Dienstag, 8. Januar 2019

Die Saat geht auf


Frank Magnitz, Bundestagsabgeordneter und Chef der Bremer AfD, ist bekanntlich am Montagabend in Bremen von drei Unbekannten attackiert und  so schwer verletzt worden, dass er bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wo er sich noch befindet. Widerlich. Auch als Linker macht man sich nicht gemein mit so was. Es ist so selbstverständlich, dass es einem fast überflüssig erscheint, das eigens zu erwähnen: Jenseits unmittelbarer Notwehr ist körperliche Gewalt kein akzeptables Mittel der Auseinandersetzung und grundsätzlich abzulehnen. No exceptions.

Was wissen wir? Dass es drei Täter waren und dass sie vermummt waren. Mehr nicht. Und damit verbieten sich eben auch alle Spekulationen. Sicher, die Tatsache dass es drei Täter waren, lässt einen verwirrten Einzeltäter unwahrscheinlich, ein politisches Motiv hingegen höchst wahrscheinlich erscheinen. Was es letztlich war und wer das getan hat, das haben Gerichte herauszufinden und niemand anderes.

Sollte es eine politisch motivierte Tat gewesen sein, also eine von Linken, dann wäre sie nicht nur moralisch abzulehnen, sondern auch unendlich dumm. Liefert dem Verein, dem Magnitz angehört, weiteres Futter, am Opfernarrativ zu stricken, sich als Widerstandskämpfer zu inszenieren und Gegner pauschal als die wahren Nazis zu diffamieren.

Dabei gäbe es bei so einer mehr als dürren Faktenlage auch für die AfD nur einen angemessenen Weg, auf dieses Ereignis zu reagieren: Es geht selbstverständlich in Ordnung, den Angriff schärfstens zu verurteilen, dem Opfer Mitgefühl auszusprechen, ihm und allen, die ihm nahe stehen, alles Gute zu wünschen. Es ist ferner in Ordnung, wenn man seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, die Täter mögen rasch gefasst und entsprechend zur Verantwortung gezogen werden. Aber auch darauf zu verweisen, dass Spekulationen über die Identität der Täter Vorverurteilungen wären und damit zu unterbleiben hätten.

Weil aber die AfD die AfD ist, also eine rechte, in Teilen rechtsradikale Partei, deren Mitglieder und Anhänger zu Weinerlichkeit und Selbstmitleid neigen, sobald es irgendwie gegen sie geht, aber deutlich niedrigere humanitäre Standards anlegen, sobald es in die andere Richtung geht, wurde diese Tat von einigen sogleich instrumentalisiert und nicht nur Antifa (nota bene: 'Antifa' bedeutet bloß, gegen Faschismus in all seinen Formen zu sein, daher ebenfalls eine demokratische Selbstverständlichkeit), sondern auch allen Ernstes SPD und Grünen in die Schuhe geschoben. 

Nun gut, keine Denk- und Sprechverbote, ist ja oft zu hören aus dem Dunstkreis dieses Vereins, wenn es um die eigenen verbalen Ungeheuerlichkeiten geht. Dann muss aber auch dies gesagt werden: Die Saat ihres Hasses geht auf. Und die Folgen können jeden treffen.



14 Kommentare :

  1. Siewurdengelesen8. Januar 2019 um 20:31

    Wiewohl sich jede Spekulation um die Tat und die Täter verbietet, so sehe ich da zumindest einen Aspekt wie der Nachtwächter Elias Schwerdtfegr.

    Ein besserer "PR-Gag" lässt sich eigentlich nicht vorstellen und endlich kann die AfD im Chor mit unseren Leid-Medien wieder "Jehova" rufen. Vom Gefühl und Eindruck her ist das einfach zu gut, um echt zu sein. Mir schwant wie bei ähnlich "kuriosen" Fällen, dass die Ermittlungen irgendwann im Sande verlaufen werden...

    Sollten es tatsächlich "Linke" gewesen sein, dann waren sie entweder strohdoof ob dieses Bärendienstes oder es verhält sich so wie bei diesem - und sicher auch noch anderen - Protestteilnehmern am G20. Andernorts definiert man solche Vögel als agent provocateur, damit man die Ergebnisse bekommt, die man braucht. Nur das es hier eventuell ein paar Eigengewächse oder eben anderweitige Idioten gewesen sein könnten.

