Montag, 22. April 2019

Jenseits der Blogroll - 04/2019


Ladys und Gentlemen, leider sind sie nicht mehr vor den für die meisten arbeitsfreien Ostertagen fertig geworden, die Links und Fundstücke dieses Monats. Garantiert Notre-Dame- und religionsfrei, trotz Ostern. Und auch nix über Tanzverbote. Übrigens: Bitte mir ruhig mitzuteilen, wenn verlinkte Artikel inzwischen hinter einer Paywall verschwunden sind, die Links werden umgehend entfernt.

Sind die Klimaproteste der Schülerinnen und Schüler 'links'? Nein, sind sie nicht, und Linke tun gut daran, das zwar wohlwollend (die Diagnose der Schüler ist ja korrekt), doch auch kritisch zu begleiten. Links sein hieß immer (auch), herrschenden Problemen mit technischem und gesellschaftlichem Fortschritt zu begegnen. Greta Thunberg et al. predigen hingegen, so Paulette Gensler, eine Ideologie des Verzichts und der Askese, die die kapitalistische Produktionsweise in keiner Weise infrage stellt.

"Umweltschutzbewegungen", meint Stefan Laurin, "stehen im Ruf, links und progressiv zu sein. In Wahrheit sind sie oft klassistisch und elitär." Nun ja, ein Blick auf die einst aus der Umweltschutzbewegung hervorgegangenen Grünen genügt.

Apropos Klima: Interview mit Wolfgang Meyer-Hentrich über Kreuzfahrten und den Kreuzfahrtboom.

Der britische Historiker Ian Kershaw über den 'Brexit'. Ausführlich und kenntnisreich.

Demnächst bei der Europawahl werden wir es womöglich wieder schwarz auf weiß bekommen: Der Osten wählt rechts, der Westen wendet sich genervt ab. Christian Bangel versucht, dem Phänomen differenziert auf die Spur zu kommen. Unter anderem weist er darauf hin, dass die Sehnsucht nach der coolen, vernünftigen, aufgeklärten, gelassenen, nicht rechten Bundesrepublik, wie sie etwa Maxim Biller zuweilen äußert, auf einer Selbsttäuschung beruhen dürfte.

Kultur. Interview mit Roberto Ciulli, dem Intendanten des Theater an der Ruhr in Mülheim. Inspirierender Mensch.

Mit dem reformierten Urheberrecht ist das so eine Sache. Einerseits versuchen die Verleger sich gegen die Entwicklung zu stemmen, dass sie durch technischen Fortschritt mehr und mehr das Monopol auf ihre Produktionsmittel verlieren, andererseits geht man, wenn man dagegen protestiert, für Google und andere Superkapitalisten auf die Straße, warnt Schlecky Silberstein.

Georg Seeßlen über die Online-Angebote von Zeitungen und Magazinen und die zu erwartende bzw. befürchtende Entwicklung selbiger. Im Untertitel 'Vom Bürgerblatt zur Zombiezeitung' ist das wohl ganz gut zusammengefasst.

"Mit der gedruckten Presse ist es wie mit der Parteiendemokratie. Es ist gar nicht so leicht, gute Argumente dafür zu finden. Soll man sie verteidigen, bloß weil, wenn dort aus Versehen mal ein wahrer Satz steht, der Mob »Lügenpresse« schreit? Alles, was einem einfällt, ist, dass es nach der Abschaffung noch schlimmer ist." (Georg Seeßlen)

Musik. Robert Smith, der "erhabene Jammerlappen" von The Cure wurde gestern 60. Ronald Pohl gratuliert. Kinders, wie die Zeit vergeht, ist der alte Trauerklops auch schon fast im Rentenalter! Wiewohl The Cure nie wirklich mein Fall waren, fand ich es immer cool, dass man offenbar kein braungebrannter, positive Energie versprühender Strahlemann mit Idealfigur sein musste, um es zum verehrten Popstar zu bringen.

Essen und Kulinarik. Britischer Küche wird nach wie vor mit zahllosen Vorurteilen begegnet. Einige sind begründet, die meisten nicht. Bzw. nicht mehr. Längst. Stimmt schon, dass es bis vor einigen Jahren in vielen Privathaushalten auf der Insel eine Neigung gab, eher fade und eintönig zu kochen. Ich kann jedenfalls sagen, bei meinen nicht wenigen Besuchen dort nie wirklich schlecht gegessen zu haben. Sowieso gab es immer die Alternative, indisch zu essen. Und das berühmte Frühstück, das Full English. Das ist keine Mahlzeit, sondern ein Lebensgefühl, jawohl. 

Gekocht wird dieses mal ein weniger geläufiges (nord-)italienisches Gericht: Pasta e Fagioli alla Veneziana, ein reichhaltiger Bohneneintopf mit Pasta. (Hey, ich will das Gelaber des Kochs nicht lesen, sondern das Rezept!)






2 Kommentare :

  1. Zu den Aussagen von Paulette Gensler (Versicht und Askese) und Stefan Laurin (FfF ist nicht links):

    Nicht mehr zu fliegen, ist kein Verzicht. Es gibt, wie Greta Thunberg zeigt, auch andere Verkehrsmittel. Vegane oder vegetarische Ernährung ist auch kein Verzicht. Es bleibt eine unermessliche Fülle anderer Nahrungsquellen, als Fleisch bzw. Tierprodukte.

    Die Kritik an der Verzichtsethik wird regelmäßig von der (verschwiegenen) Leitkultur der Verschwendung begleitet. Zu diesen blödsinnigen Aussagen des Atommüllbefürworters, Technokraten und Wachstumsapologeten Laurin verlinke ich einfach nur den Aufsatz von Harald Welzer:

    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79408637.html

    Die immer wiederholte Behauptung, alle wollten so sein wie wir, ist nichts anderes als eine psychologisch leicht durchschaubare Legitimation unseres idiotischen Lebensstils: Wenn alle das nachmachen, muss es richtig sein, auch wenn die Zukunft dabei draufgeht.

    Um es mit Volker Pispers einmal deutlich zu überspitzen: "Wenn alle Chinesen sich ihren Autowunsch erfüllt haben, können wir insgesamt noch einmal den Kreisverkehrs umrunden und dann ist weltweit Schluss mit dem Brennstoff."

    Was Laurin alternativ fordert, ist genau aktuelle grüne Umweltpolitik, sie nennen es Modernisierung.

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    1. Es ist doch nicht so, dass die Diagnose der Protestierenden nicht stimmt. Es wird zu viel Kerosin verbrannt bei Billigflügen. Keine Frage. Es gibt aber offenbar eine Nachfrage, schnell, günstig und kurzfristig zu verreisen. Verengt sich die Debatte dann auf 'wir alle müssen weniger...', dann wird das als oktroyierter Verzicht aufgefasst und ruft Trotzreaktionen hervor. Wäre es nicht besser, breiter zu denken, so in der Art von: Wie könnte man noch verreisen? Zumal die, die sichs leisten können, auch weiterhin fröhlich fliegen werden.

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