Würde man mich als politischen Gegner von Charlie Kirk um ein öffentliches Statement zu seinem gewaltsamen Tod bitten, dann fielen mir genau vier Sätze ein: (1) Dass Charlie Kirk getötet wurde, schockiert mich und macht mich traurig. (2) Ich spreche den Hinterbliebenen, der Familie und seinen Freunden mein Mitgefühl aus. (3) Ich verurteile die brutale Tat, die zu seinem Tod geführt hat, auf Schärfste. (4) Ich bin erleichtert, dass der mutmaßliche Täter so schnell gefasst werden konnte und vertraue darauf, dass die Justiz ihren Job machen wird. Punkt und fertig. Alles andere wäre verlogenes Getue.
Natürlich sollte man auch nicht in nonchalanten Zynismus verfallen a'la "Tja, da hat wohl jemand seine eigene Medizin verabreicht bekommen." Aber warum sollte man sich einen abbrechen bei jemandem, zu dem man in keinerlei persönlichen Beziehung steht, der ein paar Hundert Tote im Jahr als hinzunehmenden Kollateralschaden bezeichnete für die Freiheit, mit Schusswaffen herumzulaufen und der Empathie für einen Charakterfehler hielt? Ist es bereits ein Zeichen von Verrohung, wenn man sich da zu mehr einfach nicht durchringen kann, als die Form zu wahren und dem Anstand und der Zivilisiertheit genüge zu tun? Zu denjenigen, die nun die Tötung Kirks in 'sozialen' Medien allen Ernstes feiern, hat Sascha Lobo alles Nötige gesagt.
"Charlie Kirk war als rechtsradikaler Aktivist antidemokratisch, antirechtsstaatlich und menschenfeindlich, auch wenn er diesen Umstand manchmal mit halbwegs wohlgesetzten, intellektuell klingenden Worten verschleiern konnte. Aber den Mord an ihm öffentlich zu feiern, ist ebenfalls antidemokratisch, antirechtsstaatlich und menschenfeindlich." (Lobo, a.a.O.)
Links zu sein, bedeutet unter anderem, für Universalismus und Humanismus einzustehen. Wer politische Morde beklatscht, die einem gerade in den Kram passen, oder jenseits unmittelbarer Notwehr akzeptabel findet, nimmt sich aus dem Spiel und ist dem Faschismus vielleicht schon näher als ihm/ihr lieb ist. Das sollte Minimalkonsens sein. Andererseits muss es ein herrlich unbeschwertes Leben sein als Rechter. Was immer Schlimmes geschieht, man weiß immer sofort ganz genau, wer schuld ist.
Ist es daher wirklich komplett unangemessen, in diesem Zusammenhang an die Doppelmoral und die Verlogenheit der US-amerikanischen Rechten hinzuweisen, denen auch beim x-ten Schulmassaker nichts weiter einfällt als die zwei hohlen Standardformeln, dass nicht Waffen, sondern Menschen Menschen töten und dass Gedanken und Gebete ("Thoughts and prayers") die trauernden Hinterbliebenen begleiten mögen? Ist es völlig unpassend, bei dieser Gelegenheit daran zu erinnern, dass jener US-Präsident, der jetzt so tut, als sei mit Kirks gewaltsamem Tod der Menschheit Heiligstes in den Staub getreten, noch blöde Witze riss, als der Ehemann von Nancy Pelosi fast mit einen Hammer erschlagen worden wäre?
Es kann keinen Zweifel geben, dass Trump das geglückte Attentat als Vorwand nehmen wird, den faschistisch-autoritären Umbau des Staates weiter voranzutreiben. Alles andere wäre eine große Überraschung. Der selbstmitleidige Märtyrerkult, den das Trump-Lager um den Getöteten veranstaltet, lässt den Vatikan dastehen wie einen Baumarkt und nimmt schon jetzt groteske Züge an. So hat Donald Trump nach Kirks Tod bis Sonntagabend Trauerbeflaggung in den gesamten USA und den Botschaften im Ausland angeordnet. Ein Novum für jemanden, der nie ein staatliches oder öffentliches Amt innehatte. Ich neige eigentlich nicht zu übermäßigem Pessimismus. Aber es müffelt schwer nach Reichstagsbrand.
