Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Mittwoch, 21. Dezember 2016
Der dünne Firnis
"Heuchelmord" (Friedrich Küppersbusch)
Am liebsten wäre mir, hier guten Gewissens schreiben zu können: Zu dem, was vorgestern in Berlin geschehen ist, fällt mir nichts ein. In der Tat, es gibt ja nichts, das nicht schon zu Paris/Nizza/München etc. geschrieben wurde, ob von mir oder von anderen, das nicht 1:1 auch für Berlin gelten kann. Und wenn schon, dann gibt es angenehmeres, über das man sich so kurz vor Weihnachten zu schreiben genötigt sieht. Ist man atheistisch oder agnostisch unterwegs, kann man sagen: Hey, Weihnachten sind zwei ganz normale Tage wie alle anderen, die halt gnadenlos mit Bedeutung überfrachtet werden, who cares? Das hilft aber denen nicht, für die das Weihnachtsfest etwas bedeutet und für die das daher besonders belastend ist. Man kann das belächeln, aber dann würde man sich geistig auf eine Stufe mit jenen begeben, mit denen man bestimmt nicht auf einer Stufe stehen will, und von denen am Ende noch die Rede sein wird.
Montag, 19. Dezember 2016
Wutbürger's Paradise
In was für Zeiten wir so leben, erschließt sich manchmal schon an Kleinigkeiten. So hat Esther Kogelbloom im Tagesspiegel einen so genannten 'Rant' verfasst, in dem sie dafür plädiert, Kinder zu Weihnachten nicht mit Geschenken zuzuschütten, denn das führe auf Dauer nicht zu mehr Freude sondern bloß zu Abstumpfung. Kann man mit konform gehen oder nicht. Ein Blick auf die Kommentarspalte: Unerhört! Will die Tante uns vorschreiben, wie wir Weihnachten zu feiern haben. Wir! Feiern! Wie! Wir! WollenE!nS!1 Es gibt Tage, da ist man urlaubsreif, da ist man auf, da kann man nicht immer alles ignorieren, da möchte man solche Wutbürgerdämlacke am Schlafittchen packen und ihnen sagen: Nein, das will sie nicht, du Vollhonk! Das kann sie auch gar nicht. Das weiß sie im Gegensatz zu dir wahrscheinlich auch. Sie macht lediglich einen Vorschlag, mit dem du einverstanden sein kannst oder nicht. Kein Grund, hier sofort den Breiten zu machen.
Samstag, 17. Dezember 2016
Ronny des Monats - Dezember 2016
Zu früh gefreut! Oder vergebens gebangt, je nach dem. Allen, die gehofft oder befürchtet haben, diesen Monat werde der allmonatliche Ronny nicht verliehen, sei gesagt: Auch Weihnachtszeit ist Ronny-Zeit. Ich bin halt nur eine Woche ins Hintertreffen geraten wegen viel um die Ohren. Groß zum Recherchieren gekommen bin ich auch nicht. Brauchts aber gar nicht. Drei der fünf Preisträger waren nach zehn Minuten Suche gefunden. Wir haben eben 2016.
Ladies and Gentlemen, die Top 5 des Monats Dezember:
Mittwoch, 14. Dezember 2016
Praktisches Weihnachtslexikon, A-Z
2., durchgesehene und erweiterte Auflage
Wiederholungen wegen des großen Erfolges hat es hier eigentlich noch nie gegeben. Während der ersten Jahre der hiesigen Bloggerei war Weihnachtszeit immer Servicezeit. Weil das mittlerweile schon mehrere Jahre her ist, dachte ich mir, wieso das den alt eingesessenen Lesern nicht in Erinnerung rufen und die neu hinzugekommenen damit bekannt machen?
Damals hieß es:
Einigen wird das seltsame Treiben aufgefallen sein, das die
Umwelt in diesen Breiten seit einigen Wochen deutlich sichtbar praktiziert. Auch die seltsamen
Wörter, die zu jedem Jahresende kursieren, mögen viele vor das eine oder andere
Rätsel stellen. Als stets um Aufklärung bemühter Zeitgenosse habe ich mich, zum
Teil im Selbstversuch, daran gemacht, eine praktische, alphabetisch geordnete
Liste zusammenzustellen, die die in diesem Zusammenhang wichtigsten Fragen für
alle in verständlicher Form beantworten sollte.
Sonntag, 11. Dezember 2016
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (12a)
Der Spaß geht weiter
Nach meiner vortäglichen, unerfreulichen Begegnung mit der Nacherhebungsstelle eines großen Transportunternehmens, dessen Namen ich mir nicht zu nennen vorgenommen habe, und einer überschlafenen Nacht, dachte ich, ich kontaktiere den Laden mal an zuständiger Stelle. In meiner Naivität, deren Ausmaß zu umreißen allenfalls Lichtjahre ausreichen, dachte ich nämlich, ein moderner Dienstleister nähme Kritik seiner Kunden - ich wiederhole mich: seiner zahlenden Kunden - ernst und veranlasste am Ende gar Nachforschungen und gegebenenfalls Verbesserungen, so sich bestimmte Vorfälle häufen. Anders gesagt: Narr, der ich war, hatte ich gedacht, man begriffe bei einem modernen Dienstleister Kritik auch als Anregung. Ist inzwischen eigentlich sogar üblich.
