Samstag, 17. September 2016

Wenn ich ein Rechter wär'...


… dann wäre meine kleine Welt immer ganz einfach, denn ich wüsste immer, wer schuld ist. In der Nacht zu Samstag ist das Auto der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry (4 Kinder) ausgebrannt. Man geht von Brandstiftung aus, der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Darauf hinzuweisen, dass derlei Sachbeschädigung nicht nur als Mittel der politischen Auseinandersetzung komplett inakzeptabel ist, sollte sich von selbst verstehen. Auch dass bei dem Brand kein Mensch zu Schaden gekommen ist, darf man sehr wohl als gute Nachricht an der Sache verbuchen.

Donnerstag, 15. September 2016

Gastronomie 4.0


Nix zu machen, Foodbloggen, also schreiben über Restaurants, ist nicht so meins. Klar, ich esse gern gut und würde dann und wann gern ein wenig Werbung machen für Läden, in denen gute Leute ordentliches, faires,  gutes Essen bereiten und servieren. Habe ich auch 2-3 Mal versucht, reizt mich aber irgendwie nicht. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht wegen meiner immer noch tiefsitzenden Abneigung gegen Leute, die Leben für so rasend interessant halten, dass sie ihr Essen mit dem Handy knipsen und sich hernach wichtigtuerisch umsehen. Möglicherweise auch, weil ich, total Old School, essen als Privatsache betrachte und sich irgendwas bei mir dagegen sträubt, das mit der ganzen Welt zu teilen, wie das ja gerade von den ganzen hippen Start Ups propagiert wird, die ihrerseits nicht daran denken, irgendwas zu teilen. Was soll’s, mögen das Geschreibsel übers Essen halt die erledigen, die‘s lieber machen und besser können als ich. Das Themenspektrum hier deucht mir eh schon breit genug.

Montag, 12. September 2016

Ronny des Monats - September 2016


Aaah, ich mag es, wenn man auf mich hört. Mir gehorcht. Gibt mir so ein Gefühl von Macht und Einfluss. Letzten Monat habe ich ja die AfD ermuntert, sich doch mal ein bisschen mehr ins Zeug zu legen, damit es bei der allmonatlichen Ronny-Verleihung endlich für einen Spitzenplatz reicht. Was soll ich sagen? Ich wurde erhört. Prompt hat die Chefin persönlich einen rausgehauen, der sie diesen Monat - Spoileralarm! - souverän und unangefochten auf den ersten Platz katapultiert. Glückwunsch, geht doch! Aber auch die restlichen Preisträger sind einmal mehr nicht ohne. Ladies and Gentlemen, die Ronnys dieses Monats:

Samstag, 10. September 2016

Facebook und die Moral


Es gibt diese Momente, in denen die Neunziger wieder ganz nahe zu sein scheinen. In denen einen als Europäer Anwandlungen überkommen, den Amis ihre beschissene, klebrige, verklemmte Heileweltmoral genüsslich und mit Anlauf dorthin schieben zu wollen wo es sehr dunkel ist und immer dunkler wird. Bevor es irgendwann dann wieder hell wird. Dieses oberflächlich grinsende, friedhofsöde, zum Kotzen harmonische Vorstadt-Reinheitsideal, das alles Lebendige, Widersprüchliche unter einer dicken Schicht Zuckerguss begräbt. Wie sie der Welt in einer Tour unterjubeln, dass Minderjährige vom zehntelsekundenkurzen Anblick einer unbedeckten weiblichen Brust irreparablen Schaden nähmen, es aber offenbar völlig unproblematisch finden, dieselben Minderjährigen dem Anblick von Rambos auszusetzen, die ganze feindliche Armeen wegmetzeln.

