Freitag, 10. Oktober 2025

Gerettet!


Puh, das war knapp! Nachdem Julia Klöckner so gerade noch verhindert hat, dass die internationale queere Verschwörung uns mit ihren Regenbogenflaggen zwangsverschwult, kommt jetzt die Veggie-Mafia dran und ihre diabolischen Versuche, uns zwangszuveganisieren, indem sie uns ihre fleischfreie Minderkost unterjubelt. Der Fraß soll fürderhin nicht mehr den Namen von Fleischhaltigem tragen dürfen, so hat es das EU-Parlament beschlossen. Also nicht mehr 'Veggie-Wiener' oder so, sondern 'Tofu-Rolle' oder so. Wegen Verwechslungsgefahr. Man sah es ja förmlich vor sich, wie die Topmanager von Milliardenkonzernen wie Rapunzel und Zwergenwiese in ihren Birkenstocks und Norwegerpullovern schon in irres Lachen ausgebrochen sind wie die Bond-Bösewichte. 

Das mit ist natürlich kompletter Quatsch. Unerträglich all die bittere Tränen weinenden Rentner:innen, die sich, um den heiligen Sonntag zur ehren, ein bescheidenes Paar Wienerle vom Munde absparten und nun mit schnöden Seitanprügeln dasitzen. Weil sie’s verwechselt haben. Übers Ohr gehauen von der veganen Weltverschwörung. All die Familiendramen, weil versehentlich Tofuschnitzel auf den Tisch kommen, anstatt panierte Fleischlappen, wie sich's seit den alten Germanen geziemt. 

"Wer sucht denn bitteschön echte Bratwurst in der veganen Abteilung des Supermarkts? Außerdem gibt es unzählige Gerichte,mit kreativen Namen, die nicht auf den tatsächlichen Inhalt schließen lassen. Was ist mit dem Gemüseauflauf »Buntes Huhn«? Da ist kein Geflügel drin enthalten. In Leberkäse ist weder Leber noch Käse. Fleischpflanzerl - Fleisch ja, aber Pflanzen? Spätzle haben nichts mit Jungvögeln zu tun und Fleischsalat kommt völlig ohne Salat aus. »Tote Oma«? Nicht das Haar einer verstorbenen Großmütter auf dem Teller. Armer Ritter? Nein, keine veramten Rüstungsträger an Bord. Nordseekrabben sind keine Krabben, sondern Garnelen und Seelachs ist in Wirklichkeit auch kein Lachs. Hat schon mal einer versucht, aus Tee Wurst zu machen? Muss ich Fruchtfleisch erwähnen? Und dann wünsche ich noch viel Spaß dabei, einem Kölner zu erklären, das der »Halve Hahn« jetzt ganz dringend umbenannt werden muss. Das möchte ich sehen. Es ist doch absurd. Seit ihrer Erfindung im Jahre 1867 heißt diese in Portionsscheiben in einen Aluschlauch gepresste, getrocknete Erbsensuppe »Erbswurst« und soweit ich weiß, hat die nie einer aus Versehen auf den Grill geschmissen. Die Flüssigkeit, die aus Löwenzahn (keine Großkatzen, kein Beißwerkzeug) quillt hieß schon immer Milch und trotzdem käme keiner auf Idee, sich das in den Kaffee zu kippen. Und warum ist Sojamilch falsch, Liebfrauenmilch aber in Ordnung? Und mal ganz ehrlich, kennt ihr eine Person, die Scheuer- oder Sonnenmilch getrunken hat, nur weil das so heißt? Na also.“ (Lars Westerhausen)

Danke. Und natürlich ist es auch wieder komplett verlogen, dass nun ausgerechnet Konservative, die sonst so wacker gegen grünlinken Verbotswahn und für die Entscheidungsfreiheit des 'mündigen Bürgers' kämpfen, ihrerseits Verbote einziehen. Wenn’s denn gerade in den Kram passt, dann wird der 'mündige Bürger' eben zum überforderten, hilflosen Hascherl, das keine Packungsaufschrift erfolgreich zu entziffern imstande ist. Und wieso im Falle von Kraftstoffen andauernd von 'Technologieoffenheit' die Rede ist, im Falle der Lebensmittelindustrie fleischlose Neuentwicklungen plötzlich ein Problem sein sollen, weiß der Gilb allein. 

