Donnerstag, 23. November 2023

Hoffen auf die Farce


"Hegel bemerkt irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce." (Marx)

Das Lustige ist ja (wenn man das denn lustig finden will): Faschisten und Nazis pflegen vorher ganz genau anzukündigen, was sie vorhaben. Die machen da absolut keinen Hehl draus. Streuen niemandem Sand in die Augen. Halten damit nicht hinter dem Berg. Hitler hat schon in den 1920ern klipp und klar seine Politik der Gewalt gegen alle Gegner und sogar die Auslöschung der Juden offen angekündigt. Und alle so: Haha, wie soll DAS denn gehen? Der kleine Spinner mit der Rotzbremse wieder! Macht bestimmt nur Spaß. Und überhaupt, wie der schon aussieht...

Und hinterher, als Millionen tot waren und alles in Trümmern lag, alle so: Also, wer hat DAS den ahnen können? Also, DAMIT hat nun wirklich NIEMAND rechnen können! Wir wurden damals ja quasi überrumpelt, als der die Macht einfach so an sich gerissen hat. Man hat das damals ja im Prinzip alles gar nicht mitbekommen.

Faschisten und Nazis brauchen im Zweifel nur eine größere Wahl zu gewinnen, das genügt ihnen. Und sie pflegen diese Macht dann auch nicht mehr abzugeben. Überlegungen wie: "Na ja, dann lassen wir die Witzfiguren sich halt mal vier Jahre lang in der Regierung blamieren, die Leute werden schon sehen, was sie davon haben. Wir formieren uns schön in der Opposition neu, dann werden sie abgewählt und wir übernehmen wieder. Dann werden die Leute schon sehen, was sie an uns haben.", sind hoch riskant.

Ich sage das, weil Donald Trump, der eifrig an seiner erneuten Wahl strickt, inzwischen in komplett unverklausulierte faschistische Rhetorik abkippt und sich gar keinen Zwang mehr antut:


Das bedeutet: sofortige Erklärung des Ausnahmezustands, Einsatz des Militärs im Inneren, Schwächung von Justiz und richterlicher Kontrolle, Ermächtigungsgesetze, Internierungslager für Migrant:innen. So jedenfalls die antifaschistischem Alarmismus' nicht eben verdächtige FAZ.

(Haha, wie soll das denn gehen? Der Komiker mit der gefärbten Frise und dem Selbstbräuner in der Visage wieder! Der macht bestimmt nur Spaß. Und überhaupt, wie der schon aussieht...)

Wer hier Parallelen findet zu Gestalten wie Be-Punkt Höcke mit seiner "wohltemperierten Grausamkeit" und Ha-Geh Maaßen, der gegen "kulturfremde Ausländer" allen Ernstes eine "Chemotherapie" herbeisehnt (sich aber, wenn's grad passt, gern mit unter den Nazis verfolgten Juden gleichsetzt), kann sie behalten. Zu anderen Zeiten wären solche Leute Teil jenes Narrensaums aus Glücksrittern, Gescheiterten und sich zu kurz gekommen Dünkenden, der irgendwie immer da ist, aber keine große Rolle spielt, weil die dort Versammelten niemals auch nur in die Nähe politischer Verantwortung kämen.

Nur, damit es hinterher (so es noch ein Hinterher geben sollte) nicht wieder heißt: Also, wer hat DAS den ahnen können? Also, DAMIT hat nun wirklich NIEMAND rechnen können! Wir wurden damals ja quasi überrumpelt, als der die Macht einfach an sich gerissen hat. Man hat das damals ja im Prinzip alles gar nicht mitbekommen... Doch konnte man. So wie auch vor 1933 jeder, der Ohren hatte zu hören und Augen hatte zu sehen, das wissen konnte. Man mag das eingangs geschilderte Verhalten 1945 noch damit entschuldigen, dass vor 1933 sich kaum einer ausrechnen mochte, wozu Faschisten und Nazis wirklich in der Lage sind. Heute wissen wir es aber besser.

Um Faschisten und Nazis an die Macht zu bringen, braucht es, so zeigt historische Erfahrung, neben einer gewonnenen Wahl noch zwei Dinge: Eine versagende Linke, die sich mit internen Streitereien selbst aus dem Spiel nimmt und eine 'bürgerliche Mitte', die findet, jetzt sei auch irgendwie mal gut mit dieser lästigen, ineffizienten Demokratie und Minderheitenrechten und so. Auch das ist bekannt und gut erforscht.








8 Kommentare :

  1. ... den letzten Absatz sollte man regelmäßig lesen!
    Die Analogien zum aufkommenden Nationalsozialismus sind mit etwas Fantasie schon ziemlich deutlich.
    Man hat eine selbtverliebte Linke, die sich mitGenderfragen-Diskussionen unter die 5 Prozenthürde ballert. Eine SPD, die dank dem windigen Scholz mindestens als Trickserbude wahrgenommen wird. Zu guter letzt eine am rechten Rand erfolglos fischende CDU, welche immer noch nicht begreift, das der enttäuschte Mittelstandswähler dann lieber doch (nur so aus Protest!) das Original wählt.

    Gruß
    Jens

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  2. Nun ja - inzwischen haben wir mit den Niederlanden nach Italien, der Slowakei, Ungarn und Polen ja inzwischen den nächsten "failed state", wenn man das in Bezug auf rechte Politik(er) und deren Machtgelüste bezieht und die dank Polemik und der Lethargie der Konkurrenz Wahlen abräumen. Schön dazu ein Kommentar in der Tagesschau mit dem passenden Satz:

    "Die Wähler hätten die Nase voll von ihren Politikern. Das sollte auch eine Warnung für Deutschland sein."

