Sonntag, 9. Dezember 2018

Ronny des Monats - Dezember 2018


So denn, Zeit für die letzte Ronny-Verleihung des Jahres. Weihnachten ist ja die Zeit der Weihnachtsmärkte und traditionsreicher christlich-abendländischer Symbolik wie blinkende Weihnachtsmannmützen und Glühwein mit Schuss. Da sind Ronny & Co. Immer besonders auf der Hut, dass wir hier nicht islamsiert und umgevolkt werden, weil etwa irgendwo ein 'Lichtermarkt' veranstaltet wird anstatt eines deutschen Weihnachtsmarktes. Neben vielem Schlimmem, das passiert ist und selbstverständlich vermeldet werden muss, lässt sich allerdings auch ein erfreulicher Trend feststellen. Nämlich der, dass es Teilen der rechten Szene offenbar sehr um das Amusement der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit bestellt ist. Zumindest wenn man sich die köstlichen Protestaktionen ansieht, die sie sofort zu veranstalten pflegen, wenn sie irgendwo einen Witz nicht verstanden haben.

Daher beginnen wir mit --

Platz 5: Rechte Protestkultur
Es heißt ja oft, Rechte hätten keinen Humor. Bzw. wenn sie doch Humor hätten, dann bloß einen, der auf Kosten Schwächerer geht. Aber das stimmt überhaupt nicht. Rechte können sogar Comedy. Es kann sich nur um welche handeln, wenn man ihre reflexhaften Boykottaufrufe so anschaut. Gegen Weihnachtsmärkte, Schokolinsen, Waschmitte, Beck‘s Bier und jede Menge andere. Was all diese Firmen/Hersteller gemein haben? Sie haben sich offen gegen Rassismus und für Vielfalt ausgesprochen. Selbstverständlichkeiten also. Ach so, und Tankstellen werden auch mit Boykott belegt. Aber nur montags. Das wird ihnen eine Lehre sein! Und als das Bild eines gefakten Coca-Cola-Plakats die Runde machte, war die Empörung natürlich auch groß. So groß, dass ein besonders aufrechter Bürger sich nicht entblödete, sich dabei zu filmen, wie er aus Protest Coca-Cola-Flaschen auskippte (die er vorher natürlich brav bezahlt hatte). Hübsches Hobby auch: Geldscheine entwerten. Früher haben sich welche fette Havanna-Torpedos mit Hunnis angezündet, um zu demonstrieren, wie egal ihnen Geld war, weil sie so viel hatten davon. Heute machen welche Geldscheine unbrauchbar, um, ja was eigentlich zu demonstrieren? Wie egal ihnen Logik ist?

Platz 4: Falsche Flaggen in Neukölln
Deutlich weniger lustig. Eine Gruppe namens 'Jugendwiderstand' macht seit einiger Zeit Berlin-Neukölln unsicher. Sie verehren Mao Zedong (möglicherweise Ironie) und geben sich offen antisemitisch. Angeführt wird die - Gramsci, sieh‘ herab! - sich zum Teil linker Kommunikationsformen bedienende braune Brigade angeblich von einem 27jährigen Kindergärtner. Na, in dem Kindergarten möcht‘ man gern mal Mäuschen spielen.

Platz 3: Schlaft nicht beim Juden!
AirBnB gibt sich gern als unpolitisches Unternehmen, das weltweit Menschen zusammenbringen wolle. "Nun hat aber Airbnb beschlossen, keine von jüdischen Siedlern in der Westbank angebotenen Unterkünfte - es sind etwa 200 - anzuzeigen. Und zwar weil die Siedlungen »den Kern des Disputs zwischen Israelis und Palästinensern“ darstellen.« Aha." Pikante Note am Rande: Wie man hört, findet man sonst in allen Ecken der Welt, darunter lebensgefährliche Krisenregionen, AirBnB-Unterkünfte. Mit Antisemitismus hat das aber ganz bestimmt nichts zu tun.

Platz 2: Frau Von und nicht zu
Doris von Sayn-Wittgenstein gibt vor, adlig zu sein. Ist aber Quatsch. Die betreffende Familie hat längst darauf hingewiesen, dass die korrekte Bezeichnung zu Sayn-Wittgenstein laute, diejenigen von Sayn-Wiittgenstein hingegen eine ausgestorbene Seitenlinie gewesen seien, weswegen der Name bei diversen Titelhändlern leicht zu bekommen sei. Dass Madame von und zu nunmehr andauernd von 'Umvolkung', 'Schuldkult' und 'Umerziehung' salbadert und was das rechte Verschwörungs-Repertoire noch so hergibt, und zwar so penetrant, dass es sogar der eigenen Fraktion zu bunt wurde, verwundert eigentlich. Weiß der 'Spiegel' doch zu berichten, "Sayn-Wittgenstein sei damals mit einem Ägypter verheiratet gewesen. Ziel der Eheschließung sei es gewesen, den Aufenthaltsstatus des Mannes in Deutschland zu sichern." Es gab Zeiten, da nannte man so was 'Rassenschande'. Just sayin'.