    Die mediale Wirkung ist jedenfalls erstklassig, ein Gauland kritisiert die Methoden, die er sonst mindestens verharmlost und wahrscheinlich gerne auch selbst anwenden (lassen) würde und zahlreiche Politiker auch der anderen Parteien 'mal alle so yeah'. Also alles richtig gemacht, egal wer es war!

    Ich sach´s ma so: Hätte es sich unter ähnlichen Umständen nicht um einen Lokalpolitiker! der AfD gehandelt, sondern um einen Menschen wie Du und ich, wäre die Meldung vermutlich nicht einmal über die Regionalpresse hinaus gekommen, noch dazu, wenn nicht einmal jemand dabei gestorben ist (sic).

    Ähnlich wie bei dem inzwischen als Dumme-Jungen-Streich endender Super-Hack unserer Politiker (der beim Fussvolk auch wieder keine Sau interessiert hätte) oder dem jetzt mitten im Januar völlig unerwarteten Wetter aka Winter für eine Handvoll Tage wird der Schmonz durch die Medien derart zum Event aufgeblasen, dass mir schon nur noch kotzen will.

    PS. Mal sehen wie lange es dauert, bis im Abklingen wieder die Leier der verschärften Gesetze und nach mehr Überwachen (haha) gespielt wird...

    PPS. Immerhin lässt sich hier auch abschätzen, wie die Propaganda-Maschinerie funktioniert und funktionierte und was einen erwartet, wenn so eine Truppe wie die AfD wirklich das Zepter des Regierens übernähme. Da liesse sich dann die Lügenpresse live erleben...

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    1. Dass die Angreifer aus den eigenen Reihen kommen könnten, es sich theoretisch auch um einen innerparteilichen Konflikt handeln könnte, ist übrigens nicht völlig abwegig: Der AfD-Landesverband Bremen scheint ein ziemlich lustiger Haufenzu sein.

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    2. Siewurdengelesen8. Januar 2019 um 22:00

      Es ist natürlich auch nur spekulativ, allerdings gibt es eben nicht selten "inside-jobs", wenn es dem Zwecke dient. Wäre natürlich der Knüller, wenn sich der Überfall als ein innerparteiliches Konkurrieren herausstellte oder so.

      Aus meiner Sicht sollte sich ohnehin jeder redliche Mitbürger einfach zu schade sein, sich in irgendeiner Art und Weise die Finger durch solche Taten wahrhaft schmutzig zu machen. Das ist weder diese Partei noch deren Mitglieder wert.

      Gewalt is ja speziell in der rechten Denksicht mit ihren Endzeit-Visionen immer Teil des Ganzen und da in erster Linie, um andere darüber zu erniedrigen und sich selbst zu erhöhen, es "kickt" halt und so manches intellektuell eher schwache Ego wertet sich so auf.

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    3. Muss gar kein 'inside job' sein (die ich für weitaus seltener halte als oft gedacht), die erledigen das schon ganz alleine.

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    4. Siewurdengelesen11. Januar 2019 um 22:12

      So direkt als "inside job" sehe ich das jetzt auch nicht.

      Dem Video nach war es jedenfalls kein direkter Angriff mit der Absicht, Magnitz zu töten oder ein irgendwie politisch gelagerter Überfall. Das hätte m.E. anders ausgesehen.

      Eine neue Facette bringt jedenfalls diese Nachricht in´s Spiel, von der die reisserisch abschreibende Qualitätspresse anscheinend keine Ahnung hatte. Kann also durchaus etwas Internes als Ursache haben, sei es nur wegen des Ablenkens oder als Druckmittel eventuell Mitbeteiligter am Veruntreuen der Parteigelder.

      Die Sache bekommt jedenfalls immer mehr als ein nur kleines Geschmäckle...

