Samstag, 9. Juni 2012

Vorschau und Tipp für heute abend


Die Teams: Deutschland

ZonalMarking, Nestor der Fußball-Blogger, hat sich festgelegt: Deutschland ist Top-Favorit auf den Titel. Das schmeichelt zwar und der Mann versteht eine Menge mehr vom Fußball als ich, aber trotzdem habe ich Bauchschmerzen. Grund: Die mehr als wacklige Verteidigung. Zwar ist Phillip Lahm immer noch ein herausragender linker Außenverteidiger, vielleicht einer der besten der Welt, aber in der Innenverteidigung rappelt es gewaltig. Der in der Bundesliga überragende Mats Hummels hat bislang enttäuscht und der erfahrene Mertesacker hat in letzter Zeit außer seiner Erfahrung nicht viel vorzuweisen gehabt. Überhaupt, die Dortmunder. Dass Löw mit ihrem Einsatz vorsichtig ist und lieber auf die Bayern setzt, ist verständlich, denn die BVB-Spieler haben bisher im Nationaltrikot nicht das gezeigt, was ihre Leistung in der Liga versprochen hat.

Vor diesem Hintergrund erwächst dem defensiven Mittelfeld eine Schlüsselrolle: Als entscheidend wird sich herausstellen, wie effektiv Khedira und Schweinsteiger die wacklige Defensive in kritischen Situationen unterstützen können, ohne dabei ihre offensiven Aufgaben zu vernachlässigen. Neben den Außen werden sie die meiste Laufarbeit bekommen. Ein weiteres Problem ist die Unausgewogenheit des Teams. Das offensive Mittelfeld ist mit Özil (Götze), Podolski (Schürrle) und Müller (Reus) top besetzt, aber davor wird die Luft dünn. Mario Gomez ist ein klassischer Strafraumstürmer, der zwar Tore schießt, aber dafür perfekt in Szene gesetzt werden muss. Weil er es meist nicht wird, macht er so häufig eine unglückliche Figur vor dem Tor. Bleibt nur Miroslav Klose. Der ist mit seinen fast 35 Lenzen immer noch eine Bank, aber er wird nicht jünger. Apropos Bank: Was diesmal insgesamt für die deutsche Mannschaft spricht, ist die exzellent besetzte Ersatzbank. Bei den letzten Turnieren fehlte jeweils im Halbfinale immer ein Schlüsselspieler. 2002 war Ballack gesperrt, 2006 Frings, 2008 wieder Ballack, 2010 war es Müller. So was lässt sich dieses Mal vermutlich leichter kompensieren.


Portugal

Die goldene Generation um Rui Costa, Joao Pinto und Luis Figo ist längst abgetreten und hat eine Lücke hinterlassen. Wohl keine Mannschaft, außer der niederländischen vielleicht, galt während der letzten zwanzig Jahre unter Fußballkundigen so oft als absoluter Geheimfavorit wie Portugal. Und kaum eine Mannschaft hat diese hohen Erwartungen so regelmäßig enttäuscht. Immerhin kann man sich rühmen, mit Christiano Ronaldo den nach Lionel Messi zweibesten Einzelspieler der Welt im Team zu haben. Wohl und Wehe des portugiesischen Teams wird von seiner Filigrantechnik und seinen Freistößen abhängen. Im Augenblick geht es im europäischen Fußball wieder einmal um die uralte Frage, welche grundsätzliche Teamausrichtung letztlich Erfolg bringt. Ist es die, die eher auf die individuelle Klasse von Einzelspielern setzt (Real Madrid, Bayern München) oder die des perfekt eingespielten Kollektivs (FC Barcelona, in der Bundesliga Borussia Dortmund)? Die Frage ist nicht entschieden, eines aber ist klar: Ein herausragender Spieler allein reicht nicht. Nicht bei Real und nicht bei den Bayern.

Weil bei Portugal erst einmal Christiano Ronaldo kommt und dann lange nichts, wird daher vieles maßgeblich davon abhängen, ob und inwieweit es dem jeweiligen Gegner gelingt, ihn am Spiel zu hindern. Bei der deutschen Mannschaft wird das wahrscheinlich Lahm übernehmen. Dass er es kann, hat er mit den Bayern gegen Real eindrucksvoll bewiesen. Ronaldo blieb bis auf den Führungstreffer im Rückspiel wenig mehr, als bei Freistößen seine Django-Nummer abzuziehen. Unbestritten ist die felsenfeste Abwehr um Pepe, Alves und Veloso neben Ronaldo der Trumpf der portugiesischen Mannschaft. Wenn diese Formation gut eingespielt ist und sich keine groben Patzer leistet, dann geht vieles. Bei einem K.O.-Turnier kann man bekanntlich sehr weit kommen, indem man einfach nur schwer zu schlagen ist.

Erwischen sie einen guten Tag, zum Beispiel gegen die Niederlande, dann haben sie Chancen, als Gruppenzweite ins Viertelfinale zu kommen und Oranje in neuerliche Depression zu stürzen. Dann aber dürfte spätestens Schluss sein, denn ein Weltklassemann allein kann, wie gesagt, nicht alles herausreißen.

Vorschau

Die deutsche Mannschaft wird zeigen müssen, inwieweit sie sich seit 2010 entwickelt hat. Denn die eindrucksvollen Siege gegen England (4:1, na ja, sagen wir 4:2) und Argentinien (4:0), aber auch der gegen die Niederlande letztes Jahr, waren purer Konterfußball. Mit einem frühen Tor aus einer Standardsituation wurde der Gegner gezwungen, die Defensive zu lockern, bei Ballverlusten wurden von Özil und Müller sofort Höchstgeschwindigkeits-Konter gefahren, die die gegnerische Abwehr meist völlig überrumpelten. Das allein wird diesmal nicht reichen, denn es funktionierte nur dann, wenn der Gegner früh in Rückstand geriet. Gelang das nicht, wie etwa 2010 gegen Ghana (1:0) und Spanien (0:1), gab es große Probleme. Trotzdem: Hält die Abwehr, halbwegs, dürfte es reichen.

Tipp: 3:1 Deutschland


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