Mittwoch, 16. März 2016

Wie man es nicht machen sollte


Wenn ich beim letzten Mal meinte, man sollte sich nicht der Illusion hingeben, der AfD rein inhaltlich beikommen zu können, dann bedeutete das natürlich nicht, dass man ihr gar nicht entgegentreten sollte. Schön, aber wie? Als journalistischer Laie bin auch ich da auf Hilfe angewiesen. Da kann ein Blick über den Tellerrand helfen. Nach Österreich etwa, wo die FPÖ seit den Achtzigern das politische Leben mitprägt.

Als Chefredakteur der Wiener Wochenzeitschrift 'Falter' hat Armin Thurnher seinen deutschen Kollegen über 30 Jahre Erfahrung bei der journalistischen Begleitung von in die politische Mitte eingesickertem Rechtspopulismus voraus. Er hat es mit allen zu tun gehabt, von Waldheim, über Haider und seine Buben bis hin zu Hahzeh Strache. Zwar ist Österreich nicht Deutschland, doch könnte es eventuell hilfreich sein, mal zu sehen, was der Mann so zu sagen hat. Freundlicherweise hat er in einem Hamburgischen Wochenblatt ein paar Zeilen dazu geschrieben. Wer mag, kann aus seinen Ausführungen ein paar griffige Gebote für den Umgang mit Rechtspopulisten destillieren:

  • Bei aller Abscheu bist du möglicherweise auch insgeheim fasziniert von ihnen. Es ist besser und vor allem gesünder, sich das ehrlich einzugestehen.
  • Distanz muss nicht mangelndes Engagement bedeuten.
  • Du sollst sie nicht dämonisieren, auch nicht aus guten Absichten heraus.
  • Du sollst dich nicht dauernd genötigt sehen, sie in Diskussionen zu bezwingen. Das hilft ihnen nur. 
  • Du sollst dir im Klaren sein, dass man im medialen Duell gegen Provokateure nur verlieren kann.
  • Du sollst daher über die Sache schreiben, über politische Inhalte. Und:
  • Wenn es eben möglich ist, dann bringe um Himmels Willen nicht andauernd Jubelbilder von ihnen.

Anders gesagt: Es ist hilfreich, verdammt noch mal professionell zu handeln. Also reflektiert, handwerklich sauber, konsequent und nicht wie ein aufgeschrecktes Huhn oder ein 16jähriger Schülerzeitungsredakteur.

Und, was macht unsere Journaille im Umgang mit der AfD so? Nicht nur Schlechtes, das muss man sagen. Die 'Phoenix-Runde' vom Dienstag etwa war, obgleich ich weiß Gott nicht mit allen Anwesenden einer Meinung war, ein schönes Beispiel, wie sich auf unaufgeregte Weise Erkenntisse und Wissen mehren lassen. Geht doch. Leider scheint das eine Ausnahme auf einem Spartensender zu sein, die zudem weitgehend ohne Zuschauer stattfindet. Vielerorts sieht es anders aus:

Mit Schaum vor dem Mund wird denunziert und ad hominem gegangen. Es wird moralisiert und man wird privat. Es werden ehemalige Lehrer und Nochehemänner aufgefahren, auf dass sie der bockigen Frauke Standpauken halten, so richtig mit ihr abrechnen. Und es werden Bilder gebracht. Petry hier, Petry da, triumphierend, keck lächelnd oder strahlend, immer leicht von unten aufgenommen. Kurz: Man macht Boulevard. Und damit ziemlich genau all das, wovon Thurnher eindringlich warnt, weil das schon Haider immer nur stärker gemacht hat.

Mann, Mann, da lob ich mir fast noch einen wie Jürgen Elsässer. Das will zwar so einiges heißen, aber der ist wenigstens so ehrlich, offen einzugestehen, an Frau Petry, der Audrey Hepburn von Dresden, einen ziemlichen Narren gefressen zu haben.



