Samstag, 24. November 2018

Jenseits der Blogroll - 11/2018


Die letzte Woche des Monats bricht an. Zeit für die monatliche Linksammlung.

Politik. Sind Sie auch so erleichert, dass Horst Seehofer sich nicht mehr jeden Tag zu Wort meldet? Puh, den sind wir erst mal los. Leicht verwirrter Opa mit Sprechdurchfall, wirkte immer ein wenig wie der peinliche Onkel, damals auf den Familienfeiern. Erzählte immer die gleichen abgestandenen Zoten. Keiner mochte ihn wirklich, aber niemand traute sich, ihn nicht einzuladen. Hätte auch nix genützt, er wäre trotzdem aufgekreuzt. Doch Obacht, meint Onkel Maike, auch schlechte Politiker haben eindeutig ihre Vorzüge.

Mal eine Frage: Kann es sein, dass bei der ZEIT inzwischen alles über einer bestimmten Klickzahl automatisch hinter der Bezahlschranke verschwindet? Ich meine mich ziemlich genau daran erinnern zu können, dass ich Adam Soboczynskis klugen Artikel über das Feindbild Weltbürger vor einiger Zeit noch für umme lesen konnte.

Ein interessanter Gedanke von Sibylle Berg. Die Ideale Welt der Reichen und Superreichen entspricht ziemlich genau dem Weltbild der Besorgten Bürger: Demokratie als Alibi-Veranstaltung, Politiker als Pappkameraden bzw. Sockenpuppen, die zu exekutieren haben, was das Kapital wünscht.

Was sind das eigentlich für Leute, fragt man sich gelegentlich, die diese abstrusen Falschmeldungen, meist mit deutlich rassistischem Hintergrund, in die 'Sozialen' Netzwerke bomben (wo sie dann vornehmlich von Leuten bejubelt werden, die ihre Kommunikationsaktivitäten auf hämische Tränenlach-Smileys eingedampft haben)? Karsten Schmehl hat sich mit einem von ihnen unterhalten. Henryk Stoeckl ist 24, arbeitet als Hausmeister, ist aber angeblich Immobilienkaufmann. Freundlich im Umgang, fast schüchtern, aber mit klarer politischer Agenda. Und einer bewährten Methode: Zündeln, weglaufen und es dann nicht gewesen sein bzw. im Zweifel missverstanden sein wollen. Gruselig.

Hätten Sie‘s gewusst? Am 12. November war nicht nur der 100. Jahrestag der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland, sondern auch Tag der schlechten Wortspiele. Okäse? Andreas Sieler erinnert.

Die Wiener Scheidungsanwältin Helene Klaar mit ein paar erfrischenden Ansichten über Beziehungen im Allgemeinen und das Heiraten im Besonderen.

Kultur. Alex Rühle über eine glücklicherweise verschwundene Ikone: Das Kassengestell.

Bei Klaus Klemm habe ich dereinst mal studiert. Immer gern. Hob sich wohltuend von vielen seiner Fachkolleginn/en aus dem Bereich Pädagogik ab. Seiner Analyse, dass die Gesamtschule, wiewohl vernünftig, in Deutschland erledigt ist, muss man wohl leider zustimmen.

Dorothea Wagner ist die Enkelin von Mechthild Grossmann (78). Sie spricht regelmäßig mit ihrer lebensklugen Großmutter und heraus kommen wundervolle, weise, gelassene kleine Kolumnen. Über Glauben und Sterblichkeit, über Einsamkeit, die Segnungen moderner Technik und Beige. Vertreibt zuverlässig Kulturpessimismus.

Wirtschaftsmagazine wie Brand eins sind normalerweise nicht so mein Ding. Aber Peter Laudenbachs Interview mit Berthold Seliger über das Elend der aktuellen 'klassischen' Musikwelt, die zunehmende Verengung des Repertoires auf zugkräftige, populäre Nummern des 18./19. Jahrhunderts (der Rubel muss rollen, die Häuser voll sein), ist lesenswert.

Sport. Wolfram Eilenberger über den Zustand DFB-Elf im Jahr 2018. Dem ist nur wenig hinzuzufügen, außer: Löw muss abtreten. Dringend.

Herfried Münkler über die zum Glück deutlich weniger grassierende 'Schland'-Kultur. So ein WM-Vorrundenaus und auch weiterhin durchwachsene Leistungen der DFB-Truppe haben definitiv ihre Vorzüge.

Essen und Kulinarik. Obwohl gutem Essen durchaus zugetan, gibt es kaum Foodblogs, denen ich folge. Warum? Zu anstrengend. Zu viele. Außerdem bin ich von jeher misstrauisch gegen jede Art von Hype. Die meisten Foodblogs, in die ich mal reingeschaut habe, waren mir unsympathisch. Penetrant hip (vegane Chia-Amaranth-Knoblauch-Nuss-Detox-Bowl etc.), furchtbar niedlich ("Heiiiiii, ihr süßen Kochmäuse!!!!") oder schlicht Selbstbeweihräucherung ("Alle mal herschauen, was ich alles von der Welt sehe/in welchen Restaurants ich für lau esse/was für eine Superhausfrau ich bin..." etc.). Bei so genannten Männer-Kochblogs dann oft diese ostentative Virilität, mit der da auf Urmensch gemacht wird. Das blutige Steak kann gar nicht roh genug sein und man hat insgesamt das Gefühl, es ginge weniger um gutes Essen, sondern vor allem darum, rundgelutschen Genderwichteln mal zu zeigen, was ein echter Kerl ist. Not my cup of tea, das alles.

Manchmal aber stolpert man dann doch über was Ungewöhnliches, Interessantes. Carolyn Smith-Kizers Blog '18th Century Cuisine' etwa. Dort testet sie Rezepte der französischen Hochküche des 18. Jahrhunderts. Zum Beispiel Omelette au Jambon



2 Kommentare :

  1. Zu Jogi Löw. Ich verstehe nicht viel von Fussball, aber das Spiel gegen die Niederlande hat gezeigt, wie beharrlich Löw an alten Fehlern festhält. Mit den drei risikofreidigen schnellen Stürmern um Sane herum, die Löw konsequent aus der Auswahl anläßlich der WM heraushielt, gab es mal wieder einen rasanten und interessanten Spielauftakt. Dann wurden die Frischlinge gegen notorische Verlierertypen, mit Querpass- und Rückpassgenen ausgetauscht und schon hagelte es zwei Gegentore.

    Irgendjemand hat ihm vermutlich Sekundenkleber auf den Trainerstuhl appliziert. Mehr Ignoranz geht kaum noch.

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    1. Zumal es ja kein Problem sein dürfte, eine "Anschlussverwertung" (Rösler) zu finden - beim FC Hollywood wird garantiert bald ein Plätzchen auf der Trainerbank frei.

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