Sonntag, 11. März 2018

Ronny des Monats - März 2018


Beginnen wir diese Ronny-Verleihung mit einer guten Nachricht außerhalb des Wettbewerbs: Die vom NRW-Verfassungsschutz als rechtsextrem bezeichnete Kleinstpartei 'pro Köln' hat ihre Selbstauflösung beschlossen. Als (nicht im 'Postillon' erschienene) Begründung ließ man verlauten, man habe seine "Mission erfüllt". Aha. Welche war das? Falls es die gewesen sein sollte, sich in einer Tour gnadenlos zu Deppen zu machen, dann kann man in der Tat nur sagen: Glückwunsch! Mission accomplished. Man könnte zur allgemeinen Erheiterung auch erwähnen, dass im Februar der erfolgreichste 'Artikel' in Sachen Interaktionen bei Facebook eine frei erfundene Meldung des berüchtigten Halle-Leaks-Blogs war. Der anonyme Autor titelte: "Laut Merkel ist Flüchtlingen bei den Tafeln unbedingter Vorrang zu geben - Wir luden sie ein". Nun gut, was soll man schon erwarten in einer Zeit, in der es, wie Bill Maher treffend zusammenfasste, schon als Debatte gilt, wenn drei Idioten ohne Privatleben sich darüber aufregen, dass Jennifer Lawrence keinen Mantel trägt (und in der Facebook immer noch für eine ernstzunehmende Informationsquelle gehalten wird, möchte man ergänzen)?

Genug der Komödie, zum Ernst des Lebens - die Preisträger im März:

Platz 5: Abteilung AfD
Warum, so fragt man sich, scheint kaum einer bei der AfD (eine rechtsextreme, in Teilen rechtsradikale Partei, deren Mitglieder gern zu Weinerlichkeit neigen, wenn sie kritisiert werden) auszukommen, ohne an angeblichen Tabus aus der NS-Zeit herumzukitzeln? Wie jüngst Jörg Nobis, der per Twitter den 'Schulzzug' in den "Hochofen" rattern sah (und dabei als Ingenieur ausschließlich Metallurgie im Sinn gehabt haben will). Oder sexuelle Anspielungen? Wie Peter Boehringer, der was von "Merkelnutte" und penetriertem Volkskörper zusammenfaselte. Ist das was aus der Kindheit? Verbales Kakamachen? In einer Partei, die immerhin auch frisch konvertierte Muslime, mutmaßliche Straftäter und Transsexuelle als Feigenblätter, pardon, allseits geachtete Mitglieder (GLIED! - Haaa-ha-ha!) in ihren Reihen hat? Nein, ist schon klar, es geht darum, die Grenzen des Sagbaren immer weiter zu verschieben. So kann man in der Tat darüber diskutieren, wie sinnvoll es ist, immer wieder über so was zu berichten. Andererseits kann ich für mich sagen, dass sich bei mir gar da nichts verschiebt. Ich fand derartige Äußerungen scheiße und geschmacklos, ich finde sie scheiße und geschmacklos und werde das wohl auch weiterhin tun. Wenn sich irgendwas verschiebt bei mir, dann allenfalls die Intensität des Augenrollens und des Genervtseins. Und zwar nach oben. Also Platz 5.

Platz 4: Marxloh-Versteherin Sue Reid (Daily Mail)
Wenn man über die britische Zeitung Daily Mail redet, sollte man  erwähnen, dass dieses Blatt auf der Insel neben der notorischen Sun dasjenige ist, das Menschen, die sich einen Rest an Anstand bewahrt haben, niemals freiwillig anfassen würden, geschweige denn kaufen. Wenn nun eine Reporterin der Daily Mail einen Artikel über Duisburg-Marxloh verbrutzelt und dafür todesmutig acht Stunden lang in situ recherchiert, dann kann das Ergebnis nicht wirklich überraschen. No-Go-Area. Polizei traut sich nicht her. Merkel ist Schuld. Weil sie ganz allein die Flüchtlinge reingelassen hat. Buuuhhh! Nun gut, was Reid da verbrutzelt hat, ist journalistisches Handwerk 101 für Dummies: Provokanter Anriss, paar verzweifelte O-Töne, für die scheinbare Ausgewogenheit eine moderate Stimme (am besten die eines als komplett überfordert erscheinenden Politikers), und zack, fertig ist das apokalyptische Stimmungsbild und der Applaus aus der rechten Ecke garantiert. Überhaupt ist es ja interessant, dass öffentlich nur mehr gejammert wird, wohin man sich als Deutscher angeblich nicht mehr trauen kann, mithin nur über Stadtteile als No-Go-Areas berichtet zu werden scheint, die multikulturell geprägt sind, aber kaum noch darüber, wohin äußerlich als Nichtdeutsche Erkennbare sich besser nicht trauen sollten, in die Nazional Befreiten Zonen vornehmlich der neuen Länder etwa. Gestern Abend war ich übrigens in der Dortmunder Nordstadt. Im Dunkeln. Dort sind nicht nur Nazis und der Arbeiterstrich, dort kann man auch hervorragend südindisch/tamilisch essen. Bedroht gefühlt habe ich mich keinen Moment lang.