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Erinnert sich noch jemand an Melissa Hortman? Die 55jährige war demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus von Minnesota. Sie war also im Gegensatz zu Charlie Kirk demokratisch in ein politisches Amt gewählt worden. Hortman und ihr Mann wurden am 14. Juni 2025 in ihrem Haus erschossen. Täter ist ein 57jähriger evangelikaler Trump-Anhänger, der sich als Polizist maskiert hatte und der, einer Liste zufolge, die er bei sich trug, noch etliche weitere Politiker töten wollte. Ein eiskalt geplanter politischer Mord also. Die Reaktion des Weißen Hauses? "Donald Trump verurteilte den Mord an Melissa Hortman als politisch motiviertes Verbrechen und bezeichnete ihn als 'schrecklich'. Gleichzeitig lehnte er es ab, Gouverneur Tim Walz anzurufen, und äußerte sich abwertend über ihn." (Mimikama) Landesweite Trauerbeflaggung? Fehlanzeige.
Man tat also nicht mehr als das unbedingt Nötige. Ehrlich, warum sich jetzt einen abbrechen?
"Würde man mich als politischen Gegner von Charlie Kirk um ein öffentliches Statement zu seinem gewaltsamen Tod bitten"
AntwortenLöschen... wie wäre es mit Unternehmen Tannenberg?
Frage für einen Freund
musk heute am start in london beim marsch der ultrarechten mit maximaler projektion;
AntwortenLöschen“There’s so much violence on the left, with our friend Charlie Kirk getting murdered in cold blood this week and people on the left celebrating it openly. The left is the party of murder and celebrating murder. I mean, let that sink in for a minute, that’s who we’re dealing with here.”
und es gibt immer noch leute in meinem bekanntenkreis die seinen offenen faschismus bestreiten.
theguardian.com/politics/live/2025/sep/13/uk-politics-latest-news-unite-the-kingdom-march-far-right-rally-london-labour-keir-starmer
Gibts bei Dir eigentlich nur noch Strohmänner? Welcher Linker regt sich denn über die "Staatsfeier" wegen Kirk auf?
AntwortenLöschenDer große Skandal ist, dass hier Medien, Politiker und Aktivisten den Mord feiern, relativieren oder sogar noch draufkloppen. Darum gehts! Das kann man gerne, wie Du, mit einem Satz schnell zur Seite wischen, kommt aber der Bedeutung, die das gerade weltweit hat, in keiner Weise nach.
1. Plumpes Geduze kann ich nicht ab.
Löschen2. Rechte kämen natürlich nie-nie-niemals-nicht auf die Idee, den Tod eines politischen Gegners zu feiern.
3. Heulen Sie doch!
Stecke Dir das Sie….
Löschen"(1) Dass Charlie Kirk getötet wurde, schockiert mich und macht mich traurig. (2) Ich spreche den Hinterbliebenen, der Familie und seinen Freunden mein Mitgefühl aus. (3) Ich verurteile die brutale Tat, die zu seinem Tod geführt hat, auf Schärfste. (4) Ich bin erleichtert, dass der mutmaßliche Täter so schnell gefasst werden konnte und vertraue darauf, dass die Justiz ihren Job machen wird. " Tausche Charlie Kirk gegen Reinhard Heydrich. OMG.
AntwortenLöschenAha. Charlie Kirk war also der Reinhard Heydrich unserer Zeit. Geht's noch?
LöschenEgal ob es tatsächlich oder inszeniert war - es wird vermarktet ohne Ende und passt für´s Framing wie A.... auf Eimer.