Samstag, 10. Dezember 2016
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (12)
Hin und wieder passiert es mir, leider. Gestern habe ich es wieder getan und ich bin nicht stolz darauf. Ich, der ich die Langmut in Person sein kann, bin ausgeflippt und habe am Telefon einen Menschen übel angeranzt, der nix dafür kann, aber irgendetwas bei mir getriggert hat. Es war wohl einfach jenes eine, entscheidende Gran zu viel. Mein Tonfall tut mir im Nachhinein natürlich leid und war auch nicht persönlich gemeint, aber ich hasse dieses Gefühl, wenn ein Laden, der sich nach außen hin Dienstleistung und Kundenorientierung auf die Fahnen schreibt, bei erster Gelegenheit auf jegliche Dienstleistung und Kundenorientierung pfeift, sobald er in entsprechender Position ist, statt dessen das Gebaren eines Königlich Preußischen Steuereintreibers annimmt und einem signalisiert: Wir haben dich an den Eiern, Freundchen, und du kannst absolut nichts machen. Du entkommst uns nicht. Zahl einfach.
Donnerstag, 8. Dezember 2016
Nice try
Das gestrige Spiel Real Madrids gegen Borussia Dortmund war eines, für das man als Fußballaffiner zwanzig öde Grottenkicks in Kauf nimmt. Obwohl beide Teams bereits fix im Achtelfinale waren und es 'nur' um den Gruppensieg ging, gab es 93 Minuten Tempo, Taktik und einen Schuss Wahnsinn. Am Ende hieß es im Bernabeu 2:2. Reus' Ausgleichstor kurz vor Schluss nach brillanter Vorarbeit von Aubameyang war schiere Wucht, Energie, Filigrantechnik und Eleganz. Ambivalenz des modernen Profifußballs: Nach so einem Spiel und erst recht den Gemeinschaftserlebnissen, die es zu stiften vermag, ist einem egal, dass da 22 Jungmillionäre auf dem Platz standen, von denen die meisten in Autos zum Training gefahren kommen, deren Anschaffung für die allermeisten Fans so weit entfernt ist wie eine Weltreise erster Klasse auf der 'Queen Mary'.
Montag, 5. Dezember 2016
Hofburg, zweiter Versuch
Dass gestern bei der österreichischen Präsidenten(stich)wahl der von der FPÖ aufgestellte Norbert Hofer nicht gewonnen hat, ist eine gute Nachricht, das lasse ich mir um keinen Preis wegdiskutieren. Wäre es nämlich anders ausgegangen, dann hätte diese Wahl, einem verbreiteten Bonmot zum Trotze, sehr wohl so einiges verändern können. Keine Frage, nicht nur im südöstlichen Nachbarland muss Leben in die muffige Bude des einseitig neoliberal verfilzten Politbetriebs, doch gibt es andere, muss es andere Wege geben, den etablierten Parteien Feuer zu machen, als einem Rechtsaußen mit Faible für Austrofaschismus in eine Position zu hieven, in der er zwar nicht viele Befugnisse hat, aber im Gegensatz zum deutschen Bundespräsidenten doch welche, mit denen er so einiges anrichten kann.
Dienstag, 29. November 2016
Herr S. wirft mit Dreck
Über den möglichen nächsten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz kann man sicher einiges Kritische sagen. Auf der untersten Ebene politischer Auseinandersetzung kann man ihn und seinen manchmal schwerzüngigen rheinischen Akzent schlicht unsympathisch finden oder sich meinetwegen auch ein wenig lustig machen darüber bzw. über seine provinzielle Herkunft, obwohl er dafür nichts kann. Wäre aber noch im Rahmen für mich. Ferner kann man ihn selbstverständlich für jede seiner Positionen angreifen, man kann ihn einen pupsgrauen Karrieristen nennen, einen abgehobenen Eurokraten, der die Knechtung Griechenlands und anderer angeblicher Pleitestaaten unter die Austeritätsknute mit entsprechend brachialer Rhetorik maßgeblich mitbetrieben hat. Kann man alles tun. Sollte man sogar. That's demoracy.
Samstag, 26. November 2016
Leistungsträger - im Cockpit und anderswo
Der legendäre Ewald Lienen meinte kürzlich in einem Interview, der Sektor des Profifußballs sei vor allem deshalb so üppig finanziert, die gezahlten Summen für Gehälter, Werbung und Übertragungsrechte so astronomisch, weil er - Panem et Circenses, der alte Klassiker - die Funktion habe, das Volk zu unterhalten, auf dass es nicht auf die Idee komme, an den herrschenden Verhältnissen etwas ändern zu wollen. Anders: Der Zirkus trage maßgeblich dazu bei, dass es noch ein wenig dauert mit der Revolution. Der kluge Mann weiß übrigens, wovon er redet, denn er hat 2012/13 bei AEK Athen gearbeitet. Einsichten wie die erstere jedenfalls hat er etlichen Redakteuren großer überregionaler Tageszeitungen definitiv voraus.
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