Mittwoch, 2. Oktober 2013

Die Tussi kehrt zurück


Liebe Geschlechtsgenossen, wir müssen jetzt sehr tapfer sein. Wir können aber nicht behaupten, nicht gewarnt gewesen zu sein: Die gendermäßig höchst asymmetrisch erfolgreiche Filmreihe Bridget Jones geht in die dritte Runde. Ein verfilmter Mädelsabend, die auf Zelluloid gebannte Rache für unzählige Fußballspiele und Actionfilme, die frau im Leben gezwungen war, mitzugucken. Es ist wichtig, für den Fall, dass mann mit weiblicher List dazu gebracht wird, sich das anzutun, ein wenig vorbereitet zu sein. Daher für alle, die das Glück hatten, sich im Gegensatz zu mir den ersten zwei Teilen nicht aussetzen zu müssen, eine kurze Einführung in den Kosmos dieser schillernden Ikone unserer Zeit:

Montag, 23. September 2013

Gemischter Senf zum Sonntag


Natürlich kann man die CDU und ihre Anhänger verstehen, wenn sie gestern eine Riesenparty haben steigen lassen. Ein solches Wahlergebnis, knapp an der absoluten Mehrheit vorbei, trägt fast schon Adenauersche Züge. Oder Bayerische. Als kleinlicher Kritikaster kommt sich leicht vor, wer da in die Suppe spucken will. Dennoch: Wenn der champagnerinduzierte Kater auskuriert ist, dann müsste der Union klar werden, dass das Wahlvolk ihr da ein ziemlich vergiftetes Geschenk gemacht hat. Es spricht nämlich so einiges dafür, dass das Regieren für Angela Merkel trotz der satten Mehrheit längst nicht so einfach werden könnte, wie es auf den ersten Blick aussieht. Der Wahlkampf hat gezeigt, dass die gestrige Wahl beinahe eine reine Personenwahl war und die Union in erster Linie von den traumhaften Beliebtheitswerten der Kanzlerin profitiert hat. Sieht man sich an, was die Partei personell außer Merkel so zu bieten hat, dann müsste ihr bei allem Jubel eigentlich angst und bange werden, denn ohne ihre bleierne Kanzlerin mit der Teflonbeschichtung würde sie vermutlich irgendwo auf Augenhöhe mit der SPD landen.

Donnerstag, 19. September 2013

Der nicht langweilte


Marcel Reich-Ranicki (1920-2013)

Der Mann hatte komisches Talent. Und war, mit Verlaub, verdammt cool. Einmal wurde 'Das literarische Quartett' aus dem gläsernen Studio des ORF am Gaisberg oberhalb von Salzburg übertragen. Den ganzen Abend schon hatte sich über der Stadt ein heftiges Gewitter zusammengebraut. Als letztes Buch des Abends sollte das jüngste Werk des von Marcel Reich-Ranicki notorisch nicht gemochten Martin Walser besprochen werden. Und siehe, exakt in dem Moment, in dem Reich-Ranicki den Zeigefinger hob und tief einatmete, um zu einer vernichtenden Suada anzusetzen, passierte es: Rrrumms, Blitz und Donner. Er schaltete blitzschnell, hob Blick und Hände gen Himmel und ranzte: "Also bitte, man wird doch wohl noch was gegen Walser sagen dürfen!" Großes Kino. Alles live. Mit weit über siebzig. So was lässt sich nicht proben oder einstudieren.