Freitag, 9. September 2016

Ich bin ein Bayernversteher


- na ja, meistens jedenfalls

Dass die Unterscheidung in links und rechts als politische Klassifizierung weitgehend untauglich geworden sei, wird vornehmlich gern von Rechten und Kryptofaschisten behauptet. Um damit die Grenzen zu verwischen. Ach komm, auch wir sind doch irgendwie ein Stück weit links, lautet der fiese Subtext, ist eh alles ein Brei. Wir sind doch nicht wirklich rechts. Das ist nicht nur schlicht falsch, weil link etwas anderes ist als links, sondern auch ein alter Hut. So war ja auch die SPD in ihren Hochburgen zu ihren Hochzeiten, etwa dem Ruhrgebiet der Siebziger, niemals sonderlich progressiv, geschweige denn links. Zumindest nie so, wie sie von rechtskonservativen Linkenfressern, die hinter jeder Straßenlaterne die Weltrevolution dräuen sahen, stilisiert wurde.

Montag, 5. September 2016

Phantasiereichsbürger


Das muss der Neid ihm lassen, diese Erfahrung hat Kollege gnaddrig mir voraus. Er ist tatsächlich zwei 'Reichsbürgern' live in echt und in Farbe begegnet. Also jenen Gestalten, die die Bundesrepublik  Deutschland für eine privatwirtschaftliche GmbH halten und sich als Bürger des Deutschen Reiches wähnen. Weil es bekanntlich nie einen völkerrechtlich bindenden Friedensvertrag gegeben hat. Könnte man schließlich auch daran erkennen, dass es hierzulande nur 'Personalausweise' gäbe, wo doch Staaten gar kein 'Personal' hätten. Denken Sie mal drüber nach. Päng, päng! Na, dämmert's? Sie können daher bei einer der inzwischen zahlreichen Parallelregierungen, gegen Gebühr versteht sich, voll echte Reichsdokumente erstehen, die einen übrigens ordentlich zu privilegieren versprechen.

Samstag, 3. September 2016

Sonntag des Zorns


So denn, morgen ist der große Tag endlich da. Ab morgen werden wir uns alle noch umgucken. Dieser Sonntag wird in die Geschichte eingehen. Da wird nämlich die AfD von Meckpomm aus endgültig ihren großen Marsch durch die Institutionen antreten. (So viel übrigens zum Thema, Wahlen veränderten nichts.) Bitte da ein wenig um Verständnis, aber mir beginnt schlicht nichts mehr einzufallen zu dem Verein. Was soll man noch sagen? Es heißt ja oft, man müsse die Sorgen und Nöte dieser Leute ernst nehmen. Ja, schön, versuche ich. Und? Was, wenn die Sorgen und Nöte dieser Leute auf einer teils wahnhaft verzerrten Wahrnehmung der Welt beruhen? Welche dann von politischen Karrieristen und Abenteurern instrumentalisiert wird? Da hilft argumentieren eben nicht mehr, daran prallt so ziemlich alles ab.

Dienstag, 30. August 2016

Rein in die Klamotten, raus aus den Klamotten


Das nennt man wohl einen echten Treppenwitz. Noch in den 1960ern wurde eine abendfüllende Komödie gedreht darüber, wie Louis de Funès als Gendarm von St. Tropez an der Côte d'Azur Jagd auf Nudisten machte, auf dass diese sich gefälligst was überzögen im katholischen Frankreich. Vor kurzem forderte die dortige Bullerei die Trägerin eines so genannten 'Burkini' (pardon: eine Leggings, eine Tunika und ein Kopftuch - danke, Wolfgang) unter Androhung von Gewalt auf, sich gefälligst etwas auszuziehen, da dies ein Verstoß gegen das an einigen französischen Stränden geltende, inzwischen aber wieder kassiert Burkini-Verbot sei. Da hieß es dann: Zieh dir gefälligst weniger über, du Luder! Einigen kann man es, scheint's, so gar nicht recht machen. Gemischt sollen die Reaktionen des übrigen Publikums bei dem peinlichen Schauspiel ausgefallen sein.

