Sonntag, 22. Juli 2018

Der Krampflöser


"Du, Mutti!" - "Ja, mein Kind?" - "Ich mag mein Brechmittel nicht essen."
Da hilft nur Pornosan! Mit dem Wirkstoff Sanoporn.
"Du, Susi." - "Ja, Föhni?"
Kinderpsychologe Doktor Prügelpeitsch meint…
"Graben!"
Bitte einen Sonderapplaus für den Hausmeister hier. Ein wunderbarer Mensch, man muss ihn einfach gern haben - sonst schmeißt er einen raus.
Da gibt es Leute, die stülpen sich kleine Gummitütchen über ihren Schniedelwutz.
Otto versaut Hamburg!
Peter, Paul and Mary are planning a bankrobbery.
"Auge an Großhirn, Auge an Großhirn!"

Faszinierend, woran man sich so alles erinnert. Es ist heute kaum zu glauben, aber Otto war mal wirklich cool. Konnte man seine Platten auswendig, sein keckerndes Lachen imitieren, dann war man während dieser speziellen Zeit im Leben, in der man nicht mehr wirklich Kind ist, aber auch noch nicht richtig pubertiert, ziemlich weit vorne. Mehrere Generationen Lehrer verzweifelten an Otto-sozialisierten Schülern, die jeden Ordnungsruf mit einem langgezogenen, gequakten "Jaaaaaa!" quittierten und ins Lächerliche zogen. (Ich weiß übrigens, wovon ich rede.) Nur noch schwer vorstellbar, einer Otto-Show im Fernsehen über Wochen entgegengefiebert zu haben.

Um Ottos Bedeutung zu ermessen, muss man sich klarmachen, was für ein Tut-man-nicht!-Land dieses Westdeutschland noch war in den Siebzigern, als seine Karriere begann. Otto traute sich Dinge, die tat man nicht. Gab dem inneren Kind Zucker, parodierte Priester, Richter und Feuerwehrleute. In einer frühen Ausgabe von 'Wetten dass?' übernahm er, der eigentlich als Wettgast eingeladen war und während der Sendung tausend Ottifanten zeichnen sollte, mal eben den ganzen Laden und ließ dem drögen Frank Elstner keinen Millimeter. Er war der erste deutsche Komiker, für den man ein wenig Englisch können musste. So löste er die mit Grabesstimme vorgetragene Drohung "I am the viper!" auf mit: "I‘ve come to wipe your windows!" Auch damit konnte man sich abgrenzen. Was aber vermutlich nicht nötig war, denn ich wette, viele von denen, die nach außen empört den Kopf schüttelten über dieses große fusselhaarige Kind, lachten sich in privatim selbst schlapp über ihn.

Man muss sich andere Humorgrößen dieser Zeit ansehen, um zu erkennen, wie meilenweit Otto darüber stand. Außer dem großen Loriot gab es vor allem bemühte, bildungsbeflissene Witzelarbeiter wie Peter Frankenfeld und Ilja Richter. (Wie gut gemacht der überdrehte Slapstick eines Dieter Hallervorden in seinen besten Zeiten eigentlich war, erschloss sich damals noch nicht.) Bei Waalkes wurde auf den bürgerlichen Bildungskanon geschissen. Hätte ein tiefenhomophober Witzereißer wie Fips Asmussen sich jemals als Frau Suhrbier verkleidet? Auch da war Otto schmerzfrei, betrieb Crossdressing, bevor das Wort überhaupt existierte.

Dass er seit etlichen Jahren vor allem vom Aufguss seiner vergangenen Erfolge lebt? Geschenkt. Dass die letzten Filme nicht mehr wirklich lustig waren? Nun gut. Es gibt Menschen, die werfen ihm vor, vor allem von der Arbeit anderer profitiert zu haben, etwa von der seines Autorenteams feinster Neuer Frankfurter Schule um den nicht minder großen Robert Gernhardt. Wo ist das Problem? Abgesehen davon, dass er da nie einen Hehl daraus gemacht hat, ist es nicht ehrenrührig, sich gute Leute ins Boot zu holen. Außerdem kam Otto immer ohne jedwede Scherze auf Kosten von Minderheiten aus. Abgesehen von Ostfriesen und Franz Josef Strauß. Wichtig in Zeiten, in denen gratismutige Witzler wie Mario Barth und Chris Tall Erfolge feiern.

Wenn Heinz Erhardt der Spaßmacher des Wirtschaftswunders war, hinter dessen biederer Fassade sich sehr wohl Bissiges und Anarchisches verbarg, Loriot der gentlemanhafte, aber teuflisch genaue Analytiker des bürgerlichen Lebens und dessen misslingender Kommunikation, dann war Otto Waalkes der infantile Krampflöser der Nation, dem man nicht böse sein konnte. Und das war befreiend. Dass er heute mitunter ein wenig angestaubt wirkt, liegt daran, dass er seinen Job, das Land hier und da ein wenig lockerer zu machen, mit Erfolg erledigt hat. Heute wird er siebzig. In diesem Sinne: Holladihiti!



4 Kommentare :

  1. Was ich nie verstehen werde, ist, daß man es Otto vorwarf, daß er sich witzeschreiber holte.

    Otto kannte ich aus dem fernsehen. Und entdeckte durch ihn dann die witzemacher, die da hinter standen. Also eben die aus dem Pardon/Titanic-umfeld. Das war ziemlich schlau: der »Blödel-Otto« hat den humor aus dieser szene ein bißchen bekannter gemacht. Ich habe ehrlich gesagt keinen blassen dunst was Otto heute so treibt, aber er ist »schuld«, daß ich autoren wie Gernhardt fand.

    Und das ist sehr gut.

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    1. Man versuche sich meine Überraschung vorzustellen, als ich Ende der Achtziger mal Robert Gernhardts 'Wörtersee' geschenkt bekam und beim Durchblättern mehr als nur ein Déjà-vu-Erlebnis hatte.

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Obwohl Otto ein Naturtalent ist, war seine beste Zeit die, als Gernhard & Co für ihn texteten. – Ich will ihn nicht schlecht machen.

    Übrigens weiß ich von Hörensagen, dass Heinz Ehrhard privat ein nachdenklicher Zeitgenosse war. Plausibel. Bissig fand ich ihn nie. Sein Ding war halt: Redewendungen wörtlich zu nehmen. Zu seiner Zeit bewusstseinformend und damals fortschrittlich. (Disclaimer: Philosophie ist nicht meins.)

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