Dienstag, 12. Januar 2016

Ronny des Monats - Januar 2016


Schon wieder ist der Zehnte rum und es ist Zeit für die allmonatliche Ronny-Verleihung. Wegen der Ereignisse in der Kölner Silvesternacht mögen einige jetzt vielleicht denken, allein Gevatter Migrant mache hier noch Stress. Doch weit gefehlt! Auch Volxgenosse Ronny war in den letzten vier Wochen wieder tüchtig am Werk. Leider drohen seine Bemühungen im allgemeinen momentanen Getöse ein wenig unterzugehen und laufen Gefahr, nicht gebührend gewürdigt zu werden. Kopf hoch, Rettung naht. Ladies and Gentlemen, the nominees are:

Platz 5: Bömbndröhüng
Driddbreddfohra hod in Münschen onönühm de 112 gerüfn, gedröht, de Ü-Bohn Linie zwö inne Lüfd zu schprengn und sisch schbädo selbst va-rohden. Weil er obends in der Hodéllboar starg algoholisiert herümböhbelde, hod eine Middabeiderin die Bölisei gerüfn. Die wiederum hadden an seinem stoargen säggsschen Dialeggt wiederergannt und gläisch höbbsgenömm. Ermittlungsbehörden sind ja immer sehr dankbar, wenn man ihnen ein wenig die Arbeit erleichtert. Wiewohl hier nicht zwingend ein rechtsradikaler Hintergrund vorliegt, muss man sagen: Kompliment, schöne Einzelleistung! Die Sachsen hatben's einfach drauf.

Platz 4: Falsche Freunde?
Schon klar, man kann sich seine Fans nicht immer aussuchen, erst recht nicht als Partei. Man hat es nicht immer zu 100 Prozent im Griff, wer sich so an einen ranwanzt, von wem man im einzelnen alles Beifall bekommt und wer sich sonst noch im Umfeld tummelt. Können unter anderem die Grünen ein Lied von singen. Gilt natürlich auch, so viel Fairness muss sein, für die AfD, jene am böswilligsten missverstandene Partei aller Zeiten. So gibt es zum Beispiel eine facebook-Gruppe namens 'Freunde und Verbündete der AfD'. Die Gruppe ist nicht öffentlich. Doch es gibt ja Screenshots.

Platz 3: Deutsche kämpfen für das Recht, ihre Kinder vollzuqualmen
Die irakischen Betreiber eines Imbisslokals in Halle-Neustadt, in dem geraucht werden darf, haben den Nichtraucherschutz in vorbildlicher Weise umgesetzt und einer alkoholisierten deutschen Familie mit kleinen Kindern die Tür gewiesen, damit letztere nicht dem Qualm ausgesetzt werden. Daraufhin kam es zu Handgreiflichkeiten. Ob es in vergleichbarer Weise geknallt hätte, wenn es sich um einen deutschen Imbissbetreiber gehandelt hätte? Wird man ja wohl noch fragen dürfen.

Platz 2: Vaterlandsverteidiger verabreden sich zur "Menschenjagd"
Das haben sie wirklich so gesagt. Bei facebook. Wieder mal. Immer facebook. Wo bleibt da eigentlich der Ruf nach härtesten Strafen? "Menschenjagd". Nuff said. Nur so viel vielleicht, damit keine Missverständnisse aufkommen: Not in my name, Schweinebacken!

Platz 1: Jugendliche und Alkohol - auch in Chemnitz keine gute Mischung
In Chemnitz wurden ein gehbehinderter Tunesier (48), der auf einen Rollator angewiesen ist, und seine beiden Töchter (13, 16) beim Aussteigen aus einem Bus von einer Horde betrunkener Jugendlicher zunächst angepöbelt und mit Hitlergruß gegrüßt. Danach sprühte einer dem Vater Reizgas ins Gesicht, das 13jährige Mädchen schlugen sie zu Boden und traten auf sie ein. Glückwunsch zu Platz 1, hoch verdient.

Man muss es doch endlich einmal ganz offen aussprechen: Menschen, die aus einer Kultur kommen, in der Mitmenschen mit Migrationshintergrund als wertlos gelten, müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaates angefasst werden, wenn sie sich par tôut nicht integrieren wollen.

Bislang waren die meisten Preisträger Amateure aus den neuen Ländern und man könnte daher meinen, es handele sich beim Ronny des Monats um eine eher einseitige Veranstaltung, mit dem Zweck, die dortigen Mitbürger pauschal zu diffamieren. Doch nichts könnte falscher sein! So geht dieses Mal der Ehrenronny des Monats mit großem Vorsprung an einen Profi aus dem tiefsten Westen. Denn schlimmer noch als die, die auf den Straßen randalieren, sind die, die von ihren warmen Redaktionsstuben aus Öl ins Feuer gießen. Der Herr Uwe Schmitt hat da mit einem aus mehreren Gründen lesenswerten Beitrag in Springers unappetitlicher Besorgte-Bürger-Postille eine echte Spitzenleistung hingelegt:

Endlich! Deutsche wieder Opfer
Vielleicht sollte Herr Schmitt sich ein paar Tage krank schreiben lassen. Es geht ihm zur Zeit nicht so gut. Er ist nämlich ein Opfer. Er fühlt sich, er gesteht’s "mit Schrecken und unter Schmerzen" (aua, aua!), "angegriffen, verhärtet, verhöhnt", so als habe der "Silvester-Sex-Mob"  [sic] in der "Nacht der Schande" [sic!] auch ihm höchstpersönlich ins Höschen gegriffen. Ein paar Kostproben gefällig?

