Samstag, 13. Oktober 2018

Die Unreifeprüfung


Aufgabe: Interpretieren Sie den Songtext 'Aussa mit die Depf' der österreichischen Sängerin Hannah. Achten Sie dabei besonders auf die korrekte Verwendung geeigneter Fachausdrücke.

Der Text zum in alpenbairischer Mundart verfassten Song 'Aussa mit die Depf' ist in einfacher Strophen-Refrain-Form gearbeitetet. Nach einem kurzen Prolog ("He Weiberleit, was koch' ma heit?"), der die Grundstimmung des Kommenden vorgibt, folgt der Refrain, der allein aus dem Vers "He Weiber! Aussa mit de Depf - heut gibt‘s Nudeln!" besteht. Die Strophen sind jeweils aus vier Versen mit Endreim nach dem Schema aabb aufgebaut. Die Wahl dieser höchst konventionellen Form könnte darin begründet sein, dass eine möglichst breite Massenwirkung dieses eminent politischen Textes angestrebt wird.

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Zum Inhalt: Ein Lyrisches Ich ruft namentlich nicht näher bezeichnete, als "Weiber" angeredete Frauen dazu auf, geeignetes Kochgeschirr ("Depf") bereitzustellen. Ihren von der Arbeit heimkehrenden Männern soll aber die gewohnte, traditionell alpenländische Nahrung (Schweinsbraten, Bier, Apfelstrudel) verweigert und ihnen statt dessen Nudeln vorgesetzt werden (ob aus gesundheitlichen Gründen, etwa weil bei den alten Machos die Blutfette durch die Decke gehen, weil sie mitnichten hart arbeiten, sondern bloß doofe Sesselfurzerjobs machen, bleibt offen). Dass die erwähnten, offenbar in der Hausfrauenrolle befindlichen Frauen als "Weiber" bezeichnet werden, kann als emanzipatorische Aneignung eines eigentlich pejorativen Terminus (vgl. 'schwul') verstanden werden, was auf eine feministische Grundausrichtung hindeutet. Ebenso das Ausbrechen aus der traditionellen Frauenrolle, da die Erwartungen der vermutlich allein verdienenden Männer - ein indirekter Hinweis auf die nach wie vor skandalöse Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt - bewusst unterlaufen werden.

So weit die gesellschaftspolitische Dimension des Textes. Allerdings enthält 'Aussa mit die Depf!' noch einen sexuellen Subtext, der sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Der Text kann auch als Aufruf begriffen werden, Männer mittels nunmehr draußen ("aussa") befindlicher, als "Depf"  (i.e. 'Töpfe', s.a. Titten, Hupen, Duttln, Möpse, Drüsen, Gazongas,…) bezeichneten sekundären Geschlechtsmerkmale dergestalt zu animieren, dass deren als 'Nudeln' (s.a. Schwänze, Dödel, Prügel, Schwanneks, Lulus, Lurche, Puller, Eumel,…) apostrophierten primären Sexualorgane zum Vollzug sexueller Handlungen (s.a. ficken, bumsen, pudern, rammeln, vögeln,…) hergenommen werden können, welche dann das Abendessen ersetzen würden. Für diesen Ansatz spricht die sexuell aufgeladene Optik des Videos, die Metapher vom im Ofen geschürten Feuer, die immer wieder prominent inszenierte, tief dekolletierte Oberbekleidung der Darstellerinnen sowie diverse sexuell aufgeladene Attribute der Protagonstin wie rote Plateauschuhe (s.a. Pornotreter) und künstliche rote Fingernägel (s.a. Nuttenschaufeln), die noch dem fast blinden Betrachter signalisieren: Obacht, hier wird‘s erotisch!

Bei aller Schlüssigkeit wirft diese Interpretation allerdings eine Reihe von Fragen auf. Etwa die, inwieweit ein männliches Genital von der Konsistenz einer gekochten, d.h. weichen Nudel beim angestrebten Sexualverkehr wünschenswert ist. Zu fragen wäre daher, ob es sich also um eine latente Entmannungs- bzw. Kastrationsphantasie handelt. Das würde wiederum zur eingangs erwähnten feministischen Deutung passen, den (Ehe-) Männern bzw. Lebenspartnern als besonders männlich bzw. kraftvoll konnotierte Nahrung (Schweinsbraten) vorzuenthalten und gegen leichtere Kost zu ersetzen. Ferner ließe sich diskutieren ob der Rekurs auf Nudeln nicht auch ein Verweis auf italienische Männer und deren legendäre Verführungskünste sein könnte. Dadurch geriete der Text auch zum antinationalistischen Manifest. Zumal die daraus sich ergebende Assoziation zum 'Teutonengrill' genau zur Metaphorik des Settings Küche passen würde.

