Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Donnerstag, 15. September 2016
Gastronomie 4.0
Nix zu machen, Foodbloggen, also schreiben über Restaurants, ist nicht so meins. Klar, ich esse gern gut und würde dann und wann gern ein wenig Werbung machen für Läden, in denen gute Leute ordentliches, faires, gutes Essen bereiten und servieren. Habe ich auch 2-3 Mal versucht, reizt mich aber irgendwie nicht. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht wegen meiner immer noch tiefsitzenden Abneigung gegen Leute, die Leben für so rasend interessant halten, dass sie ihr Essen mit dem Handy knipsen und sich hernach wichtigtuerisch umsehen. Möglicherweise auch, weil ich, total Old School, essen als Privatsache betrachte und sich irgendwas bei mir dagegen sträubt, das mit der ganzen Welt zu teilen, wie das ja gerade von den ganzen hippen Start Ups propagiert wird, die ihrerseits nicht daran denken, irgendwas zu teilen. Was soll’s, mögen das Geschreibsel übers Essen halt die erledigen, die‘s lieber machen und besser können als ich. Das Themenspektrum hier deucht mir eh schon breit genug.
Montag, 12. September 2016
Ronny des Monats - September 2016
Aaah, ich mag es, wenn man auf mich hört. Mir gehorcht. Gibt mir so ein Gefühl von Macht und Einfluss. Letzten Monat habe ich ja die AfD ermuntert, sich doch mal ein bisschen mehr ins Zeug zu legen, damit es bei der allmonatlichen Ronny-Verleihung endlich für einen Spitzenplatz reicht. Was soll ich sagen? Ich wurde erhört. Prompt hat die Chefin persönlich einen rausgehauen, der sie diesen Monat - Spoileralarm! - souverän und unangefochten auf den ersten Platz katapultiert. Glückwunsch, geht doch! Aber auch die restlichen Preisträger sind einmal mehr nicht ohne. Ladies and Gentlemen, die Ronnys dieses Monats:
Samstag, 10. September 2016
Facebook und die Moral
Es gibt diese Momente, in denen die Neunziger wieder ganz nahe zu sein scheinen. In denen einen als Europäer Anwandlungen überkommen, den Amis ihre beschissene, klebrige, verklemmte Heileweltmoral genüsslich und mit Anlauf dorthin schieben zu wollen wo es sehr dunkel ist und immer dunkler wird. Bevor es irgendwann dann wieder hell wird. Dieses oberflächlich grinsende, friedhofsöde, zum Kotzen harmonische Vorstadt-Reinheitsideal, das alles Lebendige, Widersprüchliche unter einer dicken Schicht Zuckerguss begräbt. Wie sie der Welt in einer Tour unterjubeln, dass Minderjährige vom zehntelsekundenkurzen Anblick einer unbedeckten weiblichen Brust irreparablen Schaden nähmen, es aber offenbar völlig unproblematisch finden, dieselben Minderjährigen dem Anblick von Rambos auszusetzen, die ganze feindliche Armeen wegmetzeln.
Freitag, 9. September 2016
Ich bin ein Bayernversteher
- na ja, meistens jedenfalls
Dass die Unterscheidung in links und rechts als politische Klassifizierung weitgehend untauglich geworden sei, wird vornehmlich gern von Rechten und Kryptofaschisten behauptet. Um damit die Grenzen zu verwischen. Ach komm, auch wir sind doch irgendwie ein Stück weit links, lautet der fiese Subtext, ist eh alles ein Brei. Wir sind doch nicht wirklich rechts. Das ist nicht nur schlicht falsch, weil link etwas anderes ist als links, sondern auch ein alter Hut. So war ja auch die SPD in ihren Hochburgen zu ihren Hochzeiten, etwa dem Ruhrgebiet der Siebziger, niemals sonderlich progressiv, geschweige denn links. Zumindest nie so, wie sie von rechtskonservativen Linkenfressern, die hinter jeder Straßenlaterne die Weltrevolution dräuen sahen, stilisiert wurde.
Montag, 5. September 2016
Phantasiereichsbürger
Das muss der Neid ihm lassen, diese Erfahrung hat Kollege gnaddrig mir voraus. Er ist tatsächlich zwei 'Reichsbürgern' live in echt und in Farbe begegnet. Also jenen Gestalten, die die Bundesrepublik Deutschland für eine privatwirtschaftliche GmbH halten und sich als Bürger des Deutschen Reiches wähnen. Weil es bekanntlich nie einen völkerrechtlich bindenden Friedensvertrag gegeben hat. Könnte man schließlich auch daran erkennen, dass es hierzulande nur 'Personalausweise' gäbe, wo doch Staaten gar kein 'Personal' hätten. Denken Sie mal drüber nach. Päng, päng! Na, dämmert's? Sie können daher bei einer der inzwischen zahlreichen Parallelregierungen, gegen Gebühr versteht sich, voll echte Reichsdokumente erstehen, die einen übrigens ordentlich zu privilegieren versprechen.