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  2. @Stefan Rose:
    Solltest Du keinen Troll in Deiner Leserschaft haben, wird Dir natürlich jeder bestätigen dass die AfD bäh ist.
    Und die AfD findet den Stefan Rose - sollte sie ihn kennen, wohl ebenfalls bäh. Alles, wie gehabt.
    Aus meiner persönlichen Filterblase heraus betrachtet (leben wir nicht alle in einer?), ist die AfD nur ein Symptomträger. Für die sozialen Verwerfungen, die der Kapitalismus immer pervertierender hervorruft.
    Meine These: Nimm den Leuten die (Zukunfts-)Ängste und die AfD versinkt hinter der 5%-Hürde.
    Wir haben ein massives soziales Problem! Die arm-reich-Schere geht stetig weiter auf, während mit der Flüchtlings- und Arbeitsmigrationsdebatte von dem eigentlichen Problem der Armuts- und Reichtumsverteilung abgelenkt wird. Und zu dieser Verteilungsgerechtigkeit gehört eben auch die Wahrheit, dass die westliche (imperiale) Welt andere Länder ausbeutet, und ja sogar -hüstel- dort völkerrechtswidrig militärisch interveniert -hüstel aus-.
    Wie viele Asyl-Bewerber hätten wir denn noch - ohne uns ('1. Welt'), zumindest mittelbar als Verursacher?
    Menschen mit Fremdenfeindlichkeit könnten auch die Position vertreten:
    "Ey, hört ma' auf da unten rumzubomben und die Neger auszubeuten! Die komm'n ja alle hierher!"
    Aber schon die Pharmazielobby lehrt uns ja, dass die Symtombekämpfung viel geiler und bequemer ist, als die Ursachenbekämpfung. 'Gestresst vom Job? Schmeiß Dir Pille XY rein!'
    Also landen sie bei den Rechten.
    Nicht zuletzt aus Angst, dass Flüchtlinge ihren abstiegsangstgeprägten Status bedrohen (Drohszenario: Hartz IV). Und, sind wir ehrlich: Diese Ängste sind berechtigt. Die Arbeitgeberlobby hat gerne viele Flüchtlinge und Arbeitsimmigranten hier. Da sind sie ganz links und humanistisch; offene Grenzen und so. Ist doch schön wenn die Löhne noch ein wenig unter Druck geraten:
    Wie war das noch? Angebot und Nachfrage?

    Worauf ich hinaus will:
    Wie viele Rassisten, Antisemiten, Homophoben - oder was auch immer, gäbe es denn noch in einer gerechte(re)n, 'sozialstaatlichen' (im Wortsinne!) Gesellschaft?
    In der ein Mensch, der von der Solidarität der Gesellschaft aufgefangen wird, nicht per Vorab-Schuldvermutung bereits als Schmarotzer gilt.
    Genau DAS ist doch der Humus, auf dem rechte Saat sehr gut gedeiht!
    ANGST!

    Die AfD ist nicht das Problem. Sie ist das Symptom.

    Rassismus ist meiner Meinung nach ein Indikator für ein soziales Problem (war auch bei Hitler so).
    Und ich bin für Ursachenbekämpfung.
    Aber davon sind wir weit, weit entfernt. Und ärgern uns mit der AfD rum...

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    1. ... Danke für diese wunderbar verkürzte Sicht - gerade der Satz mit dem "rumbomben" trifft es wunderbar (Irak, Afghanistan, Syrien). Ursache: USA, Auswirkung: Europa. Ist ne einfache Sicht der Dinge, ich weiß, aber irgendwie nicht von der Hand zu weisen. Wobei im Hintergrund immer noch die ebenfalls ultrakurze These mit den Verlusten und Gewinnen - sozialisiert / privatisiert rumgeistert.

      Gruß
      Jens

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  3. Vielleicht mal 'n anderer Blickwinkel: https://non.copyriot.com/notiz-zum-staatlichen-gewaltmonopol/?fbclid=IwAR23dlxokD4kIkEkocYBSGTr_yeoKxe1DR-pFHyCqQ3oXKa_CM9Xm0alnQk

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  4. Siewurdengelesen9. Januar 2019 um 12:24

    Ab jetzt beginnt es (mal wieder) peinlich zu werden...