5 Kommentare :

  1. Sie haben schon Recht, wenn sie die Umgangsweise der Medien mit der AfD, mit Protagonisten dieser Partei kritisieren. Die Medien machen Boulevard, weil ihr Auftrag dadaurch am besten unterstützt wird.Die angebliche Gegnerschaft gegenüber der AfD, besteht im Mainstream aber gar nicht. Im Gegenteil, die AfD ist für das neoliberale Establishment ein Werkzeug, um auch die Altpartein zu radikaleren Positionen und Politik zu bringen. Zunächst gegen Ausländer, dann gegen das eigene immer größer werdene Prekariat. Die jährlich gestiegenen Ausgaben für Hartz-IV zeigt es, diese Menschen sind schon jetzt als Bedrohung der neoliberalen Eliten eingestuft. Nach außen soll dann kurzfristig die Zustimmung zu mehr direkten Kriegsteilnahmen Deutschlands generiert werden. Mit Kriegen wird Geld verdient.Demokraten, Sozialisten wollen das nicht. Faschisten, neoliberale Gewinnler wollen das dafür umso mehr.
    Antidemokraten, viele von der AfD und deren „Wähler“ sind von völkischem und nationalistischen Vorstellungen benebelt.
    Finanz- und Kapitalfaschisten wollen Geld verdienen, egal wie, wo, womit. Das „verdiente“ Geld wird teilweise zur Machterhaltung eingesetzt (Berater, Kommunikationsexperten, Medien, Parteien, Wahlen). Der Rest wird investiert. In neue Kriege.

    AfD-Wähler aus dem Prekariat, vormalige Nichtwähler verstehen nicht, ist das die AfD mehr rechtsradikale Positionen in den Altparteien implementieren soll, zum Nutzen des neoliberalen Finanzfaschismus-Systems, der marktkonformen Demokratie.
    Die als Protestwähler benannte Gruppe sind nützliche Idioten für die neoliberalen Pläne. Die haben ihren Zweck nach Abgabe der Stimme erfüllt.
    Was mich ärgert ist, das die Sofa-Sozialisten von die Linke es in 18 J. nicht geschafft hat (oder schaffen wollte) die Bevölkerung aufzuklären, das wir alle am Weltkrieg „Reiche gegen Arme“ teilnehmen.
    Das politische Inhalte, Parteiprogramme obsolet wurden, weil die Parteien den neoliberalen Finanzfaschismus bejahen und politisch fördern. AfD ist nur eine Erweiterung des Krieges „Reiche vs. Arme“ in Deutschland.

    „Die Linke“ hat sich von einem „Ausländer raus“ überfahren lassen, wie ein Frosch von einem Panzer. Die AfD brachte Nichtwähler zur Wahl, weil man es Merkel und TTIP-Siggi mal zeigen wollte. Die Folge: Merkel wird auch 2017 BuKa sein, mit wem, ist wurscht, solange neoliberale Klientelpolitik ungehemmt fortgesetzt werden kann.
    Ich will mich nicht an einer AfD abarbeiten, das sollen Journalisten machen, die dankbar dafür sind, durch die rechten Schreier ihr Einkommen bestreiten zu können. Wie die das machen, ist mir auch wurscht, denn es nutzt wenig bis gar nichts.
    Die Linke in Dt. jetzt solange kritisieren und antreiben, bis die endlich begreifen, was sie 18 Jahre lang falsch gemacht hat, wenn sie denn tatsächlich demokratischen Sozialismus als Politik betreiben wollen, ist wichtiger.
    Denn es muss eine starke, ständig präsente außerparlamentarische linke Kraft auf die Straßen gebracht werden. Anti-TTIP war ein Placebo. Es wurde nicht nachgelegt.
    Und ich erwarte von der linken Intelligenz, von Wissenschaftlern und Hochschulabsolventen, ihr verdammtes Wolkenkuckucksheim zu verlassen und die Realität wahrzunehmen. Mensa-Geschwurbel, geschlossene Debattierzirkel mögen deren Ego zuträglich sein, eine Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins wird damit nicht erreicht.
    Hier spielt die Musik: Neoliberale Gewinnler im Verein mit CxU, spd, FDP, Grünen und AfD und sonstigen rechtsextremen Kräften gegen „Die Linke“ und alle linken, demokratisch eingestellten Kräften (die sich lieber untereinander mit theoretischem Geschwurbel ein Bein nach dem anderen stellen), wenn sie denn wirklich den demokratischen Sozialismus als Lebensgrundlage real einführen wollen.
    Deren Unfähigkeit, die Verlierer des neoliberalen Krieges zu einigen, aufzuklären, und vom demokratischen Sozialismus zu überzeugen, ist nämlich der größte Pluspunkt der Neoliberalen.
    Nicht die eigene Stärke, sondern die Unfähigkeit ihres Gegners ließ und lässt den neoliberalen Kampfverband politisch so unbesiegbar erscheinen.