Samstag, 3. September 2016
Sonntag des Zorns
So denn, morgen ist der große Tag endlich da. Ab morgen werden wir uns alle noch umgucken. Dieser Sonntag wird in die Geschichte eingehen. Da wird nämlich die AfD von Meckpomm aus endgültig ihren großen Marsch durch die Institutionen antreten. (So viel übrigens zum Thema, Wahlen veränderten nichts.) Bitte da ein wenig um Verständnis, aber mir beginnt schlicht nichts mehr einzufallen zu dem Verein. Was soll man noch sagen? Es heißt ja oft, man müsse die Sorgen und Nöte dieser Leute ernst nehmen. Ja, schön, versuche ich. Und? Was, wenn die Sorgen und Nöte dieser Leute auf einer teils wahnhaft verzerrten Wahrnehmung der Welt beruhen? Welche dann von politischen Karrieristen und Abenteurern instrumentalisiert wird? Da hilft argumentieren eben nicht mehr, daran prallt so ziemlich alles ab.
Dienstag, 30. August 2016
Rein in die Klamotten, raus aus den Klamotten
Das nennt man wohl einen echten Treppenwitz. Noch in den 1960ern wurde eine abendfüllende Komödie gedreht darüber, wie Louis de Funès als Gendarm von St. Tropez an der Côte d'Azur Jagd auf Nudisten machte, auf dass diese sich gefälligst was überzögen im katholischen Frankreich. Vor kurzem forderte die dortige Bullerei die Trägerin eines so genannten 'Burkini' (pardon: eine Leggings, eine Tunika und ein Kopftuch - danke, Wolfgang) unter Androhung von Gewalt auf, sich gefälligst etwas auszuziehen, da dies ein Verstoß gegen das an einigen französischen Stränden geltende, inzwischen aber wieder kassiert Burkini-Verbot sei. Da hieß es dann: Zieh dir gefälligst weniger über, du Luder! Einigen kann man es, scheint's, so gar nicht recht machen. Gemischt sollen die Reaktionen des übrigen Publikums bei dem peinlichen Schauspiel ausgefallen sein.
Samstag, 27. August 2016
Statt Karten
Kinder, wie die Zeit vergeht. Ist die BRAVO auch schon 60 und damit endgültig eine alte Schachtel! Jene Jugendpostille, die einem schon als geschmacklich in jeder Hinsicht unausgereifter Pubertierender peinlich war ("Lieber Dr. Sommer, ich bin 16 und immer noch Jungfrau. Was kann ich dagegen tun?" - "Ähhh, vögeln?"). Ich habe mir sogar tatsächlich einmal eine Ausgabe gekauft - im Gegensatz zu Springers Vierbuchstabenblatt übrigens, bei dem ich meinen Boykott ein Leben lang aufrecht erhalten habe. Natürlich nur wegen der Geschichte über eine längst ehemalige Lieblingsband, die scharfe Nackte auf der Aufklärungsseite interessierte mich selbstredend nicht die Bohne. (Hey, warum wird da so albern gekichert? Da gibt es nichts zu lachen!)
Donnerstag, 25. August 2016
Horror im Verborgenen
Ein seltsames Volk, dies. Teile lassen sich noch von jeder Bullshit-Bedrohung, die man ihnen hinwirft, wie Islamisierung, Überfremdung, Flüchtlinge etc. ins Bockshorn jagen, halten aber echte, dringende Probleme wie den Klimawandel für bloße Propagandalügen. Das Fiese ist ja: Während es diesem, unserem Planeten ziemlich egal sein dürfte, ob die Deutschen irgendwann tatsächlich in einem Kalifat aufgehen oder mangels Vermehrung aussterben, ist es die Klimaerwärmung definitiv nicht. Und die Empfehlung der geliebten Regierung, einen Essens- und Wasservorrat für 14 Tage anzulegen, lässt in den Köpfen einiger offenbar gleich Bilder von Steckrübenwintern und vor der Tür stehenden Russen erblühen. Verstehe das einer.
Montag, 22. August 2016
Schmähkritik des Tages (2)
Heute: Ewgeny Morozov über Mark Zuckerberg und Konsorten
"Mark Zuckerberg von Facebook wünscht, dass wir Offenheit und radikale Transparenz leben, er selbst kauft seine Nachbarhäuser, um so viel Privatheit zu haben wie möglich. […] Die Mächtigen des Silicon Valley hassen jede Einmischung in ihr Privatleben. Würden sie für irgendeine andere Branche arbeiten, wären ihre Sorgen verständlich. Aber sie arbeiten für eine, die uns davon überzeugen will, dass Privatheit nichts zählt. Warum sollte ihre Heuchelei nicht publik gemacht werden? […] Eine Welt, in der die Tech-Elite alle Privatheit genießt, die sie sich wünscht, während der Rest der Menschheit deren Verlust zu akzeptieren hat, beruht auf einer Verlogenheit, die so extrem und absurd ist, dass sie zum Thema gemacht werden muss, egal wie aggressiv." (SZ, 03.06.2016)
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