    Nicht das ein Raubüberfall die Tat besser machte, aber so etwas nennt sich dann - ääähm - Eigentor?!

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    1. @Dude: Da muss ich zum Teil widersprechen, ich halte rechtsextremes Gedankengut quasi für eine Konstante in modernen Industriegesellschaften. Die SINUS-Studie hat schon 1980 ergeben, dass 13 Prozent aller Westdeutschen ein "verfestigtes rechtsextremes Weltbild" hatten. Entscheidend ist nur, dass das in der gesellschaftlichen Mitte nicht oder kaum anschlussfähig war, sondern eher für lachhaft gehalten wurde. Jetzt kommt das mit der gesellschaftlichen Spaltung ins Spiel, was du anführtest: Die klassische Gewerkschaftslinke hatte immer ein Problem mit weitgehend unbegrenzter Zuwanderung (das war immer eine liberale Forderung). Aber ursprünglich nicht aus rassistischen Motiven, sondern eben wegen dem Problem mit der Reservearmee, das du ansprichst. Jetzt ist es so, dass ein anständiger Linker gefälligst aus humanitären Gründen dafür zu sein hat - es gibt also eine doppelte Spaltung.

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  5. "ich halte rechtsextremes Gedankengut quasi für eine Konstante in modernen Industriegesellschaften. Die SINUS-Studie hat schon 1980 ergeben, dass 13 Prozent aller Westdeutschen ein "verfestigtes rechtsextremes Weltbild" hatten."
    Das Verhältnis von Rechtsextremen in der Gesamtbevölkerung ist ja kein Naturgesetz. Das ist ja nicht genetisch determiniert, oder so.
    Also stellt sich (mir) die Frage nach den soziologischen und psychologischen Faktoren, die diesen Verhältniswert einer Gesellschaft beeinflussen.
    Und zu diesen Faktoren zählen sicherlich (wenn auch nicht ausschließlich) auch (Status-)Verlust- und Zukunftsängste. Dies ist meine Einschätzung und naturgemäß halte ich sie somit für plausibel. ;-)

    Ich finde die Fragestellung schon sehr interessant, welche Faktoren Rechtsextremismus, Antisemitismus, ... usw. beeinflussen. In psycho- und soziologischer Hinsicht.

    Vielleicht knie ich mich da mal tiefer rein...

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  6. Nachfolgend mal ein Ergebnis einer Schnellrecherche:
    "Am 25. Mai [2018]hat der DGB Bonn/Rhein-Sieg zusammen mit der Willi-Eichler-Akademie e.V. eine Info-Veranstaltung über herrschende Abstiegsängste durchgeführt. Grundlage war die Studie „Abstiegsängste in Deutschland“, die Prof. Dr. Bettina Kohlrausch im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung verfasst hat.

    Zentrales Ergebnis: Abstiegsängste und Verunsicherung nehmen zu.

    Außerdem: Menschen mit Abstiegsängsten stimmen eher nationalistischen (und rassistischen) Aussagen zu.

    Gründe für Abstiegsängste / Verunsicherung sind: Zunahme von prekärer Beschäftigung und sozialer Spaltung; Verunsicherung durch Globalisierung und Digitalisierung; Gefühl von Ohnmacht, da politische Institutionen in machen Themen machtlos erscheinen.

    Dabei sind es aber (statistisch gesehen) nicht diejenigen, die direkt von Armut betroffen sind, die nationalistische Parteien wählen. Offen für nationalistische Töne sind vielmehr Menschen, die Angst haben, in Armut zu geraten oder den sozialen Status zu verlieren."

    Quelle: https://koeln-bonn.dgb.de/im-fokus/++co++bc4758ea-6401-11e8-aeb9-52540088cada

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    1. .... Ihr beide solltet euch öfter hier unterhalten! Klasse Diskurs.

      Gruß
      Jens

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  7. Hallo Jens,
    ist bereits passiert:
    https://fliegende-bretter.blogspot.com/2018/12/the-longer-read-von-bosen-ismen.html

    Passiert hoffentlich noch öfter. :-)

    Gruß vom Dude

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