Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Sonntag, 19. August 2018
Der Klassenfeind am Esstisch
2008 hätte es angesichts der so genannten 'Finanzkrise' nur eine logische Konsequenz gegeben: Dem Kapital, das den Schlamassel angerichtet hatte, hätte es ans Leder gehen müssen. Statt dessen wurde die Allgemeinheit zur Kasse gebeten und zahlt seither bis heute die Zeche. Auf Jahrzehnte. In Form von verrottender Infrastruktur, geschlossenen Schwimmbädern, Theatern und Büchereien etc. In anderen Ländern, die es noch weit schlimmer erwischt hat, in Form von handfestem Massenelend. Dummerweise haben viele aus der bürgerlichen Mittelschicht ein Problem damit, dem Kapital ans Leder zu gehen. Weil sie sich nach wie vor nach oben orientieren, und sei es noch so zu Unrecht, sehen sie ihr eigenes Hab und Gut mit in Gefahr. Und so ward das Kapital bald wieder aus dem Schneider, die Wut der vielen aber, die Abstiegsängste mussten irgendwo hin, brauchten ein Ventil.
Samstag, 18. August 2018
Schmähkritik des Tages (21)
Heute: Bettina Weber über die Wellnessindustrie
"Das Gespräch kommt unweigerlich darauf, an jeder Party, an jedem Apéro. Man erwähnt so ganz nebenbei, müde zu sein oder gerade eine Migräne hinter sich zu haben, und schon legt das Gegenüber den Kopf schräg und sagt: »Dein Säure-Basen-Haushalt ist total aus dem Gleichgewicht.« Meist sind es Frauen, die einem ungefragt eine Diagnose stellen und gleich noch das Behandlungskonzept mitliefern, zum Beispiel, eine Detox-Kur zu machen. Oder Yoga.
Es sind nie Ärztinnen, die einen da ungewollt beraten. Aber sie wissen trotzdem Bescheid in Sachen Gesundheit. Weil die Gesundheit zum liebsten Hobby und zur grössten Obsession des modernen Menschen geworden ist. Obschon er noch nie so gesund und die medizinische Versorgung noch nie so hervorragend war wie heute, fühlt er sich dauernd krank. Latent leidend. Einfach nicht richtig gut. Die Lösung heisst: Wellness.
Mittwoch, 15. August 2018
Benimm dich entsprechend, Homo!
Früher, da war ja, wenn schon nicht alles besser, dann aber doch einfacher. Da waren Heteros noch Heteros und Schwule noch Schwule. Die hießen Detlef oder Dietmar, hatten rosa als Lieblingsfarbe, verkleideten sich als Frauen, machten immer hach Gooottchen! und heititei und knickten das Handgelenk so komisch ab dabei. Sie tranken Pikkolöchen statt Pils, aßen Monchéri dazu statt Bratwurst, waren dauergeil und baggerten immer alle Kerle in Sichtweite an. (Gut, das war zwar eklig und die bekamen schon mal aufs Maul dafür, aber es sorgte immerhin für klare Verhältnisse.) Von Beruf waren sie Friseur oder was mit Mode oder Kunst, sie hörten Opern, Marianne Rosenberg und Rosenstolz und vor allem: Sie blieben unter sich. In ihren Kneipen und Clubs, ihrer eigenen Subkultur. Na kommen Sie, so war es doch, oder? Weiß doch jeder.
Montag, 13. August 2018
Call Off Duty
Für 20 Monate hatten sie mich nach dem Abitur einberufen zum Zivildienst. Nach mir wurden noch welche für 24 Monate einberufen, aber das wurde noch während deren Dienstzeit wieder reduziert. Bundeswehr dauerte 18 Monate damals. Begründet wurde die Differenz mit den Wehrübungen, zu denen die Amateursoldaten im Gegensatz zu den Zivildienstleistenden nach ihrer Dienstzeit noch einberufen wurden. Wurden sie aber kaum noch. In den Achtzigern zumindest. Ging wohl auch nicht wirklich darum, sondern darum, Zivildienst weniger attraktiv erscheinen zu lassen. Wer mit Abitur zum Bund ging und nicht explizit darum bat, kam nach der zur 'Grundi' verniedlichten Grundausbildung auch nicht zu einer Kampfeinheit. Zu viele Scherereien, zu viele Beschwerden und Eingaben. Die meisten schienen in irgendwelchen Schreibstuben vor sich hin zu gammeln.