Samstag, 27. August 2016

Statt Karten


Kinder, wie die Zeit vergeht. Ist die BRAVO auch schon 60 und damit endgültig eine alte Schachtel! Jene Jugendpostille, die einem schon als geschmacklich in jeder Hinsicht unausgereifter Pubertierender peinlich war ("Lieber Dr. Sommer, ich bin 16 und immer noch Jungfrau. Was kann ich dagegen tun?" - "Ähhh, vögeln?"). Ich habe mir sogar tatsächlich einmal eine Ausgabe gekauft - im Gegensatz zu Springers Vierbuchstabenblatt übrigens, bei dem ich meinen Boykott ein Leben lang aufrecht erhalten habe. Natürlich nur wegen der Geschichte über eine längst ehemalige Lieblingsband, die scharfe Nackte auf der Aufklärungsseite interessierte mich selbstredend nicht die Bohne. (Hey, warum wird da so albern gekichert? Da gibt es nichts zu lachen!)

Donnerstag, 25. August 2016

Horror im Verborgenen


Ein seltsames Volk, dies. Teile lassen sich noch von jeder Bullshit-Bedrohung, die man ihnen hinwirft, wie Islamisierung, Überfremdung, Flüchtlinge etc. ins Bockshorn jagen, halten aber echte, dringende Probleme wie den Klimawandel für bloße Propagandalügen. Das Fiese ist ja: Während es diesem, unserem Planeten ziemlich egal sein dürfte, ob die Deutschen irgendwann tatsächlich in einem Kalifat aufgehen oder mangels Vermehrung aussterben, ist es die Klimaerwärmung definitiv nicht. Und die Empfehlung der geliebten Regierung, einen Essens- und Wasservorrat für 14 Tage anzulegen, lässt in den Köpfen einiger offenbar gleich Bilder von Steckrübenwintern und vor der Tür stehenden Russen erblühen. Verstehe das einer.

Montag, 22. August 2016

Schmähkritik des Tages (2)


Heute: Ewgeny Morozov über Mark Zuckerberg und Konsorten

"Mark Zuckerberg von Facebook wünscht, dass wir Offenheit und radikale Transparenz leben, er selbst kauft seine Nachbarhäuser, um so viel Privatheit zu haben wie möglich. […] Die Mächtigen des Silicon Valley hassen jede Einmischung in ihr Privatleben. Würden sie für irgendeine andere Branche arbeiten, wären ihre Sorgen verständlich. Aber sie arbeiten für eine, die uns davon überzeugen will, dass Privatheit nichts zählt. Warum sollte ihre Heuchelei nicht publik gemacht werden? […] Eine Welt, in der die Tech-Elite alle Privatheit genießt, die sie sich wünscht, während der Rest der Menschheit deren Verlust zu akzeptieren hat, beruht auf einer Verlogenheit, die so extrem und absurd ist, dass sie zum Thema gemacht werden muss, egal wie aggressiv." (SZ, 03.06.2016)

Samstag, 20. August 2016

Verschleierter Autoritarismus


Vor einigen Jahren unterhielt ich mich mich einer freundlichen, perfekt integrierten jungen Frau aus dem Libanon über das von einigen muslimischen Frauen getragene Kopftuch, vulgo: Hijab. Sie selbst trug keines, meinte aber, wenn sie dereinst heirate, dann würde sie selbstverständlich sofort das Kopftuch anlegen, sollte ihr Mann das von ihr verlangen. Keine Ahnung, inwieweit so eine Aussage repräsentativ ist, aber wenn das der Fall sein sollte, dann illustriert sie sehr schön, dass es bei Fragen um Hijab/Niqab/Tschador/Burka etc. vielleicht weniger um Religionspraxis geht, sondern eher um religiös verbrämte Kontrolle weiblicher Sexualität. Patriarchat in hart.

Mittwoch, 17. August 2016

Inspektor Schnarch


Oder: Sie können auch anders

Eigentlich bin ich ein Freund britischer Fernsehproduktionen. Meistens sind sie innovativer, cooler, temporeicher, gnadenloser, ironischer, näher am Puls der Zeit als das, was bei uns so heruntergekurbelt wird. Vergleicht man etwa die BBC-Serie 'Sherlock' mit einem durchschnittlichen 'Tatort', dann stinkt letzterer schon arg ab. Von Ausnahmen wie denen aus Dortmund einmal abgesehen, nimmt sich der in Teilen der Bevölkerung als avantgardistisch und gewagt geltende ARD-Dauerbrenner im direkten Duell meist als das reinste Schlafmittel aus. Allerdings ist, wie ich jetzt feststellen musste, auch auf der Insel nicht alles Gold, was glänzt. Im Gegenteil, die können auch ganz anders. Studieren lässt sich das sehr schön am Beispiel der in Oxford spielenden Serie 'Lewis - Der Oxford-Krimi'.

