Ist ja wieder so einiges Unerwartete passiert seit letzten Monat. So fand ich es sehr überraschend, herauszufinden, dass AfD-Politiker doch ein Herz haben. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag ist nämlich mit Herzproblemen kollabiert. Das beste: Ausgerechnet ein SPD-Kollege mit türkischem Migrationshintergrund hat ihm erste Hilfe geleistet und ihm damit wohl nicht nur den Arsch gerettet. Hat Hollywood schon ein Angebot für die Filmrechte abgegeben? Oder dass ausgerechnet (Achtung, Weltbild-Einsturzgefahr!) die mutigsten Streiter für die Wahrheit in puncto Fake News selber keine Unschuldslämmer sind. Traurig, wenngleich weniger überraschend fand ich, dass es in Sachsen offenbar kaum mehr möglich ist, sich an dortigen Schulen gegen Rechtsextremismus zu engagieren, weil es auch in den Kollegien inzwischen reichlich bräunlich müffelt.
Eine Menge Auswahl mal wieder. Die Top 5 für November:
Platz 5: Jessy und die Hitler-Pullen
Sieht aus wie der Titel eines BRAVO-Fotoromans, ist aber ernst. Die Berlin-Marzahner Ex-AfD-Abgeordnete Jessica Bießmann ist das jüngste Opfer der linksgrünversifften Gedankenpolizei, die alles, was nicht in ihr biotofubratlingkleines Weltbild passt, am liebsten mundtot machen und standrechtlich in den Kerker werfen würde. Frau Bießmann hatte sich nämlich vor Jahren aufreizend in ihrer Küche ablichten lassen, wobei im Hintergrund Weinflaschen zu sehen waren, auf deren Etiketten Konterfeis von NS-Größen prangten. Dafür wurde sie nun aus der Fraktion ausgeschlossen (nicht aus der Partei!). Eigentlich okay für eine Partei, die immer wieder betont, mit Nazis nichts am Hut zu haben. Dabei hätte es das inkriminierte Foto gar nicht gebraucht, um zu wissen, wo bei Frau Bießmann der Wind weht. Auf ihrem Twitter-Account ist die Rede von: "Das Abschlachten muss endlich ein Ende haben!", es gibt Warnungen vor "Islamisierung" sowie die antisemitisch konnotierte Forderung "Soros raus aus Deutschland!" und Sehnsucht nach einer "echten deutschen Nationalmannschaft". Nun ja, die Tatsache, dass eine Frau, der es gar nicht national genug zugehen kann, mal unter dem Nickname 'escape4yourlife' unterwegs war, hat schon eine eigene Ironie. Genau wie die, dass der auf einer der Fuselbuddeln abgebildete GröFaZ nicht nur Vegetarier war, sondern auch Alkoholabstinenzler.
(Apropos: Die Nationale Mannschaft
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit eine "echte deutsche Nationalmannschaft" zu fordern (was den impliziten Umkehrschluss, das ganze Migrantengesocks aus dem DFB zu entfernen, mitmeint), ist ja seit Jahren eine feste Größe im rechten Repertoire. Sehen wir uns doch mal die Aufstellung an, die beim letzten, schmählich mit 1:2 vergeigten Auftritt der DFB-Elf gegen Frankreich deutscherseits über den Rasen pflügte:
Neuer - Ginter - Boateng - Hummels - Hector - Kimmich - Can - Kroos - Müller - Werner – Uth; Einwechslungen: 57.: L. Sané für Müller und Draxler für Can - 68.: Brandt für Uth
Also wenn man mich fragt - deutscher geht es kaum noch. Außer vielleicht, dass der in Berlin geborene Jerome Boateng und der in Essen geborene Leroy Sané teintmäßig etwas aus dem Rahmen fallen. Aber sonst? Kein Özil, kein Gündogan weit und breit. Emre Can hatte Erdogan seinerzeit abgesagt, ist also ein okayer Türk‘. Shkodran Mustafi, Muslim und WM-Veteran von 2014, stand gar nicht im Kader. Daran kann es also nicht gelegen haben. Moment mal, jetzt hab ich’s! Natürlich, der Schiedsrichter war Ausländer!)
Platz 4: Ad hominem
Bleiben wir nach diesem kurzen Exkurs noch bei der AfD. Ich will ja gar nicht behaupten, dass andere Parteien im Lande nicht auch Dreck am Stecken hätten. Auch dort gibt es überall einen Anteil Idioten, Durchgeknallte, Säufer, Unreifer und, ja, wohl auch Gewalttäter. Keine Frage. Nur zeigt sich eben immer wieder, dass bei dem "gärigen Haufen" (Gauland) der Anspruch, eine total normale Partei wie jede andere zu sei und die Realität doch um einiges weiter auseinanderzuklaffen als anderswo. Etwa jetzt, als zwei Sachsen-Anhaltinische AfD-Abgeordnete es unter Männern geregelt haben. Stilecht auf dem Herrenklo. Über die Symbolik könnte man jetzt seitenweise...
