Samstag, 6. August 2022

Schmähkritik des Tages (60)

 
Heute Robert Misik über Online-Mobs und Appeasement

"In Österreich wurde eine Ärztin vom rechtsextremen Impfgegner-Mob in den Tod gehetzt. Lisa-Maria Kellermayr hatte sich von Beginn der Covid-19-Pandemie an um Patienten gekümmert, sie hatte ganz praktische Behandlungserfahrungen gesammelt, als Anfangs alle noch im Blindflug unterwegs waren, sie hatte damit auch eine gewisse Prominenz erlangt, war dann den Covid-Leugnern und Impfgegnern ein Dorn im Auge. Sie erhielt Hassmails, Morddrohungen, in denen ihre Todesart in den grellsten Farben und explizit ausgemalt wurde. Die Polizei nahm sie nicht ernst und fraternisierte noch mit dem Mob. [...]

Im Pfaffenton sprechen Mittelwegs-Politiker in die Kameras, es ginge darum »die Gräben zuzuschütten«. Zwischen Irrsinn und Verbrechen auf der einen Seite und der vernünftigen Zivilität auf der anderen Seite möchten sie unbedingt noch einen Konsens suchen. Wahrscheinlich hätten sie wohl auch noch zwischen Himmler und Anne Frank eine Art von Mittelweg ausloten wollen. [...]

Es ist diese ewige »False Balance« -- diese »falsche Ausgewogenheit« -- die einerseits vom romantischen Ideal der Versöhnung getragen, andererseits einfach Folge von Denkfaulheit ist. Die schmierigen, dummen Begriffe ziehen klebrige, dumme Gedanken sofort nach sich: Etwa den Glauben, wenn man der Hassmeute nur entgegenkomme, sie durch Zugeständnisse besänftige, dann würden »Gräben zugeschüttet«. Leider ist das Gegenteil der Fall. Nachgiebigkeit bestärkt sie, stachelt sie noch auf. [...] Warum ist eigentlich in den siebziger Jahren niemand auf die Idee gekommen, man könnte durch die Erfüllung von einigen Forderungen der »Roten Armee Fraktion« die Gräben zuschütten? [...]

Diese Leute wollen keine Versöhnung und auch nicht, dass »Gräben zugeschüttet« werden, sondern nur mehr aufganseln, nur mehr Gehässigkeit und Gereiztheit, die Grenzen des Sagbaren noch mehr ins Menschenverachtende verschieben. Einknicken und Streicheleinheiten sind keine Option." (Vernunft und Ekstase, 03. August 2022)


Anmerkung: Nein, ich muss nicht jeden Scheiß mitmachen und nicht Verständnis für alles Mögliche haben. Ich habe kein Verständnis für einen enthemmten digitalen Lynchmob, der sich am Suizid einer Ärztin aufgeilt und denen auch noch was von "selber schuld!" rausquillt. Deal with it. Wie ich auch kein Verständnis habe für Rassisten, die Galgen durch Innenstädte tragen, Asylbewerber bedrohen und von ihren "berechtigten Sorgen und Nöten" labern. Heult doch! Ebenfalls habe ich keinerlei Verständnis für welche, die behaupten, sie würden ja bloß die Unverhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen kritisieren wollen, mimimimimi, und es dann nicht hinbekommen, sich von so was wie oben abzugrenzen.

Das Schweigen des querdenkeraffinen Teils der ‚alternativen Medien‘ jedenfalls ist dröhnend. Und wer immer noch von "Alt-" oder "Systemmedien" faselt oder von "Gleichschaltung", sollte sich nur mal das hier geben. (Fürs Protokoll: Ich werde mich gewiss für gar nichts entschuldigen, werte Frau Achtenberg. Glaub', es hackt!) Und wo ist eigentlich das Verständnis, das diese Leute ihrerseits Andersdenkenden entgegenzubringen bereit sind? Also, wieso sollte ich?

Was für "Gräben" gibt es zuzuschütten zu welchen, die Mordaufrufe verbreiten? Und daher verstehe ich auch nicht, was so schwer daran ist, auch als bürgerlich-konservativer Politiker da klare Kante zu zeigen. Bei der RAF hat das, wie gesagt, damals doch auch ganz wunderbar geklappt. Oder sollte sich da ein Schema wiederholen, das bürgerlich-konservativerseits seit Weimarer Zeiten bekannt ist: Volle Härte nach links, "Na jaaaa…" nach rechts? Frag ja nur.







2 Kommentare :

  1. Sollen sie doch auswandern...
    https://www.neulandrebellen.de/2022/08/zum-abschied-eines-armen-landes/

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    1. ... tja, wie sagte einst Mahatma Gandhi: "Am Besten direkt aufs Maul, sonst merkt der Depp es nicht — evtl. auch zweimal in die Fresse."

      Gruß
      Jens

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