    Nach inzwischen mehreren Jahrzehnten neoliberaler Politik quer durch alle Regierungsparteien mit dem "Erfolg" einer in wachsenden Anteilen systematisch verarmten und verarmenden Bevölkerung sehe ich inzwischen auch hier viele "Unzufriedene", die diese parlamentarische Demokratie auf dem Level einstufen, dass sich sowieso nix zugunsten des gemeinen Bürgers ändert und die Parlamente nur noch Quasselbuden und Laufstege von Selbstdarstellern sind. Das Aufwachen hätte allerdings viel eher geschehen müssen und mir dünkt, dass wie im letzten Absatz angerissen die Etablierten den Schuss weder hören wollen noch werden, solange sie nur glauben, selber mittels Lavieren an der Macht bleiben zu können. Die Rutschbahn vom "normalen" Kapitalismus in Richtung Faschismus kippt schnell und das gilt für ganz Europa, denn auch eine Le Pen und andere sind schwer auf dem Sprung und deren Zeit ist gekommen...

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  3. Naiv, verführt, gezwungen. Das sind die klassischen Erklärungen, warum die Nazis 1933 und danach einen derartigen Erfolg hatten. Tatsächlich sahen viele Deutsche damals in der rechten Ideologie eine Übereinstimmung mit ihren Lebensvorstellugen. Recht und Ordnung, einen starken Mann, elitäres Bewusstsein (Herrenvolk) usw.

    Gerne wird behauptet, die Deutschen wären gegen ihren Willen sanft und ahnungslos in den Faschismus geschoben worden. Das ist historisch falsch.

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  4. Falls noch nicht bekannt "Die Totengräber" (https://www.fischerverlage.de/buch/ruediger-barth-hauke-friederichs-die-totengraeber-9783596299737) ist spannend zu lesen und zeigt erschreckende Parallelen.

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    1. @Chris Kurbjuhn

      Die Parallelen sind schon länger auffällig und je mehr Krise, um so mehr Populismus, der von Machthungrigen genutzt wird. Was mich dabei wie auch hier an solchen im Nachhinein getroffenen Aussagen stört, ist die, dass es hätte vermieden werden können.

      Auch da gibt es Parallelen so wie in Italien oder just in den Niederlanden. Diese Rechten sind allesamt demokratisch an die Macht gekommen und so wie jetzt dort hält nur das Verweigern einer Koalition Wilders noch vom Regieren ab. Minderheitsregierungen sind meist nicht sehr stabil und daher ist es meist nur eine Frage der zeit, bis nach Neuwahlen gerufen wird und politikmüde Menschen für "ihre Hoffnung auf Ruhe" das vermeintlich kleinere Übel wählen. Auch im ersten Weltkrieg hätte das Attentat kein "Grund" sein müssen und der Ausbruch verhindert werden können. Auch dort hat eine längst hochgerüstete Macht Deutschland mit seinen Verbündeten irgendwann einen anderen Anlass gefunden und wenn nicht, dann wird er eben wie 1939 fingiert. Der gesamte Weg zur Macht unter Hitler und den Nazis ist ein einziges Lügengebilde gewesen über die Hetze gegen Juden und den politschen Gegner, den Reichstagsbrand, die Konzentrationslager oder den Überfall in Gleiwitz. Jeder hat das gewusst und es ist trotzdem nicht verhindert worden, weil Terror und Strukturen die Menschen kleingehalten haben. Auch jetzt kann wieder keiner sagen, es ist nicht gewarnt worden und wie es so oft ist, machen speziell die Rechten keinen Hehl aus ihren Plänen.

      Und sie sind bereits mittendrin, wie die Falschmeldungen von AfD und nichtparlamentarischen Rechten in den sozialen Medien zeigen oder die jüngsten Fakes vor der bayerischen Landtagswahl, als Weidel und Chrupalla die Menschen mit ihrem Hokuspokus die Taschen vollgehauen haben über die vermeintlichen Bedrohungen und den Piekser auf der Veranstaltung, während sich Weidel auf Malle aufgehalten hat. Nichts als Lug und Trug und trotzdem wird es mythologisiert...

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    2. Bitte nicht vergessen: Es war die SPD, die die AfD in die parlamentarischen Stiefel gesteckt hat. Nach der BT-Wahl 2017 war die SPD die größte Oppositionspartei. Von allen Granden dieses Arbeiterverrätervereins wurde einer Fortführung der Groko mit der CDU eine Absage erteilt (Andrea Nahles "Jetzt kriegen sie auf die Fresse.)

      Nachlesen bei "Abfall aus der Warenwelt": https://www.kaysokolowsky.de/die-obszoenste-der-parteien/

      Dann trat Old Schwurehand Franz Walter Steinmeier auf den Plan und befahl seinen Vasallen "im Interesse der Nation" die GroKo fortzusetzen. Diese Entscheidung hatte zur Konsequenz, dass die AfD die größte Oppositionspartei mit all ihren parlamentarischen Privilegien (Besetzung von Ausschussvorsitzen, Rederecht, usw.) wurde.

      Das Abrutschen der SPD auf 15 % nehme ich daher mit großer Schadenfreude zur Kenntnis und warte gespannt auf den Sturz unter die 5%-Hürde.

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  5. Das Marx-Zitat (erst Tragödie, dann Farce) ist anwendbar auf SA und Antifa.

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    1. Aha.
      Glauben Sie bitte nicht, hier irgendwen mit Ihrem ahistorischen Unfug beeindrucken zu können.

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