Donnerstag, 4. Oktober 2018

Einigkeit und Recht und Freizeit


Gestern war ja wieder dieser Einheitsgedenktag, an dem immer frei ist. Den gedachte ich unter anderem dafür zu nutzen, im hübschen Bad der Nachbarstadt eine Runde zu schwimmen und hernach im herrlich temperierten Solebecken noch ein wenig zu entspannen. Da ich zudem für meine Verhältnisse recht früh auf den Beinen war, dachte ich: Mach dich zeitig auf den Weg, dann hast du eine Chance, halbwegs ungestört ein paar Bahnen zu ziehen. Guter Plan. Hatte ich mir so gedacht. In der Theorie. Als ich auf den Parkplatz einbog, sah ich nur noch Volksmassen in allen Farben, Formen, Größen und Altersgruppen strömen. Und zwar dummerweise fast ausschließlich hinein. Also Plan gecancelt. Dumm gelaufen. Zuerst geärgert, dann aber dachte ich: Dass so viele Menschen an diesem Tag offenbar wichtigeres und Schöneres zu tun zu haben, als daheim vor der Glotze dieser 'Deutschen Einheit' zu gedenken, kann kein ganz schlechtes Zeichen sein. Und ward wieder ein wenig versöhnt mit dem Tag.

Dienstag, 2. Oktober 2018

Vermisches vom 2.10.2018


Was ich an der Causa Kavanaugh so interessant finde: Ich kann autoritäres Schulhofrowdy-Gehabe auf den Tod nicht ausstehen und es verursacht mir fast körperliche Beschwerden, wenn Leute immer wieder mit so was durchkommen. Es mag meinetwegen höchst unreif sein, aber es verschafft mir eine gewisse Befriedigung zu sehen, wie so ein Rumbrüller, Einschüchterer, Empörter, Aufdentischhauer und Backenaufbläser auch mal vor die Wand läuft mit seinem Rumbrüllen, Einschüchtern, Empören, Aufdentischhauen und Backenaufblasen, wie er vor laufenden Kameras und vor den Augen der Welt Gegenwind bekommt und es gar nicht fassen kann. Ob er den Job am SCOTUS am Ende bekommt oder nicht (man wird schon einen Weg finden) - egal, allein das war es wert.

Sonntag, 30. September 2018

Warum, ach sag', warum


Michael Spreng, seines Zeichens ehemaliger Chefredakteur des meistverkauften Presseerzeugnisses der Nation, muss sich doch sehr wundern. Wieso ist sein früherer Arbeitgeber in letzter Zeit bloß so komisch? Die Gazette "[...] zersetzt [...] systematisch den Respekt vor den Institutionen und Repräsentanten des Staates und delegitimiert die liberale deutsche Demokratie. Die Zeitung macht sich damit freiwillig oder unfreiwillig zur Vorfeldorganisation der AfD." Der nicht mehr gar so neue Schriftleiter "[…] Julian Reichelt hat offenbar eine Truppe von selbsternannten Kriegern um sich geschart, die glauben, sie lägen im Schützengraben und müssten nicht nur die Kanzlerin, sondern auch den liberalen Rechtsstaat sturmreif schießen.“ Büschen viel Weltkriegsmethaphorik. Egal.

Freitag, 28. September 2018

Patriarchat, fortgeschrieben


Sicher, es sind die USA und die sind - Platitüde - in vielem anders. Einigen wir uns vielleicht darauf: Richter, egal wo und welcher Instanz, sollten zunächst einmal über den nötigen Sachverstand verfügen, ihren Job ordentlich zu erledigen. Weiterhin steht nirgendwo geschrieben, dass Richter moralisch zu 100 Prozent integer sein müssen. Und nein, Richter müssen auch keine Heiligen sein, es wäre weltfremd, geradezu kindisch, das zu erwarten. Ein Bewusstsein aber, eine Art Kompass für das, was richtig und falsch ist, muss man schon erwarten von einem Richter. Ferner eine Fähigkeit zur Reflexion, sich in die andere Seite hineinversetzen zu können. Ich mit meinem laienhaften Verständnis von Rechtsprechung wüsste jedenfalls nicht, wie man sonst Recht sprechen könnte.

Montag, 24. September 2018

Jenseits der Blogroll - 09/2018


Preisfrage: Woran erkennt man, dass es wieder Herbst wird? An den sinkenden Temperaturen? Den bunt sich färbenden Blättern? Iwo, der sicherste Indikator ist die alljährlich anhebende Berichterstattung über das Oktoberfest. Dieselben Preßfritzen, die uns sonst streng ermahnen, dass schon das kleinste Feierabendbierchen pures Gift sei und es im Prinzip keine vertretbaren Alkoholmengen gäbe, schalten im September kollektiv auf Partymodus. Und so werden wir auch dieses Jahr wieder zugeballert mit allerlei Details über das größte Massenbesäufnis der Welt. Über Bierpreise, Alkoholleichen, betrügerisches Einschenken, wie ein Dirndl korrekt zu tragen ist, welcher Promi mit welchen anderen unwichtigen Menschen in welcher Feierbutze gesehen wurde, die Wonnen vormittäglicher Druckbetankung im Festzelt und dass es überhaupt nichts Geileres gibt als sich in alberner Gewandung systematisch die Birne rauszuschrauben. Sexuelle Übergriffe hingegen werden normalerweise eher diskret behandelt. Wegen christlich-abendländische Kultur vermutlich.

