Na, Holgi, alter antifaschistischer Widerstandskämpfer, freust du dich schon? Dass das System, das du so abgrundtief hasst, demnächst endlich brennen wird? Das System, das dir, wie und warum auch immer, die letzten Jahrzehnte, trotz aller Zumutungen ein Leben geboten hat, um das größere Teile der Weltbevölkerung dich immer noch beneiden. (Nein, ich finde nicht, wir sollten unserem System 'dankbar' sein oder so, das ist unangebracht. Es hilft aber zuweilen, den Blick mal über Doitschland und Europa auszuweiten. Um gewisse Dinge in Perspektive zu rücken.)
Ach so, du findest, wir, also der Westen sei allein schuld an allem Elend auf der Welt? Soso, jaja, kann sein. Es muss endlich gerechter zugehen auf der Welt? Schon klar. Dann frag mal Chinesen, Inder, Pakistani und Menschen in vielen Ländern Afrikas, was die sich unter mehr Gerechtigkeit vorstellen. Die Antwort könnte dir nicht gefallen. Bist du bereit, auf Teile deines Lebensstandards zu verzichten? Ja? Schön, dann habe ich nichts gesagt.
Was du, Holgi, nicht raffst, ist: Faschismus ist nicht, wenn eine demokratisch gewählte Regierung dir sagt, du sollst eine Maske tragen. Oder dir eine nebenwirkungsfreie Impfung verabreichen will. Ja, die Impfung ist frei von Nebenwirkungen. Wenn die allein in Deutschland ca. 65 Millionen mal verabreicht wurde und dann in gut 1.500 Fällen (das sind gut 0,002 Prozent -- kannst du Prozentrechnung, Holgi?) unterschiedliche, nicht näher definierte Beschwerden gemeldet werden, von denen noch nicht mal klar ist, ob jeweils überhaupt ein kausaler Zusammenhang besteht, dann ist das quasi frei von Nebenwirkungen. Egal, ob du oder irgendwelche Twitterblasen das voll doof finden oder dem doofen Lauterbach den Tod an den Hals wünschen oder nicht.
Und nein, Holgi, du und deine Blase sind nicht die einzigen in dieser ganzen irren Welt, die schon mal auf den genialen Trichter gekommen sind, dass Krieg irgendwie voll scheiße ist und es doch irgendwie viel schöner wäre, wenn alle einfach mal miteinander reden würden. Was du, Holgi, nicht raffst, ist, dass es Putin wahrscheinlich nicht mit einem bisschen Donbass oder Ostukraine zufrieden sein wird. Und vermutlich auch gar keinen Bock hat auf Verhandeln. Ihm geht es um eine völlige Revision der bestehenden Weltordnung. Hat er selbst gesagt, mehrfach. Unter anderem in München, einem diesbezüglich nicht ganz ahistorischen Ort.
Faschismus, Holgi, ist es übrigens auch nicht, wenn du dich durch deine Regierung nicht vertreten fühlst oder die nicht das macht, was deiner Meinung nach passieren müsste. Solange es möglich ist, diese Regierung wieder abzuwählen, ist das immer noch Demokratie. Ob du das glaubst oder nicht. Oh, jetzt bist du schon wieder sauer, oder?
Nein, eine Form von Faschismus ist das, was vermutlich kommen wird, wenn das System brennt, wie von dir so sehnlichst erwartet. Oder glaubst du, eine Gesellschaft, die seit Jahrzehnten getrimmt ist auf Maximen wie "Ich zuerst!", "Das steht mir zu!"; "Ich habe ein Anrecht!", "Lassen Sie mich durch, ich bin...", "Ich war zuerst da!", "Wer keine Arbeit hat, ist selber schuld!", "Aber ist doch sooo bequem!" oder "Warum sollte ausgerechnet iiich...?" etc., würde im Angesicht des Kollaps plötzlich im ganz großen Maßstab Solidarität, Mitmenschlichkeit, Zusammenhalt und Nächstenliebe für sich entdecken? Warum sollte sie? Und was, Holgi, macht dich so sicher, dass du, wenn das System dann endlich brennt, auch lebend davonkommen wirst?
Es wird keinen zweiten Oktober 1917 geben, Holgi. Je eher du das kapierst, desto besser. Es wird übrigens auch keinen zweiten 30. Januar 1933 geben. Aber das ist keine gute Nachricht. Freu dich also lieber nicht darauf.
Disclaimer: Momentan ist eine Karawane aus 150 mit mehreren Tonnen Gold, Weihrauch, Myrrhe, gebratenen Täubchen und anderen Spezereien beladenen Mieteseln gen Schweppenhausen unterwegs, um die fälligen Lizenztributabgaben an Bonetti Media zu entrichten.
:o)))
AntwortenLöschen> Es wird keinen zweiten Oktober 1917 geben, Holgi. Je eher du das kapierst, desto besser. Es wird übrigens auch keinen zweiten 30. Januar 1933 geben. Aber das ist keine gute Nachricht. Freu dich also lieber nicht darauf. <
AntwortenLöschenKein zweiter 30.1.1933 ist keine gute Nachricht ? *autsch*