollgrölen. Wenn kein Rudel da ist und die Lärmbolzen
tatsächlich einmal allein sein müssen, zum Beispiel im Auto, dann
ballern sie sich die Birnen mit dämlicher Bummsmusik voll. Noch
nicht einmal Kinos sind vor ihnen sicher. Musste man sich früher nur
mit Quasselstrippen und Chipstütenraschlern herumärgern, hat man es
jetzt auch noch mit Hunderten im Dunkeln aufleuchtenden
Smartphone-Bildschirmen zu tun. Deren Besitzer, die zudem nicht in
der Lage zu sein scheinen, die Teile wenigstens auf lautlos zu
stellen, müssen schließlich ihre komplette
Facebook-Knalldeppenliste über das weltbewegende Ereignis, gerade in
einem Kino zu sitzen, auf dem Laufenden halten.
Auch den stillen November, den Monat
des Totengedenkens, halten sie nicht aus. Das ist ihnen nicht
zuzumuten. Allerheiligen ist bei vielen abgeschafft und durch
Helloween ersetzt, einen weiteren Vorwand, geräuschvoll die Sau
rauszulassen. Vielerorts haben die Kirchen ihren Widerstand, gegen
die Eröffnung der Weihnachtsmärkte vor dem letzten Sonntag des
Novembers, älteren Generationen als Totensonntag bekannt, resigniert
aufgegeben. Weil auch Gastronomie und Einzelhandel hervorragend an
den konsumfreudigen Partymachern verdienen, ließ sich eine so wenig
gewinnbringende Tradition kaum noch halten.
Zurück zum Sport: Tennis zum Beispiel
war mir immer unsympathisch. Nicht der Sport selbst - eigentlich habe
ich eine Schwäche für Sportarten, bei denen es gilt, einen Ball
möglichst kunstvoll über ein Netz zu befördern - sondern wegen der
Leute, die es spielten. Tennis war zu meiner Jugend etwas für
bornierte Oberschichtbälger und die Mitgliedschaft im Tennisclub
hatte für deren Familien oft weniger was mit Sport zu tun, sondern
es war in erster Linie ein Mittel, dem normal verdienenden Pöbel
unmissverständlich klarzumachen, dass man es geschafft hatte. Ab den
Neunzigern begann das Profitennis den Tatbestand der
Kindesmisshandlung zu streifen: Raffgierige Elternmonster drillten
nach dem Vorbild osteuropäischer Kunstturn- und Eiskunstlauftrainer
ihren Nachwuchs im Akkord zu hochgezüchteten, willenlosen
Balldreschmaschinen, von denen die viele inzwischen
verständlicherweise schwer einen an der Waffel haben. Eines aber ist
mir beim Tennis immer sympathisch gewesen: Dass der Schiedsrichter
ein zu ungebührlich sich benehmendes Publikum von Zeit zu Zeit zum
Fressehalten auffordert.
Montag, 28. November 2011
Lasst mich mit meinen Finanzen in Ruhe!
Was Geld angeht, bin ich ein ziemlich
hoffnungsloser Fall. Es interessiert mich nicht und alle Versuche von
entsprechend qualifizierten Leuten, mich dafür zu interessieren,
sind bislang gescheitert. Mein Verhältnis zu meinem Bankkonto ist wie
das eines Jugendlichen zum elterlichen Taschengeld: Noch was da?
Cool! Nix mehr da? Mist! Ich zahle Rechnungen meist auf den letzten
Drücker und ziehe auch viel zu selten Kontoauszüge. Überhaupt ist
mir mein Kontostand nur so lange nicht gleichgültig, solange er
sich, egal ob Soll oder Haben, in einem halbwegs erträglichen
Bereich bewegt.
Sonntag, 6. November 2011
Ein bescheidener Vorschlag
Tja, wie können wir der griechischen Wirtschaft unter die Arme greifen? Mir ist da letztens etwas Großartiges eingefallen (ich gebe zu, die Idee ist nicht wirklich von mir, Wilfried Schmickler hat vor ein paar Jahren bereits etwas ähnliches vorgeschlagen): Wenn man bedenkt, dass Griechenland außer Olivenöl noch sonniges Wetter und Inseln im Überfluss hat, wäre es da nicht ein Gedanke, ein paar dieser Inseln zu einen angemessenen Preis zu pachten und als Deppeninseln zu benutzen? So als eine Art nettes Guantanamo? Wenn ich was zu sagen hätte in diesem Land, dann würden dort alle zwangsweise hingebracht, die den Alltag unnötig stressig machen.
Mittwoch, 12. Oktober 2011
Ausgekultet
Wann der Kult in mein Leben trat, weiß ich nicht mehr genau. Es muss irgendwann in den Achtzigern gewesen sein. Der ältere Bruder eines Schulfreundes erzählte etwas von Rocky Horror Picture Show und Blues Brothers. Der Mann studierte in Münster, und das provinzielle Münster war damals für das heranwachsende Kind einer randständigen, mittelgroßen Ruhrgebietsstadt die große weite Welt. Dort organisierte der AStA immer zum Semesterabschluss so genannte Kultfilm-Happenings: In einem extra gemieteten Programmkino wurde einer dieser Filme als Sondervorstellung gezeigt und alle erschienen in entsprechender Kostümierung. Bei Blues Brothers waren das natürlich Sonnenbrillen und schwarze Anzüge. Bei Rocky Horror Picture Show ging es bunter zu: Ein, zwei ganz mutige Herren sollen gar in Korsage und Strapsen aufgelaufen sein. Viel mehr können es aber auf keinen Fall gewesen sein. Wer Münster kennt, weiß warum.
Mittwoch, 7. September 2011
Freibadsaison 2011. Ein Rückblick
Abgesehen von einigen unangenehm
sonnigen Tagen im Frühjahr bzw. Frühsommer kann die diesjährige
Freibadsaison nur als großer Erfolg bezeichnet werden. Die
angenehmen Lufttemperaturen (15-22°C) der letzten Monate zauberten
dem ambitionierten Schwimmer manches Mal ein Lächeln aufs Gesicht,
blieb er doch von lästigen Begleiterscheinungen wie tobenden,
planschenden Kindern und Heranwachsenden, Querschwimmern,
knutschenden Pärchen im Wasser sowie Zumutungen wie Frittenfett- und
Sonnencremegestank weitgehend verschont. Zudem sorgte die optimale
Auslastung der Sportbecken (pro Bahn höchstens eine Person) dafür,
dass es nicht nur problemlos möglich war, ungestört seine Bahnen zu
ziehen, sondern auch Gedanken an den eventuell drohenden Verlust
persönlicher Gegenstände durch Diebstahl ignorieren zu können. Nächstes Jahr gerne wieder!
SO sieht ein anständiges Freibad im Sommer aus! |
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