"Der Mob hat uns alle missbraucht"
"Jeder, der bisher für die Flüchtlinge eintrat, sieht durch die Übergriffe von Köln seinen guten Willen geschändet."
"Nie hätte ich für möglich gehalten, dass meine Haltung gegenüber denen, die zu uns strömen, um sicherer und besser zu leben, so vergewaltigt würde."


Mal kurz zur Klarstellung, Schmitti: Was in Köln höchstwahrscheinlich (nein, Strafanzeigen und Aussagen allein sind immer noch keine zwingenden Beweise) geschehen ist, hat mich traurig gemacht, ich war entsetzt, geschockt, ich bin ein wenig ratlos, verunsichert auch, und ich gestehe, momentan einfach keine klare Antwort zu haben, die sich auf drei bis fünf griffige Sätze bringen ließe. Kommt vor im Leben. Keineswegs aber fühle ich mich "missbraucht". Auch sehe ich weder meinen guten Willen "geschändet" noch irgendeine meiner Haltungen "vergewaltigt". Und ganz bestimmt bin ich nicht so rückgratlos, meine Einstellung gegenüber Flüchtlingen jetzt um 180 Grad zu revidieren, bloß weil ein kleiner Teil von ihnen sich offenkundig nicht benehmen kann und einem kryptorassistischen Kläffer deswegen verbal einer abgeht. Haben wir uns? Wegtreten!

Da Schmitt den Anspruch erhebt, für alle zu reden ("Jeder, der..."), müsste seine aus dem Wörterbuch des Unmenschen zusammengeleimte Denunze nach den Gesetzen der Logik damit eigentlich erledigt sein. Wird sie aber wohl nicht. Denn nicht nur verhöhnt er mit seiner unappetitlichen, dekadenten, maßlos aufsexualisierten Opferrhetorik alle wirklichen Opfer von Missbrauch und Vergewaltigung - er erteilt auch jenen, die jetzt wieder ihr hässliches Haupt erheben, die Absolution des bürgerlichen Lagers.

Denn Opfer sein, es nie gewesen sein, immer nur die anderen, das ist ein Grundpfeiler des Weltbildes, das der doofe deutsche Mitläufer gern vor sich herträgt: Komplett schuldlos in den ersten Weltkrieg geschliddert, in Versailles schnöde die Schuld in die Schuhe geschoben bekommen. Im allein durch den irgendwie vom Himmel gefallenen Hitler ausgelösten, in Wahrheit aber uns vom Ausland aufgezwungenen zweiten Weltkrieg voll gemein bombardiert und vertrieben, danach wegen dieses blöden kleinen Ausrutschers mit den Juden verfemt und geächtet worden. Sogar ein schlechtes Gewissen wollen sie uns machen deswegen! Zuletzt als geknechtete Kolonie der USA vom liederlichen Pleitegriechen undankbar ausgeplündert. Und als Gipfel aller Demütigungen kommen jetzt auch noch muselmanische Grabscher angeschissen - kann es da wirklich wundern, wenn das arme deutsche Opferschaf sich auch mal wehrt? Wäre es nicht nur menschlich, wenn einigen eventuell die Hand ausrutscht dabei? Weil irgendwann das Maß halt voll ist? Weil doch irgendwann einmal Schluss sein muss?

So hätten Sie’s gern.

Nein, ich wurde nicht missbraucht, nicht geschändet und erst recht nicht vergewaltigt. Niemand außer den Opfern wurde das. Nach der Lektüre dieser als Kolumne getarnten geistigen Brandstiftung aber fühlte ich mich intellektuell betatscht und verspürte das dringende Bedürfnis, sehr heiß zu duschen.

Was flattert einem da gerade noch auf den Schreibtisch? Sprachwissenschafttler haben nach jahrelanger Forschung herausgefunden, dass 'Gutmensch' ein Unwort ist? Ei Potzdonner, diese Blitzmerker aber auch! Na gut, besser spät als nie.


