Donnerstag, 24. Mai 2018

Jenseits der Blogroll - 05/2018


Die so genannte Spaßgesellschaft, da gebe ich Hape Kerkeling recht, war ein Segen. Sie hat viele Verkrampfungen gelöst, die die hiesige Nachkriegs-Humorkultur mit sich herumschleppte, da man zwei Generationen zuvor die meisten coolen, kreativen Köpfe geschurigelt, vertrieben oder ermordet hatte. Ironiefähigkeit war einmal ziemlich hip, damals ab den späten Achtzigern. Wer irgendwas ernst nahm, galt als armseliger, verkrampfter Wicht. Was aber, wenn Humor und Ironie überhaupt nichts mehr lösen, weil in so genannten 'Sozialen Netzwerken' Hemmungen im wesentlichen abgeschafft sind und auch der fieseste Mordaufruf mit Tränenlach- und Zwinkersmileys versehen ist? Rechnerisch gehört Hazel Brugger zur ersten Generation, die unter vollironisch imprägnierten Spaßbacken aufzuwachsen die Aufgabe hatte. Und sie hat von der allgemeinen Verwitzelung langsam die Nase voll. Erfrischend.

Die übrigen Links des Monats:

Politik. Georg Seeßlen fragt sich, was bloß los ist mit dem Land der Bayern.

Nicht Royal Wedding, sondern Royal Funeral. Dazu ein älterer Text von Elfriede Jelinek zum Begräbnis von Prinzessin Diana 1997. Anders, komplett. Eigen. Aber irgendwie auch anregend. Jelinek eben.

Simone Schmollack interviewt die Philosophin Svenja Flaßpöhler. Die vermisst in der #metoo-Debatte vor allem weibliches Selbstbewusstsein.

Österreich. Bernhard Torsch fragt sich, ob die FPÖ den Juden jemals verzeihen kann.

Laurie Penny erklärt, wieso rechts zu sein einen nicht zum Rebellen macht.
"Being shamed, including in public, for holding intolerant, bigoted opinions is not an infringement of your free speech. You are not fighting oppression. You are, at best, fighting criticism. If that’s the hill you really want to die on, fine, but don’t kid yourself it’s the moral high ground. I repeat: You cannot be a rebel for the status quo. It would be physically easier to go and fuck yourself, and I suggest you try."


Apropos: Dass Angela Merkel bzw. die damals amtierende Bundesregierung im Sommer 2015 geltendes Recht gebrochen hätte, gehört zu den bis zum Erbrechen und darüber hinaus wiedergekäuten Standardsätzen von Rechten. Daniel Thym erläutert aus verfassungsrechtlicher Sicht, wie man diesen Mythos widerlegt.

Kultur. Konstantin Nowotny über Rechtsrock.

Tilman Spreckelsen über das "grausame Meisterwerk" 'If You Could Read My Mind' (sowie die späte Reprise 'Shadows') von Gordon Lightfoot. Starke Analyse! Den ersteren Song habe ich als Pubertierender gern auf der Guitarre geklampft, weil er eingängig ist, ich ihn für romantisch gehalten und geglaubt habe, das beeindrucke die Mädels zutiefst. Und weil man nicht viele schwierige Griffe können musste. Unreif, wie ich war.

Herr Beisenherz erinnert sich. Jede/r verdammte deutsche Serie/Fernsehfilm der Achtziger sah exakt so aus, wenn auch nur gefühlt. Made my day. Als in den Achtzigern Sozialisierter und entsprechend Vorbelasteter musste ich nach der Lektüre mühsam die Kaffeespritzer von Tastatur und Monitor entfernen.

Cristina Patterson legt im Guardian dar, wieso es völlig okay ist, Single zu sein

Thema Kulinarik. Ludger Wess über den Irrsinn mit dem bio.

Was kochen wir denn diesmal? Man könnte wieder mal bei der werten Frau Ziii vorbeischauen. Die erläuterte jüngst in ihrer wunderbaren Art, wie sich ein faschierter Braten, a.k.a. Hackbraten, a.k.a. Falscher Hase, auf das nächste Level hieven lässt. Vor allem, indem man so frisch wie nur möglich durchgedrehtes Hackfleisch verwendet. Das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Mir kommt nichts anderes mehr in die Töpfe. Wer mich darob einen Snob nennen will, mag das tun. Hat man keinen Fleischwolf daheim, dann sollte jeder gute Metzger das Hack auf Nachfrage frisch durchlassen. Tut er das nicht, dann ist es kein guter Metzger.



1 Kommentar :

  1. Dass Jelinek Taug hat: zutreffend. Aufmerksam wurde ich auf sie nach dem Literaturnobelpreis; ich erinnere mich noch deutlich an ihren Artikel zur Fritzl-Tochter, die einige Jahrzehnte buchstäblich eingemauert lebte. Subtile Sprachgewalt – ich konnte nicht sagen, wieso genau der Text wirkte. Aber er wirkte, durch Knopfloch und Schrankritze.

    Zu ihrem Diana-Text – mag Taug haben, aber vor der Fülle habe ich kapituliert. Obwohl er „wahr“ ist. Liegt an mir, Lady Di hat seinerzeit nur meinen Sarkasmus geweckt. (Sie war sicher ein nettes Mädel. Aber eine Royale halt.)

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