Asterix Band 41 im Test
So, ein neuer Asterix liegt vor. Im letzten Band 'Die weiße Iris' hatte Fabcaro den komplett überforderten Jean-Yves Ferri als Texter und Autor abgelöst und das Ergebnis war schlicht großartig. Seit Ewigkeiten wieder ein 'Asterix'-Band prallvoll mit Anspielungen und mehrdeutigen Gags und dazu noch grandios erzählt. Hat sich was mit auserzählt! Asterix-Abenteuer kommen normalerweise auf zwei Arten daher: Entweder im gallischen Dorf bzw. in näherer Umgebung muss irgendein Brassel bewältigt werden oder unsere Helden müssen auf Reisen, um dort ein Problem zu lösen o.ä. Der aktuelle Band, der Titel 'Asterix in Lusitanien' lässt es erahnen, fällt in letztere Kategorie.
Welche man bevorzugt, ist Geschmackssache, aber in den Reisebänden werden die Gallier konfrontiert mit Fremdem, was reichlich Gelegenheit bietet, mit nationalen Stereotypen zu spielen. Wer erinnert sich nicht an Fraktur redende Goten, an Briten, die wegen ihrer Heißwasserstunde um fünf und dem freien Wochenende den Krieg gegen Caesar verlieren, an Pepe, den hispanischen Häuptlingssohn, der sofort die Luft anhält, wenn ihm etwas gegen den Strich geht, Korsen, die vor lauter Stolz kaum laufen können, so zerstrittene wie verfressene Belgier und und und. Nun geht es in die römische Provinz Lusitania, was etwa dem heutigen Portugal entspricht.
[Ab hier milde Spoiler]
The Klappentext
Der Lusitanier Schnurres, den Galliern bekannt als Sklave aus dem Band 'Die Trabantenstadt', taucht mit dem Schiff des ebenfalls bekannten phönizischen Händlers Epidemais im Dorf auf und bittet um Hilfe: Sein bester Freund Schãoprozes, der ein besonders delikates, von Caesar geschätztes Garum herstellt, ist Opfer einer Intrige geworden; man verdächtigt ihn, dass er Caesar mit vergiftetem Garum töten wollte, deswegen sitzt er im Gefängnis und man droht, ihn den Löwen vorzuwerfen. Schnurres, der sich noch an die Wirkung des Zaubertranks, pardon, Zãobertranks in seiner Zeit auf der Baustelle, pardon, Bãostelle der Trabantenstadt erinnert, bittet die Gallier um Hilfe, pardon, um Protecçion. Die wird ihm gewährt und man schifft sich bei Epidemais gen Lusitianien ein.
The Good
Die Zeichnungen. Die sind, wie von Didier Conrad nicht anders gewohnt, hervorragend.
Die Story. Man kann kritteln, es handele sich um eine Geschichte nach Schema F, oder man kann sagen, hier werde ein bewährtes Konzept gekonnt umgesetzt, das ist Geschmackssache. Aber die Geschichte ist wieder sehr gekonnt erzählt, es gibt keine Längen, das Timing passt, die Exposition ist auf den Punkt und Logikfehler sind mir auch keine aufgefallen. Fabcaro erweist sich erneut als Autor, der sein Handwerk versteht, sich nicht verzettelt und Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden kann. Ein schönes Beispiel dafür ist, wie es gehandhabt wird, dass Obelix mal wieder verliebt ist, dieses Mal in die hübsche Oxala, die Tochter von Schãoprozes. Das läuft als Nebenhandlung so durch, stört aber nie den zentralen Handlungsstrang, sondern verleiht ihm etwas zusätzliche Würze. Alles in allem sehr solide. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Erfreulich auch, dass auch hier nicht versucht wird, die Asterix-Erzählung krampfhaft neu zu erfinden oder so. Ferri verhob sich daran gewaltig, als er unter anderem versuchte, den Zaubertrank zu dekonstruieren, was völlig misslang.
Die Namen. Schãoprozes, Mandarfjanix, Maeckinsix, Flottebine, Mayopommes, Elonmus, Fetterbonus, Pistorius, ... Schon ok.
Die vielen Anspielungen. Vielleicht das beste an diesem Band. Wir erleben Wutbürger im Wohnmobil ("Eine gotische Marke."), wir erfahren, woher die landestypische Saudade kommt, jenes Baden in Schwermut und Weltschmerz (einzige Ausnahme: Ein gewisser Kokolores, der immer gut gelaunt ist, aber das war ein schwerer Arbeitsunfall). Es gibt Parodien auf Fado sowie auf die portugiesische Küche ("Vertrockneter Fisch, unreife Trauben... Haben die hier ein Problem mit den Zubereitungszeiten?"), auf Silvio Berlusconi, auf heutige Unternehmenskultur und Meetingsprech, Referenzen an die 'Nelkenrevolution', dazu Binnengags wie der, dass es in einem Bezirk von Olisipo (Lissabon) nur Läden für Kacheln und Kabeljão gibt, was wohl nicht zufällig an 'Weine und Kohlen' aus 'Asterix und der Avernerschild' erinnert und und und. Es gibt endlos viel zu entdecken, keine Chance, das alles hier aufzuzählen.
Die Sprache. Um das Portugiesische zu parodieren, werden in der deutschen Übersetzung alle 'au' ersetzt durch 'ão' und die Endung '-tion' wird zu '-çion'. Eine schöne Idee, die den Lesefluss nicht stört, wie ich finde, und die in der Tradition früherer Bände steht.
"Ich trãoere und finde das lustig." (Obelix, als Lusitanier verkleidet)
Die Piraten wurden modernisiert. Der numidische Ausguck kann plötzlich das 'R' sprechen. Dass er keines konnte, war ursprünglich "eine Anspielung auf einen von dem französischen Politiker Alexandre de Beauharnais (1760-94) aus dem Kreolischen übernommenen Sprachfehler, der in den Jahren der Direktoriums (1795-99) in bestimmten Kreisen als exzentrisch galt." (comedix.de), die aber heute kaum mehr verstanden wird, erst recht nicht im deutschsprachigen Raum und ließ ihn als Deppen dastehen. Und seine knallroten Schlauchboot-Lippen, ein Topos, der heute vielfach als rassistisch aufgefasst wird, sind auch weg. Gefällt mir. Die Welt dreht dich eben weiter.
The Bad
Das Lettering. Ich konnte mit diesem computergenerierten Pseudo-Handschriftlettering nie viel anfangen. Liest sich einfach nicht angenehm. Dieses Mal habe ich den Eindruck, dass die Schrift noch einmal kleiner geworden ist.
The Ugly
Der Name Schnurres. Echt jetzt? Ey komm. Auch wenn der Typ einen eindrucksvollen solchen im Gesicht hat. Das ist aber der einzige Ausfall, den der auch hier wieder solide und seriös vorgehende Klaus Jöken sich leistet.
The Verdict
Nach dem brillanten Vorgängerband, mit dem Fabcaro die Serie wiederbelebt hat und der vor Ideen nur so platzte, lag die Latte sehr hoch. Knapp drunter gesprungen, aber nicht gerissen. Handwerklich solide und gut gemacht, streckenweise sehr gut. Der große Marcel Reich-Ranicki hätte vermutlich gesagt: "Ich habe mich nicht gelangweilt!". 4,5 von 5 Sternen.
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Fabcaro (Text), Didier Conrad (Zeichnungen): Asterix in Lusitanien. Berlin: Egmont Ehapa 2025, 48 S., 7,99 €
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