Sonntag, 12. November 2023

Ronny des Monats - November 2023


Man geht sicher nicht zu weit, wenn man sagt, die letzten Wochen standen vor allem im Zeichen der sprunghaft angestiegenen Zahl antisemitischer Taten seit dem 7. Oktober. Was natürlich bloß purer Zufall ist, gell? "In Berlin versuchten Unbekannte, einen Brandanschlag auf eine Synagoge zu verüben. Sie warfen Molotow-Cocktails auf ein Gebäude, in dem sich zudem eine Grundschule und eine Kita befinden. In Aachen versuchte ein Iraker, die Scheibe einer Synagoge einzuschlagen." (tagesschau) Aha! Ein Iraker! Da haben wir’s! Alles importierter Antisemitismus, nicht wahr, Ronny? Hättest du wohl gern. Remember Weimar: Every rightwing accusation is a confession.


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Die Top 5:

Platz 5: Schweinisches

Zur freundlichen Erinnerung, tapferer Bad Ischler Wirt, o mein Rebell: Es gibt so einige Gruppen von Menschen, die jenseits von Geschmacksfragen kein Schweinefleisch essen. Gläubige Muslime etwa. Oder streng gläubige Juden. Oder welche, die traditionell gar kein Fleisch essen. Zum Beispiel Brahmanen und viele Buddhisten. Vegetarier und Veganer mögen vielleicht zuweilen nerven und die Radialinskis unter ihnen brechen schon mal nachts in Ställe ein, aber von Selbstsprengung hört man da wenig. Kleiner ungefragter Tipp: Seien Sie doch einfach ehrlich und plakatieren Sie: "Kameltreiber unwillkommen!" oder so. Das wäre immer noch doof, zeugte aber wenigstens von einem Rest an Rückgrat. Und die Entschuldigung? Kickt so in der Liga von: "Sollte ich versehentlich jemanden verletzt haben, dann..."

Platz 4: Sahra Wagenknecht (BSW)
Bespielt mit ihrem "Die Ukrainer wollen hier bloß Stütze abgreifen" souverän den Kleinbürger-Stammtisch: Sie wolle keineswegs generalisieren, kenne da aber ganz konkrete Fälle in ihrer Heimatstadt, die... Na, kommt’s Ihnen? Bekannt vor? "Ich habe ja nichts gegen diese Leute, aber die Freundin einer Nachbarin hat gesagt…" Vor einem Jahr hatte Friedrich Merz (CDU) bereits "Sozialtourismus" beklagt. Ui, Sahra und Fritze - geht da was?

Platz 3: Asphalt-Antisemitismus
In Mainz-Ebersheim wurden drei Stolpersteine, die an deportierte Jüdinnen und Juden erinnern, derart verunstaltet, dass die Verunstaltungen nicht mehr rückgängig zu machen sind. Da kann man jetzt fragen: Wenn ein paar kleine Messingplatten bereits so eine Reaktion auslösen, was sagt das über unsere Gesellschaft? Und: Haben die Stolpersteine als Kunstwerk dann nicht ihren Zweck getan? 

Platz 2: Daniel Halemba (22, AfD)
So jung und schon so… *würg* Ein wahrer Volksvertreter. Am liebsten würde man hier Wiglaf Droste zitieren, der einst über Guido Westerwelle schrieb: "Alles, was er hatte, / War Krawatte." Aber das grenzte dann doch an Leichenschändung.

Zum mitschreiben:

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Platz 1: Süleyman Sezen (AKP), Erdogans Hobby-Hütler
Wie, es ist rassistisch, die türkische Sprache zu verhonepiepeln, indem man beliebige Vokale durch Üs ersetzt? Kann sein. Ist mir in diesem speziellen Fall aber ausnahmsweise schnuppe.