(Quizfrage: Wer hat eigentlich einst die Sojawurst erfunden? Antwort: Ein gewisser Konrad Adenauer war's. Der war im ersten Weltkrieg stellvertretender Oberbürgermeister von Köln und nebenbei passionierter Erfinder. Adenauer wollte mit seiner fleischlosen 'Kölner Wurst' den schmalen Speisezettel der blockadebedingt darbenden Bevölkerung ein wenig aufbessern. Zwar ist der Kontext ein anderer, aber es ist halt nicht so, dass christlicher Konservatismus und Vegetarismus sich prinzipiell und unter allen Umständen ausschlössen.)

Es spricht einiges dafür, dass in spätestens zehn Jahren, allen Bemühungen eines Markus Söder zum Trotze, kaum jemand noch Wurst und Fleisch vermissen wird. Weil es dann Produkte geben wird, bei denen niemandem mehr ein Unterschied auffallen wird. Es wird schlicht egal sein, und ich habe da kein Problem. Zwar bin ich kein Vegetarier und Veganer, aber neugierig. Daher probiere ich öfter mal Fleischloses. Schon vor Jahren ist mir eine pflanzliche Bratwurst untergekommen, bei der ich gedacht habe: Das Teil knusprig gegrillt und mit Currysauce, da merkt keiner mehr was. Nährwerte? Die Proteine sind dann eben nicht mehr tierisch, sondern pflanzlich, that’s all. Schon jetzt ist der Fleischverzehr unter jungen Leuten konstant rückläufig. 

Alles weitere wird wohl tatsächlich mal der Markt regeln. Weil Fleischverarbeitung in Zukunft richtig teuer werden wird. Frischfleisch ist ein hochsensibler, kosten- und energieintensiver Rohstoff. Man muss Kühlketten aufrecht erhalten, hat Abgänge durch Verderb, muss Labore unterhalten etc. Bei klimawandelbedingt steigenden Temperaturen und stetig weiter steigenden Energiekosten, an denen Atomkraftwerke auch nichts ändern würden, nicht die allerbesten Voraussetzungen. Die Rohstoffe für fleischfreie Produkte liegen i.d.R. als Granulate und Pulver vor, die ewig halten und nicht gekühlt werden müssen. Bei der Rügenwalder Mühle haben sie schließlich nicht vegetarische und vegane Produkte ins Sortiment genommen, weil sie auf einmal über Nacht tierlieb geworden sind, sondern weil sie rechnen können. Meine Prognose ist, dass Fleisch, wie handwerklich hergestelltes Brot, mehr und mehr zum Nischenprodukt einer entsprechend zahlungskräftigen Kundschaft werden wird, während in den Supermärkten größtenteils Fleischloses feilgeboten werden wird. Wahrscheinlich wird auch weiterhin Wild verzehrt werden, weil die Bestände nicht anders kontrolliert werden können. Und wenn die Jagd waidgerecht erfolgt, ist das vertretbar.

Wie im Fall der Automobil- und der Fossilenergieindustrie sieht halt auch hier eine weitere lobbytechnisch bestens vernetzte Industrie ihr Geschäftsmodell bedroht, weil die Produkte immer besser werden, und versucht nun mithilfe der Politik noch ein wenig Zeit zu gewinnen. Und Teile der Politik nutzen das, um sich kulturkämpferisch bei einer lauten Minderheit anzudienen, die sich "sich aus Mangel an Lösungen für die Zukunft einfach blind an der Vergangenheit festklammert." (Höfgen) Das ist das ganze Geheimnis.







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