Freitag, 14. Mai 2021

Schmähkritik des Tages (48)

 
Heute: Benjamin Weinthal über modernen Antisemitismus

"Der moderne Antisemitismus verbreitet sich in Deutschland rasant. Denn nichts anderes als Antisemitismus ist es, wenn der jüdische Staat Israel dämonisiert und delegitimiert wird und wenn man ihn und andere Länder mit zweierlei Maß misst. [...] Da die offene Attacke gegen Juden in der deutschen Nachkriegsgesellschaft nicht mehr salonfähig ist, wird nun ersatzweise Israel angegriffen -- gewissermaßen als »Jude unter den Staaten«, wie es der Historiker Léon Poliakov einmal formuliert hat. Dort, wo sich Antisemitismus nicht mehr direkt äußert, zeigt er sich jetzt bevorzugt in einer kruden Israel-Kritik, die zu einer Lieblingsbeschäftigung vieler Deutscher geworden ist. [...] Die Gründungsphilosophie Israels, der Zionismus, ist lange schon zum Schimpfwort mutiert.

Eine Erscheinungsform des modernen Antisemitismus wird von der sogenannten BDS-Bewegung vertreten. Die Abkürzung steht dabei für Boykotte, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel. Die Aktivisten der BDS-Bewegung fordern beispielsweise den Boykott von Waren, die in israelischen Siedlungen im Westjordanland produziert worden sind, oder zumindest deren Kennzeichnung. Damit legen sie die alte Nazi-Parole »Kauft nicht beim Juden!« neu auf.

Offenkundig gibt es in Deutschland ein großes Bedürfnis, sich mittels Israel-Kritik von der Shoah zu entlasten. Zugespitzt formuliert könnte man sagen: Viele Deutsche werden den Israelis den Holocaust nie verzeihen. Der »neue«, modernisierte Antisemitismus prägt die deutsche Gesellschaft seit 1945. Theodor W. Adorno und Max Horkheimer haben dieses Phänomen nach dem Krieg als Schuldabwehrantisemitismus bezeichnet. Die giftige Mischung aus diesem Schuldabwehrantisemitismus und der teilweise obsessiv betriebenen Israel-Kritik ist ein Zeichen für eine unreife Demokratie und eine Gefahr sowohl für Juden als auch für Nichtjuden." (Der Standard, 1. März 2016)


Anmerkung: Der zitierte Artikel ist sicher keine Schmähkritik im eigentlichen Sinne. Überdies ist er von 2016, hat aber wenig an Aktualität verloren. Dass rechte Antisemiten gewisse Genugtuung empfinden, sich gar mehr oder minder heimlich ins Fäustchen lachen angesichts der aktuellen Situation in Nahost, ist noch irgendwie verständlich. Tja, da geschieht's dem Jud' mal recht. Sieht er mal, was das für ein Gefühl ist, als dauerverfolgter deutscher Opferlauch durchs Leben gehen zu müssen. Das hat er jetzt von seiner ewigen Kriegführerei. Obwohl doch jeder weiß, dass militärische Glanztaten exklusiv Deutschen vorbehalten sind (und wenn nicht, dann hatte das internationale Finanzjudentum seine Finger im Spiel). Und wenn die Hamas am Ende obsiegen und einen islamischen Gottesstaat gründen sollte ohne jede Rechte für Frauen und Minderheiten, dann kann man wieder ganz doll vor dem Islam warnen. Win-win!

"Ein Antisemit, dem bewusst wäre, dass er antisemitisches Zeug labert, wäre kein Antisemit." (Henryk M. Broder)

Vielleicht ist auch bloß Neid im Spiel. Denn Israel ist, abgesehen von den vielen Juden dort, in einiger Hinsicht das, was man selbst gern wäre. Ein wehrhafter Staat mit einer schlagkräftigen Armee, die nicht lang fackelt, wenn einer dumm kommt. Bei gut 9 Millionen Einwohnern zählen die Streitkräfte knapp 180.000 Mitglieder. Zwei Prozent der Bevölkerung sind demnach Armeeangehörige, Reservisten nicht mitgerechnet. In Deutschland mit seiner ungefähr gleich starken Bundeswehr sind's gerade mal 0,23 Prozent. Jeder außer orthodoxe Juden, egal ob Mann ob Frau, muss ran. Ein Volk in Waffen, allzeit bereit. Der feuchte Traum eines jeden, der glaubt, Deutschland müsse seine Männlichkeit wiederentdecken.

Wer auf die Reaktionen zahlreicher nicht nur deutscher Linker nur mehr mit Kopfschütteln reagieren mag, riskiert ein Schleudertrauma. Man geht fröhlich der tränenreichen Opfer- und Kindermörder-Propaganda der Hamas-Blutsäufer auf den Leim, deren erklärtes Ziel die Auslöschung Israels und der Juden ist. (Der Jude als Kindermörder ist nebenbei ein alter antisemitischer Topos, der auch in der Querdenker-Szene einigermaßen populär ist.) Überhaupt: Israel ist an allem schuld, Palästinenser sind unverstandene friedliebende Leute, mit denen es sofort Frieden gäbe, wenn die Israelis nur wollten. Man muss kein Fan von Benjamin Netanjahu und ihm politisch Nahestehender sein, aber dass ihnen schulmeisterliche Belehrungen vor allem deutscher Linker, die glauben, die Moral gepachtet zu haben, komplett irgendwo vorbeigehen, lässt sie einem fast schon wieder sympathisch werden.