Sonntag, 14. August 2016

Fliegende Scheiben, moralische Entrüstung


Das Fiese an Leuten, die sich andauernd moralisch im Innersten entrüstet geben, ist ja nicht nur, dass sie zu faul oder zu blöd zum Argumentieren sind, sondern auch, dass sie sich berechtigt sehen, aller Welt ihre verschissene, höchstpersönliche Moral hereinzudrücken.

Nehmen wir nationales Kasperletheater wie das, ein mehr oder minder willkürlich zur 'Nationalhymne' dekretiertes Musikstück und ein bunt bedrucktes Tuch mit irgendwelcher Bedeutung aufzuladen und kultisch zu verehren. Zu meiner Zeit war es im Vorfeld von Fußball-Länderspielen allgemein akzeptiertes Verhalten, Kaugummi zu kauen und auf keinen Fall auch nur eine Note der Hymne mitzusingen. Inzwischen werde ich beim gemeinschaftlichen Fußballgucken hier und da schief angesehen, wenn ich bei der Nummer sitzenbleibe und mein Bier austrinke, anstatt, wie die ganzen anderen beseelt grinsenden Schwarzrotgoldhamster, aufzustehen und allen Ernstes die Hand aufs Herz zu legen.

Freitag, 12. August 2016

Ronny des Monats - August 2016


So denn, es ist wieder einmal um den Zehnten des Monats – Ronny-Time. Auch diesen Monat haben zahlreiche Kandidaten sich wieder mächtig ins Zeug gelegt und geliefert. Und das, obwohl ich eine Woche nicht im Lande war. Super! Auch dieses Mal ist daher wieder einiges unter den Tisch gefallen. Etwa dieser Einblick in das, was inzwischen an einigen Gymnasien so abzugehen scheint. Tut mir übrigens leid, liebe AfD, dass es auch dieses Mal nur für Platz 5 gereicht hat. Aber um auf den vorderen Plätzen zu landen, müsst ihr schon härter zupacken, nicht nur immer theoretisieren. Richtig was losmachen, bis die Polizei kommt. Kommt, ihr schafft das! Ich glaub an euch!

Also, die Ronnys des Monats (mit * versehene Links führen wie immer in die Untiefen des Fratzenbuchs):

Donnerstag, 11. August 2016

Durchgehende Gäule, Grenzen des Langmuts


Von den internationalen Pharmazeutischen Festspielen, als Olympische Sommerspiele gehandelt, gibt es ja auch durchaus Gutes zu vermelden. Zwar tut es mir um die einzelnen Sportler, deren Medaillenträume da platzen, sehr wohl leid, aber die mehr als magere Ausbeute der deutschen Mannschaft lässt auch ein wenig Genugtuung in mir keimen. Ich kann mir halt ein Grinsen nicht verkneifen, wenn nationale Selbstgerechtigkeit und mit Großmäuligkeit sich tarnende Unprofessionalität von Funktionären eins aufs Dach bekommen. Überhaupt bewahrheitet sich einmal mehr, dass Olympische Spiele as we know it nur noch in Diktaturen so richtig funktionieren. Woanders haben die Leute schlicht kein Geld oder keine Zeit, in die Stadien zu gehen und viele Plätze bleiben leer. Was wiederum die Hoffnung nährt, dass diese komplett korrumpierten, heillos aufgeblähten milliardenschweren IOC-, FIFA- und UEFA-Apparate irgendwann an ihrer eigenen Größe ersticken werden.