Platz 3: Hans-Georg Maaßen (immer noch CDU)
Bei einigen Leuten, da fragt man sich: Merken die eigentlich noch irgendwas? Welche Formen die Schmerzfreiheit bei einigen inzwischen angenommen hat, lässt sich sehr schön am Beispiel von Ex-Verfassungsschutz-Supremos Hans-Georg Maaßen studieren. Wer es fertig bringt, ausgerechnet die "parteigewordene Pendlerpauschale" (Lobo) bzw. parteigewordenen Bettvorleger namens SPD allen Ernstes als "linksradikal" zu bezeichnen, den kann man eigentlich nur… Nein, lieber nicht, am Ende kriege ich noch - alte Connections - Besuch von den Schlapphüten.
Platz 2: Das übliche. Chronistenpflicht. Muss ja.
München. Nigerianer in Regionalzug von Ostdeutschem mit Messer bedroht. (Messermigration: Ein totgeschwiegenes Problem. Das Abschlachten muss ein Ende haben!)
Junge Irakerin am Pirnaer Bahnhof attackiert.
Aus Köln stammender Polizeischüler hatte in keinen Bock auf Nazis an seiner Leipziger Polizeischule und hat das Nähkästchen aufgemacht.
Platz 1 und damit Ronny des Monats geht an:
Die Stiftung Bauhaus
Die Fakten sind bekannt: Die Stiftung Bauhaus hatte ein länger geplantes Konzert der mecklenburgischen, dezidiert antifaschistischen Dorfpunkkapelle 'Feine Sahne Fischfilet' abgesagt, weil man in Sorge vor rechten Gegendemonstrationen war. Kollege Pantoufle vermerkte dazu gültig: "Über die selbsternannten Hüter »demokratischer Werte«, die sich nun über die Band »feine Sahne Fischfilets« [sic] und ihre vorgebliche Staatsfeindlichkeit echauffieren, ist jedes Wort zuviel. Wer den Unterschied zwischen links und rechts nicht bemerkt, ist im besten Falle einfach nur unsäglich dumm. Im übrigen ist das hier gar nicht das Thema. Wo die Nazihorden mit ihren Drohungen das Konzert verhindert haben, adelt der Gesinnungsmob den Druck der Gosse und faselt etwas von rechtsstaatlichkeit. Wie es zur Katastrophe der Weimarer Republik kommen konnte? So! Genau so!"
-- Tja, so kann‘s eben kommen, könnte man noch hinzufügen, wenn die seit Jahrzehnten gesäte rechts-bürgerliche Propagandasaat aufgeht, Antifaschismus gleichzusetzen mit Linksextremismus bzw. -radikalismus. Dabei geht es, glaube ich, nicht nur um Rechts oder Links. Wer die gespitzten Mündchens vorgetragene Erklärung der indignierten Bauhaus-Kuratorin Claudia Perren gesehen hat, weiß genau, wo der Hase lang läuft: Es geht hier auch darum, dass man in gewissen Kreisen ab einer gewissen Fallhöhe sich in einem unpolitischen Arkadien wähnt, wo man nichts am Hut hat mit künstlerisch unwertvollen Proletarierkindern aus der Krachmacherstraße und dankbar ist für jeden Vorwand, ihnen genüsslich die Tür vor der Nase zuzudrehen.
Und auch dieser Monat, verehrtes Publikum, soll nicht verstreichen ohne einen Ehrenronny. Er geht aaaan:
Die FAZ.net-Redaktion für die Pädagogik des Monats
"Wie erklär‘ ich‘s meinem Kinde?", ist ein altbekannter Stoßseufzer überforderter Eltern und anderer Erziehungsberechtigter, wenn es gilt, dem Nachwuchs die komplexen Weltläufte altersgerecht herunterzubrechen. Ein schönes Beispie dafür, wie man es vielleicht lieber nicht machen sollte, lieferte die FAZ.net-Redaktion mit einem Tweet zum Thema, wie man Kindern die Pogromnacht von 1938 erklären kann:
(via bildblog.de) |
"Die FAZ.net-Redaktion hat den Tweet später aus guten Gründen gelöscht und »für die verkürzte Darstellung und den ungewollten Vergleich« um Verzeihung gebeten (wobei wir uns durchaus fragen, was an einem Vergleich von Schulhofprügeleien und Novemberpogrom eine »verkürzte Darstellung« sein soll und wie ein »ungewollter Vergleich« in einem per Hand verfassten Tweet landet)." (Bildblog, ebd.)
Wir uns durchaus auch. Lassen wir das einfach mal so stehen.
Hitler war kein Vegetarier. Ein Mythos, geliefert vom Propagandaminister Göbbels, der einen asketischen Führer präsentieren wollte. Er aß gerne gefülltes Geflügel und Weischwürschte.
AntwortenLöschenEs gibt keine deutsche Nationalmannschaft, das wäre etwas Statisches. Es gibt nur eine DFW-Auswahl.
Genauso beliebt auch: Merkel hat 2015 die Grenzen geöffnet.
Beides richtig, aber nicht ganz der Punkt. Dass das mit dem vegetarischen Föhrer ein Propagandamärchen war, ist mir bewusst. Man operierte, wie du richtig sagst, mit der Mär Asket = besserer Mensch (der sich dann im WKII unter anderem einem übergewichtigen, depressiven, kettenrauchenden Alki geschlagen geben musste).
LöschenUnd natürlich gibt es auch keine 'Nationalmannschaft', die, um die es hier geht, hätten das aber gern.