Und die ehrenvolle Erwähnung des Monats, Damen und Herren, soll auch nicht fehlen. Sie gebührt dieses Mal:

Hobby-Historikerin Alice Weidel

Kurz zur Einordnung: Die Schnurre, das Leiden der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und während der Nachkriegszeit werde systematisch totgeschwiegen zugunsten eines absurden 'Schuldkultes', ist eine uralte, ahistorische rechte/revisionistische Erzählung, die von keinerlei Fakten getrübt ist und die ihre vermeintliche Relevanz allein aus der Tatsache bezieht, dass sie seit Jahrzehnten immer aufs neue ausgebuddelt und wiederholt wird.

Man wird lange suchen müssen, ein (populär-)wissenschaftliches Buch über den zweiten Weltkrieg aus der Nachkriegszeit zu finden, in dem die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte, die Vertreibungen bei Kriegsende etc. nicht zumindest erwähnt werden. Außer, man bekommt eines in die Finger, das einen rein militärhistorischen Schwerpunkt hat und alles andere ausklammert.

(Was haben eigentlich die diversen Vereinigungen der Heimatvertriebenen die letzten Jahrzehnte so gemacht? Hatten die Rede- und Versammlungsverbot? Kann mich nicht erinnern.)

Wenn etwa die Hungersnot nach dem Krieg ausgespart wird, dann, weil sie nicht währen des 2. WK passierte und daher nicht Gegenstand von Büchern über den 2. WK ist.

(Wann zur Hölle bekommen unsere Kinder endlich mal Geschichten von Wolfgang Borchert in den Schulbüchern zu lesen, in denen das Elend unmittelbar nach dem Krieg thematisiert wird??? Ach, tun sie längst? Egal.)

Anders sieht es mit der Shoah aus: Nach einer, von revisionistischen Kreisen gern als 'Siegerjustiz' denunzierten, kurzen Phase juristischer Aufarbeitung durch die Alliierten (Nürnberger Prozesse, KZ-Prozesse) bis 1949 und ersten journalistischen, essayistischen und literarischen Annäherungen (Eugen Kogon: 'Der SS-Staat', 1947; Paul Celan: 'Todesfuge', 1948) war es da längere Zeit eher ruhig. Eine systematische juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen kam erst ab den 1960 Jahren dank couragierten Menschen wie Fritz Bauer mit den Frankfurter Auschwitzprozessen langsam in Gang. In der DDR wurde meines Wissens nach lange nur an die Verfolgung von Kommunisten erinnert.

Einer breiten Öffentlichkeit (in Westdeutschland) wurde das Thema erst ab den 1970ern durch die Fernsehserie 'Holocaust' bekannt (der Bayerische Rundfunk machte übrigens beim Ausstrahlen nicht mit). Dass auch Teile der 'regulären' Wehrmacht verstrickt und keineswegs unschuldig waren, was seit den 1970en Konsens in der Forschung war, konnte erst ab den 1990er unter teils heftigem Protest von Neonazis und Rechten etabliert werden, u.a. im Rahmen der Ausstellung 'Verbrechen der Wehrmacht'.

So viel zum Thema Schuldkult.






5 Kommentare :

  1. Muss die Liste nicht langsam von Top 5 auf Top 10 erweitert werden?

    Zu Frau Wagenknechts Gequatsche kann ich nicht glauben, dass sie mit ihrem Intellekt nicht weiß, dass es für Ukrainer als Schutzsuchende eine Sonderregel gibt mit 90 Tagen Aufenthaltsrecht ohne Visum im Schengen-Raum, diese aber in dieser Zeit keine Bezüge bekommen, sondern erst dann, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Richtig ist dagegen, dass sie dann keine Leistungen nach Asylbewerbergesetz beziehen, sondern nach SGB und damit die etwas höheren Sätze des Bürgergeldes.