Montag, 16. September 2013

Splitter und Balken


Alternativ: Ein Finger gegen drei

Es heißt, wer für alles offen sei, der sei meistens nicht ganz dicht. Es gibt keinen Zweifel, dass Teile der Grünen bis in die 1980er hinein aus einem falsch verstandenen Toleranzbegriff heraus organisierten Pädophilengruppen eine politische Heimat geboten haben. Ferner kann es keinen Zweifel geben, dass die Grünen sich längst davon distanziert haben und heute so ziemlich alle ihre Mitglieder diese peinliche Episode gern ungeschehen machen würden. Auf die Gefahr hin, Offensichtliches auszusprechen, sei es, um Missverständnissen vorzubeugen, dennoch gleich zu Beginn klar gestellt: Es ist nicht verhandelbar, dass gelebte Pädophilie, sprich Kindesmissbrauch, gleich von wem und an wem, eines der schlimmsten Verbrechen ist, das zu recht verfolgt und bestraft wird. Komme mir keiner mit den alten Griechen! Etwas anderes ist es aber, das Thema aus vordergründigen wahlkampftaktischen Motiven auszuschlachten.

Sonntag, 8. September 2013

Blätter, die die Welt nicht braucht


"Formen sind kein leerer Wahn." (Heinrich Mann, der Untertan)

Vor ein paar Jahren war ich zu einer Hochzeit eingeladen, bei der im Vorfeld um Abendgarderobe gebeten worden war. Dummerweise besitze ich so etwas nicht. Nur zwei, drei Jacketts, die ich mit irgendwas kombiniere, wenn es denn gar nicht anders geht sowie drei Krawatten. Ich hasse solchen Zinnober. Offizielle Kleidung ist etwas, das ich zu vermeiden suche, wo immer es geht. So hatte ich in meiner nur als grenzenlos zu bezeichnenden Naivität gedacht, ich sei auf der sicheren Seite, wenn ich mir einen einfarbigen, mittelgrauen Dreiteiler ausleihe, mein einziges weißes Hemd anziehe und mir eine meiner Krawatten dazu umbinde. Narr, der ich war! Während der Feierlichkeiten raunte mir jemand dezent zu, was ich da trüge, sei aber keine Abendgarderobe. Die bestünde entweder aus einem schwarzen, sehr dunkelgrauen oder allenfalls einem dunkelblauen Anzug. Paff, da hatte ich es!

Freitag, 16. August 2013

Ohrenpein beim Reitverein


Die Betreiber des nahe gelegenen Reiterhofs mit angeschlossener Gastronomie verstehen ihr Handwerk. Im schön gelegenen Biergarten lässt sich gutes Gebräu zu unschlagbaren Preisen genießen, auf Bestellung wird einem etwas Gutes auf den Grill gelegt, das nicht aus dem Großmarkt kommt, sondern von einem Metzger und ebenfalls zum schwer schlagbaren Preis verkauft. Im Hintergrund hält vornehmlich weibliches Jungvolk die Zossen auf Trab. Wenn der Wind günstig steht, bemerkt man auch den Geruch der hundert Meter entfernten Kläranlage kaum. Was soll's, die Emscher will schließlich gereinigt werden. H. ist nach einem mehr als ein Jahr währenden Dating-Marathon wieder in einer Beziehung angekommen und kennt kaum ein anderes Thema als seine neue Flamme. Man ordert noch ein Weißbier und lässt den lieben Gott einen jolly old fellow sein. Idyllen wie diese machen langmütig. Doch auch das hat Grenzen.

Sonntag, 4. August 2013

Wieder rausgekramt: Der Philip Marlowe von Essen


Man könnte doch mal wieder 'Steeler Straße' lesen, so fuhr es mir die Tage durchs Hirn und ich tat wie befohlen. Drei Tage später hatte ich alle Bände durch und das sichere Gefühl, diese treuen Begleiter meiner Essener Studienjahre nicht zum letzten Male wieder hervorgekramt zu haben. 'Steeler Straße' ist eine aus sechs Bänden bestehende Serie von in Essen spielenden Detektivromanen des ehemaligen IT-Angestellten Friedrich Hitzbleck alias Conny Lens. Lens hat den Traum vieler wahrgemacht und sich vom Hobbyschriftsteller zum gefragten Roman- und Drehbuchautor gemausert. 'Steeler Straße' gehörte zu seinen ersten Gehversuchen.