Mittwoch, 10. August 2016

Besser als ihr Ruf


Ketzerisches zur Küche auf den Britischen Inseln

Es hilft nichts, wenn man über Großbritannien redet, kommt man früher oder später fast zwangsläufig auf das Thema Essen. Weil mir die breitärschige, von keinen Skrupeln getrübte Selbstgerechtigkeit, mit der hierzulande zuweilen über das dortige Essen hergezogen wird, von jeher gewaltig auf den Senkel geht (die einzigen, für die ich diesbezüglich noch ein gewisses Verständnis habe, sind ehemalige, durch Schulverpflegung nachhaltig traumatisierte Austauschschüler), sehe ich mich aus aktuellem Anlass herausgefordert, eine Lanze für selbiges zu brechen. Die britische Küche ist nämlich längst deutlich besser als ihr Ruf.

Montag, 8. August 2016

Reiseimpressionen (6)


Eine Busfahrt, die ist lustig

"Erleben... Erfahren... Genießen", so steht es auf der Seite des doppelstöckigen Trucks, der uns herüberkarren soll. Lustig. Niemand bucht eine Busreise, weil's so viel Spaß macht, sondern einzig und allein, weil sie meist die günstigste Alternative überhaupt ist. Gegen meine Gewohnheiten habe ich dieses mal also eine Busreise auf die Insel gebucht. Normalerweise nehme ich ja den Billigflieger, weil ich mir dank der dortigen Verwandtschaft keinen Kopf um eine Unterkunft machen muss. Nur ist die gerade verhindert. eine Unterkunft aber ist das Problem. Dort hin- und rumzukommen ist einigermaßen günstig machbar. Ein Dach über dem Kopf schon weniger, sofern man nicht mit 20 besoffenen Australiern einen Schlafsaal im Hostel teilen will. Also Busfahren. Nun gut, mal wieder mit dem Schiff und mit Blick auf die Klippen von Dover anzureisen, hat auch was. Lockert zudem die ewige Sitzerei ein wenig auf.

Sonntag, 31. Juli 2016

Kurze Sommerpause


So, liebe Leserinnen und Leser, bitte nicht wundern, wenn hier die nächsten Tage über nichts neues erscheint - auch ich verabschiede mich in eine kurze Sommerpause. Keine Sorge, ich bin nicht der Typ für wochenlange Reisen, wünsche aber gute Erholung von mir. Man liest sich beizeiten in alter Frische.

Freitag, 29. Juli 2016

Belastete Wörter


Es kommt mit zunehmendem Alter seltener vor, doch manchmal passiert's immer noch. Dass irgendwo ein humortechnisch belastetes Wort fällt, das Gehirn auf pubertären Autopilot schaltet und der Rest des Tages in Gekicher und Gepruste untergeht. Früher zum Beispiel, Anfang der Neunziger, wir waren nicht mehr in der Pubertät, aber immer noch pubertär genug, da konnte es passieren, dass jemand sich ein Buch griff, es mit bedeutungsschwangerer Miene aufschlug und dann mit gravitätisch-schwermütigem Timbre und entsprechenden Blickes sagte: "Melusine." Das genügte, um die damals noch frische Erinnerung an Loriots maximal geniale Parodie auf eine Dichterlesung zu evozieren und es war vorbei. Hiiicks! Pruuust!

Mittwoch, 27. Juli 2016

Sturmreife Bürgerrechte


Komisch, mit jeder weiteren Schreckensmeldung einer neuerlichen Bluttat bin ich nicht etwa ängstlicher, sondern bloß immer müder und trauriger geworden. Ich mag keine Köpfe rollen und auch keine Gesetze verschärft sehen. Die Verschärfungen sind längst ausgearbeitet, die entsprechend Interessierten warten nur auf einen Anlass, sie aus der Schublade zu ziehen. Das panische Scharfmachergerede kotzt mich an, der hektische Aktionismus, angeblich dazu angetan, dass ich mich sicherer fühle, geht mir komplett am Arsch vorbei. Etwas ganz anderes tut Not. Ein Anfang wäre, den Zeigefinger in der Tasche zu lassen und es sich vorerst zu verkneifen, ganz genau zu wissen, wer oder was schuld ist. Wer immer das zu wissen vorgibt, lügt.