Sonntag, 23. September 2018

Jesses!


Mag man auch inhaltlich nicht immer mit allem einverstanden sein, was dort geschrieben steht (etwa wenn der Autor Harald Martenstein heißt), ist der berlinische Tagesspiegel für das eine oder andere unbedingt zu loben. Er ist mit einigen anderen Ausnahmen (taz, Frankfurter Rundschau) eines der wenigen größeren Presseorgane, das nicht ganz oder teilweise hinter Bezahlschranken verschwunden ist, kein Bezahlmodell praktiziert und einen auch nicht andauernd auffordert, den doofen Adblocker auszumachen. Ferner muss man hervorheben, dass man dort bereit und in der Lage ist, es zu thematisieren, wenn man Mist gebaut hat und dann auch bereit ist, das entsprechend zu korrigieren.

Freitag, 21. September 2018

Schmähkritik des Tages (22)


Heute: Micky Beisenherz über die Personalie Maaßen

"Annette Schavan und Karl Theo Guttenberg wiegen gerade in Embryonalstellung unter der Dusche, während Christian Wulff traurig seine Kreise auf dem Bobbycar in der Einfahrt dreht. Binnen weniger Stunden ist »Maaßen« vom Substantiv zum Verb mutiert:

Maaßen- größtmögliche Karriereschritte machen bei erwiesener Inkompetenz.

Dienstag, 18. September 2018

Opa erzählt vom Kalten Krieg


An der bei RTL gefloppten Serie 'Deutschland 83' gibt es erfreulich wenig auszusetzen.

Mit den seit einigen Jahren so angesagten Fernsehserien ist das bei mir ja so eine Sache. Gucke ich meist erst dann, wenn sie schon ein paar Jahre alt sind. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht weil mir 'Hypes' aller Art so gegen den Strich gehen. Ferner halte ich auch in Zeiten des Streamings eisern am guten alten Datenträger fest. Man sollte den Datensammlern dieser Welt ihr Geschäft so schwer wie möglich machen, wenn man es ihnen schon nicht komplett verunmöglichen kann. Ich finde immer noch, es geht außer mir und von mir ausgewählten Personen niemanden etwas an, wann ich wie lange was genau anschaue.

Samstag, 15. September 2018

Stei! Polizop!


Wie die Prioritäten liegen

3.500 bis 4.000 Polizeibeamte mit schwerem Gerät bietet das Land Nordrhein-Westfalen nach Medienangaben auf, um 200 Hektar rheinischen Restwald roden zu können. Dazu war es nötig, amtlich festzustellen (vermutlich nachdem man neueste Supercomputer angeschafft und die brightesten US-Hochschulabsolventen rekrutiert hatte), dass die 50, zum Teil seit Jahren existieren Baumhäuser den Bestimmungen des Brandschutzes nicht genüge tun (ein Glück, dass die Waldbrandsaison...). Gut, spätestens seit dem Berliner Flughafen weiß jedes Kind, dass in Deutschland Gebäude, die die Auflagen des Brandschutzes nicht erfüllen, qua ministerieller Verfügung unverzüglich durch die Polizei per Bulldozer abzuräumen sind. Bei Gefahr im Verzuge darf Der RechtsstaatTM kein Pardon kennen, es geht schließlich um unser aller Sicherheit.

Donnerstag, 13. September 2018

Steinerne Schlussstriche


Vorweg ein Bekenntnis: Ich habe durchaus etwas über und ein Faible für alte Gemäuer und so genannte 'geschichtsträchtige' Orte. Stehe ich im Oktogon des Aachener Doms, vor dem Speyerer Dom, in der Hagia Sophia, der Kathedrale von Saint-Denis, am Londoner Tower, auf dem Forum Romanum, der Nürnberger Kaiserburg oder an ähnlichen Orten - you name it - und lasse die Gedanken schweifen, dann geht mir das Herz auf. Als Kind und Heranwachsender fand ich den alten Kram erst totenöde, da komplett uninteressant, dann war er mir egal. Als ich begann, mich für Geschichte zu interessieren, wurde das anders. Wer mit mir in den Kölner Dom geht, muss sich auf einen längeren Aufenthalt gefasst machen, denn ich finde immer was Spannendes zu entdecken. In Stratford-upon-Avon hätte ich einmal fast meinen Zug verpasst, weil ich mit einem freundlichen und hochkompetenten Mitarbeiter der Shakespeare-Gedenkstätte ins Fachsimpeln geraten war.