Dienstag, 29. März 2022

Jenseits der Blogroll - 03/2022


Schon wieder neigt ein Monat sich dem Ende entgegen und es wird Zeit für den Blick ins Netz. Was so herausragte im Riesenstrom an Meinungen und Analysen. Natürlich auch dieses Mal wieder dominiert von dem, was östlich immer noch vonstatten geht. Und wieder geht es mir gewaltig auf die Eier, wie in Teilen der 'alternativen Medien' mit der Unterstellung hantiert wird, die 'Alt-/System-/Lügenmedien' schlügen geschlossen und gleichgeschaltet die Kriegstrommel und ergingen sich ausschließlich in Kriegsrhetorik (tun sie nicht) als hätten wir wieder 1914 (haben wir nicht), und jeder, der das auch nur marginal anders sieht, sei vom internationalen Großkapital gehirngewaschen. Aber egal. Menschen haben's halt gern kuschelig. Ein andermal vielleicht mehr darüber.

Samstag, 26. März 2022

Vom Gendern, Aneignen, Kärchern etc.


Das Problem an einer provokanten Idee ist ist ja nicht, dass sie provokant ist. Geht in Ordnung. Kann einen weiterbringen. Ich kriege es zum Beispiel nicht hin, mich über Gendern wirklich zu empören. Ich finde es legitim und auch spannend, sich Gedanken zu machen, wie sich verändernde gesellschaftliche Verhältnisse sich auch in der Sprache widerspiegeln könnten. Meine Probleme sind eher der autoritäre Gestus, in dem da gern mal top-down was verfügt wird. Und sie sind ästhetischer Natur: Gendern macht die Sprache für meinen Geschmack in unangenehm bürokratischer Weise ungelenk. So wie früher das "Herr/Frau/Fräulein" auf Formularen. (Das "Fräulein" ist übrigens längst weggegendert, ohne dass deswegen die Welt untergegangen wäre.)

Donnerstag, 24. März 2022

Schmähkritik des Tages (57)

 
Heute: Leo Fischer über Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine

"Soeben ist Gerhard Schröder von seiner Spezialoperation aus Moskau zurückgekommen. Spötter meinen, die Reise habe vor allem den Bedürfnissen seines Privatvermögens gegolten. [...] Sein alter Erzrivale Lafontaine hingegen ist aus der Linkspartei ausgetreten, seiner eigenen Gründung. Sie sei ihm nicht mehr »friedenspolitisch« genug, womit er wahrscheinlich meint, dass es auch noch Vertreter der Partei gibt, die nicht eins zu eins die Kremlpropaganda nachplappern. Jetzt sind sie beide, Schröder und Lafontaine, zuguterletzt auf ihr publizistisches und unternehmerisches Glücksrittertum heruntergefallen; skurrile Gestalten, denen man kaum anmerkt, dass sie vor 20 Jahren noch Berge versetzt haben; [...]

Sonntag, 20. März 2022

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (30)


Für einen kurzen Moment im vorletzten Jahr, da war dieses zarte Pflänzchen Hoffnung gekeimt. Wir erinnern uns: Im Jahr Eins der Großen Seuche, da der Begriff ‚Vorratshaltung‘ einen völlig neuen Klang bekam. Mehl war quasi nicht mehr zu kriegen, Nudeln auch nicht. Vor allem aber: Klopapier. Zeitweise war es schwieriger, ein Paket der begehrten Arschwischrollen aufzutreiben als einen Ersttagesbogen der Blauen Mauritius. Welchen Laden man auch immer betrat: Gähnende Leere in den Regalen, in denen sonst Klorollen lagerten. Ein örtlicher arabischer Händler, der wohl irgendwo einen Posten aufgetrieben hatte und die Ware zum marktüblichen Wucherpreis feilbot, entging nur knapp der Lynchjustiz.

Donnerstag, 17. März 2022

Vermischtes und Zeugs (XVI)


Eines hatte Wladi Wahnwitz wohl nicht auf der Rechnung: Dass der Krieg die Spritpreise steigen lässt und dass nichts den Wehrwillen der deutschen Bevölkerung derart anstachelt wie teures Tanken. Merke: Über "Benzin-Wut!" können hier Regierungen stürzen. Wenn Leute sich teure Mieten nicht mehr leisten können -- nun ja, da wird schon auch berichtet. Aber mehr so mit dem Unterton: Können sich ja eine billigere Wohnung suchen. Oder aufs Land ziehen. Wenn aber der Liter Super irgendeine magische Grenze reißt, sind die Medien voll mit O-Tönen empörter und verzweifelter Tankstellenkunden.