4 Kommentare :

  1. Hallo Herr Rose,
    prächtiger Text. Ironie und Abscheu fein ausgewogen. So habe ich es zumindest empfunden.
    Ich bin restlos begeistert, ob der unbegrenzten Möglichkeiten sich in Deutschland wieder ungestraft daneben benehmen zu können.
    Egal, ob es die geistigen Brandstifter von Springer, Bertelsmann, Burda, FAZ und die TV-Medien mit deren gezielter Falschinformation betrifft, oder das sinnentleerte Geschwafel fast aller PolitikerInnen und Minister der etablierten Parteien.
    Die Hetze trifft auf bereitwillige Unterbelichtete, die durch den neoliberalen Faschismus tatsächlich aller Perspektiven beraubt wurden und sich nun ihrerseits wehrlose Opfer suchen.
    Sie werden weiterhin „Ronnys“ verleihen können, sogar im Minutentakt. Dafür tragen die strammen Parteisoldaten der Kapitalistischen Einheitspartei (CxU, spd, FDP, Grüne und bald auch die AfD) schon bereitwillig Sorge.
    Diese Entwicklung, der wir gegenwärtig zwangsweise als Zeitzeugen zur Verfügung stehen müssen, war aber vorhersehbar, bzw. sie konnte „live und in Farbe“ am amerikanischen Traum verfolgt werden.
    Um aber die amerikanischen Verhältnisse komplett übernehmen zu können, brauchen wir in Deutschland eine Liberalisierung der bestehenden Waffengesetze. Dafür werde ich mich jetzt als Lobbyist diverser Kleinwaffenhersteller in Berlin und Brüssel einsetzen.
    Kann doch nicht sein, das Banken, Börsen, Energiekonzerne, Autohersteller und andere Stützen der Gesellschaft alleine die Möglichkeit haben, ihnen genehme Gesetze durch die gewählten Parteienvertreter erlassen zu können.
    Ich hatte bereits in den 90-igern Angst vor einem gewaltigen Rechtsruck in Deutschland.
    Denn ich habe meinen Landsleuten nie so recht ihre freiheitlich-demokratische Gesinnung abgenommen. Jetzt ist der Lack ab, nicht nur in kleinen Stücken, nein der gesamte Putz bröckelt ebenso ab.
    Sehe ich mir diesen unsäglichen Bundesminister des Inneren, sein Pendant im Außenministerium, und den Herrn im Detlev-Rohwedder-Haus an, dann kann ich nicht umhin, immer mehr davon überzeugt zu sein, das es diesen Herren und einigen Damen endlich gelungen ist, ihren demokratischen Habitus ungestraft ablegen zu können. Endlich können sie „befreit aufspielen“.

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  2. Inger Stojbjerg,dass wäre meine erste Wahl wenn es mal einen Auslandsronny gibt.Ihre Rede und Wortwahl könnte man auch einen SS Offizier als Text unterjubeln.
    Ansonsten kann ich mich nur meinen Vorredner anschließen.Herrlich ironisch.Leider bleibt einen das Lachen im Halse stecken.Ich scheine die falsche Generation zu sein,die Generation,die in der Schule noch was über das Wesen der Nazi´s gelernt hat....und vor allem,wer alles Erfüllunbgsgehilfe aus dem bürgerlichen Lager war.

    Noch ein deprimierendes Beispiel aus dem Alltag.Smalltalk mit einer Kassiererin im Supermarkt.Es ging um die neuen 10 € Scheine,die man ja mit 50 € verwechseln kann.Sie meinte dann aber noch sagen zu müssen,dass unsere Kanaken an der Kasse laufend versuchen zu betrügen,in dem sie einen 50 er gegeben haben,statt des 10 er´s.Ich hab sie zurechtgestutzt.Wegen des unflätigen Schimpfworts.Und dann habe ich ihr gesagt,dass vor gar nicht langer Zeit noch die Russen,vor noch was längerer Zeit die Ossis,davor die Spaghettifresser(Gastarbeiter),achja davor die Flüchtlinge in der Nachkriegszeit aus den Ostdeutschen Gebieten,in der Nazizeit die Judenlümmel Ihr Problem waren.Und in der Zukunft wird sicher wieder irgendeine Sau durch´s Dorf getrieben.Ich hoffe nur,dass bis dahin nicht das letzte bisschen Demokratie den Bach runtergeht.

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    1. Exakt das, was heute vielfach zu hören ist ("Es wird alles immer schlimmer!", "Wo soll das noch hinführen?", "Man kann sich ja nicht mehr auf die Straße trauen." etc. pp.), und zwar zu 100 Prozent exakt, habe ich schon vor knapp vierzig Jahren von meiner Oma gehört, wenn sie Zeitung las. Nur dass damals die 'Gastarbeiter' unser Unglück waren...
      @Alles nur Satire: Danke, in der Tat ist es nur noch mit Ironie und Zynismus zu ertragen. Am Rande des letzten Pegida-Gelatsches wurde eine Journalistin, pardon, eine Vertreterin der Lügenpresse tätlich angegriffen. Von Leuten, die dafür demonstrierten, Frauen vor Gewalt zu schützen. Humor haben sie...

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    2. nachtrag zum Supermarktgeschehen..Die "Kanaken"haben natürlich einen 10 er gegeben und behauptet,es wäre ein 50 er gewesen.Ja sone Unverschämtheit auch.
      Erst mal ging es gerade bei unseren Smalltalk darum,wie leicht man die beiden Scheine verwechselt.Was auch mir schon passierte.Und gerade bei in unserer Währung Nichtkundigen sollte man doch was geduldiger sein.Im Ausland geht es sicher nicht nur mir so,das ich nicht mit fremder Währung gut klar komme.

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