Sonntag, 22. März 2015

Tölen und Trottel reloaded


Einem verbreiteten Vorurteil zum Trotze, ist es nicht so, dass Fanatiker grundsätzlich humorlos wären, doch ist ihr Humor in der Regel ein armseliger und hinterhältiger. Lachen können sie wohl, aber nur dann, wenn es ihren Gegnern an den Hals geht. Sind sie hingegen qua Humor gefordert, auch mal über sich zu lachen, kann es schlimmstenfalls zu Aggressionen kommen. Das liegt, klar, an ihrer einseitigen Wahrnehmung der Welt, dass sie sich, resp. ihre Sicht auf selbige für die einzig Maßgebliche halten und daran, dass sie sich prinzipiell in der Defensive fühlen. Eine Zeit lang musste ich es beruflich mit einem Ultrafan des anderen, des königsblauen Vereins aushalten. Gewann sein Verein und verlor meiner, dann schien ihm die Sonne aus dem Hintern und alle mussten seine schalen Scherzchen ertragen. War es umgekehrt, dann kam man ihm besser nicht zu nahe.

Auch aus der Welt des Feminismus ist ähnliches bekannt: Es sind einige unterwegs, die es für ihr Privileg als hauptberufliches Opfer halten, Witze über Männer zu machen, für die sie jedem Mann, der Vergleichbares über Frauen losließe, die Ermittlungsbehörden auf den Hals schicken würden. Dabei hatte ich in meiner Naivität immer gedacht, Menschenverachtung bliebe Menschenverachtung, gleich, ob sie von Frauen oder Männern praktiziert wird. Überhaupt kann es passieren, dass Fanatiker bisweilen in Dichotomien leben, die ein Nicht-Fanatiker schlicht nicht auf die Reihe bekäme: Wenn ein älterter, angetüterter Mann einer Frau ein misslungenes, abgestandenes Kompliment macht, dann ist das einen #aufschrei wert, wenn eine Horde angeschickerter enthemmter Mädels aber einen gut gebauten Mann in weitaus enthemmterer Weise anhechelt, dann ist das im Zweifel gelebte Wiedergutmachung für jahrtausendelange Unterdrückung durch das Patriarchat oder so ähnlich. Das verstehe, wer will.

Überflüssig zu erwähnen, dass das Internet, und dort vor allem die so genannten sozialen Netze, der ideale Nährboden für Fanatiker aller Art sind. Dort findet noch der letzte Durchgebratene sein Grüppchen Gleichgesinnter, das sich gegenseitig beim Kultivieren geschlossener Weltbilder unterstützt und auch nie befürchten muss, sich jenseits der Beschimpfung mit Zumutungen wie etwa einer abweichenden Meinung auseinanderzusetzen.

Aber zurück zu den Ermittlungsbehörden: Nicht wenige Fanatiker finden sich auch in den Reihen von Hundehaltern. Zumindest in den Reihen jener Hundehalter, die so schmerzfrei sind, dass sie es für das unveräußerliche Recht der von ihnen vermenschlichten Viecher halten, den öffentlichen Raum vollzukoten und alles und jeden zu jagen, anzufallen, anzuspringen und abzuschlabbern.

Egal, ob es sich um Menschenhasser handelt, die sich in eine ideologische Tierliebe hineingesteigert haben, um Asoziale, die zwar Hunde halten, es aber eine Zumutung finden, die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen oder um halbgare Dödel, die zu faul sind oder schlicht zu blöd dazu, ihre Tölen halbwegs zu sozialisieren – eines haben sie alle gemeinsam: Macht man sie auf das Unzivilisierte ihre Tuns bzw. Nichttuns aufmerksam, verstehen sie das Problem überhaupt nicht, finden, die sollten sich mal alle nicht so anstellen oder werden schlimmstenfalls noch aggressiv.

Daher kann es eigentlich nicht überraschen, dass Wulf Berleites, der hier schon für seine Arbeit schon einmal lobend erwähnte Herausgeber der satirischen Zeitschrift 'Kot und Köter', jetzt die Polizei am Hals hat. Sein Vergehen: Er hatte es gewagt, die auf Hunde umgemünzte Kontrafaktur eines klassischen Couplets von Georg Kreisler abzudrucken. Dummerweise hatte er nicht bedacht, dass die Fanatiker unter den Hundefreunden nicht nur komplett humorlos sind, sondern auch, wie viele Fanatiker, keinerlei Hemmungen haben, sofort die Staatsgewalt für ihre überzogenen Forderungen einzuspannen. Beleites ist Mitglied der Gewerkschaft verdi und hat bereits Rechtsschutz beantragt. Man kann nur alles Gute wünschen. Weil es Leute gibt, die einfach nicht gewinnen dürfen. Weil die Welt ein schlechterer, ein ärmerer und verbiesterterer Ort wäre, wenn sie damit durchkämen.


4 Kommentare :

  1. Ich habe immer mehr das Gefühl bzw. den Verdacht, dass sich zunehmend mehr Menschen in Nebenkriegsschauplätzen und in Alibi-Konflikten bewegen, anstatt das im Blick zu behalten, was uns alle in den Abgrund stürzen könnte: Kriege, Klimawandel, Bankenmafia etc. Stattdessen gibt es überall die Verfechter von: Feminismus, Hundehalter, Veganismus, Bio, Öko, Raucher, Fussball-Gedöns, Pegida und so weiter.

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  2. Äh - dazu muss ich nun doch mal etwas sagen. Dem Artikel stimme ich zu, aber mir scheint, was das Vergiften von Hunden angeht - da ist sich der Verfasser nicht im Klaren darüber, welche berechtigten Ängste so eine Aufforderung bei Hundehaltern auslöst. Leider gibt es ziemlich viele Giftköder. Die gefährden nicht nur Hunde, sondern auch freilaufende Katzen und Wildtiere, vielleicht sogar kleine Kinder. Es ist der ständige Alptraum, der eigene geliebte Hund könnte qualvoll an so einem gemeinen Ding verenden. (Im besseren Fall kostet es Hunderte, um das vierbeinige Familienmitglied zu retten.) Denken Sie an jemanden, den Sie lieben, und stellen sich dann vor, er oder sie kotzte sich vor Ihren Augen zu Tode. Keine schöne Vorstellung. Und wenn dann manche Leute das Gefühl haben, durch so einen Text wie der von Kreisler abgewandelte könnte die Gefahr noch mehr erhöhen - dann versteh ich das. Der Text treibt mit Entsetzen Scherz.

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  3. Nun, das ist natürlich ein Punkt, den ich so nicht gebührend genug bedacht habe. Überflüssig aber zu sagen, was ich von Leuten halte, die sich derart in ihren Hundehass hineinsteigern, dass sie zum Giftköder greifen...

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    1. Also, Kreislers eher schwärzlichen Humor finde ich noch ok, aber Anonym hat schon recht. Bei uns in der Gegend hat vor ein paar Jahren mal jemand immer wieder vergiftetes Fleisch gezielt auf Hundelaufwiesen ausgelegt. Zu so etwas zu ermutigen war sicher nicht Absicht des Autors bei Kot und Köter und auch nicht bei Dir, keine Frage. Ich weiß auch nicht, ob man damit Idioten auf dumme Gedanken bringt oder ob die da nicht auch von selbst drauf kämen. Aber dass Hundehalter das eher unentspannt sehen, kann ich schon nachvollziehen.

      Andererseits muss eine gewisse schwarzhumorige Bissigkeit manchmal einfach sein, und da gleich vor den Kadi zu ziehen, finde ich übertrieben.

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