Die Hamas denkt ihrerseits übrigens gar nicht daran, sich an jene völkerrechtlichen Standards zu halten, deren Nichteinhaltung sie Israel dreist vorwirft. Kaum ein Staat auf der Welt hätte auf Angriffe wie die der Hamas so verhältnismäßig reagiert. Überdies nimmt das israelische Militär im Gegensatz zu den Terrorbaronen von Gaza seine Zivilisten nicht in Geiselhaft und missbraucht sie als lebende Schutzschilde, versteckt keine Waffenarsenale in Wohngebieten, schießt keine Raketen von Schuldächern ab und lässt seine Zivilbevölkerung auch nicht völlig ungeschützt.

"Leute, denen der Nahe Osten normalerweise am Arsch vorbeigeht, die aber jedes Mal in helle Aufregung verfallen, wenn Israel involviert ist, und sei es am Rande, haben offenbar ein Problem mit Juden." (Hannes Stein)

Ja, aberaberaber, man wird ja wohl noch die Politik Israels kritisieren dürfen! Es gibt schließlich auch viele Juden und Israelis, die die Politik Israels heftig kritisieren! Wird man ja wohl auch dürfen! Menno! Ja, die gibt es. Und die Tatsache, dass es diese Stimmen gibt, ist ein Beweis, dass Israel eben nicht der militaristisch-faschistische Apartheidsstaat ist, zu dem diverse Verpeilte ihn gern stilisieren. Wäre das so, dann würden diese Stimmen als Verräter denunziert und ruhiggestellt. Gäbe es einen Staat, wie die Hamas ihn fordert, dann hätten Juden darin weit weniger Rechte als Araber in Israel.

Und jetzt dürfen mich alle gern entfreunden. "Ganz liebe Grüße an die achtzig Millionen Nahostexperten in Deutschland." (Bonetti)





10 Kommentare :

  1. Offensichtlich wird dieses bolschewistische Krawallmuschiblog vom internationalen Finanzjudentum finanziert. Denk dran: Recklinghausen liegt in Reichweite der Wichtelbacher Raketenbatterien.

    Allahu Halfzware!

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  2. Danke. Kann ich nur voll und ganz unterschreiben.

    Und ein kleines aber nötiges Fuck you and die Antisemiten die dich für diesen Text entfreunden. Solche braucht eh keine Sau.

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    1. Ist bis jetzt noch nicht passiert. Aber der Abend ist noch jung.
      @Eberling: Raketen? Meine Informanten haben mir gesteckt, Wichtelbach sei eine geheime Marinebasis...

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    2. @ SR

      In gewissem Sinne schon. Im Hunsrück ist man immer auf Tauchstation.

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  3. Ich habe nie verstehen können warum man als Linker diesen Antiemanzipatoren von der Hamas so unkritisch gegenüber stehen kann. Ich habe noch nie miterlebt das ein Linker beispielsweise dem Opus Dei (und der ist schon harmloser als die Hamas) kritiklos oder völlig egal gegenüber stand.
    So also ob die Hamas Raketen abfeuert, weil sie damit gegen die israelische Mietpolitik demonstrieren wollen.
    Ich erinnere mich noch wie ich als ziemlich junger Mensch Mitte der 80er mir den Kopp blutig gekrazt habe, als ich erfuhr das RZ und RAF Aktivisten in den gleichen Ausbildungscamps, von den gleichen palistinänsischen Ausbildern trainiert wurden, die auch Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann ausbildeten.

    Fred

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  4. Endlich mal eine sehr gute Zusammenfassung, die ich unterschreiben kann. Ich erlaube mir, ein Argument der Antisemiten zum Holocaust hinzuzufügen: "Warum haben die 6 Mio. Juden sich denn damals nicht gewehrt?" Heute wehren sie sich und auch das ist wieder falsch.

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    1. Ich las letztens den schönen Spruch: Deutschland hat aus dem Krieg die Konsequenz gezogen: Nie wieder Krieg! Israel hat aus der Shoah die Konsequenz gezogen: Nie wieder wehrlos!

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  5. Ich finde den feindsinnigen Unterton in den Kommentaren hier etwas befremdlich. Ich trau mich kaum es zu sagen aber, die
    Politik der israelischen Regierumg zu kritisieren ist nicht per se antisemitisch und impliziert auch keine Kritiklosigkeit gegenüber Hamas.

    Diverse Gravitationszentren der Macht ringen miteinander und lauter einfache Leute auf allen Seiten werden unter den Rädern zermalmt. Hardliner und Extremisten auf allen Seiten sind oft inoffizielle Verbündete im Alltag des Krieges. Sehr widersprüchlich sehr verzwackt.

    Wie flatter sehr richtig schreibt. Es gibt genug Menschen auf der Welt darüber zu urteilen, als deutsche sind wir hierbei also entbehrlich.

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  6. ps: mich hat auch schon die Feindseligkeit bei fefe gewundert mit seinem zynischen Witz

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    1. Das liegt bei mir daran, weil ich in einem Land lebe, wo Palästinasolidarität (das beinhaltet auch T-Shirts mit dem Aktivisten in Palituch verhüllt und Zwille im Anschlag, wie ich ihn noch aus den 80er/90er kenne und er bei der militanten Bewegungslinke als Motiv sehr beliebt war) besonders von radikalen und reaktionärsten islamischen Gruppen eingefordert wird. Also Leute gegen die ich als Linker sofort gegenan demonstrieren (müsste).
      Ehrlich gesagt, muss ich hier den Ball ganz flach halten wenn ich hier Differenziertheit will und Israel per se nicht automatisch als "schuldig" ansehe.
      Klar, das merkt man meinem Kommentar oben auch an.

      Fred

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