AntwortenLöschenErinnert mich an die Kakophonie über die angeblich so vielen Todesfälle von AfD-Kandidaten vor der heutigen Landtagswahl in NRW, die bei genauem Recherchieren zeils altersbedingt, wegen Vorerkrankungen oder schlicht eines natürlichen Todes gestorben sind, ohne dass Fremdeinwirken nachgewiesen werden konnte. Zum Glück ist diese Shit-Show mehr oder weniger verpufft im Gegensatz zu den angeblichen Bedrohungen von Chrupalle, bei dem auch nie etwas herausgekommen ist, oder Weidel, die sich so bedroht gefühlt hat, dass sie währenddessen auf Malle geurlaubt hat.
Im umgekehrten Falle würden Rechte wahrscheinlich eine Jubelfeier nach der anderen abhalten und die Korken knallen ohne Ende. Wieso fällt mir da z.B. ein Walter Lübcke ein, der ja so gesehen noch nicht einmal explizit links war, sondern nur offen gegen Faschisten aufgetreten ist und sich für Flüchtlinge eingesetzt hat?
Zitat:
"Wegen jahrelanger Morddrohungen aus rechten Kreisen gegen Lübcke wurde rasch ein rechtsextremes Tatmotiv vermutet. Im Oktober 2015 hatte er eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Lohfelden öffentlich gegen Zwischenrufer verteidigt: Wer die Werte der Verfassung ablehne, sei jederzeit frei, Deutschland zu verlassen. Besucher hatten seine Antwort verkürzt und als Video im Internet verbreitet. LKA-Präsidentin Sabine Thurau bat anfangs, nicht über einen Zusammenhang der Tat mit diesen Mordaufrufen zu spekulieren. Laut Ermittlern war Lübcke vor dem Mord nicht gefährdet. Sie wollten Hasskommentare gegen ihn jedoch auf strafrechtlich relevante Inhalte und mögliche Zusammenhänge mit der Tat hin prüfen."
Ein rechtsextremer Gewalt- und Hassprediger wird von einem noch rechtsextremeren Gewalttäter (der für sich genommen eigentlich ein Opfer seiner Familie ist) umgebracht, weil der Erste dem Zweitem nicht rechtsextrem genug war.
AntwortenLöschenIch empfinde dabei ehrlich gesagt gar nichts außer Abscheu.
Herrn Kirk dem Massenmörder Heydrich gleichzusetzen ist allerdings dämlich. Geistige Nähe zum Faschismus kann man ersterem aber schon unterstellen. Vielleicht wäre ein Vergleich mit Horst Wessel angebrachter? Dieser Vergleich hinkt zwar auch ein bisschen, aber auch der Bielefelder Pfarrerssohn kam durch die Gnade des frühen Todes nicht dazu, an den späteren monströsen Verbrechen seiner Spießgesellen teilzuhaben.
AntwortenLöschenIch könnte mir jedenfalls gut vorstellen, dass irgendwo in den USA ein rechter Songwriter gerade dabei ist, ein Charlie-Kirk-Lied zu dichten: Er marschiert im Geist in unsern Reihen mit, und so weiter.
Es ging mir (Anonym 14.09., 10:29 Uhr) nicht um den Vergleich der Getöteten, sondern prinzipiell um die Reaktion von sich selbst als kritisch bezeichnende Personen auf eine Tyrannenmord und deren Mitleid. Ich befürchte, sollte so etwas auch Trump passieren, wird die Kommentarspalte hier mit einem Tränenmeer geflutete.
AntwortenLöschenDas wird garantiert nicht passieren. Ich bin lediglich der Meinung, dass es keinen Grund gibt, anlässlich seines Todes auch nur einen Fetzen mehr an Höflichkeit zu zeigen als das zivilisatorische Minimum.
LöschenWo und inwieweit war Kirk denn bitteschön ein "Tyrann"?