    Genauso ist es Gequatsche, wenn sie im Artkiel anekdotisch die Sache mit den freigehaltenen Wohnungen erwähnt. Ohne Nachweis, wann, wo, wie usw. ist das einfach erstmal nur eine Aussage. Andererseits wird dann wieder gemeckert, wenn Flüchtlinge in Containern, Zelten, Sporthallen usw. untergebracht werden, weil entweder keine andere Möglichkeit besteht oder geplante Unterkünfte meist recht lautstark von "Asylkritikern" verhindert oder anderweitig unbenutzbar gemacht werden wie z.B. durch Anzünden oder unter Wasser setzen.

    Solche Aussagen sind also in erste Linie Polemik und Propaganda für sich selbst.

    Außer Herrn Halemba fallen mir noch ein paar ganz Andere dieser aalglatten Babyfaces ein, die trotz ihrer körperlichen Jugend geistig schon gestorben sind, und die sind auch nicht alle nur in der AfD, obwohl die O-Töne durchaus dazu passen:-(

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  2. Was Wohnungen betrifft, gab es schon eine arge Schieflage. In meiner Nachbarschaft, ja in meiner Etage wurde die Wohnung nicht an Bewerber vergeben, da sie zu wenig verdienen (2 Jobs, einer davon in der Gastronomie, Trinkggelder nicht anrechenbar auf fie nötigen 30% für Miete), aber sofort an Ukrainerin gegeben, da Geld da keine Rolle spielte. Klar braucht die Wihnraum, aber ist schon deprimierend für die, die schon lange danach suchen.

    Das hat zumindest einen oberflächlichen Geschmack hinterlassen.
    Schon klar, die Ursachen von Wohnungsmangel bis Not liegen woanders, das Betroffene sich aber deplaziert fühlten, sollte man schon anerkennen.

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    1. Nun, wenn das so ist, dann ist das verständlich. Das Problem daran ist aber nicht, dass gewisse Gruppen sozial überversorgt sind, sondern dass die Löhne seit Jahrzehnten hinterherhinken.

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    2. "Schon klar, die Ursachen von Wohnungsmangel bis Not liegen woanders, das Betroffene sich aber deplaziert fühlten, sollte man schon anerkennen."

      Das ist völlig unstrittig. Allerdings dürfte Frau Wagenknecht davon nicht betroffen sein, von daher bleibt es trotzdem Polemik. Das für einen Vermieter die "billige Kohle" vom Amt mit Mietern, die keine Ansprüche stellen, u.U. einfacher ist als das eventuelle Risiko eines Mietausfalls bei Geringverdienern...

      Diese Diskussion gab es schon bei den osteuropäischen Tagelöhnern, die z.B. in Marxloh und anderen Armenvierteln massenhaft zu Hökerpreisen für ein Matratzenlager in Bruchbuden campiert haben und dabei die Taschen irgendwelcher dubiosen Haie gefüllt haben, die genauso deren Notlage ausgenutzt haben wie hier die der Wohnungssuchenden. Im Grunde gibt es auch Gegenden mit Leerstand, nur will eben auch dort keiner Flüchtlinge haben. Da werden die Einen geschickt gegen die Anderen ausgespielt und ob sie die Wohnung im Vergleich zu anderen Mietern bekommen hätten auch ohne den Bedarf für Flüchtlinge?

      Wenn ich jetzt Scholz´ Forderung nach einem neuen Wohnungsbauprogramm höre, habe ich schon wieder die Hände an der Stirn. Buden gäbe es durchaus, aber bezahlen können sie oftmals immer weniger.

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  3. Nein, natürlich nicht.
    Die Wohnung hätte auch kein anderer Sozialleistungsempfänger (2 Personenhaushalt) bekommen, da Miete über dem Satz für Kosten und Unterkunft liegt.

    Und klar, Wohnungen gibt es, zb Eigentumswohnungen ab 21m². Die werden aber wohl kaum als Hauptwohnsitz genutzt.

    Ansonsten bin ich mit Ihnen d'accord. Die Hände gehen gar nicht mehr ab von der Stirn.

    Was Entlohnung betrifft, da fehlt der Wille zum Zusammenschluss, stattdessen unterbieten sich die Verzweifelten.

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