3. Deutsche Vaterlandsverteidiger in Aktion
In Wurzen haben zwei schwarz gekleidete, vermummte Männer eine 19jährige, im siebten Monat schwangere Eritreerin angegriffen und sollen sie dabei rassistisch beleidigt haben. Wie mutig! Solche Widerwärtigkeiten kommen immer auf Platz 3. Weil es einerseits unangebracht wäre, denen, die so was tun, irgendwelche Ehre angedeihen zu lassen, auch keine parodistisch gemeinte. Andererseits muss das genannt werden.

Platz 2: Braun, braun, braun sind einige unserer Lieder...
Es ist aber auch ein Kreuz bei Teilen der österreichischen Burschenschaften! Andauernd rutschen denen beim Verlegen ihrer Liederbücher antisemitische Klopper da rein, bei denen sich später ums Verrecken niemand erinnern kann, wie die verdammt noch mal da reingekommen sind bzw. weiß man, wie jetzt bei der 'Bruna Sudetia', gar nicht, wo das Liederbuch eigentlich hergekommen ist. Was die Frage, warum der braune Dreck über Jahrzehnte niemandem aufgefallen ist, freilich noch nicht beantwortet. Nun, ich kenne mich mit schlagenden Verbindungen nicht so aus. Pieken die sich beim Fechten vielleicht immer nur ins rechte Auge? Oder setzt die Mischung aus dem beim gegenseitigen Fresseblutigkloppen freigesetzten Adrenalin in Verbindung mit viel Alkohol bestimmte Gehirnregionen außer Kraft? Fragen über Fragen. Eines sollte klar sein: Einen Regierungsjob, der ein Mindestmaß an Verantwortung erfordert, sollte man solchen Gehirnakrobaten besser nicht geben.

Platz 1: Star-Historikerin Sylvia Stolz
Die bei - Qualitätsmerkmal - Psiram geführte Silvia Stolz ist eine echte Checkerin. Eine Meisterin ihres Fachs. Bei einem Vortrag "2012 behauptete Stolz, die Shoa könne nicht gerichtlich bewiesen werden. Denn dazu fehlten die Leichen, die Spuren der Täter und die Waffen, sagte sie während eines Vortrages vor bis zu 2000 Personen in Chur in der Schweiz. Ivo Sasek, der die Veranstaltung ausrichtete [...], soll der Referentin mit tränenerstickter Stimme gedankt haben. Sie wisse genau, was sie sage." Das fand auch das Landgericht München und verurteilte sie zu eineinhalb Jahren Haft. Haft? Ich hätte ihr einen Preis für die mit Abstand kreativste These zur jüngeren Geschichte der letzten Jahre verliehen. Dass es sich bei den Tränen Ivo Saseks übrigens um Lachtränen gehandelt hat, kann mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden, denn der ist auch bei Psiram gelistet.

Gib's mir härter, Mama! - so flehen Saseks Kinder (via psiram.com)

Und die Honourable Mention des Monats, hochverehrtes Publikum, geht dieses Mal an:

Uwe Tellkamp für das Mimimi des Monats

Selbstverständlich ist der mit seinem schwer lesbaren Ostalgie-Trumm 'Der Turm' wohlhabend und berühmt gewordene Schriftsteller Uwe Tellkamp kein Nazi. Würde ich niemals behaupten. Aber legt man seinen jüngsten Auftritt zugrunde, dann kann man nicht umhin, ihm exakt jene kognitive Dissonanz zu bescheinigen, die im Spektrum rechts von der Union gerade sehr verbreitet scheint: Die Wahrnehmung, nicht immer und überall offen und angstfrei seine Meinung sagen zu dürfen, dabei sehr ausführlich seine Meinung zu sagen (und nicht selten beklatscht zu werden dafür). Hinter dem patzig-ignoranten Beharren auf stetiger und uneingeschränkter Meinungsfreiheit, das nebenbei ein höchst infantiles Verständnis von Demokratie offenbart, steht meist nichts weiter als das Begehren, von jeglicher Kritik bitteschön per Gesetz verschont zu bleiben.