Platz 1 und Ronny des Monats: Boris Palmer
Vieles ließe sich über den smarten OB der Grünen-Hochburg Tübingen sagen. Das Schmeichelhafteste wäre noch, ihn als sicheres Indiz dafür zu begreifen, dass die Grünen tatsächlich auf dem Weg zur Volkspartei sind. Jede Volkspartei braucht ihre Schmuddelecke. Für jene Zielgruppe, die drauf anfährt, wenn 'auf den Tisch gehauen' und 'Klartext' geredet wird. Wo man ihnen bestätigt, dass nicht alles nur schlecht war früher, Deutsche auch Opfer waren und man doch kein Nazi sei, wenn man rassistische Sprüche klopft. In der CDU war diese Ecke einst von Gestalten wie Alfred Dregger und Hans-Karl Filbinger bevölkert, bei der SPD treiben dort Thilo Sarrazin und Heinz Buschkowsky ihr Unwesen. Und die Grünen haben Boris 'Batman' Palmer. Eine auf Rebell machende Indentifikationsfigur für jene Altmitglieder, denen der progressive Antirassismus und Multikulturalismus ihrer Jugendzeit inzwischen lästig geworden ist, die aber – was sollen die Nachbarn denken? - weiterhin gern grün wählen würden und zu feige für die AfD sind. Die weitere Laudatio hält Maria Jordan:

"Boris Palmer ist einer dieser Idioten, über die man sich eigentlich nicht aufregen sollte, es aber trotzdem tut. Dass er straffällige Geflüchtete in Kasernen im Bayerischen Wald einsperren will, um sie dann abschieben zu lassen, kann nicht anders als wütend machen. Auch sein Kommentar zu einem Twitternutzer, der meint, dass Palmer an seiner Unbeliebtheit selbst schuld sei, erhitzt das Gemüt, zumindest meins (»So wie Frauen Schuld sind, wenn sie vergewaltigt werden«, sagt Palmer). In dieser Woche hat der Tübinger Oberbürgermeister nun versucht, mit Lästereien über Berlin Aufmerksamkeit zu erregen. Und so gerne ich Palmers Gelaber ignorieren und meilenweit darüber stehen würde, ich kann es nicht"

Die lobende Erwähnung alias Ehrenronny geht in diesem letzten Monat des Jahres an:

Die ARD
In der Krimiserie 'Polizeiruf 110' spielt Charly Hübner einen antifaschistisch tickenden Ermittler. Sein Büro zieren Aufkleber mit 'FCK AFD' und Feine Sahne Fischfilet-Poster. Das fanden AfD und interessanterweise Junge Union so empörend, dass sie den obligatorischen Shitstorm gegen die Öffentlich-Rechtlichen lostraten. Folge: Die inkriminierten Symbole wurden umgehend herausretuschiert. Ist das nicht irgendwie schon - Zensur? So viel Rückgratlosigkeit und vorauseilende Liebedienerei ist schon einen Ehrenronny wert. FCK ARD!






2 Kommentare :

  1. "Mit Antisemitismus hat das aber ganz bestimmt nichts zu tun."

    Nein, nicht zwingend hat das mit Antisemitismus zu tun, wenn man mit der Siedlungspolitik Israels so seine Probleme hat.

    Und ja, auch in Israel selbst gibt es Juden, die die (Siedlungs-)Politik ihres Landes kritisch sehen. Sind das dann antisemitische Juden?

    Darf man Israel auch mal kritisieren ohne von Allem und Jeden gleich unreflektiert als Antisemit geschimpft zu werden, weil das anscheinend PC ist?

    LG
    Duderich

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    1. Selbstverständlich darf man Israels Siedlungspolitik kritisieren, ohne als Antisemit abgestempelt zu werden. (Wobei die meisten Israel-Kritiker gern auf die palästinensische Opfernummer reinfallen, aber das ist ein anderes Thema.)
      Nur, wenn eine Firma wie AirBnB, die nun wirklich überall, auch in jeder Krisenregion dieser Welt Wohnungen/Zimmer vermittelt, so nach dem Motto: Politik interessiert uns nicht, ihr seid erwachsene Leute, ihr müsst wissen, was ihr tut, als einziges aber nicht in israelischen Siedlungsgebieten, dann darf man sehr wohl fragen, ob das nicht ein kleines Geschmäckle hat.

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