Sonntag, 24. Juli 2016

Die Einzeltäterin


"Auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein." (Funny van Dannen)

Zu den zählebigsten Missverständnissen gehört der Glaube, es ginge, wenn erst einmal diskriminierte, marginalisierte oder sonstwie -ierte Minderheiten das Sagen hätten, besser, friedlicher, herzlicher oder mitmenschlicher zu auf der Welt. Weil Minderheiten per se Opfer und Opfer ja wertvollere, edlere Menschen sind als die Mehrheitsverbrecher. Schön und gut, stimmt nur leider nicht. Stimmt nie, tut mir leid. Weil Nettsein nicht davon abhängt, männlich, weiblich, LGBT zu sein, keine Frage von Religion, Hautfarbe oder Migrationshintergrund ist, sondern einzig und allein davon, ein Arschloch zu sein oder nicht. Arschlöcher aber gibt es bekanntlich überall. Und die Opfernummer (Ich werde verfolgt und unterdrückt, schluchzbuhu!) beherrscht inzwischen noch der dämlichste Dorfnazi souverän.

Freitag, 22. Juli 2016

Bye bye, VHS!


Hach ja, wieder geht ein Stück Kindheit und Jugend. Das VHS-Video ist seit vorgestern offiziell Geschichte, dead and gone. Der letzte Hersteller hat die Produktion von Recordern eingestellt. Im Gegensatz zu anderen Dingen, ruft aber deren Verschwinden keinerlei irgendwie gearteten Gefühle bei mir hervor. Dafür waren die Dinger einfach zu inferior. Ich trauere schließlich auch nicht ums Testbild. Welche Gründe sollte es auch geben, den ollen Gurken hinterherzuweinen, angesichts der momentanen technischen Möglichkeiten?

Dienstag, 19. Juli 2016

Wir Vergleichgültigten


Besonders kindische Gemüter pflegen ja zu glauben, jemand, der mal die eine oder andere Sentenz getan hat, die ihnen irgendwie voll nicht in den Kram passt, disqualifiziere sich völlig für jedweden weiteren Diskurs. Im akademischen Umfeld scheint, was mich als gelernten Philologen schmerzt, diese Unsitte zur Zeit besonders in Teilen der Geistes- und Sozialwissenschaften modern zu sein. Traurige Berühmtheit erlangte die Komödie vom vorletzten Jahr, als an der Berliner Humboldt-Uni eine paar sich weigerten, sich in einer Einführungsveranstaltung im Fach Erziehungswissenschaften mit Texten von Kant, Rousseau und Voltaire zu befassen. Die jungen Gehirnakrobaten in spe waren der Ansicht, derlei Texte seien nichts weiter als von toten weißen Männern verzapfte, rassistische und eurozentrische Kackscheiße und somit komplett irrelevant. Wow, Meilensteine der Hermeneutik!

Samstag, 16. Juli 2016

Frankreich, wieder einmal


Erst Charlie Hebdo und der jüdische Supermarkt, dann der blutige Novembersamstag, jetzt Nizza. Zum dritten Mal binnen eineinhalb Jahren haben sich, heißt es, Islamisten Frankreich als Ziel von Terroranschlägen ausgeguckt. Das Ergebnis ist bekannt, die Vorgehensweise kennt man aus dem Irak und aus Israel. Der Täter raste mit einem gemieteten Lastwagen die Strandpromenade entlang, tötete mindestens 84 und verletzte 202 Menschen teils schwer, so die vorläufige Bilanz der Staatsanwaltschaft. Wenn es denn ein Islamist war. Vieles spricht dafür, dass es sich um einen psychisch kranken Einzeltäter handelte, dessen Tat vom IS nun zur Strafaktion stilisiert wird für Präsident Hollandes Ankündigung, die Angriffe gegen den IS zu verstärken. Auch sollte man nicht vergessen, dass der IS bzw. Täter, die sich auf den IS berufen, auch anderswo tödliche Anschläge verübt haben, dennoch fragt man sich: Warum immer Frankreich?