Richtig lustig wurde es dann, als der Suhrkamp-Verlag, der Tellkamp unter Vertrag hat, aus diesem Anlass die Plattitüde twitterte, die Meinung von Autoren sei nicht zwingend die des Verlages. Draufhin ging das nächste große Mimimi los von wegen, Tellkamp werde nunmehr von seinem Verlag mundtot gemacht, der Tweet (wahrscheinlich auf direkten Geheiß von Multikultimutti Merkel erfolgt) sei als allerletzte Warnung zu verstehen, bevor der totale Ruin einsetze.

Ich verstehe das nicht. Der Suhrkamp-Verlag ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das man mögen kann oder auch nicht, und dem es frei steht, mit Autoren vertragliche Verhältnisse zu unterhalten oder auch nicht. Darüber, ob und mit wem und wie lange und erst recht warum bzw. warum nicht, ist man niemandem Dritten Rechenschaft schuldig. Was schwebt solchen autoritätsgeilen Jammerlappen vor? Den Verlag von Staats wegen verdonnern, Tellkamps Bücher zu verlegen? Das soll ja in der DDR so gewesen sein. Apropos: Gern wird ja aus dieser Ecke der Republik darauf hingewiesen, ehemalige DDR-Insassen seien besonders sensibel für diktatorische Tendenzen, da sie in einer Diktatur sozialisiert worden seien. Mag sein. Ich wurde im Westen sozialisiert (in einer mehrheitlich katholisch geprägten Ecke übrigens). Wer weiß, vielleicht haben wir hier über die Jahrzehnte eine höhere Sensibilität für faschistische Tendenzen entwickelt?
Bitte Wahlerfolge der AfD darüberlegen (via Burks)




5 Kommentare :

  1. Deine Ronnys sind mir langsam zu ablenkend,wen interessiert das schon...
    Wie wärs mal mit Seibert...

    Regierungssprecher lobt privates Netz der Armenfürsorge
    https://deutsch.rt.com/meinung/65951-reiches-tafel-deutschland-regierungssprecher-lobt-privates-netz-der-armenfuersorge/

    Regierungssprecher Seibert zu Syrien: "Kleine Terrorgruppe ist in Ost-Ghuta anwesend"

    https://deutsch.rt.com/inland/66309-regierungssprecher-seibert-zu-syrien-kleine-terrormiliz-ist-in-ost-ghuta-anwesend/

    usw.jedes Pressekonferenz ist glatt gelogen,und ausser Thilo Jung und RT schlucken den Mist alle anwesenden,denk mal drüber nach

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    1. Und mir ist Ihr Tonfall zu herablassend. Alles Lügner außer Jung und RT - oh Mann, danke fürs Geräusch!Und was interessant ist oder nicht, haben, glaube ich, nicht allgemeingültig Sie zu bestimmen. Never mind.

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  2. Moin Stefan
    Eine gute Wahl. Es scheint einem Zeitgeist zu entsprechen, auf rechtsdrehende Züge aufzuspringen. Eine nicht unbekannte Art der Zukunftssicherung. Es ist auch eine interessante Wortwahl, wenn er den Wunsch äußert, seine Meinung »ohne Furcht« äußern zu dürfen. Nicht »Furcht vor staatlichen Repressionen« oder »gesellschaftlicher Ächtung«. Da ist sich Tellkamp schon sicher, daß er sich davor nicht fürchten muß. Aber zum Glück sprang ja Suhrkamp mit einer fleischlosen Distanzierung helfend ein.

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  3. @Pantoufle Das ist in Dresden nichts Neues (lebe seit 2000 als Wossi hier). Wenn Du nicht gerade vorhast, als Kabarettist Karriere zu machen, wirst Du auf irgendeinen rechten Zug aufspringen müssen. Ganz falsch wäre es, sich als eher links zu outen. Dann bist Du sofort Bolschewik und bekommst kein Bein mehr auf den Boden.

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  4. Was Abteilung AfD und sonstig Braunes angeht, eine zuzueglich zutreffende Beschreibung. https://www.ruhrbarone.de/snickers-und-pissrinnen

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