Die Tatsache, dass Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in Berlin jüngst von "50 Holocausts" faselte, die Israel seiner Meinung nach an den Palästinensern begangen habe, offenbart sehr schön, in welchen Gaga-Dimensionen der Nahost-Diskurs inzwischen angekommen ist. Ist 'Holocaust' inzwischen eine neue SI-Einheit? 1 Holo = sechs Millionen tote Juden (plus Sinti und Roma, Homosexuelle, Kommunisten u.a.)? Hat Israel demnach 300 Millionen Palästinenser umgebracht, oder wie sollen wir das verstehen?
Nein, natürlich nicht. Es geht um bloßes Getrolle, das längst seinen Weg aus asozialen Netzen in den politischen Diskurs gefunden hat. Mal eben eine schöne Täter-Opfer-Umkehr platziert, die Juden zu Tätern gemacht, sich selbst zum Opfer stilisiert, dann sich genüsslich zurückgelehnt und am nächsten Tag relativiert ("missverstanden", "nicht so gemeint", "mit der Maus ausgerutscht"). Wäre es da wirklich so zielführend gewesen, wenn ein Olaf Scholz reflexhaft mit "Skandal!", "Verurteiledasaufsschärfste", "Wut-Trauer-Betroffenheit!" etc. reagiert hätte und nicht mit einem stillschweigenden "Oh yeah, fuck you." Es gilt: Don’t feed the troll.
Hätte er das gesagt, was eigentlich hätte gesagt werden müssen, nämlich "Halt die Fresse, Arschloch!", dann wäre das Geschrei erst recht groß gewesen ("Darf ein Kanzler SO was sagen???"). "Und wo blieben eigentlich die spontanen Protestschreie der anwesenden Journalisten?" (Fischer)
Zu lustig sind ja diese privilegierten Akademiker in diversen Redaktionsstuben, die darüber klagen, dass heutzutage Hans und Franz unbedingt studieren müssen und es gar keine Leute mehr "im Maschinenraum" gäbe (lies: welche, die ihnen 'niedere Arbeiten' für kleines Geld erledigen). Die würde ich gern fragen: Was sagst du deinem Sohn, wenn er dir mit 16 sagt, er schmisse jetzt die Schule und mache eine Ausbildung als Dachdecker? Oder deiner Tochter, wenn sie sagt, sie ginge nach Klasse 10 mit einem ordentlichen Abschluss von der Schule und suche sich einen Ausbildungsplatz als medizinische Fachangestellte? Maschinenraum, yeah!
Würdet ihr, privilegierte Schreiberlinge, das genauso respektieren und unterstützen, als wenn euer Nachwuchs den Wunsch nach diesem oder jedem Studiengang äußerte? Vorbehaltlos? So gar nichts mit: "Willst du dir das nicht noch mal überlegen? Da verdienst du doch nix! Schau mal, wenn du studieren gehst, dann hast du doch ganz andere Chancen! Denk doch mal an deine Zukunft. Papa/Mama und ich helfen dir da auch."?
Ja? Dann will ich nix gesagt haben.
Ist ein bisschen wie mit Zuhältern, die erzählen, für sie auf den Strich zu gehen sei doch ein völlig normaler Job wie alle anderen auch. Will ich gern glauben. Aber: Was sagt so einer wenn die egene Tochter ihm mit 18 sagt, sie ginge jetzt anschaffen, sie habe da einen kennen gelernt, der sich super um sie kümmere? "Kein Problem, super Entscheidung, Kleine!"? Dann will ich natürlich auch da nix gesagt haben.
Endlich gefunden! Jemand, der noch schlechter Französisch kann als ich.
Jubel jubel, Deutschland ist Vizemeister! Und zwar im Nichtsparen. In einer Umfrage von 2018 lag nur Rumänien knapp vor uns. Es ging um die Frage: Sind Sie bzw. ist Ihr Haushalt in der Lage, am Monatsende was auf die hohe Kante zu legen? "Unter 13 europäischen Ländern weist Deutschland den zweithöchsten Anteil an Menschen ohne jegliche Ersparnisse auf. Deutschland steht damit gleich hinter Rumänien." (C.K. Heinrich) Klar, man kann fragen, wieso EU-Länder wie Malta, Bulgarien und Kroatien nicht in der Umfrage vertreten sind und wie da die Prozentsätze ausgefallen wären. Dann wären wir Wir Deutsche(TM) vielleicht nur dritter oder vierter im Nichtsparen.