Montag, 14. März 2022

Sieben Thesen zum aktuellen Geschehen


1. Putin ist nicht irre, sondern spielt va banque.

Ein Teil der Qual-Litätsmedien scheint sich da sicher zu sein: Waldimir Putin ist ein nicht mehr zurechnungsfähiger Diktator. Von Napoleonskomplex befallen, ja vom Cäsarenwahn. Schlimmstenfalls ein über Atomwaffen gebietender Nero. Ein Killer, ein Terrorist. Hat seine Karten überreizt, sein Imperium überdehnt. Der Topos vom gaga gewordenen Autokraten geistert durch Teile des Preßwesens - zum Glück nur durch Teile - wie weiland 1990, als die Springersche mit Blick auf Saddam Hussein die Frage in den Raum stellte: "Was macht der Irre jetzt?".

Donnerstag, 10. März 2022

Schmock des Monats - März 2022

 
Hiermit sei's gleich zu Beginn ventiliert: Die monatliche Ronny-Verleihung fällt dieses Mal aus. Das hat vor allem mit der Nachrichtenlage zu tun. Die Quellen, die ich üblicherweise zur Recherche heranziehe, haben, scheint's, geschlossen auf Kriegswirtschaft umgestellt und auch sonst ist - aus verständlichen Gründen übrigens - das Thema Ukraine derart dominant, dass der Aufwand, geeignete Kandidat/innen zusammenzuklauben, unverhältnismäßig hoch wäre. Glücklicherweise gibt es immer noch ein paar Aufrechte, die ihrer Chronistenpflicht nachkommen, und bei denen man sich entsprechend informieren kann, wenn man mag. Etwa in der wöchentlichen Rubrik 'Deutsches Haus' der 'jungle world':

Dienstag, 8. März 2022

Genialer Grantler

 
Gestern ist Walter Röhrl 75 geworden. Der oberpfälzische Lulatsch, für viele der beste Autofahrer der Welt, war damals für uns präpubertante Jugendliche ein Held. Die Zeit Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger war hierzulande keine leichte für motorsportinteressierte Autoquartettspieler wie uns. Trotz ein paar wackerer Mitfahrer wie Hans-Joachim Stuck und Jochen Maass fanden Fahrer aus dem Mutterland des Automobils in der Königsklasse Formel 1 quasi nicht statt. Ja, im Motorradsport gab es Seriensieger Toni Mang, aber der interessierte uns mit Matchboxautos Sozialisierte nicht weiter. Im Rallyesport aber, da räumten Röhrl und sein getreuer Kopilot Christian Geistdörfer alles ab was ging, fuhren Konkurrent/innen wie Michèle Mouton, Rauno Aaltonen und Ari Vatanen in Grund und Boden. Einer, für den die Bezeichung 'Perfektionist' noch untertrieben ist.

Montag, 7. März 2022

Keine Ahnung

 
Der kluge Max Goldt meinte als Betroffener mal, eine Schreibblockade sei nicht auf kreatives Ausgetrocknetsein zurückzuführen, also darauf, dass man keine oder kaum mehr Ideen habe, sondern im Gegenteil darauf, dass einem viel zu viel im Kopf herumgehe. So geht es mir seit gut einer Woche. Es ist einfach zu viel. Zu viel Information, zu viel Meinung, Analyse und was weiß ich. Overflow. So wird man momentan - no pun intended - zugeballert mit Psychogrammen über Putin. Was ist er für ein Mensch? Was treibt ihn um, was treibt ihn an? Von hospitalisierungsbedürftiger, tablettensüchtiger Psychopath bis eiskalt kalkulierendes macchiavellistisches Superhirn ist für jeden Geschmack was dabei. Alles von Leuten, die sich als Experten für irgendwas oder Berater von irgendwem gerieren, sich in irgendwelchen Kreisen bewegen und es wissen müssen, so wird der Eindruck erweckt. Stellt sich aber nicht ein. Was in der Gesamtschau rauskommt, ist bloß Nebel und Quark.

Samstag, 5. März 2022

Eskapismus an der Wupper

 
Es sind schlimme Zeiten und der Kopf rotiert. Doch das Wetter ist bilderbuchmäßig schön. Also raus in die Welt. Dinge nicht unnötig aufschieben, sondern machen. Durchziehen. Vor vielen Jahren, ich war kein Kind mehr und noch kein richtiger Jugendlicher, machten mein Vater und ich einen Ausflug zu zweit. Es ging nach Wuppertal. Die Schwebebahn hatte es mir angetan und er war wohl auch neugierig. Nebenbei, dachten wir, könnte man sich ja auch noch den Zoo anschauen. Und so taten wir. Es war ein trüber Herbsttag und ich war - enttäuscht. Im Fernsehen glitt die Bahn majestätisch, von Musik untermalt, durch die Höhen. In Wirklichkeit machten die Wagen einen Krach wie eine x-beliebige ordinäre Straßenbahn.