Donnerstag, 14. Juli 2016

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (11)


Weil ich im Getränkemarkt meines Vertrauens Stammkunde bin, passiert es von Zeit zu Zeit, dass ich zu meinem Einkauf irgendein Werbegeschenk als Dreingabe angeboten bekomme. Freundlicherweise hat man heuer davon abgesehen, mir zur Europameisterschaft irgendeinen schwarzrotgoldenen Tinnef aufnötigen zu wollen. Ob ich vielleicht ein Grillkochbuch möchte, lautete dieses Mal die Frage. Na, da sage ich doch nicht nein und bekomme ein schmales Bändchen überreicht. 50 Seiten sind's gerade mal, wie das heimische Auspacken später ergab. Aber man soll nicht meckern, geschenkter Gaul und so. Ich dankte artig.

Montag, 11. Juli 2016

Fordern und fördern


David Folkerts-Landau ist Chefökonom der Deutschen Bank und sieht eine neue Bankenkrise dräuen. Die Lösung sieht er darin, die europäischen Banken nach amerikanischem Vorbild mit Staatskohle auszustatten (er nennt es vornehmer "rekapitalisieren"). Gut 450 Milliarden Dollar sind damals in den USA geflossen. Den Kapitalbedarf der europäischen Banken bezifferte Folkerts-Landau auf 150 Milliarden Euro. Nur etwa ein Drittel dessen also, was amerikanische Banken bekommen haben. Na, wenn das kein Schnäppchen ist!

Freitag, 8. Juli 2016

Ronny des Monats - EM-Special


"Nationalismus bedeutet Krieg." (François Mitterrand)

In Zeiten von Fußball-Welt- und Europameisterschaften haben Gevatter Ronny und seine Kumpels bekanntlich Hochkonjunktur. Grund genug, in diesem Monat ein EM-Special zu veranstalten. Wobei das Aus im Halbfinale dem nichtnationalistisch tickenden Fußballfan, der sich einfach an einem guten Spiel erfreuen möchte, ohne deswegen Fähnchen schwenken oder sich mit Horden weitgehend ahnungsloser Brüllaffen gemein machen zu wollen, natürlich sehr zupass kommt. Das Ausscheiden der zu 'Jungs' verniedlichten Millionärstruppe sorgt wegen der nunmehr ausbleibenden nächtlichen Lärmbelästigung für ungestörte Nachtruhe und wegen des allgemeinen Abflaggens des ganzen scheißrotgoldenen Tinnefs für ein deutlich weniger getrübtes Blickfeld. Natürlich sollte bei aller Fokussierung auf das Wettgekicke nicht vergessen werden, dass auch abseits der Stadien wieder ordentlich hingelangt wurde. Freut euch nicht zu früh. Wir sehen alles.

Anyway, die Top 3 aus dem Umfeld der Fußball-EM:

Donnerstag, 7. Juli 2016

Streifzüge (3). Ex-Eisenbahnromantik


So, der Gips ist ab, der Röntgenbefund war, wie man mir sagte, gut, aber der Griffel ist natürlich immer noch arg lädiert und schmerzt bei falschen Bewegungen. Und so ist auch die ärztliche Verbotsliste nach wie vor unangenehm lang: Neben schwer heben (was heißt: alles, was schwerer ist als ein Glas Wasser), sind Auto fahren, Fahrrad fahren und schwimmen fürs erste tabu. Also bleibt nach wie vor nur die Fortbewegung zu Fuß im unmittelbaren Nahraum zur Ertüchtigung. Der Vorteil ist natürlich, dass man - Platitüdenalarm! - vieles um einen herum anders erlebt, Dinge sieht, an denen man immer nur vorbeigerauscht ist.

Montag, 4. Juli 2016

Europa, ein Kindergarten


Jene, die immer und überall auf buchstabengetreuer Umsetzung noch der absurdesten Vorschriften pochen, wenn es ihnen nützt, aber dreist Nachsicht und Großzügigkeit für sich in Anspruch nehmen, wenn nicht, gehören nicht eben zum Angenehmsten, was die Evolution bislang so hervorgebracht hat. Nehmen wir etwa das Gebaren der österreichischen FPÖ im Nachgang der Präsidentenwahl. Die hat die Wahl vom 22. Mai bekanntlich angefochten und vom Verfassungsgerichtshof insofern Recht bekommen, als dass die Wahl annulliert wurde und wiederholt werden muss. Nun bin ich kein Experte für die österreichischen Wahlgesetze, geschweige denn für das dortige Verfassungsrecht. Ich bin überhaupt kein Rechtsexperte. Aber durchaus ein Anhänger von Rechtsstaatlichkeit. Trotzdem, ob dieses Urteil ein Gewinn für den Rechtsstaat, nicht nur in Österreich, ist, wage ich zu bezweifeln.