Schon dieser kurze, an der Oberfläche kratzende Abriss verdeutlicht, dass es sich bei 'Aussa mit die Depf' um ein vieldeutiges, in Teilen kontrafaktisches, semantisch höchst irisierendes Werk voller subtiler Anspielungen und interpretatorisch falscher Fährten handelt, das Leser*innen bzw. Hörer*innen ein ums andere Mal vor Herausforderungen stellt und das Patriarchat aus den Angeln heben könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses hintergründige kleine Meisterwerk zum Meilenstein des Feminismus werden wird. Hurz!


Anmerkung: Eine gelungene linksgrünversiffte Analyse, die auch angemessen Politisch Korrekt ist und insgesamt als

befriedigend (was hier besser ist als gut)

zu bewerten ist. Allein dass Sie an keiner Stelle auf die ausnahmslos segensreiche Auswirkung ungebremster Einwanderung eingehen, trübt den positiven Gesamteindruck ein wenig. Trotzdem: Weiter so, venceremos, Sistas!




12 Kommentare :

  1. Jo mei, is des a Muichwirtschaft, war meine erste Assoziation. Die zweite: Dschingis Khan. Nach einigem Nachdenken komme ich jedoch zu dem Schluss, dass die Frauen in diesem Video ihre erotische Strahlkraft und ihre Kochkünste einzig zur Domestikation des Mannes nutzen, der erstens nix von der angesprochenen Milchwirtschaft in die Finger bekommt und zweitens mit veganer Kost im Wortsinne abgespeist wird. Eine infame Machtdemonstration selbstbewusster CSU-Frauen im Dirndl. Wird Ilse Aigner neue Ministerpräsidentin in Bayern? #subtext

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    1. Dschingis KHAN? ("Er zeugte sieben Kinder in einer Nacht") #sexistischekackscheiße, host mi?

      Übrigens empfehle ich noch Katharina Zeppezauer-Wachauers schönen und fachkundigen Artikel im Standard
      über vergleichbare mittelalterliche Ferkeleien.

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    2. Der Typ im Video sieht doch original aus wie Dschingis Khan. Was hat der Mann auf der Alm zu suchen?

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    3. Dös is bestimmt dawegen diesm, diesm Muldikuldi, dem damischen...

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    4. Dös hob i mir scho denkt. Speim kennt i, wenn i de Madln her. Wos is des iberhaupts für an Dialekt? Boarisch is es ned, Esterreichisch a ned.

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    5. Hoid iagend a Tschusch …

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  2. Sinngemäß: When you are drunk your cock is a wet noodle (irgendwo bei Charles Bukowski gelesen, glaube in Women :D)

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  3. Dieser Text erschließt mir eine Welt, von deren Existenz ich nicht einmal eine blasse Ahnung hatte.

    Von der radikalfeministischen Persformerin Antonia aus Tirol habe ich dagegen alle CDs.

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  4. Guten Tag,
    Habe mich wirklich bemüht - musste dann aber bei 01:59 aussteigen - auweia.
    Nichtsdestotrotz: Bemerkenswertes Fremdschämlevel.
    Faszinierend: An so einem Video sind ja ne Menge Profis beteiligt, Musiker, Tontechniker, Cutter, Beleuchter, Kamerabediener - irgendwer hat dafür ein Storyboard geschrieben etc. Wie kommen die mit ihrem Job wohl klar?

    Gruss
    Jens

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    1. Keine Ahnung, vermutlich so ähnlich wie jene Profis, die beruflich süßen kleinen Robbenbabys das Fell über die Ohren ziehen.
      @altautonomer: Ja,frappierend, gelle? Man lernt nie aus.

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  5. Herrlicher Text! Hab sehr gelacht.

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