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  2. In den letzten Tagen hat in vielen Medien eine Kehrtwende stattgefunden. Man ist deutlich vorsichtiger im Umgang mit der AfD und die wiederum nutzt das aus, um die Medien vorzuführen,siehe Beispiel Petry und MoMa.
    Wären die Medien vor den Wahlen mit der AfD so umgegangen, wie sie es jetzt tun, so wäre die Partei wahrscheinlich nicht ganz so stark geworden.
    Normalerweise bin ich kein Fan von Jan Fleischhauer, im Gegenteil. Aber auch blinde Hühner mit Brille finden einmal ein Korn. So schrieb Fleischhauer in seiner jüngsten Kolumne:

    “Den deutschen Journalismus trifft keine Schuld. Meine Kollegen haben alles in ihrer Macht stehende unternommen, um die Menschen davon abzuhalten, AfD zu wählen. Sie haben die Wähler ermahnt, sich nicht mit den falschen Leuten einzulassen. Sie haben ihnen gedroht, dass man sie für Nazis halten würde, wenn sie es doch täten. Sascha Lobo hat es vergangene Woche über den therapeutischen Weg versucht.”

    und weiter:
    „Stigmatisierung ist eine legitime politische Strategie, um sich politischer Konkurrenz zu erwehren. Seit Sonntag wissen wir, dass diese Strategie gescheitert ist.“

    Von den Artikeln, die ich gelesen habe, war dieser noch mit am nächsten dran an etwas, das man Selbstkritik nennen könnte. Die meisten anderen Autoren haben ihren Schwenk eher still und leise vollzogen. Souveräne Selbstkritik sieht anders aus.

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  3. Fluchtwagenfahrer19. März 2016 um 17:32

    Stefan, guter Artikel. Leider setzt sich Intelligenz und Klugheit nicht immer durch.
    @alles nur Satiere
    Hallo, ist denn heute schon wieder Murmeltiertag?

    Das Geheimnis der Spekulation?
    Kaufe, wenn das Blut auf den Straßen fließt.
    Nathan Mayer Rothschild (1840 - 1915), erster Rothschild-Bankier im britischen Erbadel

    Dem Aufruf sollte man folgen

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    1. Danke. Intelligenz und Klugheit machen ja auch keine Quote, oder?
      @UJ: Ich sehe Fleischhauers Kolumne keineswegs so positiv. Für ihn ist der Erfolg der AfD die Folge davon, dass viele Deutsche mit "Merkels Flüchtlingspolitik" (die es schon längst nicht mehr ist, aber immer wieder weitergeplappert wird) unzufrieden seien und keine andere Möglichkeit sahen, sich politisch zu artikulieren. Wenn es ein Versäumnis der deutschen Politik und der Journaille gibt, dann das, der Bevölkerung die Gründe für dieses Vorgehen nicht richtig erklärt zu haben und auch nicht begründet zu haben, wieso die Vorstellung von einer Festung Europa Wahnsinn ist.
      @MT: Thanks!

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