Donnerstag, 7. Februar 2019

Mach gut, Rudi!


Im Ruhrgebiet wird Fußball deutlich emotionaler gelebt als anderswo. Und nirgends im Ruhrgebiet wird er so emotional gelebt wie beim FC Schalke 04. Nirgends wurde und wird Tradition so gepflegt wie in Gelsenkirchen, nirgends flossen bei Hauptversammlungen mehr Tränen der Rührung, nirgends wurde mehr Bohei um 'verdiente Mitglieder' gemacht als auf Schalke. Gerüchten zufolge gab es 'verdiente Mitglieder' im Rentenalter, die dafür, dass sie ein, zwei Mal im Monat Besuchergruppen 'ma dat Paakstadion zeichten' und sie ein wenig herumführten, pauschal ein paar tausend DM bekamen. Monatlich. Bar auf die Hand, versteht sich. (Wer überdies das alte Parkstadion kennt, weiß, dass man schon ein äußerst glühender Anhänger des FC Herne West sein musste, um die zugige Schüssel ernsthaft schön oder gar spektakulär zu finden.) Eine dieser Geschichten nach dem Motto: Wenn‘s nicht stimmt, ist es wenigstens gut erfunden. Es passte jedenfalls ins Bild. 

Es gibt diese humorlosen Typen, an die talentierte, aber herumdilettierende Bands irgendwann zu geraten pflegen. Der stellt die Klampfer vor die Wahl, entweder für Spaß so weiterzuklimpern und bestenfalls eine Provinzgröße zu bleiben oder die Sache professionell anzugehen mit der Chance auf den großen Erfolg, dann aber bitte mit allen Konsequenzen. Üblicherweise erfolgt an dieser Stelle die erste größere Umbesetzung. Beim FC Schalke war Rudi Assauer der erste, der den Mut hatte, sich dergestalt unbeliebt zu machen und zu sagen: Ist ja toll, euer ganzer Edelmut, eure Treue und Nostalgie, euer riesiges Traditionsbewusstsein, aber im modernen internationalen Fußballgeschäft interessiert so was leider absolut keine Katze. Daher müssen jetzt professionelle Strukturen her, oder wir kicken hier die nächsten Jahrzehnte noch alle paar Jahre gegen den Abstieg an oder um den Wiederaufstieg. Auch mit dem Kult um 'Arisierungsgewinner' wie Fritz Szepan machte er Schluss.

"Wir haben den Schriftzug in unserem Vereinslogo in 'Hosenscheißer 04' geändert. Wir konnten ein großes Sponsoringpaket mit einer Windelfirma schnüren." (Rudi Assauer)

Verkörperte der wuchtige Karl-Heinz 'Charly' Neumann (1931-2008) den alten FC Schalke 04, dann stand Assauer für den neuen. Und gehasst haben sie ihn zu Beginn. Stand er doch für alles, was beim 'ehrlichen Malocherverein' zutiefst unerwünscht war. Seine BVB-Vergangenheit, seine immer leicht blasierte, gegelte, neureiche Aufsteiger-Attitüde, der fette Davidoff-Torpedo in der Fresse. Dass er Tradition ganz im Stil der Zeit monetarisierte und zum Produkt machte, wurde ihm ebenso übel genommen wie das bargeldlose Bezahlen in der neuen Arena. Aber der Erfolg gab ihm recht. Mit der Arena, Assauers wichtigstem Projekt, haben sie sich längst angefreundet in Schalke. Aber Rudi Assauer wusste, dass auch der Graben zwischen den Erzrivalen nicht unüberwindlich war. Etwa im Sommer 1997. Schalke holte den UEFA-Cup, der BVB die Champions League. Weniger Feindschaft zwischen den Erzfeinden, mehr gemeinsame Ruhrpott-Identität war selten. Sein Verdienst auch das. Danke und Glück Auf!





Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Absenden eines Kommentars stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zu. Zu statistischen Zwecken und um Missbrauch zu verhindern, speichert diese Webseite Name, E-Mail, Kommentar sowie IP-Adresse und Timestamp des Kommentars. Der Kommentar lässt sich später jederzeit wieder löschen. Näheres dazu ist unter 'Datenschutzerklärung' nachzulesen. Darüber hinaus gelten die Datenschutzbestimmungen von Google LLC.