Mittwoch, 17. Juli 2013

Deutschland, uneinig Egoland


Seit ihrer Gründung arbeitet die Bertelsmann Stiftung unermüdlich daran, dieses Land ein bisschen weniger solidarisch zu machen. So wenig Staat wie möglich lautete das schlichte Credo des erzkonservativen Gütersloher Bücherpaten Reinhard Mohn, der eine kleine Verlagsklitsche  zu einem der größten Medienhäuser Europas und später der Welt aufbaute. Mohn mag seinem Anspruch daran, wie ein Firmenchef zu sein hat, durchaus gerecht geworden sein. Für seine Mitarbeiter wird er tatsächlich so etwas gewesen sein, wie ein Patriarch – streng zwar, aber auch väterlich, großzügig, vor allem aber loyal. Unter seiner Ägide (und den Bedingungen des Wirtschaftswunders) musste vielleicht niemand Angst haben, entlassen zu werden.

Zwei bis drei Denkfehler aber muss man Mohn postum attestieren. Erstens: Ostwestfalen ist nicht die Welt. Zweitens: Unternehmer wie er und Unternehmen wie seins sind die Ausnahme, nicht die Regel. Drittens: Ein erfolgreicher Unternehmer ist zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger als ein erfolgreicher Unternehmer und deswegen noch lange kein universell begnadeter Visionär, der in allen Fragen und allen Bereichen des menschlichen Daseins kompetent ist. Noch zu Lebzeiten, meinte er, Eigentum verpflichte. Unter anderem dazu, der Gesellschaft etwas zurück zu geben. Dieses an sich edel und altruistisch sich ausnehmende Motiv ist in Wahrheit nicht selten ein egoistisches: Es geht darum, die Gesellschaft im eigenen Sinne zu verändern.

Sonntag, 23. Juni 2013

Die ihr Essen fotografieren


Irgendwas mache ich falsch. Ich mache mir oft einen Kopf, über was sich so bloggen lässt. Weil das hier nie ein reines Polit-Blog sein sollte, sehe ich zu, eine gewisse Balance hinzubekommen aus Politischem, Gesellschaftlichem und jenen netten Banalitäten am Wegesrand, die das Leben so farbig machen. Ich drechsele Sätze, lese sie mir laut vor, um zu hören, ob sie auch einen schönen Rhythmus haben. Regt mich etwas richtig auf, dann gelingt es mir manchmal, einen Beitrag in einer halben Stunde fertig zu haben und nur noch ein paar kleine Korrekturen vornehmen zu müssen. Meistens breche ich mir aber länger einen ab. Vor allem aber schmeiße ich eine Menge weg. Nur gut die Hälfte dessen, was ich im Monat so verzapfe, erscheint hier auch. Der Rest gammelt als angefangenes Fragment auf der Festplatte rum. Ich beklage mich nicht, denn ich finde das ziemlich normal. Wie alle kreativen Tätigkeiten, ist Schreiben nun einmal, entgegen einem verbreiteten Vorurteil, kein reiner Spaß, sondern vor allem Arbeit. Eine schöne Arbeit zwar, die meist Freude bringt und sehr befriedigen, gelegentlich aber auch frustrieren kann.

Freitag, 21. Juni 2013

Deutsches Kinderelend


Kristina Schröder hat's manchmal auch nicht leicht. Weil bekanntlich das Damoklesschwert des demographischen Wandels über uns allen hängt, die Deutschen somit auszusterben drohen wie einst die Dinosaurier und die Neandertaler, gilt es als vordringliche Aufgabe einer Familienministerin, dafür zu sorgen, dass die zwar rammelfreudigen, aber vermehrungsmüden Deutschen diesen Trend gefälligst wieder umkehren. Das Elend der deutschen Politik liegt auch hier darin, dass man meint, alles sei im Zweifel nur eine Frage des Geldes.