Donnerstag, 24. März 2016

Högschd intransparent


Eine Quizfrage, mit der man auch Fußballexperten in Verlegenheit bringen kann, lautet: Welche drei Nationalspieler wurden bislang von einer Fußball-WM wegen unangemessenen Verhaltens vorzeitig nach Hause geschickt? Zwei Namen sind zumindest den Älteren meist noch geläufig: Da war einmal Uli Stein, der 1986 wegen Benutzung des Wortes "Suppenkasper" die frühe Heimreise antreten musste. Dann war da noch Stefan Effenberg, der 1994 den Stinkefinger zeigte, und dem der Nachfolger des Suppenkaspers darob das gleiche Schicksal angedeihen ließ. Der dritte? Da herrscht meist Ratlosigkeit. Ist auch kein Wunder, denn man muss ganz weit zurückgehen. Bis zur Weltmeisterschaft 1934 in Italien, um genau zu sein.

Da schickte Reichstrainer Otto Nerz nach der 1:3-Niederlage im Halbfinale gegen die Tschechoslowakei den Münchner Verteidiger Sigmund 'Siggi' Haringer gen Heimat. Der Grund: Haringer hatte sich auf dem Bahnhof in Neapel eine Apfelsine gegönnt, obwohl vom Trainer nur ein Glas Milch erlaubt war. Nerz, ursprünglich SPD-Mitglied, aber nach 1933 geschmeidig auf NS-Linie eingeschwenkt, hielt es für wissenschaftlich erwiesen, dass auch Sportler mit einem halben Liter Flüssigkeit pro Tag auskämen, und dass jede weitere Flüssigkeitszufuhr bloß von schwachem Charakter zeuge. Eine unerlaubt eingenommene Orange, noch dazu in aller Öffentlichkeit, war für ihn Verrat am Teamspirit und er suspendierte Haringer daraufhin.

Max Kruse dürfte nun der erste Spieler in der Geschichte des DFB sein, der wegen unangemessenen Verhaltens gar nicht erst mitfahren darf zu einem Turnier. Jener Trainer, der zwar Weltmeister geworden ist, sich aber immer noch ohne auch nur zu zucken mit 'Jogi' anreden lässt, hatte zwei, drei zweifellos dämliche Eskapaden Kruses, wie sie junge Leute, junge Männer zumal, mit zu viel Geld und zuviel Testosteron sich häufiger leisten, bekanntlich zum Anlass genommen, ihn mit der Högschdstrafe zu belegen. Gut ja, kann er natürlich machen, der Jogi. Er ist schließlich der Chef. Derjenige welche. Der den Kader benennt. Der Große Gnatz. Le Magnifique. El Supremo.

Fragt sich dann nur, was zum Teufel Kevin Großkreuz eigentlich vorletztes Jahr in Brasilien zu suchen hatte. Oder kommt - Pendeltheorie ahoi! - einfach nur der Mief massivst wieder zurück (wie sich's auch bei anderen Gelegenheiten immer öfter beobachten lässt)? Coolness und Lässigkeit ade und Regression in die scheinbare Ordnung der Adenauer-Zeit? Die Frage kann einen durchaus beunruhigen.

Wo wir grad beim Thema Fußball sind: Was der jetzt so früh verblichene Johan Cruijff für die Entwicklung dieses immer noch wundervollen Spiels geleistet hat, können Interessierte am langen Wochenende in diesem ausführlichen Portrait nachlesen. Für den modernen Fußball war der schlacksige Holländer, der so gar nichts von einem Supersportler hatte, unendlich viel wichtiger als alle Pelés, Netzers, Beckenbauers und Zidanes zusammen. Und als alle korrupten Funktionärs-Giergrabbeln sowieso.



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