Freitag, 10. August 2018
Ronny des Monats - August 2018
Da Ronny und Co, wie schon letztens gesagt, keine Sommerpause machen, tut die Jury das auch nicht. Auswahl gab es jedenfalls wieder genug. Der notorische Viktor Orbán etwa, der die Rechten Europas zum Kampf aufgerufen hat. Oder der schweizer Sprinter Pascal Mancini, der mit dem Ausgang der heurigen Fußball-WM offenbar nicht einverstanden war und aus seinem Herzen diesbezüglich keine Mördergrube machte. Verfassungsschutzpräsi Hans-Georg Maaßen hat es als mutmaßlicher AfD-Berater leider verbockt, auf die Liste zu kommen, weil in der Sache noch nichts bewiesen ist. Schade, hätte bestimmt eine vordere Platzierung gegeben, aber wir bleiben dran. Gleiches gilt für den Berliner Anti-Terror-Beamten, der gern mal bräunlich müffelnde SMS verschickt haben soll und damit der Redewendung vom Bock, der zum Gärtner gemacht wird, eine neue Qualität geben würde.
Dienstag, 7. August 2018
Reiseimpressionen (8)
Länger her, dass ich mal mehr als einen Tag lang in den Niederlanden war. Nicht, dass ich nicht gewollt hätte, hatte sich nur irgendwie nicht ergeben. Jetzt war es mal wieder so weit. Und wieder einmal kam dieses relaxte, sympathische Nachbarland mir vor wie eines, an dem sich studieren lässt, wie es auch gehen könnte. Natürlich, auch dort gibt es Schattenseiten, zudem sind meine Eindrücke flüchtig und oberflächlich. Zumal man in Urlaubsstimmung gewisse Dinge eh anders wahrnimmt. Als ich im einmal im Supermarkt sah, wie die Kundin vor mir ein ausgiebiges Schwätzchen mit der Kassiererin hielt, dachte ich: Ach ja. Daheim, gestresst und womöglich einen Termin vor der Brust, wäre ich vermutlich schwer genervt gewesen davon. Sogar das badeschwammartige Brot kann einem da schmecken (oder zumindest nichts ausmachen). Ist also alles mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem, einiges sticht schon sehr ins Auge:
Montag, 6. August 2018
Vom Reisen
Es muss nicht zwingend schlecht sein, wenn etwas, das ursprünglich nur wenigen Privilegierten vorbehalten war, zum Massenphänomen wird. Gesundheitsversorgung etwa. Dass Arztbesuche und andere medizinische Maßnahmen in vielen europäischen Ländern keine reine Frage des Geldes mehr sind, hat die durchschnittliche Lebenserwartung nachweisbar nach oben gedrückt. Überhaupt ist immer Vorsicht geboten, wenn es heißt, es könne ja wohl nicht jeder... Bzw. solle denn jetzt etwa jeder...? Das ist meistens ein sicheres Zeichen, dass da jemand seine Privilegien gefährdet sieht und die Strickleiter der Solidarität, auf der er vielleicht einst selbst emporgeklettert ist, lieber wieder einziehen möchte.
Sonntag, 29. Juli 2018
Dichotomie des Tages
Georg Seeßlen über Kommunist und Anarchist sein
"Wenn ein Kommunist ist, wer es nicht mag, dass Menschen ausgebeutet, entrechtet, vernachlässigt oder unterdrückt werden, und wenn ein Kommunist ist, wer dafür weder die Natur noch das Wesen des Menschen verantwortlich macht, sondern konkrete Verhältnisse, in denen Profit und Macht auf eine spezielle, extrem ungerechte Weise verteilt werden, dann bin ich eben ein Kommunist. […]
Samstag, 28. Juli 2018
Jenseits der Blogroll - 07/2018
Es ist wieder Zeit für die Fundstücke aus den unendlichen Weiten des Netzes, auf die ich so gestoßen bin. Ist einigermaßen viel Lesestoff dieses Mal, denn der hier zuständige Blogger wird sich nächste Woche für ein paar Tage in den Urlaub verabschieden und wird diesen auch als kurze Auszeit vom Bloggen gestalten. Da soll die Zeit nicht zu lang werden. Übrigens: Geht es noch jemandem so? Jedes Mal, wenn so eine luftig gekleidete Wetterfee aus ihrem voll klimatisierten Studio heraus bestens gelaunt vom "herrlichen Sommerwetter" schwärmt, das wir gefälligst zu genießen hätten, werden die Gewaltphantasien, die einen dabei überkommen, krasser. Hey, dabei wollte ich gar nichts über das Wetter schreiben. Muss am Wetter liegen.
Donnerstag, 26. Juli 2018
Schmähkritik des Tages (20)
Heute: Vincent Klink über Sternegastronomie in Deutschland und Harald Martenstein.
"Man darf Deutschland nicht mit Paris vergleichen und glauben was die Franzmänner können könne der Teutone auch. Deutsche Köche können das wohl, aber der Bürger hierzulande gibt für ein Menü kaum 300 Euro aus, und die braucht es, um ohne Hotel oder Sponsor im Rücken mit der Zwei- Drei-Sterneküche nicht zu verhungern.
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