Zieht man andere Quellen hinzu, dann erfährt man: 51 % der Deutschen gaben 2016 an, regelmäßig zumindest einen Teil ihres frei verfügbaren Geldes zu sparen. Also 49 % nicht. 26 % gaben an, pro Monat zwischen 50 Euro und 100 Euro zu sparen. 16 % betrug der Anteil der Menschen, die über Sparguthaben in Höhe von weniger als 1,000 Euro verfügen. Geht man davon aus, dass sich daran im Kern nichts geändert hat, sind das wahrhaft ermutigende Zahlen für den Winter.
Boris Reitschuster ventilierte nun via Twitter, dass er ein Würzburger IKEA-Restaurant zu boykottieren gedenke, da man ihm dort Salzkartoffeln vorsetzen wollte anstatt Pommes frites. Wegen derer nachteiligen Ökobilanz, Er fühlte sich darob belehrt, bevormundet und "wie ein Erziehungsobjekt" behandelt und witterte Kanzelkultur.
Reitschuster, der aufrechte Kämpfer gegen Cancel Culture, will jetzt IKEA canceln - wegen Pommes. Oder eher: keiner Pommes. Er verzichtet ab jetzt auf IKEA, weil die keine Pommes mehr verkaufen.
— Marie von den Benken (@Regendelfin) August 18, 2022
Lieber Boris! Weisst Du, wer ebenfalls keine Pommes verkauft? Genau: TWITTER! Na? pic.twitter.com/ov8paeJ9CW
Bääähhh! Ich! Will! Meine! Pommes! Hey Reitschuster, schon mal in Erwägung gezogen, dass die Welt sich eventuell nicht ausschließlich um Sie und Ihre Bedürfnisse dreht? Und dass ein Händler frei über sein Sortiment entscheiden kann? Mein ja nur.
das mit den wenigen sparern deutschland glaube ich nicht. die gesparte summe ist ungleich/ ungerecht verteilt. aber die summe stieg ja immer an. vielleicht ist das geld in aktien und häusern angelegt, oder in der südsee. ich kenne einige menschen, die nie sagen würden, dass sie geld sparen und haben, weil man in deutschland nicht über geld spricht. vielleicht ist die meldung auch dem verhindern einer neiddebatte geschuldet, wenn man die frage richtig stellt, passt auch die antwort.
AntwortenLöschenNun ja, die Spaerquote als volkswirtschaftliche Größe ist in D-Land traditionell hoch. 2019/20 gab es noch einmal einen Ausreißer nach oben, weil es wg. Corona-Maßnahmen weniger Gelegenheit gab zu Geldausgeben.
LöschenDem entgegen stehen aber die seit Jahrzehnten stagnierenden Reallöhne. Ergo würde ich sagen: Ein kleinerer Teil der Bevölkerung hat was auf der Kante, der Teil mit wenig bis nichts auf der Kante wächst.
Scholz würde ich bei der ganzen Nummer noch zugestehen, dass er von diesem plumpen Auftreten schlicht überrumpelt wurde. Bei Abbas läßt sich vermuten, dass dieses "Spiel" durchaus beabsichtigt war. Die Karte Holocaust zieht man ja nicht mal eben so aus dem Ärmel, schon weil jedem klar sein sollte, was es damit auf sich hat. Ergo macht man´s bewußt und im Bezug auf Israel gleich zweimal.
AntwortenLöschenMöglich wäre noch ein Intervenieren nach der Rede gewesen, aber wie gesagt vermute ich, dass Scholz hier für den Moment gar nicht gepeilt hat, was der da vom Stapel gelassen hat.
Und Reitschuster?
Ein Troll ist ein Troll ist ein Troll. Lieber negative Aufmerksamkeit als keine und dann die Opfernummer schieben. Sind ja eh alles Verfolgte und Unterdrückte. Sein Gefolge mag das und Kunden, die kauften, kauften auch...
...dessen Agenda ist doch völlig klar antidemokratisch und irgendwie kommt der mir eher vor wie ein installiertes Sprachrohr. Das ist so eine Art Jebsen in neuem Gewand.