Freitag, 1. Juli 2016

Ein weiteres Jubiläum


Heute vor 100 Jahren, am 1. Juli 1916, begann die Schlacht an der Somme.

Unter englischsprachigen Historikern ist es verbreitet, das Jahr 1916 als Jahr des 'Great Slaughter' zu bezeichnen, also als Jahr des großen Abschlachtens. Vor allem die so genannte Schlacht an der Somme (wie schon im Falle Verduns habe ich meine Probleme, so ein monatelanges, blutiges Andikehlegehen noch als Schlacht zu bezeichnen) hat sich vor allem im kollektiven Gedächtnis Großbritanniens tief eingegraben.

"Wir hocken hier seit Weihnachten 1914, und in dieser Zeit sind Millionen von Männern gestorben, während wir nicht mehr Fortschritt gemacht haben als eine asthmakranke Ameise mit schweren Einkaufstüten." (Blackadder)

Mittwoch, 29. Juni 2016

Sommerlektüre


Wolfgang Herrndorfs Roman 'Tschick' von 2010 taugt bereits jetzt zum Klassiker.

'Tschick' ist mir damals vor allem wegen des Titels aufgefallen. Ich habe das Buch aber nicht allein deswegen gekauft - das tue ich eigentlich nie - ('Tschick' ist die österreichische bzw. wienerische Bezeichnung für Zigarette - geraucht wird in dem Buch auch, aber eher nebenher), sondern auch, weil es eines dieser Bücher ist, das auch außerhalb des dauerheißlaufenden Bestsellerbetriebes und auch von anderen als den üblichen Verdächtigen allgemein gelobt wurde, was mir grundsätzlich immer sympathisch ist. Jetzt hatte ich reichlich Gelegenheit dazu, es auch mal zu lesen - so ein Gipsarm hat schließlich nicht nur Nachteile - und ich war schnell durch damit, weil es wirklich was taugt. Eine Entdeckung. Man lese das, ehe es zur Schullektüre und zum Gegenstand dröger Interpretationen werden wird. Wird es werden, unweigerlich.

Montag, 27. Juni 2016

So long, Horst!


Ohne Frage war Götz George viel mehr als Schimanski und hatte auch weitaus mehr drauf. Trotzdem, so was hat uns damals nachhaltig geprägt als Jugendliche im Ruhrpott der Achtziger (und uns tatsächlich - ich scheue mich nicht, es zu sagen - auch ein wenig stolz gemacht auf unsere damals schon im Abstieg begriffene, eher wenig attraktive Heimatregion):

Freitag, 24. Juni 2016

See EU later - zehn Thesen zum 'Brexit'


Mist! Die britischen Inseln waren immer meine Exit-Strategie. Für den Fall, dass hier irgendwann einmal zu meinen Lebzeiten die AfD oder noch schlimmere Gesellen das Ruder übernehmen sollten, erschien Auswandern zur Verwandtschaft ins Vereinigte Königreich immer als echte Perspektive. Das könnte seit gestern vielleicht schwieriger werden. Spaß beiseite, ich mag mich nicht einreihen bei denen, die jetzt die ganz großen Worte auspacken ("Die EU ist gescheitert!", "Das Ende der EU!") und ganz genau wissen, was kommen wird. Dafür ist das, was wir da gerade erleben, zu vielschichtig. Der weitere Verlauf der Dinge ist, trotz des eindeutigen Votums, alles andere als ausgemacht. Daher, wie schon im Fall der österreichischen Präsidentenwahl, zehn mehr oder weniger ausgearbeitete Thesen. Nehmt dies: